Hallo Tim,
Weil das Elektron/Beobachter/Atomrümpfe (sind ja im gleichen
Ruhesystem) sieht ja immer noch die Leitungselektronen
bewegen, also ist eine Relativbewegung vorhanden, das
elektrische Feld müsste transformiert werden und ein
„Magnetfeld“ (bzw. elektrische Kraft) müsste entstehen, weil
der Draht nicht mehr elektrisch neutral erscheint.
der Draht ist voraussetzungsgemäß a) stromdurchflossen und b) dabei elektrisch neutral. Das schließt sich ja nicht aus. Wenn die bewegten Leitungselektronen die „richtigen“ Abstände zueinander haben, ist diese Voraussetzung erfüllt. Dass diese richtigen Abstände für einen im Drahtsystem ruhenden Beobachter bereits lorentzkontrahierte Abstände sind, stimmt zwar, interessiert aber gar nicht.
Ruht das äußere Elektron relativ zum Draht, dann erfährt es keine Kraft.
● Drahtsystem-Beobachter sagt: Der Draht ist von einem B-Feld umgeben, aber trotz B > 0 am Ort des Elektrons ist wegen v = 0 der q v B-Teil der Lorentzkraft Null. Zweitens ist der Draht ungeladen ⇒ E = 0 am Ort des Elektrons ⇒ q E-Teil der Lorentzkraft ebenfalls Null. Macht zusammen 0 + 0 = 0 und ich verstehe, dass das Elektron keine Kraft erfährt.
● Mit den Leitungselektronen im Draht mitfliegender Beobachter sagt: Der Draht ist von einem B-Feld umgeben, und wegen B > 0 am Ort des Elektrons wirkt q v B auf das Elektron, und zwar abstoßend. Andererseits ist für ihn der Draht positiv geladen (das ist er, weil die Abstände der positiven Atomrümpfe sind für diesen Beobachter lorentzkontrahiert sind und damit dichter beieinandersitzen). Für ihn ist das Elektron einem E > 0 ausgesetzt und erfährt dadurch natürlich eine Kraft q E. Der mitfliegende Beobachter wills aber genau wissen und berechnet E, wozu er die Formel für die Lorentzkontraktion korrekt anwenden muss. Sein Ergebnis: E = –v B. Und der Beobachter sagt hoppla: Das Elektron erfährt einerseits q v B und andererseits q E = –q v B, das macht zusammen Null. So versteht er auch mitfliegend, dass das Elektron keine Kraft erfährt.
Nun geben wir dem äußeren Elektron einen Schubs, so dass es sich relativ zum Draht gleich schnell wie die Leitungselektronen bewegt. Dann erfährt es eine Kraft der Stärke q v B zum Draht hin.
● Drahtsystem-Beobachter sagt: Der Draht ist von einem B-Feld umgeben und hat die endliche Geschwindigkeit v, deshalb erfährt das Elektron die Kraft q v B. Eine Kraft q E erfährt es nicht, denn der Draht ist ungeladen ⇒ E = 0 am Ort des Elektrons ⇒ q E-Teil der Lorentzkraft ebenfalls Null.
● Mitfliegender Beobachter sagt: Der Draht ist zwar von einem B-Feld umgeben, aber das Elektron ruht (das tut es für ihn ja) und erfährt deshalb keine q v B-Kraft. Jedoch ist der Draht positiv geladen (er ist es, weil die Abstände der positiven Atomrümpfe für den mitfliegenden Beobachter lorentzkontrahiert sind) ⇒ E > 0 am Ort des Elektrons ⇒ Elektron erfährt Kraft q E. Der Beobachter wills wieder genau wissen und berechnet E mit dem Ergebnis E = v B. Daraufhin ist auch dem bewegten Beobachter verständlich, dass das Elektron mit der Kraft q v B zum Draht gezogen wird.
Hoffentlich hat das jetzt nicht noch mehr Verwirrung gestiftet… 
Gruß
Martin