Hallo,
für mich wird eher umgekehrt ein Schuh draus: Private Betreiber schaffen es mit gutem Service Streckenführungen wieder wirtschaftlich zu betreiben, die die Bahn trotz aller Subventionen aufgegeben hat. Und nein, ich wundere mich darüber gar nicht. Denn was die Bahn sich an allen Ecken und Enden so leistet, spottet wirklich jeder Beschreibung. Als ich noch wöchentlich einmal die Strecke H - F fuhr, habe ich irgendwann begonnen Zuckungen zu bekommen, wenn während der kurzen Wartezeit am Bahnhof mehr als zehn Entschuldigungen für Verspätungen zu hören waren. Dass ich in fast zwei Jahren in F genau drei Mal die an sich bei pünktlicher Ankunft erreichbare S-Bahn dann auch tatsächlich bekommen habe, und nicht 20 Minuten am Bahnhof verbringen durfte, hat diese Tage ebenso wenig versüßt, wie ohne besonderen Hinweis ausfallende Züge, die dann den Feierabend auf jenseits 21:00 verschoben.
Die Online-Angebote sind schon deutlich besser geworden, aber da muss man sich eben auch ansehen, aus welch grottigem Zustand die kommen, und welches Potential die immer noch haben. Alleine schon, dass der Gelegenheitsfahrer seinen Account immer wieder neu anlegen muss, aber dabei keine alten Account-Daten nutzen kann, weil man mit denen zwar nicht mehr rein kommt, aber eine Neuanlage mit Hinweis auf einen vorhandenen Account verweigert wird.
Wusstest Du, dass es für die Bahn Ausländer 1. und 2. Klasse gibt? Ausländer 1. Klasse können online eine Fahrkarte mit Identifizierung per Ausweis buchen. Ausländer 2. Klasse nicht. Die müssen immer zum Schalter oder an einen der furchtbaren Automaten. Auch die sind schon deutlich besser geworden. Aber auch da gilt: Wo kommen die her, und was gäbe es da noch alles an Potential.
Da herrscht einfach immer noch eine massive Beamtenmentalität von Leuten vor, die im einer Betriebslogik leben, und verlangen, dass sich jeder zum Spezialisten zu machen hat, den man dann gnädigerweise zu befördern bereit ist. Wo kämen wir da hin, wenn der zunächst notgedrungene Gelegenheitsnutzer feststellen würde, wie einfach und toll Bahnfahren doch ist, und das dann häufiger machen würde?
Statt dessen gilt 0-Toleranz gegenüber ganz seriösen Menschen, die an der Komplexität des Systems scheitern, und drängt sich der Verdacht auf, dass man es als planmäßige Einnahme ansieht, wenn man jemand aufgrund kleinster Fehler oder Unachtsamkeiten erst mal richtig zur Brust nehmen kann. Ich kann mich noch gut an die Peinlichkeit erinnern, mal aufgrund mehrfacher Umbuchungen einen Fahrkartenausdruck nicht in Papierform dabei gehabt zu haben. Ja, es steht auf den Tickets drauf, dass man nicht ansatzweise so weit ist, wie es die Airlines schon lange sind, und sich daher weigert, den problemlos auch von einem Notebook-Bildschirm scannbaren Code von genau diesem abzulesen, um die Gewissheit zu haben, dass hier tatsächlich eine ordnungsgemäß gebuchte Fahrkarte vorliegt. Aber das volle Schwarzfahrerprocedere als Kunde mit Bahncard und „Bahncomfort“ - was für ein Hohn - über sich ergehen lassen zu müssen, zeigt wo man auf dem Weg Richtung Dienstleister steht. Und daran ändert dann auch der Monate später kommende Brief mit dem großzügigen Verzicht auf weitere Strafen, und der deutlichen Mahnung, dass man aber beim nächsten Mal dran wäre, wenig.
Gruß vom Wiz