Widersprüchliche Berichte zum Fahrverhalten

Hallo,
man sagt ja immer, dass ein Frontantriebler, wenn man mit zu viel Gas in die Kurve fährt, vorne ausbricht. Was ja nach der Analyse der Kräfte am Rad auch stimmen müsste.
Mir haben jetzt aber schon zwei Leute, die ein Frontantriebler fahren, gesagt, dass ihnen das Heck weggebrochen sei.
Meine Frage ist jetzt, ob einem das nur so vorkommt, oder ob tatsächlich auch bei einem Frontantriebler zuerst das Heck wegbricht.

Wenn man ohne Gas in die Kurve fährt, müsste doch die Achse wegbrechen, auf der das größte Gewicht ist. Weil doch die Kraft am Reifen nicht linear zunimmt, sondern zum doppelten Gewicht auf der Achse eben nur fast das doppelte an maximal zu übertragender Kraft gehört, stimmt doch, oder?

Wir nehmen mal gleiche Reifen hinten und vorne an und gleichen Straßenbelag unter den Rädern.

Vielen Dank
Gruß
Tim

Hallo Tim,
lese dir das mal durch, hervorragend erklärt.

http://de.wikipedia.org/wiki/Frontantrieb

Gruß
acuario

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Moin!

Hallo,

Mir haben jetzt aber schon zwei Leute, die ein Frontantriebler
fahren, gesagt, dass ihnen das Heck weggebrochen sei.

…und ich bin der dritte. Mit meinem Mégane (BAOL, BJ96) hatte ich auch das Problem, dass er ab u zu hinten weggegangen is. Trotz neuer Stoßdämpfer u hundertpro intaktem Fahrwerk. Allerdings is mein Lösungsweg nich grade alltäglich gewesen: Ich hab ihn vorne um 50, hinten um 30 mm tiefergelegt u schon hat er wieder brav untersteuert (über die Vorderräder geschoben).

Gruss

Mutschy

Hallo Tim,
lese dir das mal durch, hervorragend erklärt.

http://de.wikipedia.org/wiki/Frontantrieb

Gruß
acuario

Ja, also der Bericht bestätigt ja eher meine Vermutung, so wie ich das im ersten Betrag geschrieben habe.

Wenn also jetzt jemand schreibt oder sagt, dass das Heck beim Frontantriebler ausbricht, dann muss man sagen, dass wohl die Reifen hinten schlechter sind als vorne oder so was.

Zu dem Fahrverhalten des Megane muss man wohl sagen, dass er aus irgend einem Grund hinten auf der Achse wohl mehr Last gehabt haben muss.

Oder wie seht ihr das?

Hallo,
jahrzehne fahre ich mehrere Fronttriebler, ohne ESP.

ein Frontantriebler, wenn man mit zu viel Gas in die Kurve fährt, vorne ausbricht.

Ja, war immer so.

zwei Leute, die ein Frontantriebler fahren, gesagt, dass ihnen das Heck weggebrochen sei.

Mit viel Gas in der Kurve? Denk ich nicht. Mit viel Geschwindigkeit in der Kurve und vor Angst oder zum Bremsen Fuss vom Gas genommen? Dann kann das Heck rumkommen.

Fahr mal gedanklich mit nem Frontantrieb auf einer glatten Kreisbahn, Schnee und 20m Kreis. Wenn Du jetzt schnell genug wirst, kannst Du allein mit dem Gasfuss bei etwas mehr Gas vorne den Wagen aus der Kurve nach aussen driften lassen oder mit Gas wegnehmen kommt die Hinterhand nach aussen und das Auto richtet sich zum Kreismittelpunkt aus.
Aber das weiss doch jeder, man uebt doch vor jedem Winter mal ein wenig, damit man dann nicht erschreckt, nur weil mal die Haftung fuer ne halbe Sekunde weg ist.
Gruss Helmut

Hallo,
jahrzehne fahre ich mehrere Fronttriebler, ohne ESP.

ein Frontantriebler, wenn man mit zu viel Gas in die Kurve fährt, vorne ausbricht.

Ja, war immer so.

zwei Leute, die ein Frontantriebler fahren, gesagt, dass ihnen das Heck weggebrochen sei.

Mit viel Gas in der Kurve? Denk ich nicht. Mit viel
Geschwindigkeit in der Kurve und vor Angst oder zum Bremsen
Fuss vom Gas genommen? Dann kann das Heck rumkommen.

Und die Erklärung dafür ist wohl, dass, wenn man das Gas wegnimmt, die Federung hinten weniger Belastung erfährt, weil ja das Drehmoment auf das Auto weg fällt, das die Kraft zwischen Reifen der Antriebsachse und Straße verursacht hat.
Die Federung hinten beschleunigt jetzt das Heck nach oben, dabei nimmt das Heck Fahrt auf. Ist die Feder wieder in der Ausgangslage, dann hat das Heck ja immer noch ein Geschwindigkeit nach oben, hebt die Hinterräder nach oben, so verlieren diese Haftung und das Heck bricht aus.
Ist das eine plausible Erklärung?

Hallo Tim,
du hast das nicht ganz richtig verstanden. Man kann grundsätzlich keine Aussage machen weil es immer auch darauf ankommt, wie die Achsen belastet sind. Also ob hinten auch noch Personen sitzen und wie schwer die sind. Und man spricht nicht von „ausbrechen“ sondern von über- oder untersteuern.

Untersteuern ist wenn ich mein Lenkrad nach links drehe und das Auto trotzdem mit dem Heck nach rechts driftet.
Übersteuern ist wenn ich mein Lenkrad nach links drehe und das Auto mit dem Heck viel mehr nach links dreht.
Das pondon gilt natürlich auch für die andere Seite.

Unter- und Übersteuern ist immer davon abhängig, welche Achse angetrieben wird, also wo das Drehmoment auf die Straße übertragen wird. Frontantriebler haben im allgemeinen einen Vorteil, auch weil sich die größte Last (der Motor) fast über der Vorderachse befindet.

„Hinterächsler“ laden sich deshalb in schneereichen Gebieten im Winter den Kofferraum mit Sandsäcken zu.

Gruß
acuario

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Hallo,
man sagt ja immer, dass ein Frontantriebler, wenn man mit zu
viel Gas in die Kurve fährt, vorne ausbricht. Was ja nach der
Analyse der Kräfte am Rad auch stimmen müsste.
Mir haben jetzt aber schon zwei Leute, die ein Frontantriebler
fahren, gesagt, dass ihnen das Heck weggebrochen sei.

Wichtig ist die Frage, was der Fahrer gerade macht.
Wenn er Gas gibt, wird der Fronttriebler untersteuern. Wenn er aber (abrupt) Gas wegnimmt, wird das Heck leicht und kann ausbrechen.

Es kann ja auch ein Hinterrad auf einen kleinen Eisfleck gekommen sein, oder eine ungeschikcte Lenkbewegung hat das Heck aufschaukeln lassen, oder oder…

Hallo Tim,

einiges ist dazu ja schon gepostet. Möge mein dazu gebener „Senf“ zur Klarstellung eines nicht so ganz einfachen Sachverhaltes beitragen. Ich bemühe mich – trotz aller Komplexität – die Sache halbwegs verständlich herüberzubringen.

Zunächst gehen wir zum Reifen und dem Zusammenhang „Seitenkraft S in Abhängigkeit von der Radlast G“ mit dem Parameter Schräglaufwinkel a (Schlagwort: Reifenkennfeld) . Auf dem Prüfstand werden G und a eingestellt, dann S gemessen… Messergebnisse A1 : S steigt über G (für konstantes a) nicht konstant an, sondern leicht degressiv. A2 : S steigt über a (für konstantes G) ebenso wenig konstant an, auch leicht degressiv.

Gehen wir nun zu einem Einspurmodell (z.B. Motorrad) bei stationärer Kreisfahrt und bilden wir die Momentengleichgewichte B : Danach verteilen sich die Seitenführungskräfte vorne/hinten in demselben Verhältnis wie die statischen Radlasten vorne/hinten.
Führen wir nun A1, A2 und B zusammen erkennen wir, dass der größere Schräglaufwinkel a dort erforderlich ist (bzw sich einstellt) wo die statische Radlast am größten ist.
Sprich : Ist hinten mehr Gewicht, ist auch dort das größere a. Das ist als übersteuerndes Verhalten definiert : aVaH bei mehr Gewicht vorne gilt „untersteuernd“.

Bei einem Zweispurmodell (Auto) gilt das in erster Annäherung genauso. Nur kommt hier noch zusätzlich der Effekt aus der Abstützung des Wankmoment des Aufbaus hinzu. Die kurvenäußeren Räder werden belastet, die kurveninneren entsprechend entlastet. Wie unterschiedlich diese Verlagerungen des Wankmomentes an Vorder- und Hinterachse verteilt sind, das hängt von der sogenannten Drehsteifigkeit an der jeweiligen Achse ab.
Ist eine Achse stärker „drehsteif“ als es ihrer statischen Achslast entspricht, dann wird ihr kurvenäußeres Rad überproportional belastet. D.h. dort steigt der Bedarf an a überproportional, wegen A1 und A2. An der anderen Achse sinkt der Bedarf an a.
Sprich : Erhöhe ich die Drehsteifigkeit z.B. an der Hinterachse (zB per Stabilisator), wird die Charakteristik in Richtung „mehr übersteuernd“ verschoben. Damit kann ein vorderachslastiges Fahrzeug (das nach dem Einspurmodell eigentlich übersteuernd ist) in Richtung „weniger übersteuernd“ ausgelegt werden.

Ein weiterer Aspekt in dieser Sache : All diese schönen Auslegungen müssen noch mit den betriebsbedingten Schwankungen der statischen Achslasten zurecht kommen. Mal sitzt nur der Fahrer alleine drin: vorderachslastig. Einmal im Jahr ist das Auto bis unter die Dachkante beladen, der Kofferraum prall voll : hecklastig.

Alles klar ?

Gruß
Karl