Wert der Landfläche der DDR

Hallo,

mich interessiert einmal, wieviel die Landfläche der Deutschen Demokratischen Republik (ca. 108.000 qkm) am 03.10.1990 wert gewesen ist und wieviel sie heute wert ist. In wessen Besitz befindet sie sich eigentlich ?

Wenn ich höre, auf welch vulgäre Weise der „Arbeitgeberpräsident“ Hundt derzeit gegen Erwerbslose stänkert, meine ich, dass im Gegenzug die Frage des Grundbesitzes schnellstens erörtert werden muss und dass auch Lösungen für die Aufhebung der permanenten Grundentgeignung der Bürger (übrigens auch im Westen) skizziert werden müssen. Hier liegt nämlich wohl ein wahrer Schlüssel für die Lösung der vielen Probleme.

Torsten Theisinger

Hallo Torsten,

mich interessiert einmal, wieviel die Landfläche der Deutschen
Demokratischen Republik (ca. 108.000 qkm) am 03.10.1990 wert
gewesen ist und wieviel sie heute wert ist. In wessen Besitz
befindet sie sich eigentlich ?

zur Frage des Bodenwertes kann ich Dir nichts sagen. Der „Wert“ einer Sache ist stets der Betrag, den jemand auszugeben bereit ist. Der Frage des Besitzes ist zumindest qualitativ etwas leichter auf die Spur zu kommen. Ich versuche es einmal:
Die ehemaligen LPGs wurden mehrheitlich in GmbHs umgewandelt. Eigner sind die ortsansässigen Landwirte. Aus den Zeiten der Bodenreform haben noch hunderttausende ehemalige DDR-Bürger kleinen Grundbesitz, oft Waldbesitz. Große Flächen befinden sich noch im Eigentum der BVVG, einer staatlichen Gesellschaft, die versucht, Güter, z. T. ganze Landstriche mit mehr oder eher weniger Geschick an den Mann zu bringen, um die Lasten aus dem Eigentum vom Hals zu bekommen. Zahlreiche DDR-Unternehmen der Gebäudewirtschaft befinden sich heute in Form von GmbHs in Gemeindehand. Darunter mancher wahre Moloch mit tausenden von Wohnungen. In deren Tun und Lassen habe ich etwas Einblick und wer kaufmännisch denkt, dem müssen sich dabei die Nackenhaare sträuben. Für deren Immobilienbesitz gibts in den Bilanzen fein säuberlich für jedes Objekt eine Wertangabe, wie es sich für eine ordentliche Firma gehört. Eine andere Sache ist, daß es sich bei den Immobilienwerten oft um reine Mondwerte handelt. Da steht z. B. ein Objekt mit 40 T€ zu Buche. Der tatsächliche Wert ist aber 1 €, sofern man zu diesem Preis einen Käufer findet. Es gibt ausblutende Regionen, die fast nur noch aus alten Leuten bestehen. Ich lebe in solcher Gegend und bin hier mit meinen über 50 Jahren ein junger Mann. Die Leute sterben weg, die Immobilien stehen leer, verkäuflich sind sie praktisch nicht. Diese Immobilien verlieren permanent an Wert. Das geht bis zum negativen Wert, wenn nämlich das Haus auf dem Grundstück verfallen ist und die Abrißkosten irgend einen wohlwollend angenommenen Grundstückswert überschreiten. Das ist das Schicksal vieler Immobilien im Osten.

Im Bewußtsein der Menschen hat es eine lange Tradition, daß Hausbesitz eine Last ist. Entsprechend sehen die meisten Häuser auch aus. Es wird nichts daran gemacht und falls doch, dann nur notdürftig und mit fürchterlichen Geschmacksverirrungen. Alles was der Baumarkt hergibt. Natürlich gibt es überall die Ausnahmen und Vorzeigeobjekte. Ein Blick in die Seitenstraßen zeigt aber die vorherrschenden Verhältnisse. Die ehemaligen Unternehmen der DDR-Gebäudewirtschaft und die BVVG tragen den Rest zur Katastrophe bei. In den Gebäudewirtschaftsunternehmen verschwanden große Teile der Mieteinnahmen in der Verwaltung, Beiräten, Aufsichtsräten… Das Geld ist weg oder Geld wurde bar jeder Vernunft in nicht vermietbare Objekte gesteckt. Ein Blick in die BVVG offenbart einen durchweg unfähigen Haufen phantasieloser Verwaltungsapparatschiks. Die lassen prächtigste Anwesen lieber verfallen, statt sie für einen akzeptablen Preis zu verkaufen oder nötigenfalls gar zu verschenken. In deren Büchern steht für ein Anwesen 1 Mio € und das soll das Objekt unbedingt bringen. Tuts natürlich nicht und steht deshalb seit der Wende leer, gammelt vor sich hin, verschlingt permanent weiteres Geld. Und so häufen sich in vielen östlichen Gemeinden die Ruinen, die man unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht mehr anfassen dürfte, es sei denn als Liebhaber. Den BVVGlern leuchtet es auch nicht ein, daß jede Mark, die sie verlangen, dem Liebhaber zur Sanierung fehlt. Das Ende vom Lied sind Immobilien in beklagenswertem Zustand, für die sogar das Geld für den Abriß fehlt.

Dem letzten Teil Deines Postings über Herrn Hundt, über permanente Grundenteignung und Erwerbslose, konnte ich nicht folgen.

Gruß
Wolfgang

Hallo Wolfgang,

das deprimierende, aber volkswirtschaftlich interessante ist ja, dass in grossen Teilen der neuen Länder wegen der von Dir beschriebenen Zustände an sich dringend ein Abbau (sic) von Wohnkapazität notwendig wäre, da ein Erhalt sinnlos und kostenverursachend ist… Allerdings scheint es für die Gemeinden keine Möglichkeit zu geben, Abbruchzuschüsse zu bekommen (im Gegensatz zum Renovierungszuschüssen, das habe ich jedenfalls vor nicht allzu langer Zeit einem Bericht entnommen)

Also wieder ein Zeichen mehr von Unflexibilität in Dtl.

Grüße
Jürgen

das deprimierende, aber volkswirtschaftlich interessante ist
ja, dass in grossen Teilen der neuen Länder wegen der von Dir
beschriebenen Zustände an sich dringend ein Abbau (sic) von
Wohnkapazität notwendig wäre, da ein Erhalt sinnlos und
kostenverursachend ist… Allerdings scheint es für die
Gemeinden keine Möglichkeit zu geben, Abbruchzuschüsse zu
bekommen (im Gegensatz zum Renovierungszuschüssen, das habe
ich jedenfalls vor nicht allzu langer Zeit einem Bericht
entnommen)

Hallo Jürgen,

mit dem Abriß von Häusern allein ist es nicht getan. Es gibt Gegenden - aber das liegt auch in jahrzehntelanger Gewohnheit der Menschen begründet - mit einer zweiten Bebauung aus Schuppen und Ställen. Hat ein Schuppen nach Jahrzehnten ausgedient, wird das darin befindliche Plumpsklo nicht mehr gebraucht, wird der Schuppen nicht etwa abgerissen, sondern vollgemüllt. Daneben entsteht ein neuer Schuppen. Peinlich wird darauf geachtet, daß die Lotrechte nirgends vorkommt, daß der Schuppen auf gar keinen Fall zum Haupthaus paßt und daß man möglichst viele ganz und gar unbrauchbare Materialien verarbeitet. So verfügen ganze Ortschaften über eine Slum-mäßige Bebauung, deren Abriß die Eigentümer finanziell überfordert. Es gab regional dafür Zuschüsse. Das ist aber nur ein Randproblem.

Es gibt im Osten tausende Gebäude mit noch erhaltenswerter Substanz. Die Gebäude stehen leer. Für Abriß oder Erhaltung fehlt das Geld und für eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung fehlen die Ideen. Investoren kommen eigentlich immer mit den gleichen abgelutschten Sachen daher: Altenheim, Reiterhof, Freizeitanlage, Hotel. Auch in den naivsten Köpfen ist inzwischen angekommen, daß mit weiteren „innovativen Ideen“ dieser Art kein Blumentopf mehr zu gewinnen ist.

In meiner Region gibts ca. 25% Arbeitslose, nicht gerechnet die Leute, die z. B. in Beschäftigungsgesellschaften die Zeit totschlagen. Nicht gerechnet auch die üppigst besetzten Ämter. Da wird von Verwaltungsreform nur geredet, aber keiner traut sich ran. Ich beklagte es schon mehrfach: Staatsbedienstete handeln mit Müllbeuteln, wobei der Verkauf eines Müllbeutels für 3 Euro mindestens 3 Leute eine Viertelstunde beschäftigt. Aus der Verwaltung kam die Idee, ein prachtvolles historisches Gebäude für eine Theatergruppe zu nutzen. Sehr schön, leider ohne wirtschaftlichen Sachverstand. Es fiel erst spät auf, daß allein die Heizkosten das gesamte Jahresbudget der Theaterleute überschritten hätten. So viel Geld, um auch nur die Fenster notdürftig zu flicken, haben die noch nie auf einem Haufen gesehen. So viel zu Ideen aus der öffentlichen Verwaltung.

In meiner Gegend gibt es schlicht keine Arbeit. Wenn ich stundenweise 2 Hilfskräfte an meinem Bau beschäftige, bin ich der größte Arbeitgeber am Ort (ich übertreibe nicht!). Wenn hier jemand Arbeitsplätze schaffen wollte, würde er nicht einmal mehr geeignete Arbeitskräfte finden. Nach einem Jahrzehnt Arbeitslosigkeit ist mit den Menschen nichts mehr anzufangen. Wer deshalb auch die Arbeitskräfte mitbringt, würde dafür keine geeigneten Wohnungen finden. Es gibt zwar reichlich Leerstand, aber der ist durchweg mit Schrott noch sehr wohlwollend beschrieben. Wer deshalb ein geeignetes Gebäude am Ort kaufen möchte, um es zu sanieren, um Mitarbeiter dort wohnen zu lassen, um Arbeitsplätze zu schaffen, um Gewerbesteuer in den Ort zu bringen, trifft auf eine Verwaltung mit traumtänzerischen Preisvorstellungen für ein im Grunde abrißreifes Haus. Gemeinden und die BVVG in Berlin haben ein einmaliges Talent, sich lieber weiterhin mit irrwitzigen Lasten zu behängen, als leerstehende Immobilien an Nutzer mit einem ordentlichen Konzept abzugeben und damit die Last vom Hals zu haben. Schlimmer noch: Man begegnet Ideologie und Futterneid. Da will jemand etwas auf die Beine stellen. Er könnte ja womöglich in vielen Jahren Nutznießer seines Engagements sein. Na ja, dann soll er eben im Voraus kräftig bezahlen. Das sind genau die Beträge, die dann dem Vorhaben fehlen. Wer klar bei Verstand ist, läßt dann die Finger davon, im Wissen, daß Gemeinden und BVVG über kurz oder lang die Puste ausgeht. Sie wirtschaften sich selbst und die Region in Grund und Boden. Jeder Investor soll nach vorherrschender Meinung das Geld mitbringen, daß die Herrschaften in den Verwaltungen noch eine Weile weiter wursteln können.

Ich meine deshalb, daß nicht noch mehr (Steuer-)Geld in diese Regionen fließen darf. In jeder einzelnen betroffenen Region muß abgespeckt und umgedacht werden. Oft sind es im Grunde reiche Gegenden mit wunderschöner Landschaft, viel Wald und durchaus ausreichend erschlossen. Die Menschen müssen selbst mehr machen. Ein Beispiel: Der kleine Ort, in dem ich lebe, war einmal ein Rittergut. Deshalb gibts hier mehrere prächtige alte Anwesen unter Denkmalschutz. Eines dieser Objekte gehört einer Verwaltungsgesellschaft in Gemeindebesitz. Die Gesellschaft ist gerade im Insolvenzverfahren. Die Miete der Bewohner verschwindet seit ewigen Zeiten in der Verwaltung, das Gebäude verfällt. Es wird buchstäblich nichts gemacht. Weil ich hier lebe, habe ich ein Interesse daran, daß hier keine weiteren Ruinen entstehen. So schlug ich den Mietern vor, das Gebäude gemeinsam für 1 Euro zu kaufen. Jeder zahlt danach die alte Miete weiter, die aber ungeschmälert in den Gebäudeerhalt und in die Sanierung wandert. Weil die Beträge aus der Miete allein nicht reichen, entwickelte ich ein Konzept für einen Zusatznutzen aus der Immobilie, so daß die Bewohner zu Eigentümern werden und innerhalb einiger Jahre in einem sanierten Gebäude mit zeitgemäßem Standard leben. Das Ganze ohne Fremdkapital, niemand muß sich verschulden. Ich wollte auf dem Grundstück eine technische Anlage (auf meine Kosten!) installieren, die Geld einspielt, das den fehlenden Betrag für die Sanierung bringt. Das Grundstück ist nämlich gewaltig groß, Platz ist reichlich da. Ergebnis: Keine Chance! Die Leute wollen lieber ausnahmslos weiter ihre Miete für Bruchbuden bezahlen, an denen nichts gemacht wird. Die Vorstellung, Eigentümer zu werden, hatte etwas Schreckliches für die Mieter. Die Vorstellung, daß auf dem Grundstück Geld erwirtschaftet wird, hielten sie für geradezu anrüchig. Das hätte etwas mit Unternehmer zu tun und damit wollte man nichts zu schaffen haben.

Ich übertreibe an keiner Stelle. Die Menschen sind verkorkst. Weiteres Geld von außen wird nur weiterhin jede Eigeninitiative im Keim ersticken. Wer auch immer im fernen Berlin regiert, wird daran nichts ändern. In den Verwaltungen vor Ort liegt einer der Fäulniskeime und in den meisten hier lebenden Menschen ein weiterer.

Gruß
Wolfgang

Hallo Wolfgang,

Das Grundstück ist nämlich

gewaltig groß, Platz ist reichlich da. Ergebnis: Keine Chance!
Die Leute wollen lieber ausnahmslos weiter ihre Miete für
Bruchbuden bezahlen, an denen nichts gemacht wird. Die
Vorstellung, Eigentümer zu werden, hatte etwas Schreckliches
für die Mieter. Die Vorstellung, daß auf dem Grundstück Geld
erwirtschaftet wird, hielten sie für geradezu anrüchig. Das
hätte etwas mit Unternehmer zu tun und damit wollte man nichts
zu schaffen haben.

Ich übertreibe an keiner Stelle. Die Menschen sind verkorkst.
Weiteres Geld von außen wird nur weiterhin jede
Eigeninitiative im Keim ersticken. Wer auch immer im fernen
Berlin regiert, wird daran nichts ändern. In den Verwaltungen
vor Ort liegt einer der Fäulniskeime und in den meisten hier
lebenden Menschen ein weiterer.

Ja, da gebe ich dir sogar Recht. Die Leute hier an dieses System zu gewöhnen, ist echt schwierig. Es war schon zu Ostzeiten nichrt einfach, den Leuten zu zeigen, wie sie was mirt sich selbst anfangen können - sie sind schlicht zu unselbständig. Wenn du sie unter „Androhung von Gewalt“ am Händchen nimmst und zu ihrem Glück zwingst, klappts manchmal. Gerade in ländlichen Gebieten ist das extrem. MeckPom kannste da getrost mit Bayern vergleichen :smile:.
Aber es geht weiter: wir hatten im Osten fast konträre Abläufe zu dem, was jetzt in der Wirtschaft abläuft. Die Leute wissen es nicht, keiner sagts oder erklärts ihnen und somit haben sie schlicht Angst pleite zu machen, was im Fall einer Versuchsselbständigkeit zu 99% eintritt. Es ist auch echt nicht einfach. Auch ich habe mehrere Jahre gebraucht, um herauszufinden, wo in diesem Land oben und unten ist.

Ich sehe eins als Fakt: selbständiges Handeln kannst du bei den meisten vergessen. Ich erachte es tatsächlich als das sinnvollste, dieses wieder mit staatlicher (also in dem Fall vom Land) gemanagter regionaler Entwicklung zu machen, alleine schaffen die das in hundert Jahren nicht.
Dann kommt das nächste Problem, daß wir z.B. Möglichkeiten haben, ganze Regionen mit neuen Technologien aufzubauen, aber das entsprechende Fachpersonal aufgrund Degeneration fehlt (wer ewig nix macht, verlernt nunmal sein Handwerk) bzw. weggezogen ist. Der Witz auf der anderen Seite ist der, daß viele Firmen in den alten Länder nicht mal wissen, wie sie ihre Aufträge erledigen sollen durch den Personalmangel. Falls es irgendwann mal eintrefen sollte, wäre es für mich eine Kleinigkeit, innerhalb weniger Minuten einen gutbezahlten Job zu finden. Die ganze Wirtschaftsplanung, Förderung und Arbeitslosenverwaltung in Dtl ist restlos fürn Arsch. Dort liegt beträchtliches Potential, genau wie in der Bildung (im Westen fachlich, im Osten lernen, die Ellenbogen zu gebrauchen)

Gruß
Frank

hallo Wolfgang,
andererseits werden Fördergelder zum Fenster hinausgeworfen.
ein Beispiel: in der Nähe von Thale ist ein kleiner Ort von vieleicht 20 Häusern: ein Kaff! Aber mit Fördergeldern eine prachtstraße bauen lassen - mit Mosaik in verschiedenen Steinarten.
Die Kläranlage ist so groß, dass sie für ganz Thale reichen würde.
Grüße
Raimund

hallo Frank, hast Du eine Vorstellung von Bayern!
dieses von Dir so gern geschmähte Land ist eines der reichsten und fortschrittlichsten in ganz Deutschland!
Aber das versteht man in Neurussland nicht.
Vielleicht mal in 20 Jahren.
Aber bis dahin…!
Grüße
Raimund

Ooooops

hallo Frank, hast Du eine Vorstellung von Bayern!
dieses von Dir so gern geschmähte Land ist eines der reichsten
und fortschrittlichsten in ganz Deutschland!

Hat da jemand in den letzten drei Monaten was neues gebaut und die Bevölkerung ausgetauscht?? :smile:

Fragt sich:
Frank

hab´s doch schon immer geahnt:
bei den Neurussen hört der Verstand an der ehemaligen DDR-Grenze auf.:smile:
Irgendwie scheint die Schulbildung noch in den DDR-Schulkolchosen hängen geblieben zu sein.

Ohne das Geld von Bayern und Badenwürttemberg wäre die ehemalige DDR noch heute in der Steinzeit (wie bis zu 1990).
Und ebenso ist es mit fast allen anderen Bundesländern.

Grüße
Raimund

…Ich erachte es tatsächlich als das
sinnvollste, dieses wieder mit staatlicher (also in dem Fall
vom Land) gemanagter regionaler Entwicklung zu machen…

Hallo Frank,

genau da liegt eines der Probleme. In den Verwaltungen und an den entscheidenden Stellen aller Ebenen sitzen immer noch die gleichen Leute wie seit eh und je. Das kann auch nicht anders sein, andere Menschen sind eben nicht da. Die ehem. DDR zog nach der Wende Heere von Dünnbrettbohrern, Glücksrittern, Spekulanten und Spinnern an. Die haben ihren Schaden hinterlassen und sind weitgehend wieder verschwunden. Geblieben sind viele alte Strukturen unter neuen Namen. Aus …-Gebäudewirtschaft wurde eine Verwaltungs-GmbH mit den gleichen Leuten. Die wirtschaften ohne einen Funken Wirtschaftsverstand. Die Sache funktioniert, so lange Fördergelder fließen. Das heißt aber auch, daß Fördergeld weitgehend nutzlos versickert. Werden Förderungen gekürzt, gehen solche Gesellschaften sehr bald in die Insolvenz. Das geschieht gerade in großem Umfang.

In den Gemeinden sitzen natürlich noch die gleichen Bürgermeister mit den gleichen Verwaltungsleuten. Dagegen wäre absolut nichts einzuwenden, sie agieren aber noch wie zu Zeiten der DDR. Möglichst viele Leute müssen versorgt werden. Sachverstand spielt nur eine untergeordnete Rolle. Man muß die richtigen Leute kennen, sonst läuft nichts.

Ich stellte in einem anderen Brett eine Frage zur Unfallversicherung von Helfern im Rahmen der Nachbarschaftshilfe. Es kamen nützliche Antworten, aber auch mehrere Antworten, die nach meiner Schilderung der Umstände von Schwarzarbeit in großem Stil sprachen. Die Antworter kennen die hiesigen Verhältnisse nicht. Mit den richtigen Leuten aus den passenden Seilschaften hat man binnen Tagesfrist ein Millionenvermögen an schwerem Gerät vor der Tür, samt Personal - mehr als Getränke mit vielen Umdrehungen kostet es nicht. Würde ich daraus aber einen ordentlichen Auftrag machen, müßte ich warten, bis ich schwarz werde und mich dumm und dämlich zahlen. Man kann z. B. Abbruchbeton ordentlich über einen Containerdienst entsorgen. Das dauert. Und kostet… Man kann aber auch den richtigen Mann ansprechen und tags darauf ist der Haufen weg. Ordentlich entsorgt, keine Landschaft verdreckt, sondern der Wiederverwertung im Straßenbau zugeführt - kostenlos! Es ist eine riesige Sauerei, wie Wirtschaft im Osten läuft. Wer das wie ich in der ersten Zeit noch nicht mitbekommen hat, wird irgendwann darauf angesprochen: „Sag mal, warum machst Du das? Das läuft hier anders.“ Wenn dann der Groschen fällt, läufts wie geschmiert. Buchstäblich.

Wenn ich mich beim Bürgermeister nach dem Termin der nächsten Gemeinderatssitzung erkundige (die ja öffentlich stattzufinden hat *grins*), kommt Unruhe in den Haufen. Gibt man solchen Menschen Lenkungsinstrumentarien an die Hand, agieren sie, wie sie es schon immer getan haben, eben wie vor 20 oder 30 Jahren.

Deshalb sage ich, obwohl ich hier lebe: Keine müde Mark mehr in die neuen Länder. Es ist alles da und mit Zuwendungen zementiert man lediglich alte Strukturen und unterstützt leistungs- und wirtschaftsfeindliche Mentalität.

Gruß
Wolfgang

Hallo Wolfgang,

ich wollte dazu noch einiges sagen, vorab aber erstmal ein Papier zum nachdenken. Auch wenn ich mit den Ausführungen im -Kontext übereinstimme, muß ich den Vorabbertrachtungen zur Historie beipflichten:

http://www.bueso.de/sachsen/Forum_Ost.pdf

Gruß
Frank

Ohne das Geld von Bayern und Badenwürttemberg wäre die
ehemalige DDR noch heute in der Steinzeit (wie bis zu 1990).
Und ebenso ist es mit fast allen anderen Bundesländern.

Und hätten NRW und Saarland zu Steinkohlezeiten nicht Milliarden nach Bayern gepumpt, dann würden die heute nicht so hanebüchenen Schwachsinn erzählen können.

gruss
winkel

bei den Neurussen hört der Verstand an der ehemaligen
DDR-Grenze auf.:smile:

Logo, da fängt Bayern ja an… :smile:

Irgendwie scheint die Schulbildung noch in den
DDR-Schulkolchosen hängen geblieben zu sein.

Gottseidank. Pisa - Schüler gibts ja erst jetzt.

Ohne das Geld von Bayern und Badenwürttemberg wäre die
ehemalige DDR noch heute in der Steinzeit (wie bis zu 1990).

Andersrum wirds eher was: http://www.bueso.de/sachsen/Forum_Ost.pdf (ja, wiedermal rechts zur Abwechslung)

Und ebenso ist es mit fast allen anderen Bundesländern.

Auch logisch, da leben ja gottseidank weniger Bayern :smile:

Gruß
Frank

Ohne das Geld von Bayern und Badenwürttemberg wäre die
ehemalige DDR noch heute in der Steinzeit (wie bis zu 1990).
Und ebenso ist es mit fast allen anderen Bundesländern.

Und hätten NRW und Saarland zu Steinkohlezeiten nicht
Milliarden nach Bayern gepumpt, dann würden die heute nicht so
hanebüchenen Schwachsinn erzählen können.

Winkel, ich mach nen fettes Kreuz an den Kalender: ich muß dir Recht geben :smile:

Gruß
Frank

Hallo Wolfgang,

was Du (und auch Frank) aus Deiner eigenen Erfahrung und täglichen Eindrücken schilderst ist erschütternd!

Es ist schon bewundernswert wie Du den Kampf gegen die Windmühlenflügel überstehst. Dein Bericht liest sich wie eine Situationsbeschreibung aus einem afrikanischen Land.

Verfilzte, lustlose Behörden, mafiöse Strukturen (Seilschaften), eine desinteressierte, lethargische Bevölkerung, wie hältst Du es da aus. Das frage ich Dich allen Ernstes.
Die Landschaft ist schön…

Ist nun die DDR die Ursache allen Übels oder war das schon immer die Grundeinstellung? Siehst Du überhaupt, wenn auch in weiter Ferne, eine Perspektive?

Das würde ich gerne einmal (vielleicht auch von Frank) wissen.

Viele Grüße
Michael

Hallo Frank,

MeckPom kannste
da getrost mit Bayern vergleichen :smile:.

Du hast einen wirklich informativen Beitrag ins Brett gestellt. Er ist aufrüttelnd und zeigt eine schlimme Wirklichkeit. Soviel dazu.

Nur in einem Punkt muß ich Dir widersprechen:

Wenn die restliche Republik (ausgenommen B.-W.) wie Bayern dastehen würde, hätten wir manches Problem und manche Sorgen weniger. Das muß man neidvoll anerkennen. Sollten die Bayern nun wirklich Deppen sein, was sind wir dann?

Ich bin in Deiner Region geboren und wohne schon über 40 Jahre in Hessen, insofern also unverdächtig.

Trotzdem, nimms nicht so bierernst und verliere den Mut nicht!

Viele Grüße
Michael

Verfilzte, lustlose Behörden, mafiöse Strukturen
(Seilschaften), eine desinteressierte, lethargische
Bevölkerung, wie hältst Du es da aus. Das frage ich Dich allen
Ernstes.
Die Landschaft ist schön…

Ist nun die DDR die Ursache allen Übels oder war das schon
immer die Grundeinstellung? Siehst Du überhaupt, wenn auch in
weiter Ferne, eine Perspektive?

Hallo Michael,

es ist tatsächlich die Landschaft, viel Platz, ein irgendwann einmal wunderschönes altes Haus, das alles bezahlbar, was mich hierher zog und hier hält.

Die Geschichte bis 1990 hat tiefe Spuren hinterlassen. Einerseits ein allmächtiger Staat, andererseits aber auch die Gewöhnung an eine lückenlose Rundumversorgung lassen sich nicht einfach wegwischen. Immobilieneigentum war in der DDR eine Belastung. Wer etwas bauen oder erhalten wollte, war auf ein System der Schattenwirtschaft zwingend angewiesen. Da wusch eine Hand die andere, weil es nicht anders ging. Diese Strukturen sind nicht abschaffbar, sie leben weiter.

Auch die Geschichte seit 1990 hinterließ manche schlimme Spur. Heere zweifelhafter Geschäftemacher sahen hier ihre Chance, fuhren ungezählte Vorhaben an die Wand, um danach zu verschwinden. Im Umkreis um meinen Wohnort gibts solche Objekte dutzendweise. Da kassiert jemand für die Entsorgung von Altreifen, stapelt tausende Tonnen auf und ist danach unauffindbar. Andere erwarben für ein Trinkgeld Immobilien, versprachen Sanierung und Arbeitsplätze, erhielten Fördergelder, um sich danach nie wieder blicken zu lassen. Steuerberater und Banker tauchten zu tausenden auf, trieben ahnungslos-naive Leute, die nur endlich ein Westauto fahren wollten, in die Verschuldung. Ich spürte die daraus resultierenden Vorurteile sehr deutlich, als ich in die Gegend kam. Bald merkten die paar Leute hier aber, daß da nicht schon wieder so ein Schlipsträger ankommt, der eine Immobilie geschossen hat, um sie dann verfallen zu lassen. Geradezu ungläubig wurde registriert, daß das erste Mal seit der Wende in diesem Ort an einem von einem Wessi erworbenen Haus tatsächlich gebaut wird. Das erste Mal wurde ein Wessi im Dorf mit Hauptwohnsitz ansässig. Ich unterstelle den zahlreichen „Investoren“, die hier schon durchgewandert sind, nicht einmal bösen Willen, vielmehr Fehleinschätzungen, mangelhafte Konzepte und mangelnden langen Atem. Dabei befanden sich diese Leute in bester Gesellschaft, prognostizierte der damalige Kanzler Kohl doch blühende Landschaften in kurzer Frist. Der Mann hatte keine Ahnung, wovon er redet. Jeder Handwerker weiß, wie lange es dauert, ein Kleinunternehmen auf gesunde Füße zu stellen. Da redet man nicht von Monaten oder einem Jahr, da hat man eine andere Zehnerpotenz auf der Zeitachse im Sinn. Alles andere ist Traumtänzerei. Am Ende der Träume stehen Ernüchterung und Resignation. Freude und Aufbruchstimmung von 1990 sind verpufft, weil die Erwartungshaltung auf allen Seiten zu hoch und zu kurzatmig angelegt war.

Inzwischen ist zumindest in der Region meines Wohnortes eine Spirale nach unten in Gang gekommen, die nur noch schwer zu bremsen sein wird. Junge Leute finden kaum betriebliche Ausbildungsplätze und so gut wie keine Arbeit. Sie wandern ab, die Gegend überaltert. Inzwischen besteht der Ort überwiegend aus Rentnern und Arbeitslosen, die auf die Rente warten. Die Bevölkerung Meck.-Pomms schrumpft jährlich um 0,5 bis 1%. Betroffen sind insbesondere die ländlichen Bereiche, die sich mit wachsender Geschwindigkeit z. T. regelrecht entvölkern. Damit gehen alljährlich schärfere Folgen für die Gemeindefinanzen einher. Das örtliche Gewerbe besteht nur noch aus Alleinunterhaltern, die kaum noch existenzfähig sind. In der einzigen Autowerkstatt schweißt der Inhaber gerade an einer Gartenschaukel für seine Tochter. Er schließt den Betrieb nächsten Monat. Der örtliche Elektriker hat keine Aufträge mehr. Der Fernsehhöker hat längst zugemacht. Der Raiffeisenmarkt hat nur noch eine Haushaltswarenabteilung, der Rest wurde gerade geschlossen. Der Bäcker hat Ende vergangenen Jahres Insolvenz angemeldet, ein Friseur wirtschaftet noch im Nebenerwerb. Der Gerüstbauer stellte mir noch zu Weihnachten ein halbfertiges Gerüst auf, um sich dann nie wieder zu melden - pleite. Er wackelte vorher auch schon und hatte seine Leute entlassen. Einen Bauunternehmer gibts noch, aber er klönt den ganzen Tag am Gartenzaun und hat keine Arbeit. Im Nachbarort gibts einen Baumarkt, sehr ordentliches Warenangebot, qualifizierte Beratung, der Inhaber gibt sich Mühe. Ein Trauerspiel, der große Laden ist immer menschenleer. Eine Meisterstunde eines Elektro- oder Kfz-Meisters kostet hier 20 Euro. Mehr ist nicht drin. Kannst Du mir verraten, wie damit klarzukommen sein soll? Ich weiß es auch nicht. So geht das örtliche Gewerbe den Bach herunter, die jungen Leute wandern ab, übrig bleibt eine Region, die man als aussterbendes Altenheim ansehen muß. Übrig bleiben aber auch Altlasten z. T. aus DDR-Zeiten, z. T. von ideenlosen und überforderten Investoren. Am Ort gibts ein Schloß. Ein Schild am Bauzaun kündigt eine Altenresidenz an. Inzwischen ist der Bauzaun 12 Jahre alt und so verfallen wie das Schloß. So gehts hier fast allen unter Denkmalschutz stehenden Anwesen. Es vergammelt und entsprechend trist sieht es aus. Den Leuten, die ihre Häuser selbst bewohnen, fehlt das Geld für Sanierungen. Falls doch einmal etwas gemacht wird, dann sind es ausnahmslos schlimme Geschmacksentgleisungen. Plaste-Vordächer, Kunststoffenster mit in den Scheiben liegenden Fensterkreuzen, weiße Haustüren mit Butzenscheiben, außen angeschraubte Rolläden, Klinker auf Fachwerk, Ortgangverblender an historischen Dächern *schüttel*… das alles an einst sehr schönen alten Häusern, die so zu Baumarkt-Heimwerker-Ruinen werden. Die lukrativen Abschreibungsmöglichkeiten für Investitionen in Baudenkmäler können die Leute nicht nutzen. Sie haben überhaupt kein Einkommen, von dem es etwas abzuschreiben gäbe.

Für einige Gebiete ist der Zug abgefahren. Ich erkenne absehbar keine Möglichkeiten, daß eine gesunde wirtschaftliche Basis entsteht. Es gibt keine Arbeit, die Bevölkerungsstruktur gibt nicht einmal mehr Arbeitskräfte her, der Wohnraum vergammelt derart, daß man auch von außen niemanden mehr herlocken kann. Ich sehe hier für mich eine Möglichkeit, so zu leben, wie ich es gerne möchte, aber nur deshalb, weil ich beruflich nicht auf die Region angewiesen bin. Im Laufe der Zeit werden sich gewiß noch weitere Leute finden, die beruflich unabhängig einfach nur viel Platz und schöne Landschaft in extrem dünner Besiedelung genießen. Insofern sehe ich die blühende Landschaft, aber sehr wörtlich genommen und nicht in Form einer funktionierenden Wirtschaft mit Arbeitsplätzen.

Es ist nur eine Frage der Sichtweise. Man kann das alles als ganz fürchterlich schlimm darstellen. Ist es vielleicht auch. Ich setze mir aber keinen Heiligenschein auf, betrachte die Lage vielmehr sehr egoistisch. Hier kann man mit Platz satt regelrecht residieren. Wenn man Angst hat, daß in der Nachbarschaft etwas unangenehm Lautes gebaut wird (es wird bestimmt nichts gebaut), kauft man den Fetzen Land drumherum eben. Es kostet nur wenig. Es ist natürlich nur etwas für Leute, die auf Remmi-Demmi, Szene-Kneipen und Nachtleben verzichten mögen, Kindergarten und Schulangebot nicht brauchen und bereit sind, zum Einkaufen viele Kilometer zu fahren. Nebenbei muß man damit leben, daß es bei Elbehochwasser gelinde gesagt sehr feucht werden kann.

Gruß
Wolfgang

5 Bewertungspunkte
… wenn man sie vergeben könnte.

Hallo Wolfgang,

als geborener und bis '94 gelebter Ossi erschüttert mich Dein Tatsachenbericht doch um einiges.
Die Abwärtsspirale kann man scheinbar tatsächlich nicht mehr aufhalten.

Meine restliche Familie (Eltern, Geschwister) leben alle noch im Osten und wir sind glücklicherweise von den Schicksalsschlägen verschont geblieben. Eltern bis zur Rente im Job und restliche Familie auch im Job.

Doch drumherum sieht es ja ziemlich düster aus.
Vielleicht sollte man Deinen Beirag mal an den Super-Ost-Minister Stolpe schicken, damit die Problematik endlich mal richtig erkannt wird.

Wie gesagt: Super Analyse … wenn auch bedrückend.

Gruß RaRo

Hallo Michael,

was für eine Zukunftsvorstellung! Neben ein paar aussterbenden Mummelgreisen in Geisterdörfern residieren gutverdienende, bisher ortsungebundene Selbständige in Vorpommern usw. auf riesigen Landsitzen, jeweils viele Kilometer voneinander entfernt.

Man fährt kaum mehr mit dem Auto - die verrotteten Straßen lassen nur noch Unimog-Fahrten mit Fahrradgeschwindigkeit nach z.B. Anklam zu. Jeder Hof hat vielmehr einen Flugplatz mit einer Cessna darauf zu stehen. So kann man einander besuchen und nötigenfalls den Flying Doctor rufen. Auch benötigt der Fliegende Supermarkt 1500 x 50 m Landebahn.

Die Polizei hat sich aus der Fläche zurückgezogen. Man kann nun zwar betrunken am Luft- und Schiffsverkehr teilnehmen, muß aber die marodierenden Banden, die immer wieder aus dem Osten herüberkommen, im Ernstfall selber erschießen und verscharren.

Gruß,

Wolfgang Berger