…habe ich unter http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarticl… genau dazu Stellung bezogen und das Nichtwählen propagiert. Nicht etwa aus Desinteresse. Ganz im Gegenteil. Jede Stimme wird von der gewählten Partei als Bestätigung ihrer Arbeit gewertet. Jede Stimme ist zudem bares Geld, von dem sich die Parteien finanzieren. Ich halte es inzwischen für falsch, das kleinere Übel zu wählen. Natürlich muß man Kompromisse eingehen und die Nivellierung des Profils liegt in der Natur großer Volksparteien. Das aber kann keine Rechtfertigung für aalglatten Populismus sein. Drängende Aufgaben werden ausgesessen und ignoriert.
Regierungen und die sie tragenden Parteien sind seit langer Zeit zu Versorgungsveranstaltungen für einen riesigen Staatsapparat verkommen, der sich das Steueraufkommen und sogar große Teile der Sozialversicherungsbeiträge zur Beute gemacht hat.
Nichtwählen spielt dem jeweiligen politischen Gegner in die Hände, heißt es. Welcher politische Gegner? Außer Gemeinplätzen haben die Parteien keine politischen Ziele mehr. Geschweige denn, unterschiedliche Ziele. Wo gibts denn da einen politischen Gegner? Man ist sich einig, jedem amerikanischen Abenteuer gehorsam zu folgen. Man ist sich einig, das Steuersystem nicht zu vereinfachen. Man ist sich einig, weiter einen großen Teil aller Sozialversicherungsaufwendungen in der Verwaltung einfach verschwinden zu lassen oder für versicherungsfremde Leistungen zu verbrauchen. Man ist sich einig, nichts Nennenswertes in Bildung und Forschung zu investieren (nennerswert wären mehrstellige Mrd-Beträge, alles andere sind die berühmten Peanuts, die völlig wirkungslos verpuffen). Man ist sich einig, Staat und Kirche nicht zu trennen. Man ist sich einig…ja, kennt jemand außer Haarfarbe und Dialekt Unterschiede der politischen Zielsetzungen? Welche politischen Ziele sind überhaupt erkennbar? Wenn jemand seine Stimme abgibt, weiß er dann, welchem Ziel diese Stimme dient angesichts der Profillosigkeit?
So höre ich denn jetzt schon die pastoral vorgetragene Aufforderung des Bundespräsidenten, der Bürger solle seiner staatsbürgerlichen Pflicht nachkommen und zur Wahl gehen. Die aufgestellten Kandidaten werden es ihm gleichtun. Natürlich, egal wie es ausgeht, gibts 5 DM pro Kreuz des Stimmviehs. Wählen heißt: „Ja, ich bin mit der bisherigen Arbeit des Gewählten einverstanden und ich vertraue auf seine Aussagen“. Ich aber bin mit der bisherigen Arbeit des Amtsinhabers ganz und gar nicht zufrieden und kann auch beim Kandidaten der Opposition keine konkreten Aussagen zu wesentlichen Politikfeldern erkennen. Also kann ich keine der sie tragenden Parteien wählen. Auch bei den anderen zur Wahl stehenden Parteien kann ich keine Aussagen zu wesentlichen Problemfeldern entdecken, so daß auch diese Damen und Herren meine Kreuzchen nicht verdient haben. Bevor ich dafür sorge, daß solche Leute für ihre Inkompetenz, ihr Nichtstun und ihre Perspektivlosigkeit auch noch belohnt werden, bekommen sie meine Stimme jedenfalls nicht.
Ich will Programme mit konkreten Zielen und dem beabsichtigten Weg der Realisierung und Finanzierung sehen, ähnlich wie es ein Selbständiger für seinen Betrieb ganz selbstverständlich laufend macht. Solange die Herrschaften außer Krawattenmustern und Medienberatern nichts vorzuweisen haben, sind sie in meinen Augen nur mickrige Pappkameraden und nicht wert, daß ich am Wahlsonntag meinen Hintern bewege. Mir ist es buchstäblich egal, wer an der Spitze dieses Staates nichts tut.
Gruß
Wolfgang