Wie haben gewickelte Kinder jemals laufen gelernt?

Hallo ihr,

leider habe ich den richtigen Moment verpasst, um meine Frage heute an der Uni zu stellen. Also frage ich mal euch hier :smile:

Und zwar hat man doch früher die Babys so gewickelt, dass sie sich gar nicht bewegen konnten, sie teilweise noch auf ein Holzbrettchen gebunden. Wie haben diese Kinder jemals laufen gelernt? Hat man einfach nach ein oder zwei Jahren beschlossen, dass man sie nun „freilässt“? Oder wie muss man sich das vorstellen? … Laufen lernt man ja auch nicht von einem Tag auf den anderen.

Schöne Grüße

Petra

Ja, stellst Du Dir denn vor, man hätte sie bis zum achten Lebensjahr so gewickelt gelassen, oder wie…?

Hallo Petra,

Begriffe für diese Wickeltechnik (die übrigens wohl wieder in Mode zu kommen scheint *staun*), sind „Pucken“, „Fatschen“ bzw. im englischen Sprachraum „swaddling“: http://de.wikipedia.org/wiki/Pucken

Laut wiki wurde das Pucken nur in den ersten drei bis 12 Lebensmonaten angewandt.

Viele Grüße
Diana

Eine sehr sinnvolle Frage
ist das, finde ich, denn durch das Wickeln verhindert man ja die so extrem wichtigen psychomotorischen Erfahrungsmöglichleiten in den ersten Lebensmonaten!
Gruß!
Karl

Hallo,

also erstens, wie erwähnt, hat man das nicht lange gemacht.
Zweitens hat man das nicht immer gemacht (sondern die Kinder auch öfter mal mit nix rumliegen lassen).
Und drittens, nur als Beispiel: es gibt Kinder, die aufgrund von angeborenen Hüftschäden oder einem oder zwei Klumpfüßen die ersten Monate eingegipst wurden (mit regelmäßigem Gipswechsel, damit das Wachstum nicht allzusehr eingeschränkt wurde) - heute wird das anders behandelt, aber das war vor etwa 50 Jahren normal.
Diese Kinder haben einfach einige Monate später laufen gelernt (so etwa mit 18, 20 Monaten). Und haben dann, z.B. mit drei Jahren Skifahren gelernt und wurden später Skilehrer. Nur so als Beispiel.

Gruß
Elke

*mit angeborenem, aber ausgeheiltem Klumpfuß*

Moin Petra,

Und zwar hat man doch früher die Babys so gewickelt, dass sie
sich gar nicht bewegen konnten,

man puckte aber nur dann, wenn man es für nötig hielt und das war nicht so oft.
Z.B. wurde während der Erntezeit so verfahren, aber nur am Tag, abends ließ man die Kinder wieder frei.

Gandalf

Hallo Gandalf,

wobei das Pucken heute propagiert wird, weil es den Kindern angeblich ein Gefühl der Sicherheit vermittelt.

Gruß
Elke

Hallo Gandalf,

Z.B. wurde während der Erntezeit so verfahren, aber nur am
Tag, abends ließ man die Kinder wieder frei.

Ah - langsam wird die Sache klarer :smile:

Hast du dafür eine Quelle?

Danke jedenfalls für diese und die anderen sinnvollen Antworten.

Schöne Grüße

Petra

Mahlzeit Petra,

Hast du dafür eine Quelle?

meine Frau Großmutter.
Sie hat bei meiner Mutter noch so verfahren.
Wenn Ernte angesagt war, mußte jede Hand helfen und niemand konnte zur Versorgung/Aufsicht der Kinder abgestellt werden.
Sie wurden gepuckt, gefüttert und unter einer Zeltplane (zum Schutz gegen die Sonne) ‚gelagert‘.

Gandalf

Hallo, zum Pucken ist ja schon einiges gesagt worden. Hinzufügen möchte ich noch, dass es früher durchaus üblich war, dass Kinder erst spät laufen lernten. Das hatte aber weniger mit dem Wickeln zu tun, sondern eher damit, dass sie überwiegend im Haus gehalten wurden und so oft eine leichte bis schwere Rachitis hatten. Dadurch sind die Knochen lange weich, so dass sie erst gar nicht richtig auf die Füsse kamen. So war es gar nicht selten dass Kinder erst mit 2 oder 3 Jahren richtig laufen lernten, in Einzelfällen, sogar noch später.
Meist denkt man bei Rachtitis nur an die Kinderarbeiter der Industrialisierung, bei denen es im Präpubertären Wachstumsschub zu Kleinwuchs kommt.
Diese Startprobleme werden gerne übergangen, dabei waren die Folgen viel schwerwiegender, denn die Knochenveränderungen waren viel stärker. Eben mehr als O-Beine und Wachstumsverzögerungen.

Gruß die Alte