Hallo Leute,
ich habe schon vor ein paar Jahren bei einer Firma im großen Ärger gekündigt. Die Sache ist also längst passé, läuft mir aber machmal in Gedanken hinterher, weswegen ich mal gerne hier die Meinung von anderen hören würden, um die Sache dann endlich los zu werden. Ich habe damals bis zum letzten Arbeitstag meine Klappe gehalten um mir nicht das Zeugnis zu vermiesen. Soweit so gut. War vielleicht etwas feige, aber bei dem ganzen jahrelangen Druck eine sachlich Gegendarstellung hinzulegen ohne im Geringsten die Beherrschung zu verlieren, habe ich für zu riskant gehalten. Und ich glaube ich hätte die Beherrschung irgendwann verloren … Ich frage mich aber, ob ich das ganze hätte gescheiter machen können, so dass ich nicht einfach komplett die Klappe halte und den ganzen Ärger mit mir mitnehme, sondern jemand erzählt hätte, was da so läuft. Dann hätte die Firma auch eine Chance gehabt sich zu verbessern und ich würde weniger Ärger mit mir rumschleppen.
Auslöser war damals eine für meine Begriffe idiotische Mitarbeiterbewertung. Mir wurde einfach eine Liste von Beschwerden vorgelesen und am Schluss durfte ich mich noch äußern. Die ganze Zeit hat er ein Gesicht wie 1000 Tage Regenwetter gezogen, „im nä Jahr würde mir der Bonus gestrichen“, „im Prinzip würde er mich ja gerne behalten wollen“, „der Eindruck sei ambivalent“. Leider ist es so, dass dieser Chef überhaupt nie in der Abteilung nach dem Rechten schaut. Er reagiert nur auf Beschwerden. Er kann überhaupt nicht wissen, was es für Probleme gibt. Anstatt mich mal anzusprechen und zu fragen was da los ist, wurden alle Beschwerden übers Jahr gesammelt und mir im Mitarbeitergespräch an den Kopf geworfen. Er hätte immer noch am Anfang des jährlichen Mitarbeitergesprächs fragen können was da los. Ich habe nicht einmal das bisschen Vertrauen bekommen, sondern musste mir gleich alles mögliche anhören. Und das obwohl er genau weiß, dass die letzten beiden Software-Projekte nie fertig geworden wären, wenn ich nicht 3/4 der gesamten Anwendung entwickelte hätte, weil die anderen stinkfaul oder komplett inkompetent sind oder beides (in die IT abgeschobene Bänker, die von Software überhaupt nichts verstehen).
Ich habe meinem Chef als Kündigungsgrund eine unverfängliche erfundene Geschicht erzählt (tolles Angebot, das man nicht ablehnmen kann und sowas). Das Mitarbeitergespräch war einfach der letzte Tropfen. Der eigentliche Grund waren die rentenabwartende egalitäre Arbeitseinstellung der Leute und ein fachlich katastrophales Niveau. Ich bin seit 20 Jahren in dem Beruf und ich kann das wirklich mit anderen Firmen vergleichen (auch Banken). Der Personalchef, der wissen wollte warum ich gekündigt habe, hat mir die Geschichte nicht abgekauft, und weitergebohrt. Ich habe ihm dann gesagt, dass ich mit der Mitarbeiterbewertung nicht einverstanden sei. Er hatte zugesagt es nicht gleich meinem Chef weiterzusagen. Schon nach kurzer Zeit war ich dann aus dem aktuellen Projekt draußen ohne dass mir was mitgeteilt wurde. Ich bemerkte nur, dass ich keine Mails mehr bekomme, dass meine Anwesenheit bei Projekt-Sitzungen zu Verlegenheit führte und dass ich in ein anderes Büro umziehen solle. Am letzten Arbeitstag verabschiedete sich mein Chef ohne mir die Hand geben zu wollen (er sei in einer langen Besprechung und die Tür würde zu bleiben). Zum Glück habe ich dem Personalchef sonst nichts gesagt. Ich will nicht wissen wie es dann weitergegangen wäre.
Eigentlich ist mir dieser Chef egal. Was mich ärgert ist am Schluss der große Verlierer gewesen zu sein. Bin ich zwar nicht, ich kann problemlos künden und eine neue Stelle kriegen. Meine Arbeit macht wieder Spaß und ich habe gute und nette Kollegen wie in den 16 Jahren vor dieser Bank auch. Die anderen haben auf dem Arbeitsmarkt dagegen keine Chance. Nach 10-20 Jahren rentanbwartendem Nichtstun haben sie den Anschluss in der IT komplett verloren. Aber das hämische Grinsen von Leuten, die mit falschen Tatsachen operiert haben, ärgert mich sehr. Aufwand von 30 PT als erledigt ausgewiesen und sie hätten das gemacht. Damit es nicht auffliegt, habe ich die Software-Komponenten schnell in Überstunden entwickelt. Ich dachte damals diese Leute würden nur flunkern, weil sie Angst hätten es nicht bis zur Rente zu schaffen. Es gab damals einen großen Stellenabbau wegen mehreren Jahren mit Verlusten. Erst später fiel mir auf wie routiniert und total cool sie sich einfach ausweisen als die Leute, die das gemacht hätten. Dann hatte ich ständig gegen Widerstände zu kämpfen, weil diese Leute die maßgebenden Figuren sein wollten. Und sie konnten wirklich nicht einmal die einfachsten Sachen programmieren, wenn ich es ihnen nicht gezeigt habe. Okay, es war auch meine Schuld bei den Bewerbungsgesprächen das schlechte Niveau nicht erkannt zu haben. Wochenlang „nur so kann man es machen“, „nur so ist es richtig“, „es gibt keinen anderen Weg“, „nur so ist es richtig“ und dann mache ich es mal halt, damit im Projekt mal kein Ärger ist. Bei der Abnahme der Software denkt der Kunde nicht einen Moment nach und sagt, dass man es so nicht machen könne. Teile der Software dann etwa einen Monat lang komplett umgeschrieben. Das ist diesem Typ nicht irgendwie peinlich. Er hätte nur diese Leute kurz fragen brauchen, ob sie das als richtig ansehen, was er sich da ausgedacht hat. Es geht einfach genauso weiter „nur so kann man es machen“, „nur so ist es richtig“, „es gibt keinen anderen Weg“ bis einem der Nerv ausgeht und es so gemacht wird. Dann geht dieser Typ zum Chef und behauptet es sei so gemacht worden wie er es hat wollen und damit sei er faktisch der Entwicklungs-Chef, obwohl er nicht mal was einfaches ohne meine Hilfe programmieren kann. Und Software entwickeln ist schon ein bisschen mehr als einfach was programmieren können. Schon krankhaft.
Ich habe mir im Nachhinein ein kleines Projekt-Gedächtnis-Protokoll geschrieben, was da alles gelaufen ist. Wer wann gelogen hat, wer dabei war und es bestätigen kann. Wie das Filibuster-Vorgehen funktioniert, damit niemand sonst zu Wort kommt, etc. Sowas hätte ich in verdauliche Form gepackt dem Abteilungschef abgeben sollen. Jetzt ist es natürlich zu spät. Aber ehrlich gesagt weiß ich nicht, was passiert wäre. Der Kerl wäre vielleicht ausgerastet. „Sie machen einen ambivalenten Eindruck“ wäre dann wahrscheinlich noch harmlos gewesen. Vielleicht war es wirklich das Beste einfach zu kündigen und zu gehen. Vielleicht hätte ich dieses Projekt-Gedächtnis-Protokoll nachdem ich mein Zeugnis bekommen habe dem Personalchef geschickt oder dem IT-Leiter. Das ist ehrlich das Beste, was mir einfällt. Ich wüsste zu gerne wie man mit so einer Situation richtig umgeht. Vielleicht kann mir das ein Profi da draußen verklickern. Da wäre ich froh.
Vielen Dank. Wer das alles gelesen hat, ist wirklich ein Schatz .
Grüße, Oliver H.