Ich bin 29 Jahre alt und schwul. Vor etwas über einem Jahr habe ich den Mann meiner Träume kennengelernt. Nach sechs Monaten hatten wir große Pläne und ich kündigte meine Wohnung und zog zu ihm in seine kleine Einraumwohnung. Jeder sagte zu uns, dass wir das Traumpaar schlechthin seien. Ich habe mich nie geborgener und sicherer gefühlt in meinem Leben wie mit ihm. Nach einem brisanten Leben ist es genau das was ich immer wollte. Sicherheit und Beständigkeit. Wir hatten Pläne uns gemeinsam eine größere Wohnung zu suchen und in ein gemeinsames Leben durch zu starten. Ein 4-wöchiger backpacking Urlaub vereinte uns ins Unendliche, so dachte ich.
Ich führe seit über 2 Jahren ein Doppelleben. Ein Leben in dem ich meine Arbeitslosigkeit und Geldsorgen (10.000 Euro Schulden durch Scheckbetrug) durch Prostitution mit einem älteren Herrn versuche aus zu gleichen. Einige Treffen mit meinem Spender erlebte ich im Drogenrausch. Wenn dieser das Hotelzimmer verlassen hatte fühlte ich mich sicherer mit einem großen Batzen Geld und sobald ich den Zimmerschlüssel an der Rezeption abgegeben hatte, war es als ob nichts geschehen wäre. Ich fuhr zurück in unsere gemeinsame Wohnung und fühlte einfach nur das reine Glück wenn ich ihn sah. Es war als ob nie etwas geschehen wäre, demnach empfand ich nicht einmal das Gefühl ihn in irgend einer Weise betrogen zu haben.
Mein Geheimnis wurde seitdem ich es mit mir trage das erste Mal gelüftet. Mein Partner stellt mich zur Rede. Ich gehe das Wochenende über zu meiner Mutter. Anfänglich habe ich alles abgestritten doch nach dem Wochenende beschließe ich ihm alles zu beichten. Man möchte es nicht glauben, er empfindet Mitleid und eine Art von Vergebung. Aus Rache schlief er mit jemand anderem an dem Wochenende. Nach nur zwei Tagen machen wir quasi so weiter wie zu vor. Ich bin hochmotiviert diesen Neustart zu nutzen. Will ein besserer Mensch werden und die Liebe die ich empfinde beweisen.
Vier weitere Wochen vergehen. Es gibt eine Art von Routine wie wir sie in unserer Beziehung schon kannten, doch immer wieder kommt es zu dem Thema des Vertrauens. Ich bin arbeitslos und habe den ganzen Tag Zeit, wohingegen er bei der Arbeit ist. Sexuell funktioniert es nur noch bedingt und ich fühle mich immer mehr runter gemacht und mein Selbstwertgefühl, welches eh schon am Boden ist, sehnt sich nach Bestätigung. Ich will nur ihn doch gehe ich ins Internet in ein Forum und kreiere ein Sexprofil, dass ich dazu nutze heraus zu finden, ob ich attraktiv genug wäre, dass ich jemand anderen gefallen könnte. Ob ich mich nun zum Sex treffen wollte oder nicht ist mir bis jetzt nicht klar. Mir ist jedoch bewusst, dass ich es heraus gefordert habe.
Ich kann mir mein eigenes Verhalten nicht erklären. Das Profil, mit dem ich mich anmelde, benannte ich iFool/IchDummkopf. In einer Stadt, in dem man sich kennt, ist mir bewusst, dass ich ganz offen mit dem Risiko spiele erkannt zu werden. Warum ich keinen Skrupel habe in Kauf zu nehmen, dass ich meinen Freund verletze erschließt sich mir nicht.
Mein Freund wird von meinem seelenlosen Vorgehen berichtet woraufhin er mich vor die Tür setzt.
Ich bin in dem größten Tief meines Lebens. Keine Perspektive und die größte Sehnsucht nach dem Mann, den ich so bewusst verletzen wollte. Mir ist klar, dass ich ihn instrumentalisiert habe. Da ich mich selber nicht lieben kann, versuchte ich das Einzige was ich so sehr liebe zu zerstören.
Doch nun komme ich nicht damit klar ihn verloren zu habe. Ich bin abgemagert und depressiv.
Was kann ich tun? Soll ich versuchen, um ihn zu kämpfen oder sollte ich ihm sein Leben lassen, damit er seine Würde und Selbstachtung in einem Leben ohne mich wieder finden kann.
Wenn Liebe auch gehen lassen heißt, will ich nie wieder lieben. Will ich nicht mehr.