Werbungskosten bei mehreren Wohnsitzen

Hallo www!

Wie müssen bei der Steuererklärung Fahrtkosten für die Entfernungspauschale/Werbungskosten angegeben werden, wenn Hin- und Rückfahrt nicht identisch sind?

Angenommen, ein fiktiver Steuerzahler Max Schluck besitzt einen Hauptwohnsitz und eine Unterkunft in der Nähe des Arbeitsortes. In der Anlage N der Steuererklärung wird nun nach Arbeitsorten gefragt sowie nach der Anzahl der Fahrten dorthin.

Max Schluck fährt nun Montags vom Hauptwohnsitz zum Arbeitsort und Freitags zurück, die restlichen Wege legt er nur zwischen Arbeitsort und Unterkunft zurück, also wie folgt:

Mo vom Hauptwohnsitz zum Arbeitort - zurück zur Unterkunft
Di von der Unterkunft zum Arbeitsort - zurück zur Unterkunft
Mi von der Unterkunft zum Arbeitsort - zurück zur Unterkunft
Do von der Unterkunft zum Arbeitsort - zurück zur Unterkunft
Fr von der Unterkunft zum Arbeitsort - zurück vom Arbeitsort zum Hauptwohnsitz

Wie muss Max Schluck diese Fahrten in der Steuererklärung angeben?
Ist es korrekt (und für ihn vollständig steuerreduzierend) wenn er einträgt:
1 Fahrt zum Arbeitsort (mit Sternchen-Notiz: vom Hauptwohnsitz aus), $viele km
4 Fahrten zum Arbeitsort (mit Sternchen-Notiz: von der Unterkunft aus), $wenige km

Wenn Max Schluck dann am Hauptwohnsitz ein Zimmer im Haus seiner Eltern bewohnt (keine eigene Küche/Bad, daher vermutlich (?) kein eigener „Hausstand“), ist diese Art der Abrechnung überhaupt geschickt so? Kann Max Schluck dennoch doppelte Haushaltsführung o. ä. abrechnen?

Servus,

das passt alles ganz gut so außer dem Begriff „Hauptwohnsitz“: Entscheidend ist nicht, was wo gemeldet ist, und durch Jonglieren mit der Meldung von Haupt- und Nebenwohnsitz lassen sich auch die Werbungskosten nicht beeinflussen.

Entscheidend dafür, dass die weiteren Entfernungen bei den Wochenendsheimfahrten überhaupt in die Berechnung der Werbungskosten einfließen, ist die Lage des „Mittelpunkts der Lebensinteressen“. Wenn sich der an dem Ort befindet, den Du als Hauptwohnsitz erwähnst, funktioniert die Geschichte so, wie Du beschrieben hast - sinnvollerweise nicht mit „Sternchennotiz“, weil auf den Formularen angebrachte Bemerkungen nicht unbedingt gelesen werden, sondern mit einer Anlage zur Anlage N - separatem Blatt -, auf der explizit steht „Möckern (Mittelpunkt der Lebensinteressen, Wohnung bei den Eltern) - Hannover“ und „Rethmar (Einliegerwohnung 1 Zimmer) - Hannover“.

Die Anzahl der Hin- und Rückfahrten lässt sich ja paarweise zählen, auch wenn sie nicht am selben Tag sind. Z.B. 40 Fahrten Möckern - Hannover (Hin und Rück) haben an Freitagen und Montagen stattgefunden und 190 Fahrten Rethmar - Hannover an Montagen bis Freitagen.

  • Die Sache mit der doppelten Haushaltsführung kann man erklären und versuchen, durchzukämpfen, indem man dem FA einen Riesenaufwand zur Feststellung des Mittelpunkts der Lebensinteressen und der Einzelheiten der Haushaltsführung in Möckern in Aussicht stellt und dabei mit BFH v. 6.8.2014, VI B 38/14 wedelt, aber das ist keine sehr gemütliche Unternehmung. Komfortabler geht das, wenn man sich auf die Fahrtkosten beschränkt und diese (auch betreffend die weitere Entfernung) von vornherein mundgerecht erläutert - dann ist eine Veranlagung wie erklärt ohne weiteren Unmus ziemlich wahrscheinlich.

Schöne Grüße

MM

Super, danke für die Information. Wenn Du sagst, „auf die Fahrtkosten beschränken“, meinst Du dann auf die Entfernungspauschale (jeweils nur eine von zwei Fahrten bezahlt), oder auf Familienheimfahrten (meines Wissens jede Fahrt bezahlt) plus Entfernungspauschale ab der Unterkunft?

Wenn Max Schluck dann zudem plant, sich wieder eine Wohnung am ehemaligen Studienort zuzulegen (plus eine kleinere Unterkunft am Arbeitsort), welches Vorgehen ist dann am sinnvollsten?

Kann man den Lebensmittelpunkt dann vom Hauptwohnsitz auf den gewünschten neuen Lebensmittelpunkt verschieben? Oder wäre es in dem Fall geschickter, erst recht erst mal mal nur die Fahrtkosten (Entfernungspauschale?) abzurechnen und keine Kosten für die Unterkunft; danach dann eine Wohnung am Wunsch-Lebensmittelpunkt zulegen, den Hauptwohnsitz dorthin zu verlegen, anschließend ggf. sogar eine neue Unterkunft am Arbeitsort zu suchen, und hier dann doppelte Haushaltsführung geltend zu machen. Wäre das zulässig?

Servus,

ich meine die Entfernungspauschale, 0,30 € pro Entfernungskilometer, für den kürzeren und den längeren Weg jeweils nach Anzahl der Fahrten, die auf diesen beiden Wegen stattgefunden haben; keine Kosten der Unterkunft, kein Mehraufwand für Verpflegung.

Noch ein paar Einzelheiten zur Orientierung:

  • Wie Dienstreisen werden bei doppelter Haushaltsführung nur die erste Fahrt zum Ort der Beschäftigung und die letzte Fahrt an den ersten Haushalt behandelt; Wochenendsheimfahrten werden immer behandelt wie regelmäßige Fahrten zwischen Wohnung und erstem Arbeitsplatz.

  • Bezahlt wird dabei nichts, und es wird auch nicht nur eine Fahrt von zweien berücksichtigt - die beiden Pauschalen 0,30 € / Entfernungskilometer und 0,30 € / tatsächlich gefahrener Kilometer sind einfach zwei verschiedene Pauschalen für zwei verschiedene Dinge. Diese erhöhen die Werbungskosten (falls diese überhaupt höher sind als der Arbeitnehmerpauschbetrag) und senken auf diese Weise das zu versteuernde Einkommen. Wenn das zu versteuernde Einkommen nicht sowieso schon im Bereich des Grundfreibetrags liegt, führt das zu einer Einkommensteuerlast, die um den Betrag (Unterschied Werbungskosten * Einkommensteuersatz) niedriger ist.

Bei durchschnittlichem Einkommen wird die Steuerbelastung für einen Ledigen um ungefähr 10 Cent / 30 Cent Werbungskosten niedriger.

Kann man den Lebensmittelpunkt dann vom Hauptwohnsitz auf den gewünschten neuen Lebensmittelpunkt verschieben?

Nein. Wie gesagt, irgendwelche Akrobatik mit An- und Abmeldungen hat darauf überhaupt keinen Einfluss; es geht darum, auf welchen Ort sich die Lebensinteressen außerhalb der Arbeit beziehen: Soziale Kontakte, Freizeitaktivitäten oder -passivitäten, Mahlzeiten, Einkaufen usw.

Und: Wie oben ausgeführt, führen Werbungskosten nie zu einer Steuerermäßigung in Höhe der Kosten, sondern immer zu einer Steuerermäßigung, die weniger ausmacht als die Kosten. Es wäre von daher völlig unsinnig, irgendwelche Kosten „wegen der Steuer“ zu erzeugen - man schießt sich damit immer ins Knie.

Schöne Grüße

MM

Hallo MM nochmal,

danke für Deine Antwort!

Dass das Meldewesen außen vor ist, habe ich verstanden. Es geht auch nicht darum, künstlich Kosten zu erzeugen. Mich interessiert die Frage, wenn tatsächlich Kosten an mehreren Wohnorten entstehen, wie man diese idealerweise abrechnet.

Max Schluck arbeitet also an Ort A, hält sich aber in seiner Freizeit am ehemaligen Studienort und an seinem Heimatort auf. Aktuell besitzt er Unterkünfte lediglich am Heimatort und am Arbeitsort, mittelfristig möchte er seinen Lebensmittelpunkt allerdings wieder an den Studienort verlegen.

Was ist in diesem Fall die optimale Vorgehensweise?

  • Vorerst beim Finanzamt nur die Entfernungspauschalen für 2xHeimatort-Arbeitsort und 4xArbeitsort-dortige Unterkunft pro Woche abzurechnen. Eine Wohnung am Studienort suchen, dort nachweisbar seine Freizeit verbringen, und (erst) dann doppelte Haushaltsführung anzumelden. Dazu müsste man dann ja vermutlich dem Finanzamt plausibel machen, dass der neue Lebensmittelpunkt nun nicht mehr am Heimatort liegt, sondern wieder am Studienort.

Oder ist eine andere Abrechnungsweise sinnvoller?

Und wenn man diese Verlegung des Lebensmittelpunkts macht, ist es dann schädlich, wenn man vorher eben schon eine Unterkunft am Arbeitsort hatte? Oder sollte man dann besser auch gleich die Unterkunft am Arbeitsort wechseln (was ohnehin auch geplant ist), weil evtl. eine Wohnung am Lebensmittelpunkt immer zuerst existieren muss und anschließend erst der Zweitwohnsitz?