Wertzuwachs statt Dividenden bei thesaurierenden ETFs?

Hallo,

mir ist klar, dass die Fondsgesellschaft bei thesaurierenden ETFS keine neue ETF-Anteile an die Investoren herauszugeben, sondern stattdessen von dem Geld neue Aktien aus den Titeln kauft, die den Index des jeweiligen ETFs nachbilden. Dadurch steigen also die eigenen ETF-Anteile im Wert.

Aber wie genau funktioniert der Wertzuwachs? Ich versuche es mir gerade selbst an einem Beispiel zu erklären und wollte fragen, ob ich damit richtig liege:
Angenommen, eine Fondsgesellschaft erhält von einem beliebigen Unternehmen eine Dividende und kauft mit diesem Geld neue Aktien nach. Dann steigt so ja das Fondsvolumen. Angenommen, das Fondsvolumen war vorher 1.000.000.000 € und die Fondsgesellschaft gibt 5.000.000 ETF-Anteilsscheine heraus. Dann sind die Anteilsscheine dementsprechend also jeweils 20 €/Stück wert.
Nun erhält die Fondsgesellschaft netto 1.000.000 € Dividende von der XYZ AG ausgezahlt. Sie kauft damit neue Aktien, und steigert so das Volumen auf 1.001.000.000 €, und damit steigt der Wert eines Anteilsscheins auf 20,02 €.
Verstehe ich das richtig?

Beste Grüße
Mr Orange

Hallo,

aus Arbitragegründen gibt es keinen Wertzuwachs bei der Reinvestition. Der Fonds erhält 1 MEUR Cash an Dividenden, die Assets sind nun 1 MEUR weniger wert. Dieses Cash wird nun wieder in XYZ Assets investiert. Damit ändert sich die Bewertung des Fonds-Portfolios überhaupt nicht.

Gleichzeitig ändert sich auch nichts an der Anzahl der begebenen Anteile. Insgesamt passiert in dem Augenblick also gar nichts.

Der Wertzuwachs den Du vermutlich meinst ist ein Effekt, der erst danach eintritt. Denn mit der Reinvestion nimmt nun 1 MEUR mehr Kapital an der Entwicklung von XYZ teil, im Gegensatz zum ausschüttenden Fonds, der ja tatsächlich Kapital an die (Fonds-)Anleger zurückführt.

Hallo,

Danke für die Antwort. Also das finde ich kurios.
Dann stimmt diese Erklärung hier gar nicht?

Was sind Arbitragegründe konkret?

Das ist wirklich so? Das klingt ja seltsam. Wo kann ich das erklärt nachlesen?

Okay, wenn das so ist, quersubventionieren Thesaurierer dann nicht andere Anleger?
Denn die 1 MEUR erhält XZY AG ja anscheinend so oder so, und damit entwickelt sie sich besser.
Und das Geld steht ihr dann zur Verfügung, unabhängig davon, von wem sie es erhalten hat, also egal, ob sie das Geld nun von einem Thesaurierer-ETF erhalten hat oder von einem Ausschütter-ETF oder von Aktionären.
Und damit profitieren doch alle Anleger der XYZ AG gleichermaßen von ihrer Wertentwicklung. Dann ist Thesaurierung ja aus Anlegersicht kompletter Quatsch, oder? Ich verzichte auf eine Dividende und pumpe einfach mehr Kapital in den Markt, und profitiere nur insofern als mein zusätzlich angelegtes Kapital den allgemeinen Markt befeuert? Ist das ein Ertragsverwendungsmodell für selbstlose Anleger?

Was verstehe ich hier falsch? Wieso würde dann überhaupt irgendjemand in Thesaurierer anlegen (und das tun ja offensichtlich viele Anleger, die sicher nicht alle selbstlos denken), wenn ich als Alternative die Dividende direkt erhalten kann?

Wenn eine Ausschüttung zu garantiert höheren Kursen führt, dann kaufe ich Anteile unmittelbar vor der Ausschüttung und verkaufe sie unmittelbar danach wieder.

Mach doch Deine Rechnung mal einfach mit Dir als direkter Aktionär ohne den Umweg über einen ETF. Dann siehst Du, was ich meine.

Verstehe ich nicht. Nur eine reinvestierte Dividende nimmt am zukünftigen Wertverlauf einer Aktie teil. Warum sollte das Quatsch sein?

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Eigentlich nicht. Die Dividendenausschüttung ist kein unerwartetes Ereignis, welches denjenigen zufällig beglückt, der zum Stichtag die Aktien hält.
Die Ausschüttung wird in ihrer Höhe lange vor der Ausschüttung erwartet und sie wird dann ja auch von der Gesellschaft bekannt gegeben.
Zuerst ahnt man also, dass es am 30.06. 10€ pro Aktie geben könnte (was den Kurs der Aktie um etwa diesen Betrag steigen lässt) und dann weiß auch genau, dass es am 30.06. 9,78€ pro Aktie geben wird.
Der, der die Aktie am 30.06. hält, bekommt das Geld.
Der, dem derjenige diese Aktie am 01.07. verkauft, weiß auch, dass er diese 9,78€ um einen Tag verpasst hat.
Was bedeutet das für den Kurs? Na klaro, bei gleichbleibendem Umfeld werde ich am 01.07. für dieselbe Aktie 9,78€ weniger ausgeben wollen, und daher sinkt der Kurs der Aktie nach der Dividendenauszahlung circa in Höhe der Dividende.

Aber dann verdient man ja nichts?

Doch. Aber eben nicht genau am Stichtag, sondern man partizipiert im Vorlauf der Dividendenzahlung von den höheren Kursen (könnte also im direkten Vorfeld der Auszahlung verkaufen und bekäme dann zwar nicht die Dividende, sondern einen in etwa gleich hohen Betrag durch den erhöhten Wert).

Nehnen wir mal an, du bekommst bei Ausschüttung der Dividende einen Anteil von 1200 EUR. Bei thesaurierenden Fonds werden für dich für etwa diesen Betrag neue Fondanteile gekauft und den bisherigen zugeschlagen, sodass dein Fondsanteilsvermögen insgesamt steigt. Eigentlich ist es ganz einfach. Ich hoffe, dass ich mich hier noch in der richtien Frage befinde, weil teilweise etwas vom Thema abgewichen wird.

Ich verstehe die Antwort nicht ganz. Es ging doch um Fonds und nicht um einzelne Aktienwerte. ???

Ja, es ging mir um Fonds.

Und ich verstehe immer noch nicht, wie genau der Mehrwert eines Thesaurierers entsteht, der dem Anleger bei Ausschüttern durch die Dividende zufließt.

Worin besteht der Mehrwert für den Anleger? Wieso kaufen viele Anleger Thesaurierer, wohl wissend, dass sie keine Dividende gezahlt bekommen? Sie erhalten von der Fondsgesellschaft keine Dividende, und sie erhalten auch keine zusätzlichen ETF-Anteilsscheine. Was erhalten sie dann? Ich verstehe es einfach nicht.

Eine Dividende ist brutto nichts anderes als ein Verkauf. Du möchtest, daß eine Aktie heute 50% Dividende ausschüttet? Kein Problem, Du verkaufst einfach 50% Deiner Anteile. Steuern und Gebühren lassen wir mal außen vor.

Derjenige, der das nicht macht, oder derjenige der das entnommene Kapital sofort wieder in die Aktie steckt, partizipiert zu 100% am Wertverlauf der Aktie.

Derjenige mit dem entnommenen Kapital partizipiert fortan nur zu 50%. Jeder Euro, den die Aktie zulegt, entspricht jetzt nur noch 50 Cent Gewinn im Vergleich zur 100%-Partizipation.

Ob Du das jetzt selbst in einem Portfolio voller Einzelaktien machst, oder ein Fonds das für Dich macht, ist, zumindest vor Steuern, egal.

Und weil ein Bild mehr als Tausend Worte sagt:


in weiß der ausschüttende Index, in blau der thesaurierende (sogar nach Steuern). Man sieht auch, daß am Anfang kaum eine Diskrepanz besteht, und der thesaurierende Effekt erst nach Monaten zu sehen ist.

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Ok, dann ist es also so:
Die Fondsgesellschaft kauft mit den Dividenden, die ausgeschüttet wurden, neue Aktien, vergrößert so das Fondsvolumen, und damit steigt der Wert je Anteilsschein, der sich als Fondsvolumen / Anzahl errechnet. Ist das so richtig?

Kann ich mir solche Diagramme für meine eigenen ETFs irgendwo selbst generieren? Ich würde das gern mal vergleichen.

korrekt

oder verkleinert es

oder er fällt.

Das ganze geht nämlich in beide Richtungen. Wenn die Titel nämlich fallen, aber trotzdem Dividenden ausgeschüttet wurden, wie hier am Beispiel HSTECH10, Preis+Cash (weiß) vs. Performance (blau)

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Okay. Danke für die Erklärungen.

Aber wenn das in beide Richtungen geht, dann wirkt es auf mich als würde sich der Vorteil aufheben. Und dann bleibt für mich weiterhin die Frage:

Was ist es, das die Thesaurierer so toll macht, dass ihre Anleger freiwillig auf die Dividendenauszahlung verzichten?

Das mußt Du ihre Anleger fragen. Wer das Geld nicht braucht, der kann doch sämtliches zur Verfügung stehendes Geld investieren.

Zumal die Richtung andersherum, zumindest langfristig, in den Daten kaum vorzukommen scheint. Es ist offenbar so, daß Titel mit erheblichem Wertverlust auch ihre Dividendenzahlungen reduzieren oder ganz einstellen.

… Steuer.
Soweit ich das in Erinnerung habe, werden bei Dividenzahlungen automatisch die 25% einbehalten.
Bei den Thesaurierenden ist die Steuerlast erst bei Verkauf (… nach zig-Jahren) dann ebent auf einmal fällig

Ja, das Steuerargument kenne ich und verstehe ich.
Aber bevor ich eine keine Dividende erhalte (= Thesaurierer), nehme ich doch lieber eine Dividende, die ich versteuern muss (= Ausschütter), und dann macht es für mich keinen Sinn.

Ja, ich hatte ja gehofft, hier auf Thesaurierer-Anleger zu treffen, die mir das erklären können.

Welche Daten? Ich möchte das auch mal nachschlagen! :slight_smile:

Also, es kann doch nicht sein, dass das Thesaurierungskonzept ein solches Hexenwerk ist:
Stimmt das nun also so?

Die Fondsgesellschaft kauft mit den Dividenden, die ausgeschüttet wurden, neue Aktien, vergrößert (in den meisten Fällen) das Fondsvolumen, und damit steigt (in den meisten Fällen) der Wert je Anteilsschein, der sich als Fondsvolumen / Anzahl errechnet - und dies stärker als es bei dem Ausschütter-ETF der Fall ist, da sich hier der ETF-Anteilsschein-Wertänderungen nur durch Kursänderungen ergeben, nicht durch zusätzliche Reinvestitionen. Ist das so so richtig?

Ja gut, kann man so stehen lassen.

Preis- bzw. Kursdaten. Die sind vereinzelt bei den Datenanbietern der Banken und Finanzportale zu bekommen, in der ganzen Breite jedoch recht teuer. Charts wie oben kann man aber mit jeder gängigen Chart-/Diagrammsoftware mit den entsprechenden Daten bauen.

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Wie schon erklärt: Auch als Thesaurierer fällt ja eine Dividende an. Die wird nur direkt im Fondsvermögen angelegt und erhöht somit den Wert des Fonds. Im Prinzip bekommst du also schon die Dividende - sie landet nur nicht direkt auf deinem Konto.

Am Ende des Tages isses Geschmackssache.

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