Wie gut sehen Insekten?

Hallo,
jeder kennt das, man läßt das Auto auf der Autobahn laufen und sammelt jede Menge Insekten auf der Frontscheibe.

Vergangenes Wochenende: mir kommt auf der Autobahn im Tiefflug, schräg von rechts vorne ein großer Käfer entgegen, sichtbar schnell, ich sehe ihn aus dem Augenwinkel schon seit 5 oder 8 Metern.

Er fliegt keinerlei Ausweichbewegung und gibt ein laut knallenden Schlag auf der Scheibe, hinterläßt einen dicken, großen gelben Fleck. Ich meine das ernst mit der Ausweichbewegung: Sieht der einen nicht, reicht dazu deren Facettenauge nicht. Nicht präzise genug, nicht schnell genug?

Und noch ein Wort zur Ausweichbewegung: Einen Tag vorher ein anderer Flieger, der hat erkenntlich einen Meter vor der Schreibe begonnen, seinen Kurs zu ändern (was aber leider nichts mehr geholfen hat).

Die tun mir immer richtig leid, waren höchstwahrscheînlich in wichtigeren Dingen unterwegs als ich.

Also Frage: Wie „gut“ sehen solche Insekten?

Danke für Tips Antal

Hallo
Die Frage „Wie gut sehen Insekten?“ ist in etwa genau so sinnvoll zu beantworten wie die Frage: „Wie gut sehen/riechen/fliegen Säugetiere?“.

Diese Fragen lassen sich je nach Tier (Jaguar, Hund, Fledermaus) völlig unterschiedlich beantworten.

Insekten sind entweder tag- oder nachtaktiv, haben evolutionär alte oder „neuer“ aufgebaute und auch speziell angepasste Facettenaugen.
Ein typisches „klassisches“ Insektenauge (Appositionsauge) hat z. B. die Heuschrecke: Zeitliches Auflösungsvermögen etwa 70 Hz, rezeptorbedingt. Da das Raster, also die Auflösung recht „grob“ ist (Facettenauge) sind dies die Kandidaten, die Chancenlos ab ca. 60 km/h im Auto Deine Scheibenwischanlage herausfordern. Ein gleiches Schicksal ereilt die Nachtfalter, die mit Ihrem auf Nachtbetrieb ausgelegten „optischen Superpositionsauge“ (ein Appositionsauge mit wegziehbaren „Blenden“ zwischen den Einzelaugen, damit das einfallende Licht mehrerer Augen zusammengebündelt werden kann, als Restlichtverstärker) ebenfalls keine Chance haben, Dein Auto bei Tag rechtzeitig zu sehen oder bei Nacht von einem entfernten Feuerchen zu unterscheiden, bis es zu spät ist.
Anders sieht es bei z. B. Stubenfliegen aus. Je nach Temperatur können diese Dank Ihres „neuronalen Superpositionsauge“ 250 bis zu 300 unterschiedliche Bilder pro Sekunde auflösen (Trick: Nicht das Rezeptorsignal der Photorezeptoren selber wird ausgewertet - sondern nur die Änderung des Rezeptorpotentials, und das blitzschnell!)! Hier musst Du schon deutlich schneller unterwegs sein, um Spuren von Ihnen auf der Windschutzscheibe zu haben.

Aber - natürlich - keine groben Raster ohne Ausnahmen: Die Libelle (Anisoptera’s Großflügellibellen vor allem) haben die klassischen Appositionsaugen und sind trotzdem blitzschnelle Flieger, die Stubenfliegen blass aussehen lassen. Leider sind sie geschützt - weshalb ich Ihnen in meiner Zeit als Tierphys-Assi auch nicht den Kopf abschneiden durfte, um ihn in einer Stroboskopkammer per ERG zu vermessen. Ich kann daher ‚leider‘ auch keine Zahlen nennen.
:wink:
Gruss
Ruru