Hallo Meenzer,
Doch, unsere Staatsverschuldung steigt exponentiell
und damit direkt verbunden die gesamt verfügbare
Geldmenge… Nur, warum haben wir komischerweise
immer weniger in unserem Geldbeutel und
einige wenige immer mehr?
Warum wachsen unsere Staatsschulden immer mehr?
das liegt daran, dass wir einen Mindest"lohn" für Kapitaleinkünfte haben, genau genommen einen Mindestzins. Zentralbankgeld ist nominal mit 0% verzinst, real also mit der invertierten Inflationsrate. Nun ist aber dummerweise in Zeiten der Rezession die Inflation sehr niedrig, gar 0% (wie z.B. von Herbst 2008 bis Herbst 2009) oder gar negativ (=> Deflation). Bei Deflation wäre der Realzins auf Zentralbankgeld sogar positiv!
Für das Finanzkapitalangebot ist aber Zentralbankgeld (alternativ möglichst nah dran, wie Giralgeld, Tagegeld etc.) ein Substitutionsgut, eben mit einem in Rezessionszeiten nach unten gedeckelten Zins von ca. 0%.
Ich zitiere hierzu den Geldtheoretiker Prof. Dr. Otmar Issing aus seinem Standardwerk “Einführung in die Geldtheorie” (14. Auflage), Seite 105:
“In Zeiten des konjunkturellen Abschwungs und extrem pessimistischer Erwartungen kann es folglich sein, dass es keinen positiven Zinssatz gibt, bei dem Angebot und Nachfrage nach Ersparnissen zum Ausgleich kommen. Das Sparen führt dann also zu einem teilweisen Nachfrageausfall, der Kreislauf gerät in einen Schrumpfungsprozess …“
Und auf Seite 284:
“Die besonderen Schwierigkeiten für die Geldpolüberhöhten Angebotitik liegen darin, dass sie ihre Zinsen höchstens bis auf Null reduzieren kann (Null-Grenze) (siehe Abschnitt 11). Vorschläge, diese Grenze für den Nominalzins durch eine Art Steuer auf das Halten von Geld aufzuheben, sind kaum praktikabel… [warum nicht, erläutert er leider nicht]
Solange mit dem Bargeld ein liquides, risikoloses alternatives Aktivum zur Verfügung steht, kann der Nominalzins nicht unter Null sinken – die Anleger würden Aktiva mit negativer Verzinsung meiden und Bargeld halten.“
Warum wird jedes Jahr versprochen, die Netto-Neu-Verschuldung
wird gesenkt und es passiert doch nicht?
Wenn der Staat Mindestpreise festsetzt (wie indirekt hier beim Zins), führt das automatisch zu einem Angebotsüberhang (hier ist jetzt der Kreditmarkt gemeint, nicht der Gütermarkt wie oben beim „Nachfrageausfall“). Beim Kreditmarkt kommt verschärfend hinzu, dass die Summe aller Geldschulden immer die Summe aller Geldforderungen ist (zumindest weltweit), die Geldforderungen aber (auch durch früher festgesetzte Zinsen) noch wachsen - und damit auch die Schulden. Damit steigt zwar auch der Bedarf nach Kredit, nicht aber die Zahlungsfähigkeit der Schuldner (im Gegegenteil), also die Nachfrage steigt nicht automatisch mit.
Die sich zwischen Angebotsmenge und Nachfragemenge auftuende Lücke muss nun der Staat füllen, d.h. Kredit nehmen (alternative Lösungen für Mindestpreise wie gesetzliche Limitierung des Sparvolumens sind hier eher weniger praktikabel).
Warum wird jedes Jahr erzählt, wir müssten sparen,
doch in echt wird nichts gespart, es werden immer
mehr öffentliche Mittel gekürzt?
Weil sie an ewiges Wachstum glauben. Durch ewiges BIP-Wachstum nämlich könnte das Zinsniveau positiv - und damit oberhalb der o.g. ca. 0%-Grenze gehalten werden. Zudem haben wir tendenziell bei BIP-Wachstum auch etwas Inflation und damit ist der Realzins auf Zentralbankgeld eben sogar negativ, so dass auch (real) negative Kreditzinsniveaus realisierbar wären (die man dummerweise genau dann gar nicht braucht).
(Achtung: Es geht um den Anlagezins, nicht den Zins, den der Kreditnehmer zahlt, denn darin ist z.B. insbesondere auch die Risikoprämie noch enthalten.)
Was ist das Bankgeheimnis?
Das Bankgeheimnis hat damit nichts zu tun. Es besagt vereinfacht gesagt nur, dass der Staat keinen Einblick in Kontenstände und Bewegungen von Privatpersonen haben soll.
Auf deine Frage in Titel, wo Geld herkommt: Geld (i.w.S.) ist nichts weiter als transformiertes Kapital, die Transformation ist die Kombination aus Kreditaufnahme und sogenannter Geldschöpfung. Geldschöpfung (an sich) schöpft aber keinesfalls Kapital, sondern nur Liqudität (hier fangen nämlich oft die Fantasien von Geldsystemkritikern an zu „tanzen“). Das funktioniert so:
Z.B. ein Konzern K gibt Obligationen aus (nimmt Kredit). Dazu gibt er einen Kreditbrief an seine Geschäftsbank G (z.B. mit 3,2% Zins über 3 Jahre und 100 Millionen Euro - Kreditnehmer ist also K, Kreditgeber G). Im Gegenzug wird K Giralgeld in zu Verfügung gestellt (Disagio lassen wir mal außen vor, dann haben wir z.B. einen Gegenkredit mit 0,5% Zins täglich verfügbar über 100 Mio Euro - Kreditnehmer ist nun G, Kreditgeber K). Zum Zeitpunkt der Giralgeldschöpfung ist nun also unter dem Strich beim Kapital noch gar nichts passiert, das passiert erst durch Zinszahlungen.
G ist nun noch an Gesetze gehalten, z.B. 2% Mindestreserve (2% Zentralbankgeld für das von G passiv gehaltene Giralgeld). Zudem wird K mit dem Geld bezahlen wollen. G muss also bei der Zentralbank Z refinanzieren, sich Zentralbankgeld verschaffen. Dazu könnte sie den Kreditbrief von K bei der Zentralbank hinterlegen und dafür Zentralbankgeld bekommen. Es ensteht hier zum einen Bargeld (nominal 0%, nullfristig, „Schulder“ Zentralbank Z, „Gläubiger“ G). Und zudem ein weiterer Kredit nominal in Höhe des jeweiligen Hauptrefinanzierungssatzes (z.B. 1,0%, über z.B. 14 Tage mit dem Kreditgeber Z und Kreditnehmer G).
Natürlich läuft nur ein Bruchteil der Kredite diesen Weg, weil es ja auch Einlagen gibt, so dass nicht jeder Kredit voll über neues Zentralbankgeld refinanziert werden muss. Eine solche Einlage ist außerdem auch schon die Verwendung des ersten Kredites selbst!!! Denn die wird zum Großteil überwiesen und landet dann - als Einlage - auf anderen Konten.
Geldschöpfung ist also nichts weiter als die Transformation von Kapital (das Vermögen von K) in Zahlungsmittel. Mit einem in 3 Jahren fälligen Kreditbrief über 100 Mio kann man kaum beim Bäcker bezahlen, nicht einmal einen Laptop kaufen. Mit dem daraus entstandenen Giral- oder Zentralbankgeld schon.
Die Misere ist also der Mindestzins von ca. 0%, der durch das Substitutionsgut Bargeld entsteht (auf Giral-Zentralbankgeld - Einlagefazilität - könnte man problemlos negative Zinsen festlegen - wie es auch die Schwedische Zentralbank in der Finanzkrise gemacht hatte). Unser Geldsystem kann somit ein die Nulllinie durchschreitendes Auf und Ab der Wirtschaft nicht richtig abbilden. Unterm Strich wächst somit mit jedem Aufschwung (markt-) korrekterweise das Finanzkapital, es kann aber im Abschwung nicht (markt-) korrekterweise schrumpfen. Der Staat springt dann immer ein (Lender of last resort).
Alles Gute wünscht
… Michael