Wenn Kinder Kinder kriegen - brauche Rat

Hallo zusammen,
ich kümmere mich privat um einige Jugendliche, die unter unguter elterlicher Anleitung aufgewachsen sind und daher mit vielen Lebens-Dingen noch große Probleme haben.

Darunter ist ein Anfang 20jähriger, der seit einem Jahr Vater ist und mit seiner Freundin zusammenlebt. Die beiden sind mit der Situation überfordert, sie geben sich Mühe, aber sie tragen nun an ihr Kind weiter, was schon an ihnen verbrochen worden war. Dazu gehört u.a. ein blindes Interpretieren von natürlichen, kindlichen Verhaltensweisen.

Bsp: das Kind übt seine motorischen Fähigkeiten, indem es nach Dingen greift, natürlich auch nach den Haaren der Mutter, die das wiederrum als „frech“ empfindet und meint, das Kind würde sie ärgern wollen. Es wird dann mit dem Kind geschimpft.
Besonders abends vor dem Einschlafen ( es schläft seit der Geburt bei den Eltern im Bett) sei dies ein „wiederkehrendes Drama“. „Das Kind ist momentan schwierig“ heißt es dann. Sich einen Zopf zu binden wäre für die Mutter anscheinend noch schwieriger.

Auf meine Frage hin, warum das Kind nicht ohnehin in seinem eigenen Bett schliefe, sagte der Vater, es hätte beim Hinübertragen immer so ein Trara gegeben, daß sie früh aufgegeben hätten. Er selbst bliebe zwar ruhig, aber die Mutter würden solche Situationen sehr aufwühlen und sie könne das Kind „dann gar nicht mehr zur Ruhe bringen“.

Auf meine Frage hin, warum denn dann nicht e r allein dem Kind beibrächte in seinem Bett zu schlafen, reagierte er so verdutzt, als ob ihm dieser Gedanke noch nie gekommen wäre. Dann sagte er, er müsse sich das aufschreiben, damit er auch am Abend daran denken würde.

Darüber war und bin ich so bass erstaunt - ich hatte ihn noch gefragt, wie es sein kann, daß er den Vorsatz vergessen könnte, sein Kind ans Schlafen im eigenen Bett heranzuführen, spätestens in der wiederkehrenden abendlichen Situation müsste einem das doch sofort ins Hirn schießen. Ihm nicht, war die Antwort, er vergesse „sowas“.
Die Vergangenheit hat allerdings gezeigt, daß er „sowas“ auch vergißt, wenn er es sich aufschreibt.

Ich möchte ihn gerne packen und durchschütteln, auf das er mal aus dieser Daddeligkeit und dem Tran herauskommt, aber ich weiß, daß das so nicht möglich ist. Meine Rede scheint ins Leere zu laufen, dabei klage ich weder an, noch weise ich zurecht, sondern biete ihm praktische Tipps, die er auch gut und einleuchtend findet, letztlich ist er aber so sehr mit sich selbst beschäftigt, daß er es nicht hinbekommt das Reden darüber in die praktische Tat zu führen.

Den Vater sehe ich relativ regelmäßig, laut seiner Angabe gehöre ich zu den wichtigsten Menschen in seinem Leben, das Kind allerdings habe ich noch nie gesehen, die Mutter nur zweimal vor der Schwangerschaft.
Es scheint, als ob mich der junge Mann allein für sich haben möchte, quasi als selbstgewählten Eltern-/Berater-Teil, und die Aufmerksamkeit, die ich ihm schenke, nicht mit seinem Kind teilen möchte.

Ich verstehe seine Nöte und seine Lebenslücke und die daraus resultierende Unreife, aber es tut mir in der Seele weh die Auswirkungen dessen auf das einjährige Kind zu sehen.
Ich mache mir Sorgen um das Kind und sehe die leider gängige Kettenreaktion schon vor mir:
Heute wird geschimpft, morgen gebrüllt, übermorgen geschlagen.
Mich schmerzt das und ich frage mich, ob ich noch irgendwie anders intervenieren könnte, als ich bislang schon tue.

Für Tipps sehr dankbar grüßt Paulader

Hallo zusammen,

Mich schmerzt das und ich frage mich, ob ich noch irgendwie
anders intervenieren könnte, als ich bislang schon tue.

hi,

ich könnte mir vorstellen, dass es hilft, den großen „kindern“ verstärkt zu helfen.

Nach meiner Erfahrung ist The Work ein sehr mächtiges Hilfsinstrument.
Zumindest in meinem Vergleich mit einer normalen Gesprächstherapie, die einem ja eher recht gibt, hat der Klient hier die Möglichkeit, seine Überzeugungen auf Richtigkeit zu prüfen.
Ich weiß ja nicht, wie firm die Eltern im Geiste so sind, aber ggf. ist das etwas.

Eine feste Überzeugung wie z.b. „Kinder dürfen die Eltern nicht schlagen.“ könnte dabei untersucht werden. Denn aus diesem Hintergrund wird das Kind ja zurechtgewiesen: die Mutter fühlt sich geschlagen und weiß, dass das Kind das nicht darf. Dass es das gar nicht tut, weiß sie noch nicht.

Dort fehlt ein AHA-Erlebnis.

Du könntest ja hier mal anrufen und fragen, ob es hilfreich sein könnte und deine Geschichte erzählen.

http://www.the-work-byron-katie.de/Impressum/

Dazu müßte auf jeden Fall etwas Bildendes kommen, das erklärt, warum kleine Kinder so oder so handeln.

LG
Tilli

moin paulader,
schön, was du machst. mich hat aber folgendes sehr irritiert:

Den Vater sehe ich relativ regelmäßig, laut seiner Angabe
gehöre ich zu den wichtigsten Menschen in seinem Leben, das
Kind allerdings habe ich noch nie gesehen, die Mutter nur
zweimal vor der Schwangerschaft.

alles was du über die mutter, das kind und die familiäre situation geschildert hast beruht also demzufolge nur auf hörensagen?
der vater scheint dir sehr am herzen zu liegen, er schmeichelt dir natürlich wenn er dir sagt, du seist der wichtigste mensch in seinem leben.
mir scheint, du hast ein helfersyndrom.
so wie du mir den vater hier schilderst, scheint er nicht in der lage zu sein selbständig und verantwortungsvoll für die kleine familie zu sorgen. wenn er sich schon kleinigkeiten (für uns selbstverständlichkeiten) aufschreiben muß um sie dann trotzdem zu vergessen, dann denke ich, ist hier ein professioneller familienhelfer besser platziert als du als mütterliche freundin des vaters.
was du als gute freundin machen könntest, wäre den vater und die mutter zum jugendamt zu begleiten und dort um hilfe zu bitten.
laß dich dort ruhig mit einspannen aber laß dich nicht in die verantwortung nehmen.
vielleicht lernst du auch vorab mal die mutter kennen und bildest dir ein eigenes urteil bevor du das, was der vater dir schildert, hier unnötig dramatisierst.
alles gute euch vier
seute

Hallo Paulader,

ich könnte mir gut vorstellen, dass ein praktische Unterstützung den beiden helfen könnte. Eine solche bietet die Sozialpädagogische Familienhilfe.

Der Weg dahin, diese zu bekommen, führt übers Jugendamt, und hier könnte die größte Hemmschwelle für die Jugendlichen liegen. Wenn du dich in dieser Richtung investieren könntest, um Ängste und Vorurteile abzubauen, hätten die beiden vermutlich eine wirkliche Chance.

Falls dir der Begriff nichts sagen sollte, guckst du hier:
http://de.wikipedia.org/wiki/Sozialp%C3%A4dagogische…

Dem jungen Mann würde es deine persönliche Zuwendung nicht nehmen, gleichzeitig wäre aber Unterstützung für die junge Familie gegeben.

Schöne Grüße,
Jule

finde ich überhaupt nicht angebracht. Bevor man mit solchen Begriffen um sich wirft, sollte man sich mal darüber schlau machen was der Begriff Helfersyndrom überhaupt bedeutet.
http://de.wikipedia.org/wiki/Helfersyndrom
MfG ramses90

3 Like

Vielen Dank Euch allen!
Einem Besuch bei öffentlichen Hilfseinrichtungen stünden die beiden m.E nach nicht sehr aufgeschlossen gegenüber, aber vielleicht kann ich dahingehend noch einwirken. Zur Zeit ist es wohl so, daß sie sich an anderen jungen Paaren orientieren, die das Angesprochene auch nicht gesünder und reifer lösen können als sie selbst und im Gegenteil als Rechtfertigung fungieren („alle anderen machen es ja auch so, also kann es nicht so falsch sein“).

Ich habe keine Ambitionen mich in diese familiäre Struktur einzubinden oder gar Verantwortung zu übernehmen, aber einen Schubs in die gesunde Richtung würde ich schon gerne geben.
Ich forsche mal, wer hier im Umland Ansprechpartner ist (von Byron Katie hatte ich früher schon mal was gehört in einem anderen Zusammenhang, ich lese mich mal ein, danke für den Tipp!), das Wort „Jugendamt“ sollte aus psychologischen Gründen erstmal umschifft werden, aber das weiß wahrscheinlich sogar das Jugendamt selbst.

Ich werde also mal berichten und schauen, was für Vorschläge die Amtsmenschen vielleicht haben, auf die ich gar nicht kommen kann.

Danke Euch für die Hilfe!
Gruß, Paulader

Hallo!

Darunter ist ein Anfang 20jähriger.

Ist ein 20jähriger ein Kind?

sie tragen nun an ihr Kind weiter, was schon an ihnen verbrochen
worden war. Dazu gehört u.a. ein blindes Interpretieren von
natürlichen, kindlichen Verhaltensweisen.

Ist das ein Verbrechen? Wenn ja, welcher Paragraph?

Sich einen Zopf zu binden wäre für die Mutter anscheinend noch
schwieriger.

Wenn ich das lese, kommt in mir ein Gefühl der Verärgerung hoch.

Eine gute Erziehung besteht unter anderem darin, dem Kind beizubringen, was es nicht darf, und das kann ein einjähriges Kind sehr gut lernen. In der Regel genügt ein freundliches, leises „Nein!“

Dem Kind die Möglichkeit zu nehmen, das zu lernen, halte ich für grundfalsch.

Auf meine Frage hin, warum das Kind nicht ohnehin in seinem
eigenen Bett schliefe, sagte der Vater, es hätte beim
Hinübertragen immer so ein Trara gegeben, daß sie früh
aufgegeben hätten.

Und? Ist das so schlimm?

Auf meine Frage hin, warum denn dann nicht e r allein dem Kind
beibrächte in seinem Bett zu schlafen, reagierte er so
verdutzt, als ob ihm dieser Gedanke noch nie gekommen wäre.

Dito.

Ich möchte ihn gerne packen und durchschütteln.

Oh, oh. Hoffentlich liest der Vater das hier nicht. Und falls doch, hoffentlich setzt er deine Methode nicht bei seinem Kind in die Praxis um. Es wäre nicht das erste Kind, das dadurch zu Tode käme.

Heute wird geschimpft, morgen gebrüllt, übermorgen geschlagen.

Und das weißt du genau. Bist du Hellseher?

Grüße

Andreas

(von
Byron Katie hatte ich früher schon mal was gehört in einem
anderen Zusammenhang, ich lese mich mal ein, danke für den

vielleicht gibt es da leute, die vorbeikommen?
um die schwellenangst zu umgehen?

hier wieder das thema der anderen fäden: wie viel hilfe darf man „aufdrücken“, wenn kinder beteiligt sind?

tilli

Hallo Tilli,

vielleicht gibt es da leute, die vorbeikommen?
um die schwellenangst zu umgehen?

ich denke, daß es nur so geht, denn beide können den Grund und die Notwendigkeit noch nicht erkennen.
Aufdrücken will ich gar nichts, letztlich ist das Sache des Paares, aber ich werde auch nicht länger praktische Tipps geben, wenn die ohnehin zwei Sekunden später im Winde verwehen, denn das wird schnell zum nimmerendenden Kreislauf.
Vielleicht ist eine andere Person, die keine emotionalen Bande zu den Elternteilen hat, ohnehin geeigneter im Sinne aller Beteiligten.

Freundliche Grüße, Paulader

Aufdrücken will ich gar nichts, letztlich ist das Sache des
Paares, aber ich werde auch nicht länger praktische Tipps
geben, wenn die ohnehin zwei Sekunden später im Winde

kannst du denn worken?
so schwer ist es ja nicht. und wer weiß: das könnte helfen, ohne das die beiden es merken. sozusagen. die kommen dann „von alleine drauf“.

tilli

nun habe ich mich beim Lesen über Byron Katie wieder an sie erinnert. Ein Freund erwähnte sie mal und wir hatten uns beide über das gefreut, was sie anbietet, da es mit einigen Trainings im Buddhismus einhergeht.
Sogesehen

kannst du denn worken?

kann ich „worken“ (ich nenne es halt „leben“) und in diesem Sinne spreche ich auch mit ihm und lebe Dinge vor. Findet er auch ganz prima und fühlt sich gut beraten, nur er setzt es eben nicht um, es bleibt immer beim Reden und Denken, zu deutsch: er kriegt seinen Allerwertesten nicht hoch, weil er einerseits ein faules Früchten und andererseits so voller Leid, Trauer, Angst und Minderwertigkeitskomplexen ist, daß er sich gar nicht traut irgendwas zu tun aus Angst es könnte falsch sein. Und so träumt er sich durch die Tage und fabuliert gerne über all das, was er machen möchte.
Eine wahrlich schwierige Situation. Mehr als Schubbsen kann und möchte ich nicht, aber ich wage zu bezweifeln, ob ein Schubbs hier greifen kann, bislang schubbse ich vergeblich.
Gruß, Paulader

nun habe ich mich beim Lesen über Byron Katie wieder an sie
erinnert. Ein Freund erwähnte sie mal und wir hatten uns beide
über das gefreut, was sie anbietet, da es mit einigen
Trainings im Buddhismus einhergeht.
Sogesehen

kannst du denn worken?

kann ich „worken“ (ich nenne es halt „leben“) und in diesem
Sinne spreche ich auch mit ihm und lebe Dinge vor.

ok, ich meinte die vier fragen und die umkehrung.

Findet er
auch ganz prima und fühlt sich gut beraten, nur er setzt es
eben nicht um, es bleibt immer beim Reden und Denken, zu
deutsch: er kriegt seinen Allerwertesten nicht hoch,

genau, vielleicht weil das AHA-erlebnis fehlt.

Eine wahrlich schwierige Situation. Mehr als Schubbsen kann
und möchte ich nicht, aber ich wage zu bezweifeln, ob ein
Schubbs hier greifen kann, bislang schubbse ich vergeblich.

nö, würd ich auch nicht.
aber ich habe es neulich bei meinem sohn mal probiert. er hat dann artig die fragen beantwortet und der schreiokrampf löste sich in ein nachdenklich-freundliches gespräch auf.

war cool.

tilli