Wie ist Österreich? Wie ist Graz?

Guten Abend! Da ich unlängst die Möglichkeit bekommen habe, ein Auslandssemester in Graz zu verbringen, würde mich sehr interessieren, wie diese Stadt (und Österreich im Allgemeinen) so ist. Über die Schweiz und Deutschland weiss ich schon Einiges, Österreich hingegen ist für mich die grosse Unbekannte. Ich nehme an, dass das Land teuerer als Deutschland aber billiger als die Schweiz ist. Über die Leute habe ich leider nicht viel Gutes gehört. Über Graz habe ich mich nur mithilfe von Internet informieren können und ich glaube, dass es eine gepflegte Stadt ist, allerdings mit ein paar komischen hypermodernen Bauten. Wenig Grünes, dafür viele historische Häuser.

Meine zweite Möglichkeit wäre Heidelberg, wo ich eigentlich nichts auszusetzen habe. Nach Graz zieht es mich aber schon aus dem Grund, dass ich so wenig über das Land und über das dort gesprochene Deutsch weiss. Sorgen mache ich mir wegen den hohen Kosten und der seltsamen Bevölkerung. Ich wäre dankbar, wenn mir jemand Graz (oder Österreich) aus seiner eigenen Sicht näher bringen könnte. Vielen Dank!

Hallo,

ich weiss nicht, ob das eine Glosse sein soll oder ob der/die Fragende wirklich aus einem nichtdeutschen Land kommt.

Österreich ist nicht sehr verschieden von Deutschland (sorry !)und auch nicht generell teurer. Die Sprache ist auch nicht weiter von Hochdeutsch entfernt als z.B. in Bayern. Wobei es innerhalb Österreichs auch noch Unterschiede gibt.

Ich würde lieber nach Graz als nach Heidelberg gehen, weniger Touristen, noch weitgehend authentisches Österreich. Man ist schnell an den Kärntner Seen und noch schneller in den Bergen. Und für Studenten soll es toll sein. (ich bin leider schon älter.)

Viel Glück

Barmer

Hi!

Über Graz habe ich
mich nur mithilfe von Internet informieren können und ich
glaube, dass es eine gepflegte Stadt ist, allerdings mit ein
paar komischen hypermodernen Bauten. Wenig Grünes, dafür viele
historische Häuser.

Wie in jeder „alten“ Stadt gibt es einen historischen Stadtkern, der einige hundert Jahre alt ist - und die „komischen hypermodernen Bauten“ sind keine Grazer Besonderheit, sondern die gibt es weltweit.

Ansonsten: Österreich ist generell NICHT teurer als Deutschland (tw. sogar „billiger“) und von der Lage her ist Graz optimal: keine 2h nach Wien, Linz oder Kärnten, in Italien/Slowenien/Kroatien/Ungarn ist man auch sofort …

Grüße,
Tomh

Hallo!

Die österreichische Bevölkerung ist wohl nicht seltsamer als so manche Deutsche, die sich selbst für so überdrübersupergscheid halten. Es kommt nämlich manchmal durchaus darauf an, wie man sich so im Gastland verhält: Wenn bei zehn deutschen Autos beim Überqueren des Tauernpasses beim Hinauffahren der Kühler raucht und beim Runterfahren die Bremsen rauchen und sich dann fünf Fahrer - statt sich über eigene Fahrfehler Gedanken zu machen - darüber beschweren, dass die Österreicher zu dumm sind Straßen zu bauen, weil es hier bergauf und bergab geht, dann darf man sich nicht über die Reaktionen wundern. Ebensowenig, wenn man sich darüber beschwert, dass die Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Autobahn für alle gilt und man 500km von der deutschen Grenze entfernt sein Wechselgeld nicht in D-Mark erhält (das ist Gott sei Dank vorbei…).

Soviel zu seltsamer Bevölkerung, über Manches kann ich wirklich nur den Kopf schütteln.

Sonst kann ich, kein Steirer, zu Graz zur sagen: es ist eine günstige, ziemlich mediterran wirkende und sehr freundliche Stadt. Die Umgebung ist landschaftlich sehenswert. Der steirische Dialekt klingt nicht besonders schön, aber ist bekannt dafür, dass die Leute „bellen“.

Gruß
Tom

Hallo!

Die Sprache ist auch nicht
weiter von Hochdeutsch entfernt als z.B. in Bayern. Wobei es
innerhalb Österreichs auch noch Unterschiede gibt.

Das ist im Prinzip richtig, das österreichische Deutsch ist, abgesehen von Tirol und Vorarlberg, eine Variante des bairischen Deutsch. Allerdings hat die Österreichische Standardvariation des Deutschen doch einige Besonderheiten, insbesondere sind das Ausdrücke, die aus dem Amtsjargon kommen und dann natürlich die größere Anzahl (insb. slawischer) Fremdwörter, wobei das regional differiert. Sonst vielleicht auch noch besonders ist der österreichische Diminuitiv auf -erl, der sehr beliebt ist und exzessiv verwendet wird.

Harte Konsonanten werden weicher ausgesprochen als in Deutschland, in der Umgangssprache gibts dann praktisch überhaupt keinen Unterschied zwischen t und d oder k und g

Das wären so ein paar Besonderheiten…

Gruß
Tom

Hallo, Tom!

Noch etwas zur Sprache - ich hatte schon öfter den Eindruck, daß Österreicher einen größeren Wortschatz haben als Deutsche.Auch versteht man hier in Deutschland übliche Bezeichnungen eher als umgekehrt.

Mit Grüßen
Annemarie

Hallo,

meine Eltern haben sich vor gut 50 Jahren in Graz kennen- und liebengelernt, als sie dort studiert haben. Sie schwärmen noch heute von der Zeit. Graz muss eine ganz besonders schöne Stadt mit einem ganz eigenen Flair gewesen sein und es bestimmt auch heute noch. Letztens haben wir eine Dokumentation gesehen (auf Phoenix???), und ich konnte meine Eltern gut verstehen. Eine meiner nächsten Reisen geht auf jeden Fall dort hin, ich möchte die stadt, in der ich gezeugt wurde und die Kleinkindzeit verbracht habe, mal bewußt kennenlernen.

Die Leute sind mit Sicherheit nicht anders als hier. Sie sprechen ein wenig komisch, aber daran gewöhnt man sich. Die östereichische Küche ist superlecker, sie backen tolle Kuchen und sie kochen guten Kaffee, um mal ein positives Vorurteil in die Runde zu werfen.

Im Übrigen geht es hier um 1 Jahr, nicht den Rest deines hoffentlich langen Lebens. Deutschland ist von keiner Ecke Österreichs aus weit weg, du kannst also immer mal wieder einen Erholungstrip in die Heimat machen. Wenn ich die Chance gehabt hätte, während der Schul- oder Studienzeit Auslandsjahre einzuschieben, ich hätte NIE nein gesagt. Also trenn dich von deinen Bedenken und mach einfach mal was verrücktes. Ich bin mir sicher, du wirst angenehm überrascht werden.

LG Barbara

Hallo!

Das ist im Großen und Ganzen richtig und liegt einfach an der Dominanz des deutschen Deutsch. Wobei sich das jetzt auch nicht auf stark abweichende Dialekte bezieht, also wenn ich jetzt einen Schwaben höre, tue ich mir sehr sehr schwer…

Gruß
Tom

Der war gut:

und man 500km von der deutschen Grenze
entfernt sein Wechselgeld nicht in D-Mark erhält

Welcher Punkt Österreichs ist 500 km von der deutschen Grenze entfernt?

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Es erscheint mir reichlich eigenartig, wieviele „Experten“ hier ihre Kommentare über meine Heimatstadt abgeben, ohne jemals hier gewesen zu sein; das dürfte ja auch in höchstem Maße hilfreich zur Entscheidungsfindung Graz/Heidelberg beitragen…

Erstens: Da Du offenbar als Student nach Graz zu kommen gedenkst, sei Dir bewußt, daß die sich ständig (aufgrund sowohl tatsächlicher Überlastung als auch völliger Inkompetenz der Politik) verändernden Aufnahmekriterien und Studienbedingungen an unseren Universitäten (in diesem Fall wohl die Karl-Franzens-Universität) ernsthafte Schwierigkeiten für Dich mit sich bringen können; auch sind Wohnmöglichkeiten für Studenten in Graz zwar vorhanden, wegen der hohen Anzahl der Studierenden hier (etwa 30.000 bei einer Bevölkerung von 220.000) nicht gerade die preisgünstigsten. Bei der Suche helfen Dir sowohl das Wohnungsservice der ÖH (Österreichische Hochschülerschaft) als auch der Inseratenteil der diversen lokalen Zeitungen (Kleine Zeitung, Steirerkrone, Fundgrube, Bazaar, etc.), sofern Du Dich nicht an einen Immobilienmakler wenden willst (Provision 1 - 3 Monatsmieten + eventuelle Zusatzkosten). Du wirst hier viele „Landsleute“ treffen, da (wie schon erwähnt) ein Studium in Österreich gerade bei deutschen Studenten sehr beliebt ist, leichter als in Deutschland ist es sicherlich nicht. Die Hörsääle für gewisse Studienrichtungen (z.B. Medizin) sind grausam überfüllt und die limitierten Plätze mancher Pflichtveranstaltungen schwerer zu ergattern als eine Eintrittskarte für den Opernball. Das Studienniveau entspricht etwa dem europäischen Durchschnitt, variiert aber mit den diversen Professoren, bzw. Dozenten.
Zweitens: Graz ist eine hübsche, liebenswerte (für deutsche Verhältnisse natürlich provinziell kleine) österreichische Großstadt von etwa einer Viertelmillion Einwohner, die sich am Rande des (von den im Stadtparlament regierenden Parteien, dzt. schwarz-grün, natürlich abgestrittenen und verschleierten) Ruins befindet, wovon allerdings nach außen hin nichts zu bemerken ist; dazu bedarf es schon genaueren und interessierteren Hinschauens, allerdings sollte sich davon auch in den nächsten Jahren nicht allzuviel bemerkbar machen. Die Lebenshaltungskosten sind etwas niedriger als in vergleichbaren deutschen Städten, allerdings sind Lebensmittel aufgrund differierender Besteuerung etwas teurer. Lokalitäten (einschlägige aller möglicher Szenen und natürlich auch normale) gibt es in überreichlicher Zahl und jeglicher Preiskategorie. Auch an sonstigen kulturellen (seien sie nun sub- oder hochkultureller Natur) herrscht kein Mangel, und auch der „mainstream-Geschmack“ kann sich kaum über mangelhafte Unterhaltungsmöglichkeiten beklagen. Graz verfügt über einen (wenn man die immer mehr überhandnehmende Zersiedelung und Industrialisierung/gewerbliche Flächenverbauung in den Rand- und Umgebungsgemeinden außer Acht läßt) breiten und ausgedehnten Grüngürtel, auch in der Stadt selbst finden sich durchaus Grünflächen (etwa der Stadtpark, der sich beinahe neben der Universität befindet), die jedermann/frau zugänglich sind. Graz bietet (nicht zuletzt aufgrund seiner Größe) ausreichend „touristische Sehenswürdigkeiten“ für etwa eine Woche, es finden sich aber auch in der Umgebung genügend „Ausflugsziele“, um es einige Jahre nicht allzu langweilig werden zu lassen, wenn man auf derartiges Wert legt…
Drittens: Die Bevölkerung meiner Heimatstadt besteht etwa zu drei Vierteln aus Österreichern, der Rest rekrutiert sich aus den üblichen Ethnien (Slovenen, Kroaten, Türken, Afrikaner, Deutschen, etc.)(alternativ:Jugo, Tschuschen, türkische Tschuschen, Neger, Piefkes - gewöhn´ Dich dran, es ist, wie vieles in der österreichischen Sprache, nicht immer abwertend gemeint); womit wir auch schon bei der Sprache wären : „Das einzige, was uns Österreicher von den Deutschen unterscheidet ist unsere gemeinsame Sprache“, ein Bonmot, das gerne Karl Kraus (einer der wirklichen Großmeister sprachlicher Beherrschung, natürlich ein Österreicher, was sonst :wink: ) zugeschrieben wird, trifft es auf den Punkt; solltest Du diesbezüglich noch im Zweifel gewesen sein, so wird Dich ein Aufenthalt in Graz eines besseren belehren, aber mit ein wenig guten Willen und der Voraussetzung, daß selbiger nicht impertinent darauf pocht, daß Paradeiser Tomaten, Erdäpfel Kartoffel und Orangen Apfelsinen genannt zu werden haben ist es uns imme noch gelungen, auch den verbiestertsten Piefkes richtiges Österreichisch beizubringen, siehe dazu auch : http://www.ostarrichi.org/woerterbuch.html
Wir sind, wie deie meisten Menschen auch, durchaus nette und friedliche Leute, wenngleich man uns nicht ganz zu unrecht nachsagt, eine gewiße „Hackl-ins-Kreuz-Mentalität“ unser Eigen zu nennen, und auch „preußische Disziplin und Ordnung“ wirst Du hierzulande (hierzustadt) eher selten antreffen, hier herrscht noch immer eine wohlaustarierte Mischung aus vormetternich´scher Beamtenstaatsherrlichkeit, südländischer Korruptionsfreudigkeit und kleinstaatlicher Borniertheit und Ignoranz, die wir mit kompromißlosem Selbstbewußtsein (Wir sind die Größten) und augenzwinkerndem Verweis auf eine „große“ Vergangenheit (Habsburg & Co)zu übertünchen versuchen - also eigentlich kein großer Unterschied zu Deutschland. Nur wir hier in Graz sehen eben einige Dinge anders als die Wiener - schließlich haben wir ein Landeszeughaus und einen „Steirischen Herbst“, und wir waren Kulturhauptstadt (woran wir auch noch in einigen Dutzend Jahren zu zahlen haben, die Kosten waren astronomisch, dafür haben wir auch so „tolle“ Dinge bekommen wie etwa einewn verglasten Lift auf den „Schloßberg“ oder eine stählerne künstliche Insel (Kaffeehaus) in der Mur, vom architektonischen Alptraum der „Kulturhausstachelniere“, für den ein denkmalgeschütztes Bauwerk in Trümmer gelegt wurde ganz zu schweigen)…

Fazit : Wenn Du unbedingt hierher kommen willst, dann tu es eben, wenn nicht, dann laß´ es halt bleiben…
Es gibt bestimmt bessere, größere, interessantere, modernere, schönere oder „angesagtere“ Städte als Graz, aber keine, in der ich mich so daheim fühlen würde (und ich kenne wirklich viele), und eigentlich, wer will denn schon nach Heidelberg ?

herzlich
nicolai

p.s. wenn Du spezifische Fragen zu Graz auf dem Herzen hast, so kannst Du sie mir gerne via „Experten-Suche“ stellen, ich werde mich gerne bemühen, sie zu Deiner Zufriedenheit zu beantworten.

Nachtrag : Was heißt da „seltsame Bevölkerung“ ? Höre ich da etwa gar ein Vorurteil heraus ?
Wisse denn, Vorurteile und Ressentiments zu hegen ist in Österreich nur Österreichern gestattet, denn wir sind die EINZIGEN, die über so etwas vorurteilsfrei urteilen können…:wink:

Welcher Punkt Österreichs ist 500 km von der deutschen Grenze
entfernt?

Von Hörbranz nach Wien sind locker 600km :smiley:

Aber nebenbei, das Herausgeben von Geld in Landeswährung, Schweizer praktiziern das noch immer gerne, ist eine normale Praktik, Zusatzgeschäfte zu machen, weil viele Transitler sagen: Was soll ich mit dem älpischen Rappenplunder, geben Sie mir noch nen Kaugummi und der Rest ist für Sie!

Hallo!

Das ist doch völlig wurscht, schreiben wir halt 200km

Gruß
Tom

Hallo!

Also ich bin zumindest öfters in Graz, weil ich Verwandtschaft dort hab.

Mit deinem Geschreibsel lieferst du schon die Auflage für entsprechende Kommentare…

Gruß
Tom

Vielen Dank für die umfangreiche Antwort! Ich werde mich gerne an Dich wenden, falls ich in Zukunft noch Fragen bezüglich dieser Stadt haben sollte.

Ich danke allen für die Antworten!