Hallo,
bei Vielem stimme ich meinen Vorposter zu, in einigen Dingen widerspreche ich jedoch
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Vorab: Ich weiß nicht, woher du deinen Welpen hast, ich vermute aber, dass die Prägung auf den Menschen nicht optimal gelaufen ist. Du musst vermutlich an bestimmten Dingen stärker arbeiten.
Es ist ganz richtig, dass du mit dem Zeitpunkt des Einzugs an der Erziehung und an den geltenden Regeln erbeitest. Hunde brauchen keine Eingewöhnungszeit. Sie lernen permanent - und sofortige Erziehung ist lediglich die Entscheidung dafür, den Hund Erwünschtes statt Unerwünschtem lernen zu lassen.
-Trainingseinheiten ohne Leckerlie sind fast zwecklos.
Das ist auch völlig in Ordnung so. Hunde sind Opportunisten, sie tun das, was ihnen nützt. Dinge, die der Hund TUN soll - also „Sitz“, „Platz“ oder „Komm“ funktionieren ganz hervorragend über positive Verstärkung in Form von Futter. Es gibt immer wieder Leute, die behaupten, das Gehorchen für Leckerchen sei „minderwertig“ und der Hund müsse die Leistung „für seinen Besitzer“ erbringen, aber das ist schlicht und ergreifend Blödsinn.
Diese Ansichten stammen aus der grauen Vorzeit der Hundeausbildung, wo sich Hundebesitzer auch gerne mal über ihre „triebstarken Alpharüden“ ausgelassen haben, die es zu dominieren galt. Der Einzige, der dabei hoch im Trieb stand, war in der Regel der Hundebesitzer.
Selbstverständlich leben Hunde hierarchisch und brauchen klare Rangbeziehungen, um zurecht zu kommen. Es ist aber keineswegs so, dass jeder Hund nur darauf lauert, endlich die Führung übernehmen zu dürfen - im Gegenteil: Die meisten Hunde sind heilfroh, wenn ihnen einer diesen Job abnimmt. Nur wenn der Mensch in der Führung versagt, übernehmen sie die vakante Position, weil ihr Instinkt ihnen sagt, dass irgendeiner das tun muss.
Heißt: Für ALLES, was der Hund wunschgemäß tut, kriegt er IMMER Futter. Solange, bis der Hund zu hundert Prozent verstanden hat, was er bei diesem Kommando tun soll. Dann kann man anfangen, zur variablen Bestätigung überzugehen: Der Hund wird nach wie vor IMMER gelobt, aber er kriegt mal Futter und mal wieder nicht. Die Futtergaben sollen dabei unregelmäßig und für den Hund nicht berechenbar erfolgen. Wenn ein Hund ein Kommando sicher beherrscht (und NUR dann) ist variable Verstärkung wirksamer als regelmäßige Verstärkung.
Wenn er meint ich habe nichts dreht er sich um und spielt mit irgendetwas oder läuft weg und legt sich hin.
Kluges Kerlchen
. Und kein Grund zur Sorge. Dem Hochspringen solltest du entgegenwirken, indem du ihn an der geschlossenen Hand mit dem Futter riechen lässt. Springt er hoch, sagst du ruhig „Nein“ und gehst einen Schritt zurück. Deine Hand ohne Futter bleibt dabei abwehrend in der Nähe seines Kopfes. Bleibt seine Konzentration bei dir, gibst du dann das Kommando und belohnst ihn sofort dafür. Dreht er sich weg, rufst du ihn wieder und zeigst ihm erneut die Hand mit dem Futter.
-Übungen wie Sitz und Platz funktionieren sehr gut
Achte von Anfang an darauf, dass der Hund so lange im Sitz oder Platz bleibt, bis du ihn aufstehen lässt. Das heißt, dass du ein Auflösungskommando wie „okay“ brauchst. Bei einem Welpen musst du schnell auflösen. Du sagst „Platz“, der Hund legt sich, kriegt Futter und du bleibst zu ihm gebeugt stehen und lässt die (wieder geschlossene) Hand mit den restlichen Leckerchen an seiner Nase, so dass er liegen bleibt. Nach zwei Sekunden sagst du „okay“ und richtest dich gleichzeitig auf, damit der Hund aufspringen kann.
Nach und nach lässt du die Hand etwas länger bei ihn und gibst ihm für das Liegen ein Leckerchen, bevor du wieder auflöst. So lernt der Hund, dass „Sitz“ und „Platz“ solange gehalten werden müssen, bis du ihn freigibst oder (wenn er älter ist) ein anderes Kommando folgt. Das erspart später das oft mühsame Einüben des Kommandos „Bleib“.
sobald es an das Hier oder Komm geht funktioniert es überhaupt nicht.
Wenn der Hund jedesmal Futter kriegt, WIRD es funktionieren.
Klar wenn wir mal eine kleine Runde im Wald drehen läuft er mir hinterher durch seinen Instinkt
Das ist gut. Rufe ihn unterwegs möglichst selten, denn er soll lernen, dass er auf dich achten muss, nicht umgekehrt. Stattdessen lobst du ihn IMMER sofort, sobald er von sich aus nach dir schaut und/ oder zu dir kommt. Dabei kannst du ihm auch immer mal wieder ein Leckerchen geben. Da der Hund das Kommen eigenmotiviert macht, kannst du hier von Anfang an variabel verstärken, also mal Futter, mal nicht. Wichtig: IMMER loben. Variiere dein Tempo, die Richtung, und bleib ab und zu stehen, ohne Kommandos zu geben oder allzu deutlich nach ihm zu schauen. Beobachte ihn aber aus den Augenwinkeln, damit du sofort loben kannst, sobald er sich freiwillig an dir orientiert. Du brauchst dabei übrigens keine irren Freudenausbrüche zu simulieren, ein freundliches „Fein!“ mit Blickkontakt zum Hund reicht.
Heute beim Tierarzt habe ich mich schon richtig geschämt, weil er einfach nicht rausgehen wollte
Für solche Situationen hat der Mensch die Leine erfunden. Anleinen, gehen und ihn zur Not hinterherziehen. Sanft, aber bestimmt und ohne stehen zu bleiben oder auf ihn einzuquasseln. Sobald er den Widerstand aufgibt: Loben.
zu ihm zum Spielen auf den Boden setze oder mich irgendwo hinlege fängt er unglaublich an zu bellen und teilweise auch schnappen.
Du bist ihm in diesen Positionen unheimlich. Er reagiert verunsichert. Bleib ganz ruhig sitzen und biete ihm immer wieder deine Hand an. Er darf drauf rumkauen, aber er darf nicht danach schnappen und er muss seine Beißstärke so reduzieren, dass er dir nicht weh tut. Ein bisschen Tribut musst du dem Welpengebiss zollen, denn die Zähne sind einfach noch furchtbar spitz. Der gleiche „Beißdruck“ nach dem Durchzahnen fühlt sich deutlich sanfter an.
Trotzdem musst du reagieren, wenn er schnappt.
Sein Schnappen und beißen ist sowieso besonders schlimm.
Er muss dringend lernen, dass er das nicht darf. Mit Fiepen und Ignorieren erreichst du das nicht.
Nimm ihn mehrmals am Tag auf den Arm und trage ihn herum. So wie du ihn bescheibst, wird er sich wehren, aber halte ihn einfach gut fest und rede sanft mit ihm. Auch wenn du am Boden mit ihm spielst, nimm ihn dir immer mal wieder und halte ihn einfach ruhig fest. Streichle auch bewusst immer wieder von oben seinen Kopf, idealerweise, indem du ihn gleichzeitig aus der anderen Hand fütterst. Er muss die Erfahrung machen, dass ihm dabei nichts passiert. Auch wenn er sich zunächst zur Wehr setzt: Das Ganze baut Vertrauen auf. Wichtig ist, dass du immer ruhig dabei bleibst.
Zerrspiele würde ich in diesem Alter lassen. Die Milchzähne sind nicht dafür gemacht. Für Zerrspiele ist immer noch nach dem Zahnwechsel Zeit. Vor allem in Kauseilen bleiben die kleinen Beißerchen gerne hängen und werden dann ausgerissen.
Eine Hundeschule wird euch beiden helfen. Achte aber darauf, dass du keine Welpengruppe wählst, wo die meiste Zeit damit verbracht wird, dass die Welpen miteinander spielen.
Schöne Grüße,
Jule