Wenn der Patient nicht weiter kommt

Hallo liebe Therapeuten,

mich würde sehr interessieren, wie Ihr mit dem Umstand umgeht, daß doch ein Patient sicher oft genug nicht DEN Erfolg in einer Therapie hat wie er -theoritisch- haben könnte.

Ich bin kein Therapeut und doch hat doch jeder Menschen um sich, die mal Probleme haben, nachfragen und denen man dann sein Wissen weiter gibt um ihnen zu helfen.
Und dann gibts ja die, die letztlich nie wirkliche Hilfe wollen sondern nur jammern- gut- solche stehen dem Begriff „Therapie“ auch sehr ablehnend gegenüber (wenn man ihnen vorschlägt, doch mal so einen Weg zu probieren).

Was ich mich frage ist- wie geht man als Therapeut dann mit MEnschen um, die sich nicht wirklich weiter entwickeln.
Geht Euch sowas dann nicht auf den Nerv?
Schickt Ihr solche Menschen dann auch eventuell weg?
Wie persönlich wird es von Euch genommen, wenn ein Patient leidet aber aus dieser Schleife nicht schafft auszusteigen?

LG kitty

Hallo liebe Kitty
Zunächst gibt es ja das Erstgespräch, also den ersten Termin, ersten Kontakt, die erste Anamnese. Wenn der Patient diesen Ersttermin verschiebt, ist erfahrungsgemäß die Prognose für eine Therapie schon mal schlechter, denn man kann davon ausgehen, dass der Patient derselben ambivalent gegenüber steht.
Im Erstkontakt ergibt sich dann oft schon, ob man sich grundsätzlich „bekömmlich“ ist oder ob man sich nicht riechen kann. Dann kommen die probatorischen Sitzungen, also 1 bis maximal 5 Probestunden. Wenn sich beide einig sind, dass das alles Sinn machen könnte, kann man den Antrag auf Psychotherapie an die Krankenkasse stellen und warten, bis er bewilligt wird.

Wie persönlich wird es von Euch genommen, wenn ein Patient
leidet aber aus dieser Schleife nicht schafft auszusteigen?

Natürlich kommt es immer mal wieder vor, dass eine Therapie sich nicht positiv entwickelt. Da können die unterschiedlichsten Gründe mitspielen. Es gibt Therapien, die sehr befriedigend verlaufen, andere mittelmäßig und andere wieder bringen nichts. Ich bin 26 Jahre in meiner Praxis niedergelassen, da nimmt man nicht alles so persönlich, aber man hinterfragt sich und die Methode natürlich immer wieder mal.
Es grüßt dich
Branden

Hallo Kitty,

Was ich mich frage ist- wie geht man als Therapeut dann mit
MEnschen um, die sich nicht wirklich weiter entwickeln.
Geht Euch sowas dann nicht auf den Nerv?

Dazu eine interessante Tatsache: Als Therapeutin, deren Sitzungen von der Kasse nicht bezahlt werden, habe ich dieses Problem nicht. Wer für seine Psychotherapie zu jeder Sitzung Bargeld mitbringt, ist ausgesprochen motiviert, dass es ihm besser geht.

Es gibt zwar auch hier - relativ - erfolglose Therapien. Aber a) sind sie sehr sehr selten. Und b)habe ich es noch nie erlebt bei Menschen, denen es wirklich richtig schlecht geht, sondern nur bei Klienten, die mit Problemen kommen, die lästig, aber zu verschmerzen sind (z.B. Höhenangst), wo also auch der Leidensdruck nicht so groß ist.

Schickt Ihr solche Menschen dann auch eventuell weg?

Nein, denn man kann auch solche sogenannten Widerstände auflösen/transformieren, oder man kann mit dem Widerstand gehen, ihn offenbaren, akzeptieren, damit arbeiten. Es gibt viele Möglichkeiten.

Oder, so wie heute wieder passiert, der entsprechende Klient sagt selbst ab, bevor es zum Erstgespräch kommt. Das tut mir dann leid für ihn, ist aber seine eigene Verantwortung. In diesem Fall hat es mich nicht gewundert, denn die Klientin sagte schon beim Kennenlernen „Mir kann sowieso keiner helfen.“

Wie persönlich wird es von Euch genommen, wenn ein Patient
leidet aber aus dieser Schleife nicht schafft auszusteigen?

Ich habe diese Absage heute überhaupt nicht persönlich genommen, aber die Klientin hat mir etwas leid getan, weil ich sehr zuversichtlich war, ihr helfen zu können und sie offenbar sehr leidet.

Aber um nochmal auf die erste Frage zurück zu kommen: Manchmal dauert es etwas länger als erwartet, dass es jemandem besser geht (in meinem Fall heisst das, wenn es mehr als 3 Sitzungen dauert, bis der Klient einen ersten Effekt merkt), und dann denke ich schon mal, naja, Depressive sind nicht meine Lieblingsklienten, und es kann auch sein, dass ich etwas genervt bin, WENN ich das Gefühl habe, der Klient gibt sich keine Mühe und glaubt, die Arbeit müsse allein ich machen :wink:

Aber ich arbeite u.a. systemisch und frage immer nach Zielen, und bleibe immer wieder dran, ob das was grade passiert uns auch dem Ziel näher bringt. Jeder Klient merkt dann sehr schnell, dass die dauernde Jammerei nicht zielführend ist und lässt sich schließlich doch noch auf neue Wege ein.

Und wenn jemand gar nicht da raus kommt, setze ich gestalttherapeutische Methoden ein oder, wenn gewünscht, Hypnose. Da können sich die Klienten sogar vorübergehend einbilden, selber nichts tun zu müssen und sind daher sehr damit einverstanden. Und dann kann man ihnen schon sanft raushelfen aus ihrer Sackgasse, indem man u.a. hilft, den Selbstwert zu steigern. Denn das Hauptproblem der „Widerständler“ ist fast immer das (unbewusste) Gefühl, es nicht wert zu sein, dass es einem besser gehen darf.

Liebe Grüße,

Julia