Wie behandle ich traumatisierte katze

Hallo,
ich habe aus dem Tierheim eine schwer traumatisierte (und inzwischen auch schon ein Jahr hospitalisierte) Katze geholt mit dem Vorsatz, ihr Schicksal etwas zu lindern. Seit Anfang, also seit drei Tagen, hockt sie unbewegt in einem versteckten Winkel, hat ansonsten nur einmal sehr wenig gefressen und einmal ins Katzenklo gepisst. Sonstige Liege- und Klettergelegenheiten nicht genutzt. Weil das auf die Dauer nicht gut für die Gesundheit ist, sinne ich nach für sie absolut stressfreien Tricks, sie etwas zu aktivieren. Das Tierheim sagt, die Katze werde nie mehr in ihrem Leben einen Menschen heranlassen. Ein anderer Experte riet mir, mich eine Zeitlang konsequent fernzuhalten. Falls jemand Erfahrungen mit solchen Extremfällen hat - ich bitte um ein wenig Beistand!

Ein anderer Experte riet mir, mich eine
Zeitlang konsequent fernzuhalten. Falls jemand Erfahrungen mit
solchen Extremfällen hat - ich bitte um ein wenig Beistand!

Hi

Also mal ganz ehrlich, logisch klingt das nicht. Wie soll die Katze lernen, dass du ihr nichts tust, wenn du n Monat nich da bist und dann plötzlich kommt das böse Menschenmonster wieder herein?

Nicht falsch verstehen, du sollst sie nicht bedrängen oder sie da aus ihrem Versteck herauszwingen. Aber verhalte dich normal. Vielleicht versteht die Katze irgendwann, dass ihr nichts passiert. Aber sie muss die Schritte bestimmen können, die sie sich traut.

Grüße

Laralinda

Hallo,

ich habe sehr viel mit Tierheimkatzen zu tun und habe selbst schon scheue, halbwilde Katzen bei mir aufgenommen. Ein Fortschritt ist oft erst nach Wochen zu sehen.
Wichtig ist, dass der aufnehmende Haushalt sehr ruhig ist (also zumindest in den ersten Wochen keine Parties, keine wuseligen Kinder, wenig Besuch, keine Renovierungsarbeiten usw.). Hilfreich ist es, wenn die Katze nachts mit ins Schlafzimmer darf. Denn dann kann sie sich unbemerkt dem Menschen nähern und ihn evtl. auch mal beschnuppern und muss keine Angst haben, dass er irgendwas macht.
Ansonsten gilt: Die Katze nicht bedrängen, auf keinen Fall unter dem Sofa hervorziehen. Man kann sich aber gerne eine Zeitlang in die Nähe setzen und ruhig mit ihr reden, ihr evtl auch laut etwas vorlesen (es kommt nur darauf an, dass sie eine ruhige Stimme hört). Ob man sie streichelt oder nicht, kommt auf den Einzelfall an. Manche Katzen entspannen sich, wenn sie eine Weile am Kopf gekrault werden. Wenn die Katze aber bei der kleinsten Berührung schon zurückzuckt, würde ich sie nicht anfassen, bis sie irgendwann hervorgekommen ist, also etwas mutiger ist.
Man sollte die Katze aber durchaus auch mal stundenweise allein lassen. Denn eine sehr ängstliche Katze traut sich nur dann ans Futter oder aufs Katzenklo, wenn kein Mensch in der Nähe ist.
Viele Grüße
C.Sandner

Hallo,

ich kann nur das vorige Posting bestätigen: 3 Tage sind nichts. Verhalte Dich normal, meide allerdings laute Musik, Lärm allgemein und viel Besuch. Setze Dich ins Zimmer, in dem die Katze ist, auf den Boden und sprich leise mit ihr, ohne sie anzusehen. Lasse sie aber auch mal in Ruhe. Es ist sogar gut, wenn sie gelegentlich allein in der Wohnung ist, weil sie dann ungestört fressen und das Klo aufsuchen kann.

Wenn die Katze nicht auf Menschen geprägt ist, wird sie durch Fernhalten sicher nicht den WUnsch nach Zuwendung entwickeln, den Tipp kannst Du vergessen. Sei einfach unaufdringlich da und lass die Katze kommen. Das wird Monate oder auch Jahre dauern.

Die Sache mit dem Trauma, ist das eine Tatsache oder ein geratenes Tierschutz-Märchen? Weil, wenn die Katze erfolgreich auf Menschen geprägt ist, hast Du trotz Trauma viel größere Erfolgschancen als bei einer Katze, die als Jungtier keinen Menschenkontakt hatte - die werden fast nie richtig zahm, auch wenn ihnen nie etwas Böses getan wurde. Meine von Kindern gequälte und dann in der Wohnung verlassene „Traumakatze“ war schon nach wenigen Monaten super zutraulich, wogegen meine erst mit 5 Monaten eingefangenen Kater dafür Jahre brauchten und sich niemals hochheben ließen.

Gruß,

Myriam

Guten Tag.

Das Tierheim sagt, die Katze werde nie mehr in ihrem Leben einen
Menschen heranlassen. Ein anderer Experte riet mir, mich eine
Zeitlang konsequent fernzuhalten.

Ich halte beides für falsch. Zuerst das einfacher zu Widerlegende: Wenn du dich von der Katze fernhältst, wird sie logischerweise weder deine Körper- noch sonstige Sprache, aber vor allem auch deinen Geruch, nie als normalen, ungefährlichen Bestandteil ihres Lebens ansehen können. Dann wird sie tatsächlich immer misstrauisch und scheu dir gegenüber bleiben.

Und die Aussage des Tierheims würde ich nur gelten lassen, wenn die Katze von Haus aus nicht auf Menschen geprägt wurde, d.h. halb- bis dreiviertelwild aufwuchs und obendrein ausschließlich schlechte Erfahrungen gemacht hätte.

Wichtig ist jetzt vor allem, dass du der Katze eine möglichst störungsfreie Umgebung bietest; dazu gehören die Tips hinsichtlich Musik (überhaupt laute Geräusche!) und Betrieb in dem Teil der Wohnung, in dem sie sich normalerweise aufhält. Letzteres heißt auch: nicht zu viele Personen in der Umgebung der Katze, am besten nur du; aber das hängt natürlich auch von deinen Wohnverhältnissen ab.

Katze muss und wird lernen, dass du zwar in ihrem Territorium bist, aber keine Gefahr für sie darstellst. Sie wird die Geräusche, die du beim Gehen und Sprechen machst, einordnen und deinen Geruch als etwas akzeptieren, das zu ihrem Revier gehört. Wenn du dann ab und zu mal ein getragenes Wäschestück in ihrem Zimmer liegen lässt, um so besser - das kann sie dann in deiner Abwesenheit in Ruhe untersuchen und den Geruch als ungefährlich und normal einstufen lernen.

Da du nun ständig so riechst wie deine Wäsche, assoziiert die Katze auch mit dir irgendwann „Ungefährlich“. Da du aber deine Beute mit ihr teilst, wird sie, wenn nicht sofort Freundschaft, so doch nähere Bekanntschaft mit dir anstreben. Nun weiß man natürlich nicht, was im Einzelnen der Katze zugestoßen ist - sie könnte also auf bestimmte menschliche Bewegungen, Gesten, Geräusche schreckhaft reagieren. Deshalb vermute ich, wie auch schon geäußert wurde, dass die ersten Annäherungsversuche stattfinden werden, wenn du schläfst bzw. ruhst. Das Wichtigste ist in dieser Phase, keinesfalls zu erschrecken, wenn Tiger light tatsächlich auf Tuchfühlung geht, und auch nicht sofort mit Kampfbeschmusung anzufangen, bloß weil sich Mieze mal an deinen Knöcheln gerieben hat …

Jetzt wäre die Zeit gekommen, mit der Katze aktiv zu kommunizieren, indem man sie verhalten anspricht und, beispielsweise beim Füttern, auch anfängt, sie an die typischen Locklaute zu gewöhnen. Wenn sie „Miez, miez“ schon kennt, wird sie auch bald antworten. Es dauert dann nicht mehr ganz so lange, bis sie auch von selbst anfängt zu schnuddeln …

Jetzt seid ihr soweit, dass sie kommt, wenn es was zu fressen gibt, und sie wird dir auch schon um die Beine streichen - geht sie dann auch auf deine Hand zu und reibt sich dran, habt ihr gewonnen.

Ob sie so zutraulich wird, dass sie bspw. auf den Schoß hüpft, ist natürlich nicht zuverlässig zu beurteilen; ich glaube aber, dass ihr auf dem Weg, den ich oben skizzor, ganz gute Chancen habt. Denn Traumatisierung hin oder her: Katzen sind schon sehr lange domestizoren und bringen latent die Bereitschaft mit, sich freiwillig an Menschen anzuschließen. In diesem Sinne : *rrrrrrr*

Gruß Eillicht zu Vensre

Hallo Buma,

Meine dritte Katze ist aus dem Tierschutz, und hat bei der Pflegestelle 2 Wochen hinter der Waschmaschine gelebt bis sie sich überhaupt mal blicken lassen hat.

Als ich sie dann aufnahm, hieß es, sie ist scheu, maunzt nie, spielt aber gern mit anderen Katzen.

Bei uns dann war sie nur zwei Tage nicht zu sehen, dann schaute sie schon vorsichtig.

Ich ignorierte sie zu 90% weg, sprach nur zu ihr und spielte mit den anderen. Da sie gerne spielt, konnte ihre Angst nicht lange ihren Spieldrang unterdrücken. :wink:

Was die Frau vom Tierschutz und mich am meisten zum lachen gebracht hat, dass die Kleine Maus nun immer maunzend vor mir steht!
Nix mit ruhig und so *Gg*

Also geb Dir sehr viel Geduld und Ausdauer, meine ist nun zwar auch nicht die Schmusigste, aber immerhin lässt sie sich anfassen und schläft auch mal neben einen auf der Couch oder im Bett.

Ich drücke die Daumen!!

LG
Wölkchen

Danke, euch allen, es war für mich wie am Köpfchen gekrault werden und machte Mut. Ich möchte gerne Nachricht geben von der neuesten Entwicklung. Wenn ich einige Stunden aus dem Haus bin, geht sie aufs Klo und frißt inzwischen, wenn auch nicht das Gute, sondern nur Dosenfutter. Sie hat sogar inzwischen den vorgesehenen Dauerlauerposten unter der Zimmerdecke bezogen. Wenn ich kurz im Zimmer bin, macht sie sich unsichtbar. Für einen Tag war das Fernhalten ein guter Tip, aber inzwischen möchte ich die allgemeine Meinung annehmen. Das mit dem Geruch ist eine gute Idee. Es ist tatsächlich mein früheres Schlafzimmer mit Klamotten drin. Und alles sehr ruhig, weil meine LAG ausgezogen ist (und damit hängt die ganze Aktion zusammen). Das mit der Prägung heißt, dass Zutraulichkeit kein Gradmesser für Glücklichkeit ist. Mit meinem vorigen Kater hatte ich viel Glück, der war gleichzeitig wild und zutraulich, aber den haben die Nachbarn nach mehreren vergeblichen Versuchen liqudiert. However, wenn ichs mal wieder brauch, komm ich noch mal.