Wie alt (jung) im Alter?

Hallo.
In der Jugend schaut man auf die Alten und glaubt, die denken irgendwie anders.
Im Alter denkt man, wo war jetzt der Knick, wo hast du dich im Denken verändert?
Man hat zwar höhere Erfahrungswerte, aber irgendwie ist man doch immer noch Derselbe. Man sieht sich im Spiegel, man registriert (ärgerlich?) die körperlichen Veränderungen. Mal zwickt es hier, mal zwickt es da, aber die Augen und Empfindungen sind die gleichen geblieben.
Manchmal wundere ich mich über die geringen inneren Änderungen. Ich habe mir das anders vorgestellt. Geht es euch auch so?
mfG
Vanic.

Hi Vanic,
hier möchte ich gerne aus B. Brechts „Geschichten von Herrn Keuner“ (aus dem Gedächtnis) zitieren:
„Herr Keuner begegnete einem alten Bekannten, sie hatten sich lange nicht gesehen. Der Bekannte rief: Mensch K., Du hast Dich aber überhaupt nicht verändert. Und Herr Keuner erbleichte.“

Ich selbst kann keine wirklich richtungsweisenden Änderungen im Laufe der Zeit an mir entdecken. Was ich aber als eine äußerst angenehme Veränderung empfinde ist die Tatsache, dass ich heute viele Dinge einfach gelassener sehe. Auch, dass bestimmt Fragen für mich geklärt und abgeschlossen sind. Ein Gefühl von Sicherheit, das ich als 25jähige nicht kannte.

Gruß,
Anja

Hallo, Vanic,
doch, ich kann schon einige Knicke oder Wendepunkte in meiner Biographie sehen. Punkte, an denen sich der weitere Weg entscheidend änderte. Bei einigen davon bedauere ich die damals getroffene Richtungsentscheidung, bei anderen bin ich darüber froh, die richtige Wahl getroffen zu haben.

Wenig sinnvoll sind allerdings Denkspielchen von der Art „was wäre wenn …“, denn die Entscheidungen bedingen einander sequentiell und hängen daher voneinander ab.

Dazu hatte natürlich auch Eugen Roth eine Meinung:
Reue
Ein Mensch in Reuequalen schrie:
„Oh hätt ich nie, oh hätt ich nie!“
Dann wieder, und gar wilder noch:
„Oh hätt ich doch, oh hätt ich doch!“
Zu spät! Doch oft wie Scherben passen
Zusammen falsches Tun und Lassen!

Ich habe festgestellt, dass meine Wahrnehmung von mir selbst, mein Selbstbild immer eine gewisse Zeit nachhängt und in Etappen „upgedated“ wird. D.h. zwischen 50 und 60 war mein „gefühltes Alter“ etwa gleich. Als ich dann die 60 überschritt, wurde mir diese Tatsache ziemlich plötzlich bewußt. Ziemlich lange hielt sich auch das Selbstbild aus den 30ern, das aber dann mit 45 endgültig aufgegeben werden musste.

Und auch dazu weiss Eugen Roth etwas:
Für Moralisten
Ein Mensch hat eines Tags bedacht,
Was er im Leben falsch gemacht,
Und fleht, genarrt von Selbstvorwürfen,
Gutmachen wieder es zu dürfen.
Die Fee, die zur Verfügung steht,
Wenn sichs, wie hier, um Märchen dreht,
Erlaubt ihm dann auch augenblicks
Die Richtigstellung des Geschicks.
Der Mensch besorgt dies äußerst gründlich,
Merzt alles aus, was dumm und sündlich.
Doch spürt er, dass der saubern Seele
Ihr innerlichstes Wesen fehle,
Und scheußlich gehts ihm auf die Nerven:
Er hat sich nichts mehr vorzuwerfen,
Und niemals wird er wieder jung
Im Schatten der Erinnerung.
Dummheiten, fühlt er, gibts auf Erden
Nur zu dem Zweck, gemacht zu werden.

Grüße
Eckard.

Hallo Vanic,
ich schreibe seit 1968 mal mehr mal weniger regelmäßig in einen Kalender, was passiert ist, was ich getan habe, was ich gedacht habe.
Wenn ich mir dann hin und wieder einen dieser alten Kalender hernehme, muss ich oft den Kopf über mich selber schütteln.

Was hat mich alles bewegt, geärgert, beschäftigt. Was habe ich alles gedacht und diesen Gedanken Bedeutung zugemessen.
Oh nein, ich bereue nichts und ich kritisiere mich auch nicht selbst, es war schon alles ok, aber jetzt aus der Distanz merke ich ganz deutlich wie und wo ich mich verändert habe und manchmal kann ich mich aus heutiger Sicht nicht ganz verstehen.

Grüße
Irene

P.S.: und ich möchte nie mehr von vorne anfangen müssen! Nie die Zeit zurückdrehen!

Hi Anja,Ich komme gerade zurück von einem Besuch bei meinen erwachsenen Kindern.Wir haben zum Wochenende viel philosophiert.Ich muß dir recht geben,in jüngeren Jahren macht man sich viele unnütze Gedanken, heute sehe ich vieles gelassener.Mark Twain hat einmal gesagt: Fast alle Befürchtungen in all meinen Jahren sind nicht eingetroffen.(oder so ähnlich)Das Sicherheitsdenken bei den jüngeren Menschen geht heute immer mehr in die Richtung: Aber wenn…
Gruß Monika

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Hallo Vanic.
Ja, und je älter ich werde, desto mehr merke ich, daß man einiges genauso sensibel erlebt wie in der Jugend. Und ich verstehe natürlich die „ganz alten“ Leutchen noch besser als früher (meine ich jedenfalls), wahrscheinlich, weil ich näher dran bin.
Andererseits -und da stimme ich meinen Vorrednern zu- hat sich auch einiges verändert in meinem Erleben, insbesondere in punkto Gelassenheit. Wenn man Menschen trifft, die einem sympathisch sind, muss man nicht immer gleich was Dolles draus machen, man kann sich einfach dem Lauf der Dinge dabei besser überlassen.
Und an meinen vielen jungen Patienten (ich arbeite gern mit jungfen Leuten) sehe ich, wie sehr man sich doch mit Beziehungs-Streß und Kleinigkeiten aus dem Gleichgewicht hat bringen lassen in der Jugend.
Gruss, Branden

Im Alter denkt man, wo war jetzt der Knick, wo hast du dich im
Denken verändert?

Durch eigene und aufgewungene, vorurteile des alterns…einfach die denkweise…der früheren alten übernommen…jetzt ist eine ganz andere generation der alten!

Man hat zwar höhere Erfahrungswerte, aber irgendwie ist man
doch immer noch Derselbe.

*grins* glaubst du dass wirklich? Du bist immer noch der selbe???nööö
Man sieht sich im Spiegel, man

registriert (ärgerlich?) die körperlichen Veränderungen.

Klar wenn man sich gehen lässt…dann verfällt sogar dein auto ohne service, sogar die küchengeräte werden mehr gewartet, als der eigene köper???Ist es nicht so?

Empfindungen sind die gleichen geblieben.
Manchmal wundere ich mich über die geringen inneren
Änderungen.

Na siehst, die empfindungen sind die gleichen, aber dein kopf sagt dir, du bist alt, hat zipperlein…dass oder das macht man nicht mehr mit…die schranke, die bremse setzt du dir selbst, oder läßt dir die schranke auferlegen…
Ich habe mir das anders vorgestellt.
Anders vorgestellt? Wie denn? Wenn du es dir wirklich anders vorgestellt hast, dann soltest du einmal deine gedanken überprüfen…alles was du dir vorstellst kann sich verwirklichen.

Versuche doch einmal deine lebensumstände zu überdenken…
Schlafgewohnheiten
Ernährung
Vitamine
Sport in richtigen maße
Vorstellung der lebensqualität
Hobbys (fitness, joga, kochkurs, sprachkurs, musikinstrument lernen, sich bei einem chor anmelden und den mut aufbringen mitzumachen, in vorlesungen gehen, konzerte besuchen, ausflüge mit freunden organisieren…)
Freundschaftspflege
Partnerschaftspflege

aber dass hat ja alles mit power zu tun, nichts mit sich hängen, gehen lassen…einfach den alltagstrott überwinden und auch die kleinen fortschritte anerkennen…
Gruß und servus aus wien
Ildisu