HI Max,
hier mal aus der Sicht der Schweiz, die ja mit Geld sehr viel zutun hat …und kaempf dich hiermal durch:
Archiv : Finanzbeziehungen : Int. Finanzinstitutionen : Weltbank : Multilaterale Verschuldung
Die armen hochverschuldeten Länder zahlen heute über 50 Prozent ihres Schuldendienst an die internationalen Finanzinstitutionen. Im Unterschied zu den übrigen Gläubigern sind letztere bisher nicht zu Umschuldungen oder Schuldenerlassen bereit. Mit folgenden Stellungnahmen und Publikationen setzt sich die EvB für einen Erlass von multilateralen Schulden ein:
Im Oktober 1994 veröffentlichte die EvB eine umfassende Plattform zur multilateralen Verschuldung, die von 200 Organisationen aus der ganzen Welt unterzeichnet wurde.
EvB-Mitarbeiter Peter Bosshard griff die Thematik in Artikeln in der Berner Zeitung (Sept. 1994) und in der NZZ (Feb. 1995) auf.
Die EvB nahm in Briefen vom März 1995 und vom Sept. 1995 zu konkreten Vorschlägen von IWF und Weltbank Stellung und forderte die Schweizer Regierung auf, einen multilateralen Schuldenerlass zu unterstützen.
Aufruf zum 50. Jahrestag von Bretton Woods:
Für eine gerechte Lösung des multilateralen Schuldenproblems
Die Kredite des Internationalen Währungsfonds, der Weltbank und der regionalen Entwicklungsbanken sind für viele Länder von der vermeintlichen Lösung zum wichtigsten Problem der Verschuldung geworden. 1982-1992 erhöhten sich die sogenannten multilateralen Schulden von 98 auf 304 Millarden Dollar, die Schuldendienstzahlungen von 8 auf 36 Milliarden Dollar. Für zahlreiche hochverschuldete Länder sind die internationalen Finanzinstitutionen zu den wichtigten Gläubigern geworden. 14 Länder zahlten dem IWF und der Weltbank 1992 sogar mehr Schuldendienst, als sie von ihnen an neuen Krediten erhielten. Für alle hochverschuldeten ärmeren Länder (mit einem jährlichen Volkseinkommen von bis 2695 Dollar/Kopf) betrug der Kapitalabfluss 1990-1992 unter dem Strich insgesamt 2,7 Milliarden Dollar. Ohne die Darlehen der IDA welche ei-gentlich Entwicklungsprogramme und nicht den Schuldendienst finanzieren sollten hätte er gar 7,5 Milliarden Dollar betragen.
Am Erdgipfel in Rio versprachen die nördlichen Regierungen, die Leistungen der Entwicklungszusammenarbeit zu erhöhen. Während sie dieses Versprechen nicht einhielten, sorgt der Schuldendienst für einen Kapitalabfluss aus den hochverschuldeten Ländern an die Gläubigerinstitutionen des Nordens. Diese Situation verhindert eine Entwicklung, die wirtschaftlich, sozial oder ökologisch nachhaltig ist. Stattdessen erzwingt sie in den betroffenen Ländern Strukturanpassungsprogramme, die immer wieder zu einer zusätzlichen Verarmung der benachteiligten Bevölkerungsgruppen und einer Übernutzung der natürlichen Umwelt führen.
Die internationalen Finanzinstitutionen verweigern bis heute ihre Beteiligung an sämtlichen Schuldenerlassen oder Umschuldungen. Zwar tragen sie nur einen Teil der Verantwortung für die Verschuldungskrise. Doch seit den 70er Jahren haben sie fahrlässig zahlreiche unproduktive Projekte finanziert und verfehlte Anpassungsrezepte durchgesetzt. Auf diese Weise tragen und trugen sie wesentlich zur Überschuldung vieler Länder bei. Aus ihrer Verantwortung dürfen sie sich nicht länger stehlen. Als ersten Schritt machen die unterzeichnenden Organisationen zum 50. Jahrestag der Gründung von IWF und Weltbank folgenden Lösungsvorschlag:
Behandlung der Altschulden
Die Schulden der hochverschuldeten ärmsten Länder (mit einem jährlichen Volkseinkommen von bis 675 Dollar/Kopf) gegenüber der IBRD (dem normalen Kreditschalter der Weltbank) und dem IWF sollen vollständig gestrichen werden. Die Schulden der hochverschuldeten ärmeren Länder (mit einem Volkseinkommen von 676-2695 Dollar/ Kopf) gegenüber der IBRD und dem IWF sollen zur Hälfte gestrichen werden. Diese Massnahmen sollen bis Ende 1995 durchgeführt werden, wenn nötig in mehreren Schritten.
Die zu erlassenden Schulden belaufen sich bei diesem Lösungsvorschlag auf 7,3 Millarden Dollar gegenüber dem IWF und 12,4 Millarden Dollar gegenüber der IBRD (um 1992). Im Vergleich dazu verfügen diese Institutionen über Reserven von 35 Milliarden Dollar (IWF) bezw. 17 Millarden Dollar (Weltbank). Der vorgeschlagene Schuldenerlass kann durch die vorhandenen Reserven der Weltbank, einen teilweisen Verkauf der Goldvorräte des IWF oder durch eine Neuzuteilung von Sonderziehungsrechten an die betroffenen Schuldnerländer finanziert werden.
Dieser Lösungsvorschlag gilt im Prinzip für alle hochverschuldeten ärmeren Länder. Umgesetzt werden soll er durch ein neues Gremium, in welchem IWF, Weltbank, UNO-Agenturen sowie Regierungen und Nicht-Regierungs-Organisationen aus Süd und Nord vertreten sind. Im Fall von Regierungen, die systematisch und gravierend die Menschenrechte verletzen, soll auf die Schuldenstreichung verzichtet werden, wenn reprä-sentative Basisbewegungen oder Nicht-Regierungs-Organisationen dies wünschen. Unab-hängig davon besteht die Möglichkeit, die erlassenen Schulden vollständig oder teilwei-se in lokale Gegenwertfonds für die Finanzierung von Entwicklungs- oder Umweltpro-grammen umzuwandeln. Solche Fonds sollen nur eingerichtet werden, falls sie die ein-zige Möglichkeit bieten, die Bevölkerungsmehrheiten von Schuldenstreichungen profitie-ren zu lassen.
Gleichbehandlung der Gläubiger
Bis heute profitieren die internationalen Finanzinstitutionen von einem Status als bevorzugte Gläubiger. Dieser Status soll durch eine gleichmässigere Behandlung mit den übrigen Gläubigern ersetzt werden. Multilaterale Institutionen sollen zwar gegenüber den privaten Gläubigern weiterhin bevorzugt behandelt werden. Sie sollen jedoch nicht länger überhaupt von Schuldenstreichungen ausgenommen werden.
Wenn sich IWF und Weltbank zukünftig an Schuldenerlassen beteiligen müssen, werden sie möglicherweise weniger Kredite an bestimmte Regionen vergeben oder ihre Konditionalität verschärfen. Die Weltbank (IBRD) nimmt zudem einen Teil ihrer Mittel auf dem internationalen Kapitalmarkt auf. Sie behauptet, dass die Kosten dieser Kapital-aufnahme und damit die Zinsen der IBRD-Kredite steigen würden, wenn ihr bevorzugter Status eingeschränkt wird. Allerdings ist das gezeichnete Kapital der IBRD viel grösser als alle ausstehenden Kredite zusammen. Solange die Mitgliedregierungen poli-tisch und finanziell hinter ihr stehen, wird ihre Kreditwürdigkeit nicht leiden.
Der hier präsentierte Vorschlag hat neben den direkten auch indirekte Vorteile für die Schuldnerländer: Weltbank und IWF erhalten damit ein finanzielles Eigeninteresse am Erfolg der von ihnen finanzierten Projekte und Programme. Der Schuldenerlass wird auch den Druck auf die Weltbank vermindern, fragwürdige Projekte zu finanzieren, um einen allzu hohen Kapitalabfluss aus den Schuldnerländern zu vermeiden. Beides wird dazu beitragen, die Qualität der finanzierten Projekte und Programme zu verbessern.
Weitere Schritte sind nötig
Der hier präsentierte Vorschlag wird in einer Studie weiter erläutert, den WEED, die Erklärung von Bern und Eurodad im Juni 1994 veröffentlichten. Die unterzeichnenden Organisationen verstehen ihn nur als einen ersten, einfach zu realisierenden Schritt hin zu einer umfassenden Lösung des multilateralen Schuldenproblems. Eine zukünftige um-fassende Lösung muss weitere Länder (z.B. Länder mit mittlerem Einkommen sowie Länder, die offiziell nicht als hochverschuldet gelten) sowie die regionalen Entwick-lungsbanken (insbesondere die Afrikanische Entwicklungsbank) miteinbeziehen. Darüberhinaus sollen Mechanismen geschaffen werden, um gezielt illegitime Kredite von IWF und Weltbank zu streichen. Zu diesem Zweck sollen die Kriterien der Legitimität von Krediten in einem internationalen Übereinkommen festgelegt werden. Selbstverständlich sind für eine nachhaltige Entwicklung in Nord und Süd neben Schuldenstreichungen zahlreiche weitere Veränderungen auf nationaler wie internationaler Ebene nötig.
Verschiedene Fragen - beispielsweise der Finanzierungsmodus für den Schuldenerlass und die Auswirkungen von weitergehenden Massnahmen auf die Zinskosten der Weltbank und die Konditionalität des IWF - müssen weiter abgeklärt werden. Ein erster Schritt darf jedoch nicht länger aufgeschoben werden. Die unterzeichnenden Organisationen rufen die Weltbank und den IWF auf, sich am 50. Jahrestag ihrer Gründung ihrer Mitverantwortung für die Verschuldungskrise zu stellen. Sie appellieren überdies an die Regierungen, die diese Institutionen kontrollieren, die notwendigen Massnahmen zu veranlassen.
(Englische) Liste der unterstützenden Organisationen:
208 organizations from 27 countries
International: Asian NGO Coalition for Agrarian Reform and Rural Development, Quezon City; Asian Solidarity against Debt and Recolonisation, Manila; Caritas Internationalis, Vatican City; Climate Network Africa, Nairobi; European Network on Debt and Development (Eurodad), Brussels; Greenpeace International, Washington; Institute of Alternative Policies for the Southern Cone of Latin America (PACS); International Rivers Network, Berkeley; International Society of Doctors for the Environment, Gravesano; Kairos Europe, Heidelberg; World Rainforest Movement, Chadlington. Argentina: Centro de Estudios Ambientales, Buenos Aires. Belgium: Centre National de Coopération au Développement, Brussels; Entraide et Fraternité, Brussels; Groupe de Recherche pour une Stratégie Economique Alternative (GRESEA), Brussels; NCOS, Brussels; Oxfam Belgique, Brussels. Brazil: Centro de Açao Comunitária, Rio de Janeiro; Instituto de Estudos Sócio-Econômicos, Brasilia. Burkina Faso: Association Manegdbzanga, Momgana; Association pour la Promotion de l’Ecrit et du Livre dans les Langues Nationales pour le Développement, Ouagadougou; Association des Veuves et Orphelins du Burkina Faso, Ouagadougou; Groupe de Recherche d’Etudes et de Formation „Femmes - Action“, Ouagadougou; Mouvement Burkinabé des Droits de l’Homme et des Peuples, Ouagadougou; Mutuelles des Paysans et Assimilés du Burkina, Ouagadougou. Cameroon: Partnership Management and Support Programme, Douala. Canada: Inter-Church Coalition on Africa, Toronto. Colombia: CEPECS - Colombia Hoy, Santafé de Bogotá; Instituto Maria Cane, Santafé de Bogotá. Ecuador: Central Equatoriana de Servicios Agricolas, Quito; Centro de Educacion Popular, Quito; Comite Ecuatoriano del Fondo Ecuménico de Prestamos, Quito; Comite Ecumenico de Proyectos, Quito; Fondo Ecuatoriano Populorum Progressio, Quito; Fundacion Brethren y Unida, Quito. Finland: Coalition for Environment and Development; GreenLife Society International; Swallows of Finland. France: Centre de Recherche et d’Information pour le Développement (CRID), Paris. Germany: Association for the Conservation of Nature and Environment (BUND), Bonn; Association for Nature Conservation (NABU), Bonn; Ecumenical Working Group on Peace, Göttingen; Euronature, Koblenz; Fokus, Bielefeld; German Catholic Youth Organization (BDKJ), Düsseldorf; Germanwatch, Bonn; Members of Religious Orders for Peace, Frankfurt; North-South Forum, Fürstenfeldbruck; Oscar Romero Foundation, Oldenburg; Pax Christi (Germany), Bad Vilbel; Philippinenbüro, Cologne; Society for International Development (Bonn branch), Bonn; Sozialwerk Campo Limpo, Educational and Social Assistance for Brazil, Puchheim; Student Union of the University of Kassel, Kassel; Terre des hommes Germany, Osnabrück; Third World Action Group, Freiburg; Urgewald, Sassenberg; Werkstatt Ökonomie, Heidelberg; Working Group Bavarian North-South Fora, Gröbenzell; Working Group on Peace and International Affairs of the Green Party of Lower Saxony, Nienburg; Working Group of the Protestant Youth in Germany, Hannover; Working Group Tropical Forest and Protection of Species, Bielefeld; World Economy, Ecology and Development (WEED), Bonn; World Peace Service (WFD), Berlin. Great Britain: Columban Fathers, Solihull; Lloyds & Midland Boycott Campaign, Manchester; United Reformed Church (Church and Society), London; United Society for the Promotion of the Gospel, London; World University Service (UK), London. Ireland: Debt and Development Coalition Ireland, Navan. Jamaica: Association of Development Agencies, Kingston; National Environmental Societies Trust, Kingston. Kenya: Bank Monitoring Unit (Kenya), Nairobi; Church of the Province of Kenya, Nairobi; Econews Africa, Nairobi; KENGO, Nairobi; Kituo Cha Sheria, Nairobi. Japan: Japan Bretton Woods Coalition, Tokyo. Luxemburg: Action Solidarité Tiers Monde, Luxemburg. Netherlands: Friends of the Earth/Netherlands, Amsterdam; Humanistic Institute for Cooperation with Developing Countries (HIVOS), The Hague; INZET, Amsterdam; IRENE, Tilburg. Nicaragua: Asociación de Trabajadores de Campo, Managua; Centro de Estudios y Analisis Socio Laborales, Managua; Centro de Informacion y Servicio de Asesoria en Salud, Managua; CICUTEC, Managua; Comite Regional de Promocion de Salud Comunitaria, Managua; Cooperativa Maria Luisa Ortiz, Mulukuku; Puntos de Encuentro, Managua; Union de Cooperativas Agropecuarias Miraflor, Estelí; Union de Cooperativas Agropecuarias San Ramón, Matagalpa; Union Nacional de Agricultores y Ganaderos, Managua. Norway: Aksjon Slett Ulandsgjelda, Toroed; FIVAS, Oslo; Norwegian Working Group on World Bank/GEF, Oslo. Philippines: Asian Social Institute - Family Center, Manila; Freedom from Debt Coalition, Quezon City; Medical Action Group, Quezon City; Missionary Society of St.Columban, Manila. Spain: Asociación Andaluza por la Solidaridad y la Paz, Granada; Asociación Pro Derechos Humanos, Granada; Cadiz Solidaria, Cadiz; Manos Unidas, Campaña contra el Hambre, Madrid. Switzerland: Action chrétienne agricole romande, Farvagny le Petit; Aktion Finanzplatz Schweiz - Dritte Welt, Berne; Anti-Apartheid Movement, Zürich; Arbeitsgruppe Peru - Schweiz, Basel; Arbeitsgruppe für Rüstungskontrolle und ein Waffenausfuhrverbot, Berne; Association of Churches and Missions in Switzerland (KEM), Basel; Association romande des Magasins du Monde, Lausanne; Association de Solidarité avec le Nicaragua et El Salvador, Geneva; Association Suisse romande de soutien à la SCOD, Geneva; Basel Mission (Management board), Basel; Berne Declaration, Lausanne/Zürich; Brothers without Frontiers, Freiburg; Christlicher Friedensdienst, Berne; Commission Tiers-Monde de l’Eglise Catholique à Genève, Geneva; Eglise Morave en Suisse romande, Thielle-Wavre; Evangelisch-reformierte Kirche des Kantons Freiburg, Murten; Evangelischer Kirchenrat Graubünden, Cazis; Fédération genevoise de coopération, Geneva; Fraueninformationszentrum Dritte Welt, Zürich; Frauenliste, Basel; Gewerkschaft Bau und Industrie, Zürich; Green Party of Switzerland, Berne; Greenpeace Switzerland, Zürich; Groupe Volontairs d’Outre Mer (GVOM), Moudon; Grünes Bündnis, Luzern; Gruppe Schweiz - Philippinen, Zürich; The Hunger Project Switzerland, Geneva; Incomindios Switzerland, Basel; International Christian Service for Peace EIRENE (Switzerland), La Chaux-de-Fonds; Interteam, Lucerne; Kommission für Entwicklungsfragen, Zürich; Koordinationsstelle für Oekumene, Mission und Entwicklungsfragen, Berne; Kulturprojekt Silvania, Binningen; Mission Evangélique au Kwango/Zaire, Basel; Moravian Mission, Basel; Organisation für die Sache der Frau (OFRA), Olten; Outreach to Third World Children (SKIP), Freiburg; Politische Frauengruppe, St.Gall; Swiss Catholic Missionary Council (SKM), Freiburg; Swiss Coalition of Development Organizations (Swissaid, Catholic Lenten Fund, Bread for all, Helvetas, Caritas), Berne; Swiss East Asia Mission, Adliswil; Swiss Labor Assistance (SAH), Zürich; Swiss League for Nature Protection (SBN), Basel; Swiss Medical Relief Center (CSS), Zürich; Swiss Peace Council (SFR), Zürich; Swiss Union of Commercial, Transport and Food Workers (VHTL), Zürich; Swiss YWCA/YMCA World Service, Olten; Solidarity Movement with Southern Africa, Geneva; Solifonds, Zürich; Sozialistisch-Grüne Alternative, Zug; St.Katharina-Werk, Basel; South Africa Mission, Basel; Terre des hommes Switzerland, Basel/Geneva; Theologische Bewegung für solidarische Entwicklung, Lucerne; Third World Shop Association (V3WL), Niedererlinsbach; Tourism and Development, Basel; Unité, Basel; Vereinigung für Entwicklung, Gerechtigkeit und Solidarität, Bischofszell; Weltwirtschaftsgruppe des Frauenrats für Aussenpolitik, Basel; Women for Peace, Basel; Working Group Switzerland - Colombia, Basel/Lucerne; Local solidarity groups in Basel-Hirscheneck, Belp, Biel, Burgdorf, Dürnten-Rüti, Frick, Geneva, Horgen, Interlaken, Kloten, Kriens, Muttenz, Olten, Opfikon-Glattbrugg, Schaffhausen, Winterthur, Zürich-Seilergraben. Sweden: BIFO - Swedish NGO Information Centre; Church of Sweden Aid; Church of Sweden Mission; Christian Council of Sweden (Justice, Peace and Creation); Emmaus Björka Association; Färnebo Folk High School; Left Association of Swedish Women; Swalows (Swedish Section); Tyresö Society for Peace and Development; Uppsala World Bank Group. Tanzania: Moravian Church Rukwa Province, Sumbawanga. United States: Boston Women’s Health Book Collective, Somerville; Center of Concern, Washington; Columban Fathers’ Campaign on Debt and Development Alternatives, Washington; Friends of the Earth/US, Washington; Houston Catholic Worker/Casa Juan Diego, Houston; Institute for Transportation and Development Policy, New York; Interfaith Network for Peace & Justice, DeKalb; Inter-Hemispheric Education Ressource Center, Albuquerque; Joint Ministry in Africa, Disciples of Christ/United Church of Christ, Indianapolis; Learning Alliance, New York; Maryknoll Fathers and Brothers Justice and Peace Office, Washington; National Wildlife Federation, Washington; Network for Environmental & Economic Responsibility, Nutley; Nicaragua - U.S. Friendship Office, Washington; 8th Day Center for Justice, Chicago.
Ungelöste Verschuldungskrise:
Beispiel Schweiz/ Bolivien.
Immer häufiger erlassen nördliche Regierungen ärmeren Ländern die Schulden. In einigen Fällen beteiligen sich selbst die Banken an solchen Aktionen. Nur IWF und Weltbank zeigen sich kompromisslos. Das Beispiel Bolivien zeigt: Solange diese Institutionen abseits stehen, bleibt die Verschuldungskrise ungelöst.
Bolivien ist ein Schwerpunktland der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit. Unter dem Druck von Verschuldung und Wirtschaftskrise setzt seine Regierung seit Mitte der 80er Jahre ein hartes Anpassungsprogramm durch. „Chaos beseitigt aber nicht die Armut“, beurteilt der St.Galler Professor Jean-Max Baumer die bisherigen Folgen. 1993 profitierte das Land als eines der ersten vom neuen schweizerischen Entschuldungsfonds. Der Bundesrat wandelte bolivianische Schulden von 53 Millionen Franken in einen Fonds zur Finanzierung von Sozialprogrammen um. In den drei Jahren zuvor hatte der Andenstaat der Schweiz einen Schuldendienst von durchschnittlich 244’000 Franken bezahlt. Diese Belastung fällt nun dahin.
Tropfen auf den heissen Stein
Trotz solcher Erleichterungen bleibt das bolivianische Verschuldungsproblem ungelöst. Die wichtigsten Gläubiger des Andenstaats sind unterdessen die internationalen Finanzinstitutionen geworden der IWF, die Weltbank und die Interamerikanische Entwicklungsbank. Mit 2,1 Milliarden $ machen deren Forderungen mehr als die Hälfte des bolivianischen Schuldenbergs aus. Im Unterschied zu den nördlichen Regierungen und Banken treiben IWF und Weltbank den fälligen Schuldendienst ohne jede Verzugsmöglichkeit ein. Im Windschatten der Schuldenerlasse, die andere Gläubiger einräumen, machen sie weiterhin die hohle Hand. 1990-1992 leistete Bolivien dem IWF und der Weltbank (ohne IDA) 152 Millionen $ mehr an Zinsen und Rück-zahlungen, als es von ihnen an neuen Krediten erhielt. Angesichts dieses Finanzabflusses wird die schweizerische Schuldenerleichterung zum sprichwörtlichen Tropfen auf dem heissen Stein.
Bolivien ist kein Einzelfall. Für zahlreiche verschuldete Staaten wurden der IWF und die Weltbank in den letzten Jahren zu den wichtigsten Gläubigern. Die Schulden gegenüber den internationalen Finanzinstitutionen schnellten 1982-1992 von knapp 100 auf über $300 Milliarden empor. Der Schuldendienst gegenüber diesen Institutionen erhöhte sich gleichzeitig von 8 auf $ 36 Milliarden pro Jahr. Wie im Fall von Bolivien ziehen IWF und Weltbank (ohne IDA) mehr Geld aus den Schuldnerländern ab, als sie diesen zur Verfügung stellen. 1987-1992 betrug der Finanzabfluss unter dem Strich nicht weniger als $34 Milliarden . Selbst die Zuwendungen der IDA von $21 Milliarden , die von nördlichen Regierungen stammen, konnten den massiven Geldtransfer von Süd nach Nord nicht ausgleichen.
Süden finanziert IWF.
Wenn Schuldnerregierungen gegenüber den Finanzinstitutionen zahlungsunfähig werden, so springen nördliche Regierungen immer häufiger direkt in die Lücke. Sie übernehmen für einen gewissen Zeitraum die fälligen Zahlungen an IWF und Weltbank. Auch die Schweiz bewilligte seit 1990 70 Millionen Franken für solche Aktionen. Da die Schuldnerländer anschliessend neue IWF-Kredite aushandeln können, bilden die Überbrückungsaktionen für den Bundesrat eine „ausseror-dentlich wichtige Hilfe“. Doch während die Regierungen die Kastanien aus dem Feuer holen, lachen sich IWF und Weltbank ins Fäustchen. Gerade dank ihrer privilegierten Situation konnten sie in den letzten Jahren ihre Reserven auf $52 Milliarden erhöhen.
Die Sonderbehandlung von IWF und Weltbank ist umso weniger gerechtfertigt, als diese eine Mitverantwortung für das Entstehen der Verschuldungskrise tragen. Wie verschiedene interne Studien zeigen, scheiterten in den letzten Jahren zahlreiche Weltbankprojekte. Auch der Währungsfonds setzt in vielen Schuldnerländern Anpassungsrezepte durch, die wirtschaftlich (und erst recht sozial) nicht zum Erfolg führen. Wenn der Zahlungstermin naht, hat diese Mitverantwortung jedoch keine Konsequenzen: Für verfehlte Projekte müssen allein die Schuldner (und hauptsächlich die armen Bevölkerungsschichten) geradestehen. Anfangs Oktober feiern die IWF und Weltbank den 50. Jahrestag ihrer Gründung. Entwicklungs- und Umweltorganisationen lancieren aus diesem Anlass einen Vorschlag, Schulden gegenüber diesen Institutionen zu streichen. Ihr Vorschlag kostet rund $20 Milliarden ; er könnte direkt aus den Reserven von IWF und Weltbank gedeckt werden.
So kapitalistisch wie Apfelkuchen
„Zahlungsunfähigkeit ist so kapitalistisch wie Apfelkuchen“, schrieb das „Wall Street Journal“ vor Jahren treffend. Ohne die Möglichkeit des Bankrotts würde sich wirtschaftliche Fahrlässigkeit lohnen, müssten sich Gläubiger nicht um die Risiken ihrer Kreditvergabe kümmern. Diese Binsenwahrheit bestätigt sich ausgerechnet bei den Wortführern marktwirtschaftlicher Grundsätze, den internationalen Finanzinstitutionen. Die Weltbank, der IMF und die regionalen Ent-wicklungsbanken geniessen einen sogenannten bevorzugten Gläubigerstatus, der sie vor jeglichem Rückzahlungsrisiko abschirmt. Diese privilegierte Situation erlaubt ihnen eine recht fahrlässige Kreditvergabe. „Da die Weltbank Projektrisiken nicht systematisch prüft“, kritisiert beispielsweise der Wapenhans-Bericht von 1992, „lehnt sie Projektpläne, die eine unakzeptabel tiefe Rendite oder Kostengünstigkeit aufweisen, nicht systematisch ab. (…) Viele Bankangestellte betrachten Projektabklärungen als Vermarktungsmittel, um Kreditabschlüsse zu sichern.“ Als Folge sinkt die Projektqualität. 1992 schätzte der Evaluationsdienst der Weltbank nur 42 Prozent aller im Vorjahr abgeschlossenen Bankvorhaben als „wahrscheinlich nachhaltig“ ein.
Multilaterale Schuldenkrise.
Die Schulden gegenüber den internationalen Finanzinstitutionen haben seit den 80er Jahren massiv an Bedeutung gewonnen. 1993 hatten die hochverschuldeten ärmsten Länder insbesondere in Afrika 42 Prozent ihres Schuldendienstes an die multilateralen Gläubigern zu leisten. Die Zinsen und Rückzahlungen an IMF und IBRD übersteigen längst die Neukredite dieser Institutionen.
Der Kapitalabfluss trifft selbst diejenigen hochverschuldeten Länder (mit einem Pro-Kopf-Einkommen von unter 2695 Dollar/Jahr), die ohnehin am stärksten unter widrigen welt-wirtschaftlichen Bedingungen leiden. Ihr Schuldendienst übertraf 1990-1993 die Neukredite der beiden Institutionen um insgesamt 9,7 Milliarden Dollar.
Wenn die Entwicklungsbanken zukünftig wie angekündigt ihre Qualitätskontrolle verstärken, werden die Neukredite zwangsläufig weiter zurückgehen, wird sich die Schere zwischen Aus- und Rückzahlungen weiter öffnen. Diese verschärfte Situation dürfte bereits eingetreten sein. Zwar sind Nettokapitalabflüsse eine normale Folge der Verschuldung. In den ärmeren Schuldnerländern erzeugten die oft fahrlässig vergebenen Kredite aber nicht die wirtschaftliche Sub-stanz, welche es erlauben würde, den geforderten Schuldendienst zu leisten.
Immer häufiger erschallt angesichts dieser Situation der Ruf nach einer Streichung multilateraler Schulden. 200 Nichtregierungsorganisationen von Caritas Internationalis über die Witwen- und Waisenvereinigung von Burkina Faso bis zu Greenpeace veröffentlichten an der Jahresversammlung von IMF und Weltbank im Oktober 1994 einen entsprechenden Aufruf. Anfangs November deponierte die Bewegung der blockfreien Staaten einen ähnlichen Vorschlag bei der UNO-Generalversammlung. In den eidgenössischen Räten luden die Genfer Freisinnigen Gilles Petitpierre und Peter Tschopp den Bundesrat mit Postulaten ein, einen Erlass multilateraler Schulden zu prüfen. Die Exekutivräte von IWF und Weltbank schliesslich wollen ihre Haltung gegenüber der multilateralen Verschuldung bis im April neu formulieren.
Lösungsvorschläge
Den konkretesten Lösungsvorschlag enthält der Aufruf der Nichtregierungsorganisationen, der von der Erklärung von Bern koordiniert wurde. Er empfiehlt, die Schulden der hochverschuldeten ärmsten Länder gegenüber IWF und Weltbank vollständig und diejenigen der hochverschuldeten ärmeren Länder zur Hälfte zu streichen. Regierungen, die systematisch die Menschenrechte verletzen, sollen von einem solchen Schuldenerlass ausgenommen werden. Die beiden Finanzinstitutionen sollen gegenüber den übrigen Gläubigern weiterhin privilegiert behandelt, aber nicht mehr grundsätzlich von zukünftigen Schuldenerlassen ausgenommen werden. Dieser Lösungsansatz würde rund 20 Milliarden Dollar kosten. Er könnte grundsätzlich aus den Reserven von IWF und Weltbank finanziert werden, die 1992 52 Milliarden Dollar betrugen.
Der Bundesrat erklärte sich nicht bereit, die Postulate Petitpierre und Tschopp entgegenzunehmen. Als wichtigstes Argument gegen einen multilateralen Schuldenerlass wird immer wieder die gefährdete Kreditwürdigkeit der Weltbank selbst ins Feld geführt, die sich auf dem internationalen Kapitalmarkt refinanziert. Solange jedoch die Mitgliederregierungen das Weltbankkapital garantieren, kann deren Gläubigerstatus relativiert werden, ohne dass die Kreditwürdigkeit leidet. Den Beweis liefert gegenwärtig die Afrikanische Entwicklungsbank (BAD). Obwohl 32 von 50 Schuldnerregierungen gegenüber der BAD im Zahlungsrückstand sind, geniesst diese auf den Kapitalmärkten weiterhin ein AAA-Rating dank der Kapitalgarantie ihrer Mitglieder.
Als Alternative zu einem Erlass multilateraler Schulden verweist die Weltbank immer wieder auf die bestehenden Instrumente, insbesondere die Zahlungen ihrer sogenannten 5. Dimension. Diese sind aber absolut unzureichend. 1992 deckten sie nur gerade 9 Prozent des Schuldendienstes der ärmsten Schuldnerländer gegenüber der IBRD. Zusätzlich werden immer wieder neue Überbrückungsmechanismen konstruiert, welche den notwendigen multilateralen Schuldenerlass auf Kosten der Entwicklungszusammenarbeit umschiffen sollen. Gemäss internen Bankdokumenten dienen beispielsweise die 11. Wiederauffüllung der IDA sowie die anstehende Kapitalerhöhung der Interamerikanischen Entwicklungsbank (IDB) dazu, die Kapitalabflüsse gegenüber IWF und Weltbank indirekt zu refinanzieren. Die Budgets der Entwicklungszusammenarbeit, aus denen sich IDA und IDB speisen, sind aber beschränkt. Sie können nicht dazu dienen, die sich weiter öffnende Schere des multilateralen Schuldendienstes zu finanzieren.
Szenenwechsel: Die IDB will in Lateinamerika zukünftig Privaten Kredite ohne staatliche Rückzahlungsgarantien erteilen. Und die Weltbank erlaubt bereits heute osteuropäischen und zentralasiatischen Regierungen, privaten Gläubigern im Konfliktfall Vorrang gegenüber ihren eigenen Forderungen einzuräumen. Die Entwicklungsbanken haben in diesen Fällen ihren bevorzugten Gläubigerstatus, den sie sonst als sakrosankt hinstellen, weitgehend unbemerkt aufgehoben. Was im Interesse von privaten Investoren möglich ist, sollte auch den Bevölkerungen der ärmsten Schuldnerländer nicht länger vorenthalten werden. Die Zeit ist reif, die soziale und wirtschaftliche Notwendigkeit eines multilateralen Schuldenerlasses anzuerkennen.
Herrn
Nicolas Imboden
BAWI
Bundeshaus-Ost
3003 Bern
Multilaterale Verschuldung:
Diskussion im Exekutivrat der Weltbank vom 13. März 1995
Sehr geehrter Herr Imboden,
Der Gouverneursrat von IWF und Weltbank wird im April 1995 an seiner Frühjahrstagung in Washington DC das Problem der multilateralen Verschuldung diskutieren. Die Verwaltungen der beiden Institutionen haben unter dem Titel „Multilateral Debt of the Heavily Indebted Poor Countries“ eine gemeinsame Studie ausgearbeitet, welche im Exekutivrat der Weltbank am 13. März zur Diskussion ansteht.
Greenpeace Schweiz und die Erklärung von Bern haben ihre grundsätzlichen Anliegen zum Problem der multilateralen Verschuldung am 6. September 1994 den Herren Bundesräten Delamuraz und Stich in einem Schreiben mitgeteilt. Eine entsprechende Plattform, die von 208 Organisationen aus 27 Ländern unterzeichnet wurde, haben wir anfangs Oktober an der Jahresversammlung von IWF und Weltbank in Madrid vorgestellt. Wir legen diese Plattform zu Ihrer Information bei, gehen aber im folgenden nicht mehr auf die grundsätzlichen Anliegen ein. Stattdessen erlauben wir uns, einige kritische Kommentare zur Studie von IWF und Weltbank abzugeben. Diese betreffen sowohl die Darstellung der Problemlage, die Prognose der zukünftigen Entwicklung als auch die Schlussfolgerungen:
Der wichtigste Massstab für die aktuelle Bedeutung der multilateralen Verschuldung ist der multilaterale Anteil am Schuldendienst. Dieser Indikator wird in der Studie seltsamerweise nicht ausgewiesen. 1993 betrug er gemäss den neusten World Debt Tables bei den SIMICs 27,8 Prozent, bei den SILICs nicht weniger als 50,7 Prozent.
Die Studie behauptet, dass die multilateralen Ressourcentransfers während der vergangenen zehn Jahre für fast alle Länder in fast allen Jahren massiv positiv gewesen seien (S. 7). Bei dieser Darstellung werden die Finanztransfers der IDA, die aus den nationalen Budgets der Beitragsländer finanziert werden, unhinterfragt und unausgewiesen miteinberechnet. Gegenüber der IBRD und dem IWF wiesen die SIMICs 1993 einen Nettokapitalabfluss von 1,1 Mrd. Dollar, die SILICs gar einen solchen von 1,4 Mrd. Dollar aus. Dies bedeutet, dass 1993 mehr als 75 Prozent aller IDA-Zahlungen an die ärmsten Länder für den Ausgleich des Nettokapitalabflusses an IBRD und IWF aufgewendet werden mussten. Ein ungelöstes multilaterales Verschuldungsproblem bildet deshalb eine denkbar schlechte Voraussetzung für die Verhandlungen um die IDA 11.
Wie die Studie zurecht festhält, sind die Exportaussichten „von zentraler Bedeutung“ für die relative Belastung der Schuldnerländer durch den multilateralen Schuldendienst (S. 22). Die Einschätzung dieser Aussichten in der Studie erscheint jedoch als unrealistisch und zweckoptimistisch. Bei einer Ausgangsbasis 1993/94 geht sie ab 1998 von einem durchschnittlichen jährlichen Exportwachstum von nominal 6 Prozent (bzw. real 3 Prozent) aus (S. 10). Die Preise von 33 erfassten Rohstoffen erlebten jedoch gerade 1993/94 eine kurzfristige Hausse, die bereits Ende 1994 zu Ende ging. „Endlich fallen die Rohstoffpreise“ stellten beispielsweise die „Weltbank-Nachrichten“ am 23. Februar 1995 mit seltsamer Erleichterung fest. Realistischer wäre für das zukünftige Exportwachstum eine Prognose von nominal 0-3 Prozent (bzw. real -3-0 Prozent). Eine solche Korrektur würde die Schuldendienstquote automatisch erhöhen.
Die Studie macht völlig unrealistische Annahmen bez. der zukünftigen konzessionären Ressourcenflüsse in die ärmsten Länder. Sie geht davon aus, dass diese real konstant bleiben (bzw. nominal um jährlich 3 Prozent zunehmen werden). Der neue DAC-Jahresbericht zeigt hingegen auf, dass die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit drastisch zurückgeht. Auch Weltbank-Vizepräsident Johannes Linn ging in seinem Vortrag am Armutsseminar vom 13. Oktober 1993 in Bern davon aus, dass die konzessionären Ressourcenflüsse in die ärmsten Länder zukünftig zurückgehen werden. Damit dürften sich die Nettoressourcenflüsse in die hochverschuldeten Länder im Vergleich zu den Annahmen in der Studie drastisch verschlechtern.
Der IWF und die Weltbank haben eine lange Tradition von zweckoptmistischen Prognosen bez. der Wachstumschancen und der Verschuldung der Dritten Welt. Werden die Annahmen bez. der Exporte und Finanzflüsse in der vorliegenden Studie korrigiert, so nimmt die Zahl der Problemfälle deutlich zu. Gemäss Berechnungen des europäischen Verschuldungsnetzwerks Eurodad sind bei realistischeren Annahmen bei rund 30 statt 14 Ländern zusätzliche Anstrengungen zur Lösung des multilateralen Schuldenproblems nötig. Zusätzlich muss in Erinnerung gerufen werden, dass die offizielle Studie sieben Schuldnerländer wegen der Schwierigkeit von Zukunftsprognosen ausklammerte. Diese wiesen einen durchschnittlichen multilateralen Anteil an der Gesamtverschuldung von immerhin 23 Prozent auf.
Für die Lösung von Problemfällen verweist die Studie immer wieder auf die Notwendigkeit, die konzessionären bilateralen Mittel zu erhöhen (S. 19, 24, 29f.). Selbst bei den wenigen Fällen, von denen IWF und Weltbank ausgehen, ist die Verwendung der nationalen Entwicklungszusammenarbeit für die Refinanzierung des multilateralen Schuldendienstes u.E. fragwürdig. Wenn jedoch die Zahl der Problemländer massiv zunimmt, reicht der Einzelfallansatz erst recht nicht mehr aus, drängen sich umfassende Lösungen auf. Angesichts von stagnierenden Budgets können solche umfassenden Lösungen zukünftig nicht mehr mit Mitteln der nationalen Entwicklungszusammenarbeit finanziert werden. Zukünftig müssen deshalb die Reserven von IWF und Weltbank für diese Aufgabe herangezogen werden. Wir haben mit Interesse festgestellt, dass die Weltbank gegenüber mehreren kreditnehmenden Ländern das Prinzip des privilegierten Gläubigerstatus durch die Möglichkeit der sog. „Negative Pledge Waivers“ bereits aufgeweicht hat. Der privilegierte Gläubigerstatus darf deshalb auch einem sozial und wirtschaftlich dringend benötigten multilateralen Schuldenerlass nicht länger im Weg stehen.
Am 9. März hat der Ständerat das Postulat Petitpierre zur multilateralen Verschuldung dem Bundesrat einstimmig zur Prüfung überwiesen. Dieser Entscheid zeigt, dass der politische Konsens für einen Erlass multilateraler Schulden wächst. Wir hoffen, dass sich die Schweiz am 13. März im Exekutivrat der Weltbank für eine Lösung einsetzen wird, wie sie die Nichtregierungs-Organisationen in ihrer Plattform skizziert haben. Die vorgelegte Studie sollte an die Verwaltungen von IWF und Weltbank zurückgewiesen werden; diese sollten beauftragt werden, eine erneute Analyse der Problematik aufgrund realistischerer Prämissen durchzuführen.
Wir bitten Sie, uns nach der Debatte vom 13. März zu informieren, wie die Schweiz die Prämissen und Folgerungen der Studie von IWF und Weltbank einschätzt und welche Position sie innerhalb des Exekutivrats eingenommen hat.
In der Zwischenzeit danken wir Ihnen für Ihr Interesse und verbleiben
mit freundlichen Grüssen
Peter Bosshard
für die Erklärung von Bern
und Greenpeace Schweiz
Kopien an:
Giovanni Antonio Colombo, EFD
Henri-Philippe Cart, DEH
Jean-Daniel Gerber, Exekutivdirektor der Weltbank
Daniel Kaeser, Exekutivdirektor des IWF
Klaus Leisinger, Subkommission Bretton Woods
Unterstützung der „Multilateral Debt Facility“
Herrn Bundesrat
Jean-Pascal Delamuraz
Vorsteher des EVD
3003 Bern
Herrn Bundesrat
Otto Stich
Vorsteher des EFD
3003 Bern
Sehr geehrte Herren Bundesräte,
Wir erlauben uns, im Hinblick auf die Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank mit einem Anliegen an Sie zu gelangen. Am 14. September 1995 veröffentliche die „Financial Times“ Auszüge aus einer vertraulichen Studie der Weltbank über die Schaffung einer neuen „Multilateral Debt Facility“. Darin schlägt die Bank vor, einen Fonds zu äufnen, um zu einer umfassenden Lösung des multilateralen Verschuldungsproblems beizutragen. Während fünfzehn Jahren sollen damit die fälligen Zins- und Rückzahlungen von hochverschuldeten armen Ländern an internationale Finanzinstitutionen im Umfang von bis zu 11 Milliarden Dollar bezahlt werden. Der neue Fonds soll aus Mitteln der Weltbank, des IWF sowie von bilateralen Gebern gespiesen werden.
Die Erklärung von Bern steht der Schaffung einer neuen „Multilateral Debt Facility“ sehr positiv gegenüber. Das Problem der multilateralen Verschuldung kann insbesondere im Fall der ärmsten Länder nicht länger mit einem ad-hoc-Ansatz und mit bilateralen Mittel bezw. IDA-Geldern gelöst werden. Gemäss den jüngsten „World Debt Tables“ entfiel 1993 gut die Hälfte des Schuldendiensts der hochverschuldeten ärmsten Schuldnerländer auf multilaterale Gläubiger. Der multilaterale Schuldendienst absorbierte im gleichen Jahr nicht weniger als 74 Prozent der neuen IDA-Darlehen an die diese Länder. Angesichts dieser Situation begrüssen wir insbesondere folgende Aspekte des neuen Vorschlags:
Die Weltbank anerkennt in der neuen Studie zum ersten Mal, dass die multilaterale Verschuldung ein grundlegendes Problem für zahlreiche Schuldnerländer und nicht nur für wenige Einzelfälle bildet. Sie leitet ihre Lösungsansätze richtigerweise von einer Gesamtbetrachtung der Verschuldung der betroffenen Länder gegenüber den verschiedenen Gläubigerkategorien ab.
Die Studie anerkennt zum ersten Mal, dass auch die internationalen Finanzinstitutionen mit eigenen Mitteln zu einer Verringerung der multilateralen Verschuldung beitragen müssen. Sie identifiziert mögliche Finanzierungsquellen auf Seite der Weltbank und bezeichnet überdies die Beteiligung des IWF als „Schlüssel zum Erfolg“ des neuen Fonds. Gleichzeitig schlägt sie mit der „Multilateral Debt Facility“ eine Struktur vor, die die eigene Kreditwürdigkeit der internationalen Finanzinstitutionen nicht gefährden dürfte.
Die Studie weist zu Recht darauf hin, dass eine Lösung des multilateralen Verschuldungsproblems die Weltbank vom Druck entlastet, Projekte und Programme zu finanzieren, um einen positiven Ressourcentransfer gegenüber den Schuldnerländern aufrechtzuerhalten. Dies wird zu einer Verbesserung der Projektqualität beitragen und entspricht einem traditionellen Anliegen der schweizerischen Entwicklungspolitik.
Unsere Stellungnahme geht von der ursprünglichen, ungeschminkten Version der erwähnten Weltbankstudie aus. Auf einzelne Aspekte des Vorschlags, denen wir kritischer gegenüberstehen, werden wir bei einer späteren Gelegenheit zurückkommen.
Wir bitten Sie, den Vorschlag zur Schaffung einer „Multilateral Debt Facility“ an der Jahrestagung des Gouverneursrats von IWF und Weltbank energisch zu unterstützen. Wir würden es begrüssen, wenn Sie den Vorschlag auch an den Treffen des Interims- bezw. des Entwicklungsausschusses einbringen und unterstützen könnten. Die verantwortliche Arbeitsgruppe und der neue Präsident der Weltbank haben ihre Bereitschaft signalisiert, eigene Mittel insbesondere aus den Gewinnen der IBRD beizusteuern. An der Jahrestagung sollte deshalb der Internationale Währungsfonds mit Nachdruck aufgerufen werden, ebenfalls seinen Beitrag an die neue Entschuldungsfazilität zu leisten. Der Verkauf eines Teils der IWF-Goldreserven bildet eine naheliegende und machbare Möglichkeit.
Die Schweiz hat bereits grosse Schritte zum Erlass von bilateralen Schulden unternommen und unterstützt Massnahmen zur Refinanzierung des multilateralen Schuldendienstes. Sie besitzt deshalb eine besondere Legitimität, sich für eine umfassende Lösung, an der sich auch Weltbank und IWF mit eigenen Mitteln beteiligen, einzusetzen. Wie Sie wissen, hat der Ständerat im März 1995 einstimmig ein Postulat überwiesen, das einen solchen Lösungsansatz unterstützt. Anfangs September 1995 haben zudem schweizerische Nichtregierungs-Organisationen eine Stellungnahme zur zukünftigen Politik der Schweiz in den Institutionen von Bretton Woods verfasst. Darin rufen sie ebenfalls dazu auf, Massnahmen zur Lösung des multilateralen Schuldenproblems zu ergreifen. Die Stellungnahme, die wir den zuständigen Amtsstellen am 8. September übermittelt haben, wurde von dreissig Organisationen aus einem breiten politischen Spektrum unterzeichnet. Eine Kopie liegt zu Ihrer Information bei.
Wir danken Ihnen für Ihre Unterstützung für diese Anliegen und wünschen Ihnen einen guten Aufenthalt in Washington.
Mit freundlichen Grüssen
Dr. Peter Bosshard, Thierry Pellet
Erklärung von Bern, Déclaration de Berne
Kopien an:
Herrn Bundesrat Flavio Cotti, Vorsteher des EDA
Herrn Jean-Daniel Gerber, Exekutivrat der Weltbank
Herrn Daniel Kaeser, Exekutivdirektor des IWF
Herrn Dr. Markus Lusser, Präsident der SNB
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