die Bankenwelt - ein aktueller Überblick
Hallo Antje,
MEINE GÜTE, wie bist du denn drauf?
musst du dich gleich angefriffen fühlen, bloss weil ich nicht
hochdeutsch schreibe?
im Gegentum: Es geht mir darum, daß dieser Satz in die Sprache in den letzten Jahren wie kein zweiter Eingang gefunden hat. „Ist das rechtens“ ist die erste Reaktion des typischen Deutschen, egal ob die Bank irgendwas bucht, ein Handelsunternehmen Klamotten nicht umtauscht, nur weil sie dem Käufer nicht mehr gefallen, oder ein anderes die Aktionsware nach einer Woche nicht mehr im Programm hat.
Ist es rechtens, wenn zwei mal im Jahr ein Schützenverein durch die Straße zieht, ist es rechtens, wenn der Nachbar einmal im Jahr auf dem Balkon grillt, ist es rechtens, wenn der Briefträger Päckchen im Hausflur ablegt, wenn ich nicht zuhause bin, ich den Kram aber ansonsten bei der 3 Kilometer entfernten Hauspost abholen müßte.
Nebenan las ich gerade von einer WG, die sich nur unter Zuhilfenahme juristischen Rates in der Lage sieht, ihr spärliches Vermögen gerecht aufzuteilen. Das normale Leben wird zu einer scheinjuristischen Veranstaltung. Während ständig die Frage „ist es rechtens“ gestellt wird, bleibt der Menschenverstand auf der Strecke.
Ob die Bank nun die Zahlung einen Tag später oder eher gutschreibt, ist eine Frage des guten Stils, hat nur dann einen finanziellen Aspekt, wenn man sein Konto durchgängig im Soll führt oder noch härter am Limit und hat - wie aufgeführt - natürlich auch eine rechtliche Komponente. Natürlich ist die Frage berechtigt und deswegen habe ich sie Dir beantwortet. Nur dieser Satz „ist es rechtens“ löst bei mir den beschriebenen Würgereiz aus. Noch passender ließe sich m.E. der deutsche Sturmichel nicht auf einen Punkt bringen. Aber keine Sorge: Du bist nicht persönlich gemeint, nur die Deutschen im allgemeinen.
Ich habe das Beispiel schon einmal gebracht: Ein Kunde legte bei uns um die 1 Mio. Euro bei denkbar geringer Marge (0,05%) immer wochenweise als Festgeld bei uns an. Irgendwann rief dann eine Mitarbeiterin das dritte mal an einem Tag wegen des Festgeldes bei mir an und fing an zu diskutieren, daß sie bei einer anderen Bank 0,01% mehr bekommen würde, was also pro Woche die fantastische Summe von rd. 2 Euro ausmachen würde. Da es sich bei dem Telephonat um ein Ferngespräch handelte, habe ich der Dame irgendwann erklärt, daß ich sie in ihrem Wirtschaftlichkeitsdenken unterstützen wolle und das Gespräch deswegen im Hinblick auf ihre Kostenstruktur beenden würde. Inzwischen haben wir keine Festgelder mehr, aber dafür im letzten Jahr 10.000 Euro durch Devisengeschäfte und 12.000 Euro am Zahlungsverkehr. Bei beiden haben wir im letzten Jahr die Preise erhöht, haben aber ein paar Vorteile ggü. der Konkurrenz, so daß der Kunde schön bei uns blieb.
Was ich damit sagen will: Jeden Tag wirft man bewußt oder unbewußt säckeweise Geld zum Fenster raus, aber die 2 Cent entgangene Habenzinsen bzw. die 6 Cent zuviel berappten Sollzinsen im Monat sollen es dann bringen. Gesetzgeber, BGH und EU haben in Bezug auf Banken in den letzten Jahren viel erreicht. Sie haben erreicht, daß Quersubventionierung zwischen den einzelnen Produkten deutlich zurückgegangen ist, wie z.B. bei den EU-Standardüberweisungen. Das führt dann dummerweise dazu, daß die Inlandszahlungen teurer werden, weil die bisher durch die Auslandszahlungen subventioniert wurden.
Wenn es also über kurz oder lang so kommt, daß jedes Bankprodukt so teuer sein muß bzw. darf, wie es die Kosten der Bank rechtfertigen, dann werden sich noch einige umkucken. Eine Scheckbelastung kostet dann vielleicht wieder 3 Euro, eine Überweisung 1,20 und eine Bareinzahlung 5 Euro. Ein Tag Valutaverlust wird dann das geringste Problem sein. Es ist ja im übrigen nicht so, daß die Bank klotzig an einer „geschobenen“ Überweisung verdient, sondern einfach so, daß u.U. eine taggleiche Verbuchung aufwendiger ist, als die bisherige Vorgehensweise. Wie auch immer: In Zukunft wird das Bankgeschäft richtig teuer oder man sucht sich für jede Aktivität eine andere Bank, nämlich immer gerade die, die am billigsten ist.
Also eine für den eingehenden Zahlungsverkehr, eine für den ausgehenden Zahlungsverkehr, eine für Wertpapierkäufe, eine für den Dispokredit, eine für die Hausfinanzierung und wenn man zwischendurch noch Zeit hat, kann man sich schon einmal auf den Moment freuen, in dem der Zahlungsverkehr in Deutschland nur noch über drei Banken abgewickelt wird, die dann die Preise nach Gutdünken und vor allem nach tatsächlichen Kosten festlegen werden. Die Postbank hat nach der Übernahme des ZV von Dreba und Deuba immerhin schon einen Marktanteil von 15%.
Ansonsten sollte die ursprüngliche Frage hinreichend beantwortet sein. Vorgehensweise: Zur Bank gehen, auf das Urteil hinweisen, zukünftig taggleiche Gutschriften verlangen und vielleicht auch eine Erstattung des Zinsschadens der letzten x Jahre. Sollte zufälligerweise in nächster Zeit eine Gebührenerhöhung, eine Dispokürzung oder eine Kontokündigung ins Haus flattern, ist das reiner Zufall, ehrlich.
Schöne Grüße,
Christian