Wie kompetent ist die FDP in Arbeitsmarktpolitik?

Hallo,

die FDP fordert ein pauschales Buergergeld anstelle von ALG 2 Leistungen (welche sich aufteilen in einem Betrag zum Lebensunterhalt und einen variablen Betrag fuer ortsuebliche Mieten und Nebenkosten).

Wenn dies alles in einen Pauschalbetrag veraendert werden wuerde, was waeren denn die Folgen davon?

Arbeitslose muessten in die billigsten Wohnungen ziehen, was zur Slumbildung fuehren wuerde. Dass dies gesellschaftlich nicht sinnvoll ist duerften genug Beispiele aus anderen Laendern zeigen.

Arbeitslose wuerden aus Staedten ziehen in denen die Mieten hoch sind und in Staedte mit geringen Mieten. Dummerweise haben die meisten Staedte mit hohen Mieten auch die geringste Arbeitslosigkeit und anders herum. D.h. ein Arbeitsloser hat in Muenchen bessere Chancen eine neue Arbeit zu finden als in Chemnitz. Aber die FDP wuerde ihn praktisch dazu zwingen von Muenchen nach Chemnitz zu ziehen da sich der Staat dann ein wenig Sozialleistungen spart. Dass der Arbeitslose dadurch laenger arbeitslos bleibt und langfristig viel mehr kostet hat die FDP anscheinend nicht mit eingerechnet.

Oder sieht irgendwer in den FDP Plaenen eine Logik? Bitte erklaert mir diese.

Gruss

Desperado

Hallo,

Wenn dies alles in einen Pauschalbetrag veraendert werden
wuerde, was waeren denn die Folgen davon?

die Empfänger müßten abwägen, wie sie das Einkommen ausgeben. Arbeitslosengeldempfänger müssen das auch – ebenso wie Arbeitnehmer und jeder andere, der ein definiertes Einkommen hat, mit dem er auskommen muß.

Arbeitslose muessten in die billigsten Wohnungen ziehen, was
zur Slumbildung fuehren wuerde.

Du meinst, die Arbeitslosen würden scharenweise aus den Villenvierteln ausziehen?

Oder sieht irgendwer in den FDP Plaenen eine Logik? Bitte
erklaert mir diese.

Keine Ahnung, ich bin gegen das Bürgergeld, aber Deine Argumentation finde ich genauso schräg.

Gruß
Christian

Hallo Christian,

Wenn dies alles in einen Pauschalbetrag veraendert werden
wuerde, was waeren denn die Folgen davon?

die Empfänger müßten abwägen, wie sie das Einkommen ausgeben.
Arbeitslosengeldempfänger müssen das auch – ebenso wie
Arbeitnehmer und jeder andere, der ein definiertes Einkommen
hat, mit dem er auskommen muß.

Natuerlich, aber das muessen sie nun auch da der Teil des ALG 2 fuer den Lebensunterhalt (meist) pauschal ist. Nur koennen ALG-Empfaenger in ihrer Wohnung bleiben (solange die Miete nicht ueber dem Normalniveau liegt) und muessen nicht in ein anderes Viertel oder eine andere Stadt ziehen.

Arbeitslose muessten in die billigsten Wohnungen ziehen, was
zur Slumbildung fuehren wuerde.

Du meinst, die Arbeitslosen würden scharenweise aus den
Villenvierteln ausziehen?

Zwischen dem besten und dem schlechtesten Gegenden gibt es in Deutschland (derzeit noch) viele Zwischenstufen.

Oder sieht irgendwer in den FDP Plaenen eine Logik? Bitte
erklaert mir diese.

Keine Ahnung, ich bin gegen das Bürgergeld, aber Deine
Argumentation finde ich genauso schräg.

Das verstehe ich nun wirklich nicht: Was ist an meiner Argumentation „schraeg“? - oder ist das nur Rhetorik und heisst uebersetzt: Ich habe keine Argumente will aber irgendwas dagegen schreiben.

Gruss

Desperado

Liberalisierung pur
Mit der Kompetenz ist das so ne Sache.
Kommt eine neue Regierung mit einer neuen Idee daher und die floppt nachher, wird jeder sagen, die waren inkompetent. Wird es nachher ein Erfolg, sagen die Leute, das sind endlich mal kompetente Politiker.

Also ist die Kompetenz schwer auszumachen. Wobei bei einem Berufspolitiker, der ja, wie wir schon an anderer Stelle erfahren haben, sehr oft Rechtsanwalt ist, kaum volkswirtschaftliches Praxiswissen gebündelt sein könnte. Was auch nicht unbedingt sein muss, wenn diese Kompetenz wo anders hergeholt wird.

die FDP fordert ein pauschales Buergergeld anstelle von ALG 2
Leistungen (welche sich aufteilen in einem Betrag zum
Lebensunterhalt und einen variablen Betrag fuer ortsuebliche
Mieten und Nebenkosten).

Ich dachte, das Bürgergeld soll gleich hoch sein ohne regionale Unterschiede.

Wenn dies alles in einen Pauschalbetrag veraendert werden
wuerde, was waeren denn die Folgen davon?

Schwarzarbeit.
Bürgergeld abgreifen und nebenbei schwarz arbeiten (wer es kann). Das dann erzielte „Netto“-Einkommen ist für die Betroffenen mit regulärer Arbeit, die ja typischerweise Niedriglohnvollzeitbeschäftigung oder Lohndumpingleiharbeit wäre, niemals zu erreichen.

Arbeitslose muessten in die billigsten Wohnungen ziehen, was
zur Slumbildung fuehren wuerde.

Sagtest du nicht oben, es gäbe eine ortsübliche Leistung, wegen der Mieten?

Dass dies gesellschaftlich nicht sinnvoll ist duerften genug Beispiele aus :anderen Laendern zeigen.

Das ist richtig und kann in vielen Ländern beobachtet werden. Für die Besserverdienenden, das sind die, die mehr netto vom brutto bekommen, gibt es sogar umzäunte und bewachte Wohnanlagen, damit sie vorm gemeinen Bürgeldempfänger geschützt sind.

Arbeitslose wuerden aus Staedten ziehen in denen die Mieten
hoch sind und in Staedte mit geringen Mieten. Dummerweise
haben die meisten Staedte mit hohen Mieten auch die geringste
Arbeitslosigkeit und anders herum. D.h. ein Arbeitsloser hat
in Muenchen bessere Chancen eine neue Arbeit zu finden als in
Chemnitz. Aber die FDP wuerde ihn praktisch dazu zwingen von
Muenchen nach Chemnitz zu ziehen da sich der Staat dann ein
wenig Sozialleistungen spart. Dass der Arbeitslose dadurch
laenger arbeitslos bleibt und langfristig viel mehr kostet hat
die FDP anscheinend nicht mit eingerechnet.
Oder sieht irgendwer in den FDP Plaenen eine Logik? Bitte
erklaert mir diese.

Die FDP wird sich schon was dabei gedacht haben. Die Hinzuverdienstmöglichkeiten für den Bürgergeldempfänger wären schon lukrativer als das was gegenwärtig gilt. Allerdings darf man nicht glauben, dass das den ALG2-Empfänger gegenwärtig vom Arbeitengehen abhält; denn zur Arbeit kann man nur dann gehen, wenn es Arbeit gibt. Und ob das von der FDP richtig eingeschätzt wird, mag durchaus bezweifelt werden.
Wo sollen denn all diese Jobs entstehen, wenn die Politik froh ist und bleibt, dass die gegenwärtig „angestellten“ Arbeitslosen immer noch als „Kurzarbeiter“ oder „1€Jobber“ bezeichnet werden dürfen.

Hallo,

Natuerlich, aber das muessen sie nun auch da der Teil des ALG
2 fuer den Lebensunterhalt (meist) pauschal ist. Nur koennen
ALG-Empfaenger in ihrer Wohnung bleiben (solange die Miete
nicht ueber dem Normalniveau liegt) und muessen nicht in ein
anderes Viertel oder eine andere Stadt ziehen.

ich verstehe es weiterhin nicht. Wenn der Empfänger zukünftig das gleiche Geld direkt bekommt, was vorher Miete und Grundsicherung in Summe ergaben, gibt es keine Veränderung. Angesichts der in Rede stehenden Beträge, sehe ich keine flächendeckende Reduzierung.

C.

Er bekommt nicht das gleiche Geld!

http://www.ftd.de/politik/deutschland/:fdp-vorstoss-…

Hallo!

die FDP fordert ein pauschales Buergergeld anstelle von ALG 2
Leistungen (welche sich aufteilen in einem Betrag zum
Lebensunterhalt und einen variablen Betrag fuer ortsuebliche
Mieten und Nebenkosten).

Ich dachte, das Bürgergeld soll gleich hoch sein ohne
regionale Unterschiede.

Sagt der UP doch: pauschal, also ohne regionale Unterschiede

Sagtest du nicht oben, es gäbe eine ortsübliche Leistung,
wegen der Mieten?

Nein, und genau das ist auch das Problem.
Undenkbar, dass ein Arbeitsloser, der von 662 Euro Bürgergeld leben muss, seine Wohnung in München behalten kann, wo man ein 1-Zimmer-Appartment kaum unter 400 Euro bekommt.

Da die Union einen solchen Zwangsexodus sowieso nicht mitmachen wird, müsste man dann doch irgendeine regionale Komponente einführen (Wohngeldzuschuss usw.) und -schwupps- wärs bald der gleiche bürokratische Aufwand wieder wie vorher (ich verweise hier auch auf den Link vom Peter weiter unten).

Ergo: ideologischer Schmarrn, der in dieser Form garantiert nicht Realität werden wird.

_ ℂ Λ ℕ Ð I Ð € _

Er bekommt nicht das gleiche Geld!

http://www.ftd.de/politik/deutschland/:fdp-vorstoss-…

Da stehen 662 Euro in Rede. Wieso ist das weniger als die bisherige Grundsicherung zzgl. Miete?

C.

Hallo Christian,

das Bürgergeld ist aus vielen Gründen Augenwischerei. Einiges dazu steht hier:

http://www.sueddeutsche.de/,tt3m1/politik/765/490145…

Die ganzen Vorteile, die die FDP nennt, sind keine (wie bspw. die Bedürftigkeitsprüfung, die auch bei Bürgergeld kommt, oder die Sanktionen, die es jetzt schon bei HartzIV gibt) bzw. sie kosten deutlich mehr Geld (wie die verbesserten Anreizsysteme, die auch jetzt schon möglich wären, so man das Geld ausgeben will)

Aber wo das Bürgergeld eben nicht funktioniert - das ist hier auch angesprochen worden: individuelle Vorgaben fallen weg:

  • die Miete in München ist eine deutlich andere als die in Chemnitz, die in Köln eine andere als in Großmenow oder Ulm und Aurich. Beispielrechnung: Regelbedarf derzeit 351 Euro. Bürgergeld 662. Macht für die Bruttowarmmiete 309 Euro. Immobilienscout München spuckt für diesen Betrag einen Hobbyraum und einen Tiefgaragenstellplatz aus - sonst nix!

  • Was die FDP mit den Leuten machen will, die zum Umzug gezwungen sind, wenn sie ins Bürgergeld rutschen, hat sie auch nicht gesagt. Bisher wird so ein Umzug übernommen. Wird er das auch künftig, ist wieder ein weitere Punkt weg, der die Verwaltung angeblich so sehr vereinfacht…

  • Besondere Zuschläge, derzeit Mehrbedarf genannt. Hierzu zählen Chronisch Kranke, Schwangere, Alleinerziehende. Auch da macht das Bürgergeld keinen Unterschied. Bei bestimmten Krankheiten erforderliche Geschichten wie Inkontinenzartikel, Verbandsmaterialien, besondere Ernährung etc. darf dann der Betroffene aus eigener Tasche bezahlen…

  • Krankenversicherung: Die Regelung ist reichlich schwammig formuliert. Eigentlich „als Pauschale Bestandteil des Bürgergeldes“. Das würde bedeuten, sie ist in den 662 drin und muss also davon noch bezahlt werden? Dagegen sprechen die Berechnungstabellen, die vom „ausgezahlten“ Bürgergeld sprechen. Was jedoch bleibt ist das zusammenlegen mit den Vorschlägen zu einer Gesundheitsreform bzw. mit dem jetzigen Zustand, der ganz schnell bedeuten würde, dass die Betroffenen dann auch drauf zahlen.

Das ist für mich ein typisches Beispiel von zu kurz gedacht. Erfunden von jungen, dynamischen Leuten, die ehrgeizig und leistunsgwillig ihren Weg gehen, aber noch nie haben in ihrem Leben mit Schicksalsschlägen oder größeren Hürden zu tun hatten (bzw. welchen, die ihnen kein anderer oder vorhandenes Geld erleichtert hat). Und genau diese Gruppe kann sich nicht vorstellen, wie es ist, wenn man mit einer chronischen Krankheit kämpft. Dass es Lebensläufte geben kann, die von Leistungen geprägt sind, die sich nicht in Lebensläufen und / oder dem Gehaltsstreifen widerspiegeln.

Deshalb ist dieses Bürgergeld im tiefen Sinne asozial - und die Ideen zur Gesundheitsreform ebenso…

LG Petra

Weil eben zu den Regelsätzen beim Alg II noch individuelle Leistungen und Zuschläge gezahlt werden.

http://www.sozialhilfe24.de/hartz-iv-4-alg-ii-2/leis…

Gruß
P.

Du sagst es überdeutlich. Danke für Deine Mühe.

Gruß
P.

Das Programm „ORWEL84“ läuft unaufhörlich weiter…

Hallo,

ich darf noch 'mal aus meinem ersten Artikel zu dem Thema zitieren: ich bin gegen das Bürgergeld. Aus diesem Grunde habe ich nicht vor, es zu rechtfertigen. Ich konnte nur mit dem prognostizierten Exodus von Schwabing nach Marzahn nichts anfangen.

Gruß
Christian

Weil eben zu den Regelsätzen beim Alg II noch individuelle
Leistungen und Zuschläge gezahlt werden.

Und das Bürgergeld wird in voller Höhe pro Kopf bezahlt. Was meinst Du, was da für Energien und Wohnräume freiwerden, wenn man sich nicht den halben Tag damit beschäftigen muß, den Eindruck einer Bedarfsgemeinschaft zu vermeiden.

Im übrigen: suche das Wort „flächendeckend“ in meinen vorherigen Artikeln.

C.

Hallo Christian,

das Bürgergeld wird nicht in voller Höhe pro Kopf gezahlt! Ab der zweiten Person gibts Abschläge.

Faktisch ist die Nähe zum ALGII riesig. Bürgergeld klingt nur cooler - und bringt eben die genannten Nachteile…

LG Petra