Hallo,
Als ich den Film vor zwei Monaten in der Originalfassung
gesehen habe, habe ich mich gefragt, wie dieser Akzent wohl
auf Südafrikaner wirkt. Wenn es ähnlich ist, wie wenn
norddeutsche Schauspieler schwäbisch oder baierisch sprechen,
dann wäre es besser sie würden es ganz sein lassen.
Nein. Die haben sich da schon angestrengt, was den Akzent betrifft. Allerdings spricht Pienaar einen viel breiteren Akzent als Matt Damon, aber Matt Damon legt einen plausiblen südafrikanischen Akzent hin. Das gleiche mit Morgan Freeman. Es hat sicher geholfen, dass die anderen Schauspieler alle Südafrikaner waren und somit viele Dialekt-Coaches vor Ort waren.
Inhaltlich hat mich der Film ziemlich enttäuscht. Da scheint
mir vieles durch die rosa Brille gesehen zu sein. Wenn ich mir
zum Beispiel die heutigen Springboks anschaue, dann sehe ich
da weder bei der Zusammensetzung der Mannschaft noch beim
Publikum einen großen Unterschied zu 1995.
Der Film als Film hat sicher Schwächen.
Für mich ist er in anderer Hinsicht sehr bewegend gewesen (weil wir das alles hautnah miterlebt haben, weil damals auch soviel in meinem ganz persönlichen Umfeld von dieser Aufbruchstimmung, aber auch den Ängsten geprägt war - ich habe mir öfter Tränen aus den Augen gewischt, aber ich würde das viel weniger dem Film als mehr mir selbst zuschreiben).
Aber was du bemängelst:
Die Euphorie, die der World Cup 1995 auslöste, konnte nicht in die nachfolgenden Jahre hinübergerettet werden. Aber zu diesem Zeitpunkt, war es tatsächlich so, dass Nelson Mandela es hat mit diesen simplen Gesten (dass er Pienaars Trikot trug, dass er zu den Spielen kam, dass er sich offensichtlich mit der Mannschaft freute, dass er sich dafür einsetzte, dass der Name und das Springbok-Emblem blieb) geschafft hat, das die skeptischen Weißen (und nicht nur die Afrikanssprachigen) plötzlich sagen konnten: our president (etwas, was im Nachbarland Zimbabwe zu diesem Zeitpunkt nach President Mugabe nicht gelungen war, dort redeten die Weißen nach knapp 15 Jahren immer noch von „their president“ - wohlgemerkt, zu diesem Zeitpunkt war Mugabe noch nicht völlig durchgeknallt und man hatte noch Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft aller Zimbabwer).
Die heutige Rugby-Nationalmannschaft ist immer noch vorwiegend weiß, das stimmt. Aber in den Provinzen spielen mehr und mehr schwarze Spieler. Ich glaube nicht, dass es je eine vorherrschend schwarze Rugby-Nationalmannschaft in Südafrika geben wird, jedenfalls nicht in mittlerer Zukunft. Fussball ist einfach das Spiel, für das das Herz der südafrikanischen Schwarzen schlägt, so etwas ist schwer umzukrempeln. Erzähl mal einem eingefleischten Bayern/Borussia/Schalke-Fan, dass er sich für einen anderen Sport zu interessieren hat. Die Schulen sind bunter geworden - aber in dem Maß wie schwarze Schüler an früher weiße Schulen kommen, in dem Maße wird dort eher Fußball als Rugby gespielt.
Aber: in den letzten Jahren macht die Rugbyunion in Südafrika Anstrengungen, gezielt schwarze Jugendliche anzusprechen und durch Coaching-Clinics und Unterstützung von Clubs die Basis auszudehnen. In den ersten Jahren nach dem Wechsel hat das der Cricket-Verband viel mehr vorangetrieben, Rugby zieht erst jetzt nach.
Zusammenfassend: der Film ist eine Momentaufnahme und was da gezeigt wurde über die Atmosphäre im Land zur Zeit des Worldcups stimmt schon. Es war eine wahnsinnige Aufbruchstimmung und wirklich nur die allerkonservativsten und rechtesten Weißen konnten sich da raushalten. Man konnte die Hoffnung auf eine Zukunft als Rainbow-Nation förmlich mit den Händen greifen. Geblieben ist das nicht, das war auf Dauer nicht zu halten. Was geblieben ist, ist aber mit Sicherheit, dass schwarze Südafrikaner die Springboks nicht mehr per se ablehnen, sondern hinter ihrer Nationalmannschaft stehen und das war vorher eben absolut nicht der Fall (nicht nur Desinteresse, sondern wirkliches Jubeln, wenn die Springboks verloren haben, wie im Film gezeigt).
Gruß
Elke