Wie kam Maria nach Ephesus?

Hallo zusammen,

im Rahmen der Papstreise war in den Nachrichten die Rede von Ephesus als dem Ort, an dem Maria, die Mutter von Jesus sowohl nach christlichem als auch nach muslimischen Verständnis ihre letzten Lebensjahre verbracht haben soll.

Wie und warum kam sie dort hin?

fragt sich und Euch

Iris

Hallo zusammen,

im Rahmen der Papstreise war in den Nachrichten die Rede von
Ephesus als dem Ort, an dem Maria, die Mutter von Jesus sowohl
nach christlichem als auch nach muslimischen Verständnis ihre
letzten Lebensjahre verbracht haben soll.

Wie und warum kam sie dort hin?

Hallo Iris,
am Kreuz vertraute Jesus seine Mutter seinem Jünger Johannes an (Joh 19,26-27). Der nahm sie auf seiner Reise nach Kleinasien mit. Das (wiedererrichtete) Häuschen, in dem sie ihren Lebensabend verbracht haben soll, steht außerhalb von Ephesus und ist heute ein Wallfahrtsort, zu dem nicht nur Christen kommen, sondern auch muslimische Frauen, die um ihre Fürsprache bitten, wenn sie Kummer in der Familie haben oder ihr Kinderwunsch nicht erfüllt worden ist. Es gibt dort eine riesengroße Wand unterhalb der Kirche, in die von Muslimen Zettel hineingesteckt oder bunte Schleifen hingebunden werden.

liebe Grüße,
Claudia

Hallo Iris,

nach der Überlieferung ist Ephesus der Sterbeort sogar zweier Marias - der Gottesmutter Maria und Maria von Magdala.

Gottesmutter Maria:
Nach dem Tod Jesu ging Maria der Überlieferung nach zwischen den Jahren 37 und 48 mit Johannes, dem „Lieblingsjünger“ Jesu, nach Ephesus. Dass sich hier ihr Grab befindet wird erstmals 431 beim Konzil von Ephesus benannt. Älter ist die Überlieferung, Maria sei in Jerusalem gestorben, dort wird ihr Grab nahe des Löwentors am östlichen Rand der Altstadt verehrt in der Krypta einer Kirche, die südlich des Ölberges im 4. Jahrhundert erbaut und um 1130 von den Kreuzfahrern erneuert wurde.

Der Tod der Maria - byzantinisch „Koimesis“, orthodoxe Kirchen tragen diesen Namen - ist ein großes Thema von später entstandenenen Legenden: Maria erschien am Berg Zion - oder in Ephesus - ein Engel mit leuchtendem Palmzweig und verkündete ihr den Tod. Sie bat, dass die Apostel zugegen sein sollten; diese wurden von Wolken herbeigetragen und umstanden das Lager der Sterbenden; Christus nahm die Seele der Entschlafenen auf den Arm. Die Hände des Hohenpriesters, der den Leichnam vernichten und mit Bewaffneten verhindern wollte, dass er in das Tal Josaphat - den Ort, an dem nach dem alttestamentlichen Buch Joel (4, 12) das göttliche Endgericht stattfinden soll - gebracht wird, blieben an der Bahre kleben, bis Petrus sie löste, ihn heilte und bekehrte.

Im Ruinenfeld von Ephesus befinden sich gut erhaltene Reste der Marien-Kirche, die auf eine römische Basilika aus dem 2. Jahrhundert v. Chr. zurückging. In dieser Kirche fand 431 das Konzil von Ephesus statt, das den Titel Marias als „theotokos“, „Gottesgebärerin“, bestätigte. Ihr angebliches Sterbehaus, das Meryemana (Marien-Haus) liegt am Bülbül-Dag, dem „Nachtigallenberg“, ca. 6 km von Selçuk entfernt; dessen heutige Verehrung geht zurück auf Visionen von Anna Katharina Emmerick über die letzte Wohnstätte und das Grab der Gottesmutter; nach Hinweisen sandte der Superior der Lazaristen in Smyrna 1891 eine Kommission nach Ephesus, die tatsächlich eine Hausruine ganz nach der visionären Beschreibung fand. Auch viele Muslime verehren dort die „Mutter des Propheten“.

Maria von Magdala:
Die Überlieferung der orthodoxen Kirche berichtet, dass Maria von Magdala in Ephesus gestorben und bestattet sei. Die Verehrung ist dort seit dem 6. Jahrhundert nachweisbar. Reliquien kamen dann der Überlieferung nach 899 von Ephesus nach Konstantinopel - dem heutigen Istanbul.

(siehe auch Heiligenlexikon.de)

Gruß,

fr. Christian

Liebe Iris, lieber Christian,

die Bedeutung von Legenden will ich in keinem Fall schmälern - sie sind wichtig in der und für die Spiritualität, können auch manches, was sich dem historischen Verstande entzieht, in anderem Gewand „zur Sprache bringen“. Freilich sollte man sich immer bewußt sein, daß es Legenden sind.

Was wir historisch zuverlässig über Maria wissen, beschränkt sich auf ganz wenige Bibelstellen: Markus 3, 11 ff und seine synoptischen Seitenreferenten; Mk 6, 3 par und Apostelgeschichte 1, 14.

Das Johannesevangelium ist etwas Besonderes; historische Zuverlässigkeit erwarte ich von ihm am allerwenigsten.
Die Mutter Jesu (deren Name im Joh übrigens nie genannt wird!) hat wohl weithin allegorische Bedeutung - ich will das jetzt nicht weiter ausbreiten.
Und daß der „Jünger, den Jesus liebhatte“, mit dem Apostel Johannes identisch sei, wird erst im Kapitel 21, welches eindeutig ein Nachtrag ist und nicht zum originalen Bestand des Evangeliums gehörte, erzählt.

Also, alles in allem: eine schöne Geschichte, aber leider historisch nicht so richtig zu beweisen. Was heißt „nicht so richtig“ - überhaupt nicht. Freilich tut Gott Wunder, und warum könnte es nicht so gewesen sein? Wir wissens bloß nicht und werden es auch nie wissen.

Gruß - Rolf

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Hallo Rolf

Was wir historisch zuverlässig über Maria wissen, beschränkt
sich auf ganz wenige Bibelstellen: Markus 3, 11 ff und seine
synoptischen Seitenreferenten; Mk 6, 3 par und
Apostelgeschichte 1, 14.

Also das sehe ich kritisch; die beiden Begriffe „historisch zuverlässig“ und „Bibel“ in einem Atemzug zu nennen. Ich würde niemals annehmen, daß biblische Geschichten historisch zuverlässig über Personen oder historische Begebenheiten Auskunft geben…

pace & bene,

fr. Christian

Also das sehe ich kritisch; die beiden Begriffe „historisch
zuverlässig“ und „Bibel“ in einem Atemzug zu nennen. Ich würde
niemals annehmen, daß biblische Geschichten historisch
zuverlässig über Personen oder historische Begebenheiten
Auskunft geben…

Lieber Christian,

sowohl das Judentum wie das Christentum berufen sich auf geschichtliche Ereignisse - den Auszug aus Ägypten und auf Leben, Tod und Auferstehung Jesu. Diese geschichtlichen Ereignisse sind für beide Religionen konstitutiv; gäbe es sie nicht oder wären sie Erfindungen, dann wäre Christus ein Mythos ebenso wie die Befreiung der Israeliten.
Als geschichtliche Ereignisse dürfen die Berichte darüber natürlich mit dem Werkzeug des Historikers betrachtet und untersucht werden. Da lassen sich denn auch Aussagen über mehr oder minder große Wahrscheinlichkeiten historischer Zuverlässigkeit nicht vermeiden.

Ich halte eine Reihe von Angaben in den Evangelien für durchaus richtig und zutreffend, andere wiederum für legendarisch entstellt.

Aber das ist das Geschäft der Neutestamentler; das wollen wir hier nicht alles referieren.

Gruß - Rolf