Wenn man hier mal

…plaudern dürfte,

liebe Freunde,

dann würde ich hier einen Thread eröffnen, in dem ich laut darüber grübelte, warum Menschen, die sich eigentlich gar nicht für Kunst interessieren, sobald sie bei Oma auf dem Dachboden einen Ölschinken mit Motiven wie „Birken bei Vollmond“, „Enten an Schilf“, „Bauer auf äh: und Bäuerin bei der Heuernte“ (von Hirten und Jesulein, röhrenden Hirschen etc. mal abgesehen) entdecken, in eine Art Goldrausch verfallen und glauben, dass nun endgültig der erhoffte Reichtum hereinbricht.

Was ist es, was Kunst ansich so einen allgemeinen „hohen“ Wert in den Augen dieser Betrachter in all ihrer Unfähigkeit (aus Desinteresse) ausmacht, dass sie bei jedem älteren Bild, noch dazu mit Goldrahmen, glauben, es sei wertvoll? Bei einem Ring z.B. sieht doch jeder sofort (leise Ironiemelodie an:smile: was er wert ist: Der eine kann nur aus dem Kaugummiautomaten sein, der andere ein Brilli, weil er ganz ungebrochen das Licht der Wohnzimmerlampe hindurchlässt oder sonstwas…

Warum erscheinen Bilder, die „verstanden“ werden (Bauer auf Bäuerin in eindeutiger Pose z.B.) für viele Menschen als schöner, als wenn da einer nur krakelt (Malewitschs schwarzes Quadrat z.B.) - (ha, ha, das könnte ich auch).

Und als letztes: Was macht die Fähigkeit aus, ein Kunstwerk und damit seinen Künstler als Schöpfer als solche in ihrer Besonderheit, ihrer Aussage, ihrer Qualität zu erkennen?

Das ist jetzt eine Art AutoPlauderei, sind so im Kopf dahingeplauderte Überlegungen. Mich würde Euer Kopfgeplauder zu diesen Fragen interessieren…

Und übrigens:
Dass Geschmäcker verschieden sind, das meine ich damit nun wirklich nicht.

Gruß zur Woche,

Anja

Liebe Anja,

die Frage nach den Wertmaßstäben für Kunst, die du stellst, lässt sich in diesem Forum meiner Meinung nach nur unzureichend diskutieren, weil sie ganze Seminarreihen an Kunstakademien, in Fachzeitschriften, Feuilletons und meterweise Regale in Bibliotheken füllt (historische, soziologische, finanzielle, philosophische, technische… Aspekte).
Ich sehe den Zweck dieses Forums so, dass man den Menschen, die hier (aus sehr unterschiedlichen Beweggründen und mit sehr unterschiedlichem Vorwissen) Fragen stellen, versucht, nach bestem Wissen eine Antwort auf ihre Fragen zu geben.
Diese Antwortsuche frischt mein Gehirn auf und ich empfinde sie als eine angenehme Herausforderung.

Freundliche Grüße
rotmarder

…plaudern dürfte,

dann würde ich hier einen Thread eröffnen, in dem ich …

…plaudern dürfte,

Hallo Anja!

dann würde ich hier einen Thread eröffnen, in dem ich laut
darüber grübelte, warum Menschen, die sich eigentlich gar
nicht für Kunst interessieren, sobald sie bei Oma auf dem
Dachboden einen Ölschinken mit Motiven wie „Birken bei
Vollmond“, „Enten an Schilf“, „Bauer auf äh: und
Bäuerin bei der Heuernte“ (von Hirten und Jesulein, röhrenden
Hirschen etc. mal abgesehen) entdecken, in eine Art Goldrausch
verfallen und glauben, dass nun endgültig der erhoffte
Reichtum hereinbricht.

Wenn sich so mancher einen Gauermann oder Waldmüller ansieht und das vom Opa gemalte Bild dazu, dann ist es nicht schwierig, letzteres für ebenso „schön“ zu halten.
Ist halt ein Pech, daß die beiden Vorgenannten aus heute nicht mehr einsichtigen Gründen seinerzeit berühmt wurden.

Bei einem Ring
z.B. sieht doch jeder sofort (leise Ironiemelodie an:smile: was er
wert ist: Der eine kann nur aus dem Kaugummiautomaten sein,
der andere ein Brilli, weil er ganz ungebrochen das Licht der
Wohnzimmerlampe hindurchlässt oder sonstwas…

Nein. Ich würde das nicht sehen.

Warum erscheinen Bilder, die „verstanden“ werden (Bauer auf
Bäuerin in eindeutiger Pose z.B.) für viele Menschen als
schöner, als wenn da einer nur krakelt (Malewitschs schwarzes
Quadrat z.B.) - (ha, ha, das könnte ich auch).

Weil es eben die „Kunst“ ausmacht, daß die Aussage oder Botschaft des Künstlers den Betrachter (Zuhörer) auch wirklich erreicht. Und zwar ohne seitenlange Erklärungen …

Und als letztes: Was macht die Fähigkeit aus, ein Kunstwerk
und damit seinen Künstler als Schöpfer als solche in ihrer
Besonderheit, ihrer Aussage, ihrer Qualität zu erkennen?

Ein gewisses Interesse des „Kunstgempfängers“ an der jeweiligen Kunstgattung ist sicherlich eine Voraussetzung. Den Rest muß der Künstler machen.
ZB ist Goyas Koloss (http://www.onlinekunst.de/frieden/goya_koloss.html) ein häßliches Bild, dennoch „gefällt“ es, weil die Stimmung, die Gefahr ganz von selbst „rüberkommt“.

Gruß aus Wien
Barney

Hallo :wink:

Ein interessantes Thema!
Ich geb rotmarder vollauf Recht… man muss erst mal drüber nachdenken, um eine Möglichkeit zu eruieren…

Ich glaube, das haben wir den Medien zum großen Teil mitzuverdanken, und der Tatsache, dass etwas, was ich nicht kenne, was mithin geheimnisvoll ist immer Raum zu Spekulationen eröffnet, bzw. die Phantasie schürt.
Aber der Reihe nach…

Wer sieht nicht gerne „Kunst und Krempel“, „Lieb und teuer“ und wie sie alle heißen.
Dazu kommt noch: Auktionen (ich red jetzt nicht von iiih-bäh), bei denen Werke bekannter und weniger bekannter Maler zum Teil astronomische Preise erzielen.

Dies alles impliziert dem Otto-ichhabevonkunstkeineahnungundkennemaximalspitzweg-Menschen, dass jedwedes gemalte/gedruckte sonstwie altertümliche staubfangende Teil wertvoll zu sein scheint.

Sei es gemalt, gedruckt, goldgeschmiedet, aus Porzellan, Postwertzeichen… hauptsache: Antik (oder was man dafür hält) ist wertvoll

Der Kunstmarkt/Sammlermarkt ist absolut unüberschaubar!

Nicht zu vergessen: Die Medien stürzen sich ja wohl auch zu Recht auf den Rembrandt im Keller.

Man muss und kann sich daher nicht wundern, dass die Hoffnung vorhanden ist, morgen kündigen zu können.

Ich hake hier mal bei Deinem Schmuck-Beispiel ein - und nutze gleich die Gelegenheit, aufs heftigste zu widersprechen :wink:

Bei einem Ring
z.B. sieht doch jeder sofort (leise Ironiemelodie an:smile: was er
wert ist: Der eine kann nur aus dem Kaugummiautomaten sein,
der andere ein Brilli, weil er ganz ungebrochen das Licht der
Wohnzimmerlampe hindurchlässt oder sonstwas…

Nö… uralte Diamanten sind außer ruiniert gar nix :wink:
Ganz früher wurden die Dinger rund geschliffen - und gut
Brillantschliffe, Cobochons usw usw das sind Erfindungen der Neuzeit. Hier könnte es sich sogar lohnen, einen solchen Solitär neu zu schleifen, und der Wert könnte trotz erheblichem Materialverlust noch viel weiter anwachsen.

Also: wie setzt man den Wert von Kunst/Handwerk an?
Seltenheit? Verfügbarkeit? Ausführung? Oder nur der materielle Wert, der sich anhand Goldkurs bestimmen läßt? Irgendwas dazwischen?

Warum erscheinen Bilder, die „verstanden“ werden (Bauer auf
Bäuerin in eindeutiger Pose z.B.) für viele Menschen als
schöner, als wenn da einer nur krakelt (Malewitschs schwarzes
Quadrat z.B.) - (ha, ha, das könnte ich auch).

Was ich sehe, und sofort verstehe, gefällt… Worüber ich nachdenken muß, was ich mir in der Betrachtung erarbeiten muss— das ist zu anstrengend! Da warte ich doch auf RTL oder RTL II lieber auf ein gescheites Bulevardmagazin, die mir das 1000000%ig sicher und real erklärt!!! Ist doch bequemer :wink:

Und als letztes: Was macht die Fähigkeit aus, ein Kunstwerk
und damit seinen Künstler als Schöpfer als solche in ihrer
Besonderheit, ihrer Aussage, ihrer Qualität zu erkennen?

Nur ein Wort: Phantasie!

Bin mal gespannt, was noch kommt :wink:)

Grüße

Midir

Hi Anja,

in eine Art Goldrausch
verfallen und glauben, dass nun endgültig der erhoffte
Reichtum hereinbricht.

das ist doch nur menschlich, warum spielen so viele Lotto?

Warum erscheinen Bilder, die „verstanden“ werden (Bauer auf
Bäuerin in eindeutiger Pose z.B.) für viele Menschen als
schöner, als wenn da einer nur krakelt (Malewitschs schwarzes
Quadrat z.B.) - (ha, ha, das könnte ich auch).

Dieses Problem ist nicht nur eines der Kunst, Wissenschaftler schalgen sich mit ähnlichem herum.
Kunstrezeption setzt ein gewisses Vorwissen voraus und/oder ein gewisses Empfinden.
Bei wissenschaftlichen Fragen ist es ähnlich.

Nun gibt es aber auch einfache Gemüter, die mit einfachen Antworten (Wissenschaft) oder einfachen Motivne (Kunst) durchaus zufrieden sind.
Ein Beispiel seien in den Wissenschaften die Kreationisten.
Die Bibel erklärt alles schön einfach und widerspruchfrei. Warum sollten wir uns dann mit komplizierten Theorien den Kopf zermartern.

Ein röhrender Hirsch oder eine rassige Flamencotänzerin macht für viele eben mehr her, als ein Mondrian.

Und als letztes: Was macht die Fähigkeit aus, ein Kunstwerk
und damit seinen Künstler als Schöpfer als solche in ihrer
Besonderheit, ihrer Aussage, ihrer Qualität zu erkennen?

Talent, Empfindsamkeit und Vorwissen?

Warum sind ‚Volksmusiker‘ ungleich erfolgreicher als herausragende E-Musiker oder Jazzer?

Gandalf

Hallo Anja

Grad gestern Abend war ich mit dem Regisseur
eines Dorftheaters zusammen. Er ging ganz klar
davon aus, dass ein Bühnenbild dann gut ist,
wenn es «die Wirklichkeit» täuschend echt auf
der Bühne abbildet.

So urteilte vor Jahrzehnten auch meine Grossmama
über meine frühen Aquarelle. Sie waren gut, weil
man «noch sieht, was darauf ist».

Ich glaube, das ist einfach das biedere
Verständnis aus einer Zeit vor der Fotografie,
wo Malerei, insbesondere Zeichnung und
Illustration, manchmal tatsächlich die Aufgabe
von Berichterstattung übernehmen musste.

Manche bleiben leider mangels Anregung oder
Interesse bei dieser Auffassung und solchen
Wertmassstäben stehen.

Grüsse
Rolf

P.S.
Und nicht vergessen: «echt Öl» = besonders
wertvoll! Auch wenns der kleine Junge mit den
grossen traurigen Augen und der noch grösseren
Träne ist …