Wie aus der Isolation herausholen?

Hallo Freunde des Alters,

wir haben eine Verwandte im Pflegeheim, die - obwohl im früheren Leben sehr kontaktfreudig - sich von allem abkapselt, allein in ihrem Zimmer die Zeit verbringt (auch die Mahlzeiten dort einnimmt) und mit den anderen Heiminsassen keinen Kontakt pflegt (sind ja alle plem plem, alt und krank!). Da die Frau selbst dement ist, kaum sieht und ganz schlecht hört (daher auch kein Radio oder TV) ist natürlich eine Kontaktaufnahme mit ihr mühsam. Durch die selbst gewählte Isolation fühlt sie sich jetzt, nach 1,5 Jahren Heimaufenthalt, natürlich sehr einsam. Ihr wäre am liebsten, einmal am Tag käme eine nette Frau zu ihr auf Besuch, um sich mit ihr eine Stunde lang zu unterhalten! Das ist natürlich ein unerfüllbarer Wunsch. Ich selbts wohne mit meiner Familie 130 km entfernt, daher sind unsere besuche auch nichtsehr häufig. Für das Pflegepersonal ist die Dame natürlich „pflegeleicht“, weil sie übehaupt keine Ansprüche stellt und in Ruhe gelassen werden will. Wir wollen jetzt veranlassen, dass die Verwandte regelmäßig an den Mahlzeiten im Speisesaal teilnimmt, auch wenn es ihr nicht passt, damit sie sich an fremde Menschen gewöhnt und vielleicht doch zu der einen oder anderen Person Zutrauen gewinnt, auch wenn es für sie zunächst Stress bedeutet. Frage: Ist diese „Zwangskontaktierung“ zumutbar und aussichtsreich, oder sollten wir es besser von vornherein unterlassen? Was könnte man noch sonst tun? Die Dame bewohnt ein Einzelzimmer; wäre die Unterbringung in einem Doppelzimmer vielleicht besser?

Danke für Eure Ratschläge

Wolfgang D.

Hallo,

ich hab’s neulich schon in anderem Zusammenhang geschrieben: erkundigt Euch, ob es einen Besuchsdienst (kirchlich/ Nachbarschaftshilfe/ Krankenpflegeverein/ Sozialdienst/…) gibt. Vielleicht ist wenigstens 1mal die Woche (oder so) ein Besuch zu organisieren. Das wär doch was. Vielleicht könnte eine solche Besucherin auch mit der Zeit eine Vernetzung hinkriegen.

Das fände ich besser als zwangsweise Gesellschaft. Ein Doppelzimmer gegen den eigenen Willen und das eigene Bedürfnis stelle ich mir als puren Stress vor: keinerlei Rückzugsmöglichkeit.

Schöne Grüße,

Jule

Hallo,

Ist diese „Zwangskontaktierung“ zumutbar und aussichtsreich,
oder sollten wir es besser von vornherein unterlassen? Was
könnte man noch sonst tun? Die Dame bewohnt ein Einzelzimmer;
wäre die Unterbringung in einem Doppelzimmer vielleicht
besser?

Die freie Willensentscheidung und Selbstbestimmung ist ein sehr sehr wichtiges Gut. Gerade im Alter und besonders im Altenheim.

Wenn die Dame dies einfach nicht will, also auch gutes Zureden nichts nutzt, wird man wohl nicht machen können, auch wenn es noch so schmerzt.

Besser fände ich da die Lösung, für sie jemanden zu engagieren, der ihr regelmäßig Besuche abstattet. Bei uns gibt es eine Nachbarschaftshilfe, die die Bürger ehrenamtlich erbringen. Ansonsten gäbe es ja vielleicht auch die Möglichkeit, jemanden dafür zu bezahlen, oder über eine Art Kontaktanzeige jemanden zu finden, der auch neue Leute kennen lernen möchte.

Wenn betreffende Dame vielleicht sogar ein besonderes Interessensgebiet hatte, könnte man auch daran anknüpfen.

Agnes

Hallo Wolfgang

ich finde eure Ideen wie das zwangsweise Essen in Gesellschaft und ein doppelzimmer nicht gut. Mag sein, dass die frau die dinge nur noch begrenzt mitbekommt, dennoch ist sie ein erwachsener mensch und ich finde es demuetigend, diesbzgl. mit ihr wie mit einem kind umzugehen. wahrscheinlich hat sie ihr leben gelebt und vollbringt nun ihren lebensabend. wieso also muss sie lernen, in gesellschaft zu essen? um das ganze ein bisschen abzuschwaechen koennte man aber sagen „jeden montag und donnerstag“ oder so…

auch die idee mit dem doppelzimmer finde ich furchtbar (waere ja offensichtlich nicht aus finanziellen gruenden heraus).

die idee mit dem besuchsdienst ist super, waere toll wenn das klappt. sie hat ja damit geauessert, wie sie sich das herauskommen aus der isolation vorstellt.

Hallo spruengelchen,

wir sind ja ganz auf Deiner Wellenlänge. Wir haben lernen müssen, dass durch Demenz und ander Alterserscheinungen die betreffende Person sich selbst entmündigt und für sich nicht mehr entscheiden kann, als Betreuer sehe ich mich verpflichtet, ihr zu helfen. Das Problem ist, dass die Dame wirklich unter Einsamkeit und Isolation leidet und es auch artikuliert. In dem Pflegeheim wird täglich ein Programm geboten (Singen, Turnen, Basteln, Vorträge, Gesprächsrunden), aber die Schwellenangst ist übergross. Dazu kommt, dass sie stets einen Heimaufenthalt abgelehnt hat, wegen eines Schlaganfalls ist er nun unausweichlich geworden, trotzdem lehnt sie das Heim mit seinem Angebot komplett ab bzw. schwärmt von anderen Heimen in der Umgebung von denen sie per Zufall hörte (nach dem Motto: bleiben möcht ich, wo ich nie gewesen bin). Eigenartigerweise blüht sie bei Anwesenheit bestimmter Personen richtig auf. Uns widerstrebt es auch, sie zu ihrem Glück zu zwingen, wir sehen es eher als eine Möglichkeit an, ihr eine Chance zu vermitteln, wenn auch mit etwas Nachhilfe.

Wolfgang D.

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]