Wer kann mir Standardabweichung/Varianz erklären?

Hallo,
ich beschäftige mich gerade mit Statistik und würde die Basisformeln gerne auch VERSTEHEN :smile: Die Logik würde mir sagen, dass die Standardabweichung die summierte Abweichung aller einzelnen Ereignisse vom Erwartunswert ist, geteilt durch Anzahl. Also Ergebnisse 0,4,4,0 -> Erwartungswert 2,Standardabweichung 2+2+2+2/4=2 und 1,3,1,3 -> erwartungswert 2, Standartabweichung 1+1+1+1/4=1. Wäre für mich logisch (damit die Abweichung nicht negativ wird nehme ich den Absolutwert). Warum aber muss ich quadrieren und die Wurzel ziehen??? Kann mir das jemand „mit Worten“ erklären"??

Hallo,

Warum aber muss ich quadrieren und die
Wurzel ziehen??? Kann mir das jemand „mit
Worten“ erklären"??

Die Standardabweichung/Varianz gibt an wie stark eine Zufallsvariable um den Erwartungs gestreut ist.
Das man bei der Summierung nicht die Absolutbeträge nimmt, sondern die Quadrate und anschließend die Wurzel zieht, hat rein rechentechnische Gründe: mit Beträgen lässt sich halt einfach nicht so gut rechnen (Fallunterscheidungen usw.), deshalb quadriert man und zieht anschließend die Wurzel, das läuft auf das selbe hinaus, lässt sich aber leichter händeln.

Gruß
Oliver

Die Standardabweichung (mit „d“) ist die Distanz, ab der eine Gaußkurve auf die Hälfte ihres Maximalwertes abfällt. Anschaulich: Man nehme z.B. 1000 Menschen und trage die Anzahl der Menschen y in einem bestimmten Größenbereich x bis x+dx in eine Grafik ein. Also z.B wieviele sind zwischen 1,70 und 1,75 m groß, wieviele zwischen 1,75 und 1,80, und so weiter, für alle möglichen Größen. Dann sieht man eine Gauß-Kurve y(x). Der Mittelwert m über alle Größen ist das Zentrum der Kurve (bei uns vielleicht so bei 1,65 m). Die Standardabweichung ist der Wert x, für den gilt
y(m-x) = y(m+x) = 0,5*y(m).
Diese kann man auch ausrechnen als die Summe der Quadrate der Differenzen aller Werte vom Mittelwert. Das ergibt sich sozusagen aus der Formel für die Gauss-Kurve, die Herleitung ist hier ein bischen kompliziert.

Gruß
Moriarty

Hi Jörg!

Bei Zufallsexperimenten, also bei Experimenten, bei denen jedes Einzelexperiment (EE) unabhängig von allen anderen ist, kann man im Grenzfall unendlich vieler EE davon ausgehen, dass die Ergebnisse der EE gaußförmig um den Erwartungswert (EW) herum verteilt sind. Gaußförmig heißt: Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass ein Ergebnis nahe am EW liegt, dagegen aber ziemlich unwahrscheinlich, dass es weit davon entfernt ist. Diese Tatsache wird nun bei der Berechnung der Varianz berücksichtigt. Dadurch, dass die absoluten Abweichungen vom EW quadriert werden, werden grosse Abweichungen stärker bewertet als kleine. Das ist ja auch vernünftig, denn wenn schon mal eine grosse Abweichung vorkommt, muss sie auch entsprechend gewürdigt werden. Wenn ich dagegen lediglich den arithmetischen Mittelwert der absoluten Abweichungen berechne (so wie Du es vorgeschlagen hast), dann nimmst Du stillschweigend an, dass jedes Ergebnis gleich wahrscheinlich ist, egal wie weit es vom EW entfernt liegt. Das widerspricht aber der Annahme einer Gaußverteilung.

Noch eine kleine Anmerkung: Eigentlich müsste die Formel für die Varianz

var(x) = 1/n * sum_1^n [(x_i-µ)^2 + sum_1^n [(x_i-µ)*(x_j-µ)] ],

lauten. In dieser Formel stecken nämlich auch noch die Korrelationen der EE-Abweichungen unteinander mit drin. Da aber immer von der Unabhängigkeit der EE ausgegangen wird, ist die zweite Summe einfach Null.

Zu Deinen Beispielen: Die Beispiele, die Du gewählt hast, sind etwas unglücklich, da die Einzelabweichungen jeweils alle identisch sind (also immer 2 oder immer 1). In diesem Fall ist es natürlich egal, ob die Abweichungen wichtest oder nicht, da ja alle gleichgewichtet werden. Sobald Du aber verschiedene Einzelabweichungen hast - z.B. bei 0,4,1,3 - spielt die Gewichtung eine Rolle. Das arithmetische Mittel der Absolutabweichungen ist dann (2+2+1+1)/4 = 1,5, die Standardabweichung allerdings s = sqrt[(2^2+2^2+1^2+1^2)/4] = sqrt(2,5) = 1,58 > 1,5. Dass die Standardabweichung größer ist, liegt einfach daran, dass die 0 und die 4 viel unwahrscheinlicher waren als die 1 und die 3.

Ciao Christoph C>

HAllo,

http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…

Gerhard

Hi,

Dadurch, dass die absoluten Abweichungen vom
EW quadriert werden, werden grosse Abweichungen stärker
bewertet als kleine. Das ist ja auch vernünftig, denn wenn
schon mal eine grosse Abweichung vorkommt, muss sie auch
entsprechend gewürdigt werden.

Warum sollten große Abweichungen „gewürdigt“ werden? Sind wir
hier bei der Oscar-Verleihung?
Wie gesagt ist der einzige Grund der Quadrierung, dass man
nicht umständlich mit Beträgen rechnen muss.

Gruß
Oliver

Hi,

selbst wenn Du es so schreibst, muß es deswegen noch nicht richtig sein :wink:

Gruß
Moriarty

Danke für eure Antworten!
Danke für die Erklärungen! Bin ein bischen schlauer :wink:

Gruss Jörg

Tieferer Grund
Hi,
(…)

Wie gesagt ist der einzige Grund der Quadrierung, dass man
nicht umständlich mit Beträgen rechnen muss.

Beträge wären im mathematischen Gesamtgebilde eine rein lokale Insellösung.
Die Quadrierungen entsprechen dem 2. Moment in der Momentenzerlegung, welche sich durch die gesamte Analysis und Statistik zieht.
Gruss,

Wie gesagt ist der einzige Grund der Quadrierung, dass man
nicht umständlich mit Beträgen rechnen muss.

Beträge wären im mathematischen Gesamtgebilde eine rein lokale
Insellösung.
Die Quadrierungen entsprechen dem 2. Moment in der
Momentenzerlegung, welche sich durch die gesamte Analysis und
Statistik zieht.

Und das wiederum ist eine Folge der Beschränkung auf binäre Korrelationen. Würde ich nur ein Moment (Beträge) mit in die Betrachtung einbeziehen, könnte ich die Einzelexperimente untereinander nicht korrelieren. Streng genommen müßte ich unendlich viele Momente berücksichtigen - aber aufgrund der Tatsache, dass ich eine zweimomentige Wahrscheinlichkeitsverteilung (Gauss) annehme, sind zwei Momente zur Beschreibung ausreichend.

Ciao Christoph C>

Hi,

Die Quadrierungen entsprechen dem 2. Moment in der
Momentenzerlegung, welche sich durch die gesamte Analysis und
Statistik zieht.
Gruss,

Trotzdem könnte man die Standartabweichung genauso gut mit Beträgen bestimmen… ist halt nur umständlicher

Gruß
Oliver

Hallo,

da kann man doch nicht solche Fragen stellen.

Das Quadrieren hat schon einen tieferen Sinn. Nach dem Gauß’chen Fehlergesetz ist die Summe der Verbesserungsquadrate zu minimieren, um Ergebnisse mit maximaler Wahrscheinlichkeit zu erhalten.

Meiner Generation bekannt unter dem Begriff
‚Methode der kleinsten Quadrate‘. Zwischen den Spielen habe ich versucht danach zu googeln.
Neben einer Unzahl Vorlesungsverzeichnissen vieles Hochstehendes. Als Verzweiflungs-Link:

http://www.physik.tu-muenchen.de/studium/ betrieb/praktika/anfaenger/ss04/anleitungen/ABW.pdf

Ich hab’ auch noch ein Büchlein von Prof. Fröhlich: ‚Ausgleichsrechnung für Vermessungstechniker‘ vor mir liegen. Soooo eingängig sind die Grundlagen aber auch nicht erklärt (hoffentlich verpetzt mich niemand).

Aufgeschlagen habe ich wieder das abgegriffene Exemplar Walter Großmann: ‚Grundzüge der Ausgleichungsrechnung‘

Jetzt schnell wieder vor den Bildschirm. Und meinen Tippschein werde ich ZERREISSEN.

Gruß Roland