Maßnahmen ohne Rücksicht auf die Baukonstruktion
Hallo!
Bei mir sah es so aus, als hätte man beim Hausbau erstmal
Gräben für die Grundmauern ausgehoben, dann mit so einer Art
Mörtel, was auch immer das war, also Zement war da wohl kaum
drin, und unregelmäßigen Schiefersteinen dann sowas wie eine
Grundmauer erstellt hat.
Bei Konstruktionen der beschriebenen Art kann man von Mauer im handwerklichen Sinn nicht reden. Ein stabilisierender Steinverband sowie jeglicher Schutz vor Feuchtigkeit fehlen. In die ausgehobenen Gräben wurde geschüttet, was zur Verfügung stand, Natursteinbrocken aus der Region, Mauersteinbruch aus Abbrüchen, Bindemittel dazu, festgestampft, fertig. Eine wie auch immer geartete Abdichtung gegen Feuchtigkeit war bei der Bauweise weder möglich noch erforderlich.
Solche Konstruktionen meinte ich mit dem letzten Satz meines Beitrags. Wo ein Steinverband von vornherein fehlt und das umgebende Erdreich stabilisierender Teil der Konstruktion ist, darf man nichts bedenkenlos freilegen. Die Bauweise war nie als von alleine stabil stehende Mauer gedacht, ist eher vergleichbar mit dem Schotterbett einer Straße.
Natürlich sollte man auch nicht bedenkenlos zum Spaten greifen, wenn ein Haus sichtbar aus der Form geraten ist, sich zentimeterbreite Risse durchs Gemäuer ziehen und sich einzelne Mauern schon zur Seite neigen. In solchen Fällen hat man aber i. a. andere Sorgen als Feuchtigkeit im Keller.
Stellenweise Durchwurzelung und stellenweise Feuchtigkeits- und Frostschäden gemauerter Kellerwände berühren die Standfestigkeit eines Hauses nicht und lassen sich mit überschaubarem Aufwand instand setzen. Einsturzgefahr nur feuchter und partiell geschädigter Wände besteht durch Freilegen des Gemäuers (also handwerklich hergestellter Mauerwerksverband) nicht. Vor einer Sanierung sollte man auf Folgeschäden dauerhafter Feuchtigkeit achten, z. B. verrottete oder pilzbefallene Balken.
Die auf Schüttungen in Gräben stehenden Konstruktionen waren hinsichtlich Feuchtigkeit in den oberirdischen Geschossen vertretbar, boten aber keinen brauchbaren Keller. So findet man Häuser, bei denen die erdberührten Teile aus in Gräben geschüttetem Bruchkram bestehen, oberhalb der Erdoberfläche handwerklich sauber verarbeiteter Naturstein und die bewohnten Geschosse in Holzfachwerk und/oder als Gemäuer. Die erdberührte Gründung war zwar feucht, aber so lange die Papp- oder Blechlage unterhalb des bewohnten Gebäudeteils intakt ist und niemand auf die Idee kommt, einen Keller haben zu wollen, ist alles gut.
Nach der bei mir vorhandenen (ziemlich umfangreichen) Literatur von Baukonstruktion ab etwa Mitte des 19. Jahrhunderts galten detaillierte Vorschriften zu Gründungen und Abdichtungen auch schon vor 150 Jahren. Die Schaffung nutzbarer Keller aus Schüttungen dubiosen Materials unbekannter Dichte war demnach zu keinem Zeitpunkt vorgesehen. Keller hatten aus Naturstein oder Ziegeln in handwerksgerechtem Verband gemauert zu sein und natürlich war auch Schutz vor Feuchtigkeit zu berücksichtigen - natürlich in den Grenzen der früher zur Verfügung stehenden Mittel. Wenn es nicht um Keller geht, ist gegen die Schachtung von Gräben und deren Verfüllung, um ein Haus darauf zu bauen, nichts einzuwenden.
Soll heißen: Die Unterkellerung durch Entfernen des Erdreichs zwischen den verfüllten Gräben entstand entweder entgegen geltender Vorschriften oder wurde irgendwann nachträglich durchgeführt. In jedem Fall wurden aber Möglichkeiten und Grenzen der Konstruktionsweise ignoriert. Möglich und üblich war ein Teilkeller, aber nicht das Freilegen der gesamten Grabenschüttung für einen Vollkeller.
Daraus wiederum folgt für den Umgang mit solchen Häusern: Dort ist nichts zur Trockenlegung freizugraben. Oberhalb der Geländeoberfläche ist für eine intakte horizontale Feuchtigkeitssperre zu sorgen und fertig. Es gibt einen Kriechkeller, aber keinen nutzbaren Vollkeller und schon gar keinen zuverlässig trockenen Keller. Wer solche als Keller ungeeignete Konstruktion zwecks Abdichtung freilegt, geht ein hohes Risiko ein.
Man kann so ein ursprünglich dafür nicht vorgesehenes Haus vollständig unterkellern. Das ist durch abschnittsweises Unterfangen und Einbau eines neuen Fundaments samt Kellerwänden machbar, ist aber im Regelfall für gewöhnliche Wohnhäuser untragbar teuer. Abriss und Neubau ist dann wirtschaftlicher.
Jedenfalls musste ich bei der Aufgrab-Aktion höllisch
aufpassen, dass ich nicht die mehr oder weniger losen Steine
rausreise, und mir die Bude einstürzt. Ich hab da immer blos 5
Meter aufgegraben, dann die nächste Ecke, dann wieder 5 Meter
usw. War ganz schön schwierig, da auch mit der Drainage das
Gefälle hinzubekommen.
Ich bin ehrlich gesagt heilfroh, dass ich das überlebt hab,
und das Haus noch steht.
Du hast Glück gehabt, weil die Vorgehensweise nicht der Konstruktion des Hauses und seiner Gründung entsprach. Hättest Du vorher einen Statiker gefragt, hätte er Dir dringend von der Arbeit abgeraten und den Einbau einer horizontalen Feuchtigkeitssperre unterhalb des bewohnten Geschosses vorgeschlagen. Er hätte dazu geraten, Oberflächenwasser vom Haus möglichst fern zu halten, mit einem Teilkeller eingeschränkter Nutzbarkeit zufrieden zu sein und bei Bedarf auf andere Weise auf Deinem Grundstück für zusätzlichen Raum zu sorgen.
Was Du nämlich freigelegt hast, waren gar keine Kellerwände, sondern ein nur zusammen mit dem umgebenden Erdreich brauchbares Fundament.
Gruß
Wolfgang