Wie finden Viren eigentlich ihren Zellrezeptor?

Hallo liebe Leute,

Viren sind ja, falls ich sie mir richtig vorstelle, einfach eine ‚tote‘ Hülle mit chemischen Rezeptoren aussen dran, und dna/rna innen drin. Wie schaffen die es dann eigentlich, an ihr Ziel zu gelangen? Also ,wenn ich jetzt zb einen Virus einatme, dann fliegt der doch wie ein Tumbleweed in mir durch die Gegend. Wie kommt es dann dazu, dass er mit seinem Schlüssel ohne jegliche Eigennavigation direkt passend an das Schloss einer Zelle gelangt?

Um mein Verständnisproblem zu versinnbildlichen: Wenn ich jetzt mehrere Schlüssel an einen Ball binden, und diesen blind in meinen Hausflur werfen würde, wie wahrscheinlich wäre es da bitte, dass er genau mit dem passendem Schlüssel im Schloss an der Türe eines Nachbarn hängen bleiben würde?

Und wenn er dann einmal dort ist, wie kriegt er dann sein Erbmaterial auch noch in den Zellkern? Weil ich nehme mal an, die Zelle kommt nicht ganz von alleine auf die Idee, dass frei herumschwimmendes Erbmaterial jetzt unbedingt als Ersatz in den eigenen Zellkern gehört, oder? Wieso also verdaut sie es nicht einfach?

Ich bedanke mich im voraus für Eure Antworten, bitte aber darum, zu beachten, dass ich ken Chemiker oder Biologe bin, und daher mit komplexen Formeln nicht viel anfangen kann. :slight_smile:

Ich würde sagen, etwas Zufall ist bei der Geschichte schon dabei. Das Infektionsrisiko ist deswegen ja auch von der Menge der Viren abhängig.

Das Prinzip eines Rezeptors und der Zahl von Versuchen. Es geht jeweils um Milliarden von Viren die irgendwann doch eine Chance haben auf einer geeigneten Schleimhaut zu landen. Ein symbolisches Beispiel: Ausbreitung von Neophyten: Ein Auto fährt über eine Stelle wo sich Samen von Pflanzen befinden, die eingeschleppt wurden. Im Reifenprofil klemmen sich diejenigen Samenkörner ein, die in die Rillen des Reifens genau passen (Rezeptor) und sich festklemmen. Sie werden über weite Strecken transportiert und rutschen z.B. raus, wenn der Reifen durch eine Wasserpfütze fährt.
Zurück zum Virus. Wenn eine geeignete Andockstelle erreicht ist, sorgen die Enzyme auf der Virusoberfläche für den chemischen Angriff auf die Zellmembran. Dazu ist Feuchtigkeit nötig. Ohne Wasser keine Enzymreaktion. In der menschlichen Zelle angekommen, sorgt dann der Zellstoffwechsel für die Vermehrung des Virus. Die Zelle betätigt sich sozusagen nach dem Prinzip des „nützlichen Idioten“ (Lenin) um ihren eigenen Untergang einzuleiten.
Udo Becker

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Vielen Dank für die sehr gut vorstellbare Antwort, vor allem das Mengenverhältnis ist gut nachvollziehbar. Viren sind also demnach keine ‚Zielsuchraketen‘ sondern es entstehen einfach so viele von ihnen, dass irgendeine davon fast schon zwangsläufig treffen muss.

Was ich nun allerdings noch nicht verstanden habe ist, wieso die Zelle in dem Moment, wo das Virus es geschafft hat, seine dns in sie einzuschleusen, anfängt, Viren zu produzieren - denn dann ist das Erbgut ja nicht direkt im Zellkern, sondern erstmal frei schwebend in der Zelle selbst. Und selbst wenn es direkt im Zellkern landen würde (wie auch immer) so müsste es dort ja noch irgendwie die dns aufschneiden, und sich da selbst reinpacken.

Vielleicht kann diese Animation (ab Min. 2:10) weiterhelfen: https://www.youtube.com/watch?v=5DGwOJXSxqg

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