Wer trägt die Handwerker-Mehrkosten, wenn dieser sich vermessen hat?

Hallo zusammen,

man nehme folgende Fallgestaltung an:

A möchte sein Dach erneuern lassen und fordert hierfür von B einen Kostenvoranschlag an. Es handelt sich um ein einfaches Satteldach eines Nebengebäudes, sodass sich Flächen-/Materialberechnungen einfach gestalten lassen .

B erstellt diesen Kostenvoranschlag, nachdem er vor Ort war und Aufmaß genommen hat.
Die beiden erstellten Angebote (Dachstuhl + Dacheindeckung) tragen die Überschriften „Leistungsaufstellung freibleibend“ bzw. „Angebot ist freibleibend, Vertragsgrundlage ist die VOB“.

A ist mit den beiden Angeboten einverstanden, die Gesamtkosten betragen laut Angeboten 10.000 €. Er vergibt den Auftrag an B.

Nach Fertigstellung der Arbeiten legt B dem A eine Rechnung über 20.000 € vor. Diese begründet er damit, dass er ein falsches Aufmaß genommen hat. Er hat zu wenig Dachfläche kalkuliert. Während den Arbeiten stellte er fest, dass er mehr Dachziegeln und mehr Konstruktionsholz benötigt als ursprünglich kalkuliert.

Die Frage:
Ist A verpflichtet, diese Mehrkosten zu zahlen? Oder kann er sich darauf berufen, dass der Handwerker selbst einen Fehler begangen hat und er auf das von ihm erstellte Angebot vertrauen musste (z.B. wegen fehlender Fachkenntnisse)?
Macht es einen Unterschied, ob B den A während der Arbeiten über die Mehrkosten informiert? Ist B zur Fertigstellung der Arbeiten zu dem Preis des Angebots verpflichtet?

Ich danke euch schon mal für die Antworten :smile:

Huhu,

wurde denn die VOB vorgelegt, z.b. als sogenanntes Kleingedrucktes?

Bei der VOB ist klar geregelt wie das mit minder oder Mehr Arbeit zu verfahren ist.
https://dejure.org/gesetze/VOB-B/2.html

Bei Sanierung ist das immer möglich, da man die Schäden zum Teil erst sieht, wenn daran gearbeitet ist, so können immer mehrkosten entstehen, die dier Auftraggeber zu tragen hat.

Hallo @anon44275120,

danke für Deine schnelle Antwort.

wurde denn die VOB vorgelegt, z.b. als sogenanntes Kleingedrucktes?

Die VOB hat B dem A nicht vorgelegt. Es wurde lediglich in der Überschrift auf deren Geltung hingewiesen.

Bei Sanierung ist das immer möglich, da man die Schäden zum Teil erst sieht, wenn daran gearbeitet ist, so können immer mehrkosten entstehen, die dier Auftraggeber zu tragen hat.

Hier hätte ich vielleicht noch erwähnen sollen, dass es sich bei dem an B vergebenen Auftrag um eine Komplettsanierung handelt. Der Dachstuhl wurde also von B komplett entfernt, und komplett neu aufgebaut. „Versteckte“ Schäden konnte es dadurch nicht geben.

§ 2, Abs. 8, Nr. 2 VOB/B:
Eine Vergütung steht ihm auch zu, wenn die Leistungen für die Erfüllung des Vertrags notwendig waren, dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers entsprachen und ihm unverzüglich angezeigt wurden.

Das ist wahrscheinlich der Knackpunkt. B kann die Arbeiten zwar weiter ausführen, auch wenn sie deutlich teurer werden, da die Fertigstellung des Dachs im Interesse des A liegt und seinen Willen darlegt.
Eine Vergütung steht ihm allerdings nur dann zu, wenn B den A auch darauf hingewiesen hat…

ist a Verbraucher/ bzw im Immobiliensekment zuhause?

Schließt man einen VOB-Vertrag jedoch mit einer Privatperson, welche
bauunerfahren ist, so wird die VOB nur dann Bestandteil des Vertrages,
wenn der Auftraggeber tatsächlich die Möglichkeit hatte, vom Inhalt der
VOB Kenntnis zu nehmen. Dies bedeutet, daß der Text der VOB dem Vertrag
in Textausfertigung beigefügt werden sollte.
Diesen Text sollte man sich
gleichzeitig unterschreiben lassen, damit nachträglich die Frage, ob
dieser ausgehändigt wurde oder nicht, erst garnicht streitig werden
kann.

http://www.heinicke.com/index.php?option=com_content&task=view&id=655&Itemid=162

Hallo,
hätte A ein weiteres Angebot eingeholt, wäre sicherlich das falsche Aufmaß aufgefallen.

Hätte B sich nicht vermessen und dadurch zu wenig kalkuliert, wäre das Angebot höher ausgefallen. Es ist ja kein finanzieller Schaden entstanden und die Arbeiten sind ja ausgeführt worden.

Gruß Heinz

Bei A handelt es sich um einen normalen Verbraucher im Sinne des BGB.

Er hat keine beruflichen oder sonstigen Bezüge zur Immobilienwirtschaft, aus denen man ein gewisses Fachwissen oder /-verständnis ableiten könnte.

Hallo @Heinz ,

A hat insgesamt 2 Angebote eingeholt.

Da A jedoch Laie ist und den tatsächlichen Umfang (Kubikmeter-Anzahl für das Bauholz, Dachfläche für die Ziegeln) schwer einschätzen kann, verlässt er sich auf die Richtigkeit des Handwerker-Angebots.
Er geht davon aus, dass C, welcher das zweite Angebot erstellt hat, ihm unnötige Leistungen verkaufen wollte.

Aufgrund des niedrigeren Angebots hat sich A dann letztlich für B entschieden.
Hätte sich B nicht verrechnet, wäre C nämlich günstiger gewesen und A wäre mit B gar keinen Vertrag eingegangen.

Einig dich doch gütlich mit den handwerker, das Angebot von C ist dafür schon mal ein Reverenzwert, dann wegen Verschulden des B einen Abzug, so dass dieser auch etwas schaden hat vornehmen. ansonsten bleibt wohl nur der Gang der Judikative übrig.

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Auch Laien müssen nachfragen, wenn 2 Angebote mit unterschiedlichen Massen (also Menge Holz und Menge Dachpfannen) aufwarten.
Beide waren vor Ort und haben gemessen, ermittelt.

Dann steht bei A z.B. 100 m² Dachdeckung und dann folgt die Art der Pfannen

Und bei B müsste dann doch eine andere, deutlich höhere Fläche gestanden haben ?

Und da kommt auch ein Laie nicht auf die Idee, hoppla, wieso das ? Da frage ich doch mal nach. Kann ja nicht sein, einer deckt 100 m² Dach und er andere 150 oder 175 m².
Beim Holz wäre es ähnlich, hier allerdings kann es für den Laien schwieriger werden, weil ja nicht ein Statiker die Menge und Dimensionierung ermittelt hat und als Zahl " … m³ Schnittholz, Nadelholz Gk.II " schon festgelegt hat.

Aber auch würde man doch von sich aus nachhaken und frage, wieso einer mit 12 m³ und er andere 20 m³ Bauholz benötigt, für den gleichen Dachstuhl auf einem festgelegten Haus.

MfG
duck313

Nicht nur von den Zahlen blenden lassen die ganz am Ende stehen.

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Naja, das wird ja dann doch etwas kompliiziert.
Da könnte man B ja auch unterstellen, daß er absichtlich falsche Maße eingetragen hat, um billiger als die Konkurrenz zu sein und den Auftrag zu erhalten.
Vielleicht ist er ja bereit, seine Forderung auf das Niveau von C zu senken.
Andererseits hat duck313 völlig Recht: Er hätte die Angebote schon genauer kontrollieren müssen.

Vielen Dank für Eure Antworten :smile: