Wie schaffen es Waisenkinder ohne Familie?

Hallo zusammen,

wie bewältigen Waisenkinder das Leben ohne Familie? Also solche, die schon als Kleinkinder ins Waisenhaus kommen und auch später nicht adoptiert werden? Erleben/erfahren solche Menschen dann nicht etwa Vernachlässigung, Einsamkeit, Isolation und psychosozialen Minderwuchs? Wie kommen sie später als Jugendliche und Erwachsene klar? Ohne elterliche Unterstützung. Ohne familiären Rückhalt. Vielleicht sogar ohne Freunde und dauerhafte Bezugsperson. Sind solche Menschen dann trotzdem Bindungsfähig, Beziehungsfähig und Leistungsfähig im Beruf?

Danke und Gruß,
Yedi386

Hallo Yedi,

das kann man nicht pauschal beantworten. Man weiß, dass sicher gebundene Kinder es leichter im Leben haben und später in der Regel problemlos auf andere zu- und Bindungen eingehen können. Diese Bindung passiert zwischen dem 2. und 5. Lebensjahr.

Die Bindungsperson muss nicht zwangsläufig ein Elternteil sein. Auch eine Erzieherin, die dem Kind die nötige Nähe und Sicherheit gibt, kann diese Funktion vollständig übernehmen. Unter Umständen hat ein Kind, das früh ins Heim kam und dort eine stabile Bindungsperson hatte, später weniger Probleme im sozialen Umgang, als eines, das zwar bei den Eltern lebte, aber keine sichere Bindung erfahren konnte.

Fehlen Bindungspersonen im Heim, fehlt dem Kind die sichere Bindung natürlich ebenfalls.

Bei Kleinkindern, die von ihren Familien getrennt werden, zeigt sich häufig problematisch, dass der kindliche Egozentrismus, der besonders stark zwischen dem 2. und dem 4. Lebensjahr existiert, beim Kind bewirkt, dass es sich schuldig an der Veränderung der Lebensumstände fühlt. Das Kind ist entwicklungsbedingt in dem Denken verhaftet, dass es selbst und sein eigenes Denken und Fühlen „die Welt regiert“. Wenn hier keine Trauer- und Trennungsbewältigung geleistet wird, kann sich das langfristig als traumatisierend auswirken.

Dann wäre da aber noch das Phänomen der Resilienz. Es gibt Kinder, die sich trotz widrigster Lebensumstände zu optimistischen, selbstbewussten und offenen Menschen entwickeln. Sie sind in der Lage, ihre Seele entsprechend zu schützen. Wie das genau geschieht, weiß man nicht, man geht aber zur Zeit davon aus, dass Resilienz nicht angeboren ist, sondern erlernt werden kann.

Du siehst: Es gibt durchaus gute Wahrscheinlichkeiten dafür, dass sich „Waisenkinder“ (meist handelt es sich je eher um Sozialwaisen, denn um elternlose Kinder) zu bindungs-, beziehungs- und leistungsfähigen Erwachsenen entwickeln.

Schöne Grüße,
Jule

Hallo,
seltsamerweise habe ich eine ähnliche Frage ins Kinder-Eltern Brett gestellt und es wurde gelöscht - bin daher auch sehr an den Antworten interessiert.

Viele Grüße
Chili

Hallo Jule,

die schöne Theorie entspricht häufig nicht der Praxis…

Du siehst: Es gibt durchaus gute Wahrscheinlichkeiten dafür,
dass sich „Waisenkinder“ zu bindungs-,
beziehungs- und leistungsfähigen Erwachsenen entwickeln.

Also, gute Wahrscheinlichkeiten gibt es m.E. nicht!
Beginnt schon damit, dass ein Kind nicht vom Säuglingsalter bis zum Jugendalter in einem Waisenhaus verbleibt. Sondern es wird erst im Säuglingsheim landen, dann im Kinderheim und anschließend in der Jugendhilfe.

Weiterhin: Das größte Problem stellt für die Kinder m.E. der frühe Beziehungsabbruch dar, sodenn das Kind nicht unmittelbar nach der Geburt abgegeben wurde.

Nicht zu vergessen: Heutigen Untersuchungen zufolge erfährt bereits der Embryo im Mutterleib die mütterlichen Gefühle. Wenn diese sich 9 Monate lang mit ablehnenden Gefühlen zu dem Kind rumgetragen hat, so wirkt sich auch dies negativ auf das Kind aus und möglicherweise auch auf die Bindungsfähigkeit.

Weiterhin sind die Heime auch nicht personell so toll besetzt, dass jedes Kind das Glück haben wird, eine konstante Bezugsperson zu haben. Bezugsperson reicht übrigens nicht, Gefühle müssen schon auch da sein. Auch wechselt das Personal häufig. Und auch wenn ein Kleinkind das Glück haben sollte von einer konstanten, liebevollen Bezugsperson, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese sie über Jahre begleitet, doch eher gering.

Der Faktor, dass das Kind funktionierende Beziehungen vorgelebt bekommt, fällt ebenfalls aus.

Ich stimme mit dir überein, dass es die Möglichkeit gibt, dass ein Kind, das von Geburt an im Heim aufwächst, später bindungsfähig wird, allerdings sehe ich die Chance als äußerst gering an und es müssen sehr viele positive Faktoren zusammenwirken.

Eine große Ausnahme sehe ich z.B. in SOS-Kinderdörfern, in denen das Kind nicht nur von Pädagogen, sondern von einer Ersatzmutter und familienähnlichen Strukturen umgeben ist. Hier stehen die Chancen m.E. weitaus besser.

Gruß,
jeanne

2 „Gefällt mir“

Hallo Jule,

Die Bindungsperson muss nicht zwangsläufig ein Elternteil
sein. Auch eine Erzieherin, die dem Kind die nötige Nähe und
Sicherheit gibt, kann diese Funktion vollständig übernehmen.

Es kommt nicht eine Erzieherin auf ein Kind - sie hat viele Kinder, um die sie sich kümmern muss, sie ist auch nicht rund um die Uhr da, sie wird auch mal krank, wechselt die Stelle, die Kinder das Heim und außerdem ist sie in erster Linie da um ihren Job zu machen (Kinderbetreuen NICHT Elternersatz). Sie können auch überlastet sein oder schlichtweg unsympathisch. Ein reiner Glücksgriff also, wenn sich eine Erzieherin einem Kind wie ihr „eigenes“ annimmt und ihm Liebe schenkt. Es ist eine sehr romantische Vorstellung, die nicht dem Geringsten der Realität entspricht.

Unter Umständen hat ein Kind, das früh ins Heim kam und dort
eine stabile Bindungsperson hatte, später weniger Probleme im
sozialen Umgang, als eines, das zwar bei den Eltern lebte,
aber keine sichere Bindung erfahren konnte.

Mag sein, oder auch nicht.
Lässt sich nicht überprüfen, diese Aussage.

Du siehst: Es gibt durchaus gute Wahrscheinlichkeiten dafür,
dass sich „Waisenkinder“ (meist handelt es sich je eher um
Sozialwaisen, denn um elternlose Kinder) zu bindungs-,
beziehungs- und leistungsfähigen Erwachsenen entwickeln. Die angesprochene Reli

Gute Wahrscheinlichkeiten sich als beziehungs- und leistungsfähige Erwachsene zu entwickeln haben Heimkinder nicht. Im Gegenteil, sie haben die absolut schlechtesten Wahrscheinlichkeiten dafür. Die angesprochenen Resilienz existiert zwar, gehören aber zur absoluten Minderheit und da man über deren Ursachen so wenig weiss, kann dadurch der Mehrheit nicht geholfen werden.

Ob das jetzt ein „Vorteil“ wäre Sozialwaise zu sein, als überhaupt keine Eltern zu haben, mag ich ebenfalls bezweifeln - der Schmerz zu wissen, dass man Eltern irgendwo da draussen hat, die sich aber entweder nicht um einen kümmern können oder wollen muss immens sein.

Als Heimkind hast Du kein Recht auf EINE Erzieherin, die sich liebvoll um dich kümmert und bis zu Deiner Volljährigkeit für dich da ist.
Es steht ohne Zweifel, dass es schreckliche Eltern gibt, wo ein Kind nach gesellschaftlichen Normen besser im Heim aufgehoben wären -darum ging es hier aber nicht.

Fakt ist, dass das Kind von der ersten großen Liebe seines Lebens verlassen wurde: von der Mutter. Der Vater konnte ebenfalls keine schützende Instantz bilden und das kann nicht ohne Konsequenzen verlaufen.

Die (inzwischen) erwachsenen Heimkinder, die ich kenne haben alle ein enormes Problem mit Nähe und Distanz.

Viele Grüße

3 „Gefällt mir“

Sehr interessant…
Hallo Jule,

danke für Deine Antwort. Mit der Resilienz befasse ich mich ohnehin schon! Das ist wirklich ein Phänomen für sich. Dennoch brauchen hochgradig zur Resilienz befähigte Kinder und Jugendliche trotzdem ein ganz wenig etwas Materie, Zuwendung und/oder Positives, woraus sie etwas machen können. Denn nur mit Leere, Vernachlässigung und/oder negativen Erfahrungen ist es einfach nicht vorstellbar… Das würde dann schon eher einem Wunderkind (Zauberer) gleichen, das sich selbst beim Schopfe aus dem Sumpf ziehen kann, - ja das quasi auch aus Nichts noch etwas machen kann. Hhhhmmm…

Tja, da haben Chili und Jeanne ja ganz schön gekontert und ich sehe Deine Antwort auch als ein wenig beschönigend, - wenngleich insgesamt doch recht gut. Aber was wird dann aus solchen Menschen als Erwachsene wenn sie es nicht ganz so glücklich geschafft haben bzw. schaffen? Werden es unnahbare Einzelgänger? Werden es psychisch Kranke mit Bindungsstörungen, insbesondere der Nähe- u. Distanzregulierung? Sind sie vielleicht anfälliger für die Ausbildung von Persönlichkeitsstörungen?

angeregte Grüße,
Yedi386

Hallo Chili,

Die Bindungsperson muss nicht zwangsläufig ein Elternteil sein. Auch eine Erzieherin, die dem Kind die nötige Nähe und Sicherheit gibt, kann diese Funktion vollständig übernehmen.

Es kommt nicht eine Erzieherin auf ein Kind - sie hat viele Kinder, um die sie sich kümmern muss, sie ist auch nicht rund um die Uhr da, sie wird auch mal krank, wechselt die Stelle, die Kinder das Heim und außerdem ist sie in erster Linie da um ihren Job zu machen (Kinderbetreuen NICHT Elternersatz).

Zweifellos; meistens hat sie viele Kinder. Und sie kann auch mal ausfallen, krank werden, usw. Aber das hat nichts mit Jules Aussage zu tun, die absolut zutreffend ist.

Dass sie

in erster Linie da [ist,] um ihren Job zu machen

ist eine Frechheit, sowohl den Institutionen als auch der konkreten Erzieherin gegenüber. Dafür ist sie NICHT in erster Linie da, wie du behauptest, um ihren ‚Job‘ zu machen und die (geringe) Knete zu kassieren. Es gibt da schon Affinitäten!!

Kinder zu betreuen kann kein ‚Job‘ sein. Also:

in erster Linie da um ihren Job zu machen Beruf auszuüben

(Kinderbetreuen NICHT Elternersatz)

Natürlich betreuen sie Kinder. Eltern zu ersetzen ist nicht ganz so einfach…, um es mal gelinde auszudrücken! Und dennoch gibt es Eltern, die sehr einfach zu ersetzen sind! Und ersetzt werden sollten! Im Extremfall sogar durch jeden beliebigen anderen. Und das bitte möglichst schnell und unwiderruflich und für alle Zeiten!! Mit Deckel drauf und Versiegelung.

Unter Umständen hat ein Kind, das früh ins Heim kam und dort eine stabile Bindungsperson hatte, später weniger Probleme im sozialen Umgang, als eines, das zwar bei den Eltern lebte, aber keine sichere Bindung erfahren konnte.

Mag sein, oder auch nicht.
Lässt sich nicht überprüfen, diese Aussage.

Diese Antwort ist in mehrfacher Hinsicht unsinnig! Dass ein Kind, das früh ins Heim kam, im eigenen Leben glücklicher werden kann als eines, das bei seinen Eltern geblieben wäre, wird niemand, der noch halbwegs bei Verstand ist, ernsthaft bestreiten können.
Und die Behauptung, dass diese Aussage sich nicht überprüfen lässt, ist schlichtweg absurd und lächerlich.
Jules Aussage ist zu 100% zutreffend und richtig.

Du siehst: Es gibt durchaus gute Wahrscheinlichkeiten dafür, dass sich „Waisenkinder“ (meist handelt es sich je eher um Sozialwaisen, denn um elternlose Kinder) zu bindungs-, beziehungs- und leistungsfähigen Erwachsenen entwickeln. [[Die angesprochene Reli]?? wo steht das?]

Gute Wahrscheinlichkeiten sich als beziehungs- und leistungsfähige Erwachsene zu entwickeln haben Heimkinder nicht. Im Gegenteil, sie haben die absolut schlechtesten Wahrscheinlichkeiten dafür.

Der zweite Satz ist Unsinn! In den meisten Fällen, in denen sie, also die Kinder, in ein Heim kommen, sind ihre Chancen zu einem bewältigbaren und annehmbaren Leben höher, als wenn sie bei ihren ‚Eltern‘ geblieben wären.

Die angesprochenen Resilienz existiert zwar, gehören aber zur absoluten Minderheit und da man über deren Ursachen so wenig weiss, kann dadurch der Mehrheit nicht nicht geholfen werden.

??? Völlig unverständlich, lieber nicht weiter nachfragen…

Ob das jetzt ein „Vorteil“ wäre Sozialwaise zu sein, als überhaupt keine Eltern zu haben, mag ich ebenfalls bezweifeln […]

Das kannst du nicht bezweifeln!! Wer überhaupt keine Eltern hat, existiert nicht!!

[…] - der Schmerz zu wissen, dass man Eltern irgendwo da draussen hat, die sich aber entweder nicht um einen kümmern können oder wollen muss immens sein.

Ohne jeden Zweifel. Da hast du recht. Und wer kümmert sich dann um das Kind? Die Alternative Müllkippe vs Eltern, wie zeitweilig im alten Rom (und andernorts) nach gesellschaftlichen Normen in Ordnung, kann es doch wohl nicht sein, oder?

Natürlich hat das Kind „Als Heimkind [???] kein Recht auf EINE Erzieherin, die sich liebvoll um dich kümmert und bis zu Deiner Volljährigkeit für dich da ist.“
Nein, natürlich nicht (ganz so 'natürlich doch nicht. Das hängt von der Leistungsfähigkeit der betroffenen Gesellschaft ab); aber es hat ein Recht darauf, von gewissen Eltern notfalls auch mit Gewalt weggeholt zu werden!!! Das ist es, worauf es ankommt!!

Es steht ohne Zweifel, dass es schreckliche Eltern gibt, wo ein Kind nach gesellschaftlichen Normen besser im Heim aufgehoben wären

Na, hör mal!! Ich hoffe doch, nach mehr als nur „gesellschaftlichen Normen“!!! Das Recht auf machbare Leidensminderung (um es mal möglichst allgemein auszudrücken) dürfte wohl über gesellschaftlichen Normen stehen!! Das ist eine Frage elementarster Ethik!! Und nicht irgendwelcher beliebiger belangloser gesellschaftlicher Normen. Von denen gibt es mehrere Dutzend!!! - Von „schrecklichen Eltern“ gibt es nur eine Sorte, und das ist kein gesellschaftliches oder moralisches Qualifikativ.

Also bei der Einstellung erscheint deine Einordnung der Kinderbetreuung in einem verständliche Licht. - Aber, es geht ja noch weiter:

Fakt ist, dass das Kind von der ersten großen Liebe seines Lebens verlassen wurde: von der Mutter.

Was ist daran Fakt? Die erste große Liebe eines Kindeslebens: die Mutter ?? - Und DU ermahnst andere, sich in der Realität umzusehen? Unglaublich!

Der Vater konnte ebenfalls keine schützende Instantz bilden

Mehrfacher Unsinn: 1) Wieso „konnte nicht“? - Das wäre gar nicht so schlimm. Der Regelfall sieht ganz anders aus!! 2) „schützende Instanz“ - Wenn es daran mangelte, wären viele Familien noch zusammen. Die Realität ist nicht ein Mangel an „schützender Instanz“! Welch eine Geringschätzung der Opfer spricht daraus!

und das kann nicht ohne Konsequenzen verlaufen.

Geht’s nicht noch ein bisschen allgemeiner? - Oder kennst du irgend etwas in diesem Universum, was ohne Konsequenzen verliefe?

Die (inzwischen) erwachsenen Heimkinder, die ich kenne haben alle ein enormes Problem mit Nähe und Distanz.

Ich kenne viele große Kinder, sprich Militärs, Politiker, Gärtner, Steuerberater, Rechtsanwälte, Chauffeure, Professoren usw., von denen allen die meisten nicht in Heimen waren. Probleme mit Nähe und Distanz haben sie allerdings alle. Ich denke mal, dass das mit dem hominideneigenen Selbstbewusstsein zusammenhängt. Sicherheit und Freiheit sind nunmal nicht vereinbar!

Warum antwortest du nicht direkt auf die (zugegeben zu schmal gefütterte) Frage von Yedi? Warum schreibst du stattdessen auf die absolut kompetente und in allen Punkten auf eine unzureichende Frage hin gegebene zutreffende und bestmögliche Antwort solch unsinniges Zeugs?

Und du behauptest, wie ich jetzt gerade oben sehe, an Antworten auf UPs Frage interessiert zu sein???

Gestatte mir meine begründbaren Zweifel
Boris

3 „Gefällt mir“

Hallo,

seltsamerweise habe ich eine ähnliche Frage ins Kinder-Eltern
Brett gestellt und es wurde gelöscht - bin daher auch sehr an
den Antworten interessiert.

Ich kenne den Grund für die Löschung nicht, bin kein Mod.
Habe aber deine Frage gelesen.
Du hattest speziell nach Menschen gefragt, die persönlich direkt betroffen sind.
Das ist was anderes.

Gruß
Elke

positives Beispiel
Hallo Yedi,

ich glaube kaum, dass es da eine Pauschalantwort gibt.

Persönlich kenne ich einen durchaus positiv verlaufenen „Fall“. Als Kleinkind in das Kinderheim gekommen, in der Schule gehänselt, bei Pflegefamilien gescheitert, Kindesmissbrauch im Heim etc pp.

Heute Filialleiter bei einem großen Deutschen Geldinstitut (hat sich vom kleinen Arbeiter Schritt für Schritt hoch gearbeitet), privat seit vielen Jahren in einer festen Beziehung.

Ein sehr angenehmer Mensch, der sicher (!!) unter all dem sehr gelitten hat - wie er erzählt - heute auch formulieren kann, was ihn damals verletzt hat. Es war wohl reiner Selbsterhaltungstrieb und auch Trotz, der ihm zu dem Ehrgeiz verholfen hat, das alles auch ohne Unterstützung zu schaffen.

Andere gehen daran kaputt.

Was ich auch nachvollziehen kann.

Grüße
A.A.

Hallo!

wie bewältigen Waisenkinder das Leben ohne Familie?

Das, was hier Probleme macht, ist nicht direkt der Umstand, daß jemand keine Familie hat, sondern die Folgeerscheinung, die damit häufig einhergehen - fehlende Bezugspersonenm, keine stabilen Bindungen, Einsamkeit, das Gefühl, nicht geliebt zu werden. Ich halte diese Differenzierung jedoch für wichtig, weil sie davor schützt, voreilige Zuschreibungen zu den Zuständen „lebt in einer Familie“ oder zu „ist ein Waisenkind“ zu treffen. Zum anderen besteht die Gefahr, aus der statistischen Wahrscheinlichkeit eine allgemeingültige Diagnose abzuleiten, ohne zu berücksichtigen, daß hioer nur eine mehr oder weniger große Wahrscheinlichkeit vorliegt. Dieser Fehler wird zum Beispiel häufig in der der Familienpolitik gemacht, wenn es um neue Gesetze und Verordnungen geht.

Ohne elterliche
Unterstützung. Ohne familiären Rückhalt.

Die man nicht als grundsätzlich gegeben voraussetzen kann, weil sie ebenfalls nur eine statistische Wahrscheinlichkeit darstellen.

Die mE korrekte Frage wäre also: Wie kommen Menschen, die in ihrer Kindheit Vernachlässigung, Einsamkeit und Isolation erlebt, damit in ihrem Erwachsenenleben klar?

Gruß,
Max

Gut gedacht… und Neuformulierung
Hallo,

gut und scharf gedacht, Denker. :wink:
Ich bin einverstanden! Stellen wir also diese Frage:

Wie kommen Menschen, die in ihrer Kindheit Vernachlässigung, Einsamkeit und Isolation erlebt haben, damit in ihrem Erwachsenenleben klar? Und wie kommen sie vor allem überhaupt damit im Leben zurecht (Lebensbewältigung), - auch vor Erreichen der 30 Geburtstagskerzen auf dem Kuchen?

Danke und Gruß,
Yedi386

Hallo,

vielleicht - um deinen Ansatz zu unterstreichen - sollte man auch noch erwähnen, dass es das „klassische“ Waisenkind in Deutschland eigentlich gar nicht mehr gibt.

Kinder, die wirklich in früher Kindheit beide Eltern verlieren und nicht innerhalb der Großfamilie bleiben können, finden relativ schnell Adoptiveltern.
Bei älteren Kindern ist das etwas anders, aber die Problemstellung ist für diese Kinder auch anders.

Kinder, die in Heimen in Deutschland aufwachsen, sind keine Waisenkinder.

Gruß
Elke

Hallo!

Kinder, die wirklich in früher Kindheit beide Eltern verlieren
und nicht innerhalb der Großfamilie bleiben können, finden
relativ schnell Adoptiveltern.

Ergänzend sei hinzugefügt: Selbst die Adoption in ein stabiles Umfeld kann jedoch nicht garantieren, daß der frühkindliche Verlust keine Spuren hinterlässt.

Kinder, die in Heimen in Deutschland aufwachsen, sind keine
Waisenkinder.

Stimmt. Und in solchen Fällen kann man durchaus bezweifeln, ob die Familie das bessere Umfeld gewesen wäre.

Gruß,
Max

1 „Gefällt mir“

Hallöchen!

Soweit ich weiß, sind die sogenannten Heime nur mehr zur vorübergehenden Unterbringung. Es gibt kaum noch Kinder, die tatsächlich in den Heimen leben für längere Zeit. Für die meisten können Pflegeeltern gefunden werden oder Adoptiveltern, auch Kinderdörfer sind eine Alternative.

In den Heimen wird auch versucht, die Kinder in Kleingruppen zu betreuen, bei denen die Betreuerinnen möglichst wenig wechseln. Im übrigen haben Untersuchungen an Kindern, die in den Familien leben, gezeigt, dass die Kleinen durchaus viele Bezugspersonen verkraften (bis zu 12) und sich auf jede einstellen können. Auch Kinder alleinerziehender Mütter haben oft viele Betreuerinnen, und täglich mehrmaligen Wechsel derselben.

Welche Chancen eine Sozialwaise hat normal beziehungsfähig zu werden, hängt in erster Linie davon ab, wie hoch die Schädigung durch die Ursprungsfamilie war, wie es das verarbeiten kann usw.

Beste Grüße

Waldi

Hallo,
ok. Danke für den Hinweis.

Viele Grüße

Hallo Boris & B,

Zweifellos; meistens hat sie viele Kinder. Und sie kann auch
mal ausfallen, krank werden, usw. Aber das hat nichts mit
Jules Aussage zu tun, die absolut zutreffend ist.

Ich bezog mich auf diesen Satz:
„Auch eine Erzieherin, die dem Kind die nötige Nähe und Sicherheit gibt, kann diese Funktion vollständig übernehmen.“

Natürlich kann das zutreffen, gehört aber genauso zur Seltenheit, wie auch die intensive Auseinandersetzung einer Pflegein mit einer Person im Altenheim - es ist schlichtweg einfach keine Zeit dazu, weil noch andere Aufmerksamkeit haben wollen, bzw. „versorgt“ werden sollen. Wir reden hier auch nicht explizit über deutsche Verhältnisse, sondern weltweit und da sind die Zustände in den Heimen oft verheerend. Einfach nur eine Aufbewahrungsstätte.

ist eine Frechheit, sowohl den Institutionen als auch der
konkreten Erzieherin gegenüber. Dafür ist sie NICHT in erster
Linie da, wie du behauptest, um ihren ‚Job‘ zu machen und die
(geringe) Knete zu kassieren. Es gibt da schon Affinitäten!!

Kinder zu betreuen kann kein ‚Job‘ sein. Also:

in erster Linie da um ihren Job zu machen Beruf auszuüben

Es ist keine Frechheit, sondern menschenverachtend und ganz bestimmt nicht meine Meinung.

Natürlich betreuen sie Kinder. Eltern zu ersetzen ist nicht
ganz so einfach…, um es mal gelinde auszudrücken! Und
dennoch gibt es Eltern, die sehr einfach zu ersetzen sind! Und
ersetzt werden sollten! Im Extremfall sogar durch jeden
beliebigen anderen. Und das bitte möglichst schnell und
unwiderruflich und für alle Zeiten!! Mit Deckel drauf und
Versiegelung.

Ja, da hast Du recht - aber auch das hinterlässt gewaltige Spuren in der Seele. Wir sollten doch hier nicht darüber diskutieren, was richtig oder falsch ist, sondern was ein solches Schicksal für das weitere Leben bedeutet.

Diese Antwort ist in mehrfacher Hinsicht unsinnig! Dass ein
Kind, das früh ins Heim kam, im eigenen Leben glücklicher
werden kann als eines, das bei seinen Eltern geblieben wäre,
wird niemand, der noch halbwegs bei Verstand ist, ernsthaft
bestreiten können.
Und die Behauptung, dass diese Aussage sich nicht überprüfen
lässt, ist schlichtweg absurd und lächerlich.
Jules Aussage ist zu 100% zutreffend und richtig.

Wenn die hungernde Frau mit das Baby, das aus einer Vergewaltigung stammt vor dem Waisenhaus abgibt, das Kind dann im Heim ebenfalls Hunger leiden muss, psychisch und physisch verwahrlost wird - wie kannst Du bitte aufwiegen, was besser oder schlechter für diesen Menschen war / wäre. Das ist nichts weiter als eine Behauptung. Dem Kind ging es schlecht, also wird es ihm im Heim besser gehen. Diese Rechnung geht aber leider nicht immer auf. Vor wissenschaftlichkeit kann hier auch keine Rede sein, da Du nie wissen kannst wie etwas war, wenn es nicht stattgefunden hat. Das ist naives Wunschdenken.

Gute Wahrscheinlichkeiten sich als beziehungs- und leistungsfähige Erwachsene zu entwickeln haben Heimkinder nicht. Im Gegenteil, sie haben die absolut schlechtesten Wahrscheinlichkeiten dafür.

Der zweite Satz ist Unsinn! In den meisten Fällen, in denen
sie, also die Kinder, in ein Heim kommen, sind ihre Chancen zu
einem bewältigbaren und annehmbaren Leben höher, als wenn sie
bei ihren ‚Eltern‘ geblieben wären.

Du stellst reihenweise absolute Wahrheiten hin, die nirgends überprüft werden können! Informiere Dich und gebe die Quellen an, bevor Du sowas aus dem Ärmel schüttelst. Weist Du wieviele Mädchen getötet werden oder ins Heim kommen, nur weil sie Mädchen sind? Meinst Du wirklich sie sind tot oder im Heim besser dran? Meinst Du nicht auch, dass Hintergründe für das Kind-Weggeben oft Armut und Verzweiflung ist und nicht die fehlende Liebe für das Kind?

Ob das jetzt ein „Vorteil“ wäre Sozialwaise zu sein, als überhaupt keine Eltern zu haben, mag ich ebenfalls bezweifeln […]

Das kannst du nicht bezweifeln!! Wer überhaupt keine Eltern
hat, existiert nicht!!

So ein Quatsch! Wieviele Menschen existieren ohne Eltern, ob im Heim oder bei Verwandten - Du meinst sie seien nicht da, weil sie keine Eltern haben? Das ist so substanzlos, dass man darüber gar nicht diskutieren mag.

[…] - der Schmerz zu wissen, dass man Eltern irgendwo da draussen hat, die sich aber entweder nicht um einen kümmern können oder wollen muss immens sein.

Ohne jeden Zweifel. Da hast du recht. Und wer kümmert sich
dann um das Kind? Die Alternative Müllkippe vs Eltern, wie
zeitweilig im alten Rom (und andernorts) nach
gesellschaftlichen Normen in Ordnung, kann es doch wohl nicht
sein, oder?

Hat auch keiner behauptet. Es geht erst mal darum die Familien zu stärken, damit die Kinder überhaupt eine Chance haben dort aufzuwachsen. Dann geht es darum qualifiziertes Personal für die Heime auszubilden - denn nach der liebevoll umsorgenden Erzieherin in den Kinderheimen von Rumänien, Bulgarien und Russland kannst Du lange suchen, sehr lange.

Natürlich hat das Kind „Als Heimkind [???] kein Recht auf EINE
Erzieherin, die sich liebvoll um dich kümmert und bis zu
Deiner Volljährigkeit für dich da ist.“
Nein, natürlich nicht (ganz so 'natürlich doch nicht. Das
hängt von der Leistungsfähigkeit der betroffenen Gesellschaft
ab); aber es hat ein Recht darauf, von gewissen Eltern
notfalls auch mit Gewalt weggeholt zu werden!!! Das ist
es, worauf es ankommt!!

?? Von welchen Eltern??

Na, hör mal!! Ich hoffe doch, nach mehr als nur
„gesellschaftlichen Normen“!!! Das Recht auf machbare
Leidensminderung (um es mal möglichst allgemein auszudrücken)
dürfte wohl über gesellschaftlichen Normen stehen!! Das ist
eine Frage elementarster Ethik!! Und nicht irgendwelcher
beliebiger belangloser gesellschaftlicher Normen. Von denen
gibt es mehrere Dutzend!!! - Von „schrecklichen Eltern“ gibt
es nur eine Sorte, und das ist kein gesellschaftliches oder
moralisches Qualifikativ.

Die Realität sieht leider etwas anders aus als Du und auch ich sie gerne hätte.

Fakt ist, dass das Kind von der ersten großen Liebe seines Lebens verlassen wurde: von der Mutter.

Was ist daran Fakt? Die erste große Liebe eines Kindeslebens:
die Mutter ?? - Und DU ermahnst andere, sich in der Realität
umzusehen? Unglaublich!

WAS genau verstehst Du daran nicht?

Der Vater konnte ebenfalls keine schützende Instantz bilden

Mehrfacher Unsinn: 1) Wieso „konnte nicht“? - Das wäre gar
nicht so schlimm. Der Regelfall sieht ganz anders aus!! 2)
„schützende Instanz“ - Wenn es daran mangelte, wären viele
Familien noch zusammen. Die Realität ist nicht ein Mangel an
„schützender Instanz“! Welch eine Geringschätzung der Opfer
spricht daraus!

Jetzt hört es leider auf. Ich kann Deinen wirren und substanzlosen Sätzen nicht folgen.

und das kann nicht ohne Konsequenzen verlaufen.

Geht’s nicht noch ein bisschen allgemeiner? - Oder kennst du
irgend etwas in diesem Universum, was ohne Konsequenzen
verliefe?

Du hast anscheinend die Frage nicht verstanden.

Die (inzwischen) erwachsenen Heimkinder, die ich kenne haben alle ein enormes Problem mit Nähe und Distanz.

Ich kenne viele große Kinder, sprich Militärs, Politiker,
Gärtner, Steuerberater, Rechtsanwälte, Chauffeure, Professoren
usw., von denen allen die meisten nicht in Heimen waren.
Probleme mit Nähe und Distanz haben sie allerdings
alle. Ich denke mal, dass das mit dem hominideneigenen
Selbstbewusstsein zusammenhängt. Sicherheit und Freiheit sind
nunmal nicht vereinbar!

Wieder nur ?? verstehe nur Bahnhof. Vielleicht mag ja einer übersetzen?

Warum antwortest du nicht direkt auf die (zugegeben zu schmal
gefütterte) Frage von Yedi? Warum schreibst du stattdessen auf
die absolut kompetente und in allen Punkten auf eine
unzureichende Frage hin gegebene zutreffende und bestmögliche
Antwort solch unsinniges Zeugs?

Den Ball gebe ich gern an Dich zurück.

Viele Grüße

2 „Gefällt mir“

Hallo,
das Problem mit „ich kenne jemanden“ ist, dass man in den Zwiespalt kommt über jemand anders zu schreiben. Das war auch ursprünglich meine Idee gewesen, nach direkt betroffenen zu fragen, wenn die können dann selbst entscheiden, ob sie antworten und wie weit sie gehen wollen.

Mich würde natürlich brennend interessieren, was diesen Menschen motiviert hat, wo er das Vertrauen zu sich und seinen Nächsten geschöpft hat - aber das wäre wahrscheinlich zu persönlich darüber zu schreiben ohne denjenigen nicht vorher um Erlaubnis zu fragen.

Viele Grüße

Hallo Elke!

Kinder, die in Heimen in Deutschland aufwachsen, sind keine Waisenkinder.

Aber es gibt vermutlich Ausnahmen, oder nicht?

Grüße

Andreas

Hallo,

Kinder, die in Heimen in Deutschland aufwachsen, sind keine Waisenkinder.

Aber es gibt vermutlich Ausnahmen, oder nicht?

Ausnahmen gibt es immer.
Aber Kinder, die beide Elternteile verlieren, haben fast immer ein „backup system“, entweder werden sie von jemand in der Großfamilie adoptiert oder die Eltern haben sich vorher Gedanken gemacht und im Testament Vorschläge hinterlassen. Wenn die nicht total unzumutbar sind, wird das JA diesem Arrangement zustimmen - schon allein auch aus Kostengründen und auch deshalb weil die Kinder die Ersatzeltern schon kennen und es für sie einfacher ist, als in eine völlig fremde Umgebung zu kommen.
Sollten Kinder beide Eltern verlieren und es gibt niemand, der sie nehmen kann, dann muss das Jugendamt suchen gehen. Sind es - grob gesagt - Kinder im Grundschulalter, gibt es fast immer Adoptiveltern, die ein solches Kind nehmen. Auch ältere Kinder, die aus einer mehr oder weniger intakten Familie kommen, finden relativ leicht Platz bei Pflegefamilien.
Problematisch ist eine Unterbringung bei Pflegefamilien eher bei Kindern, die bereits Verhaltensprobleme haben - dann sind sie aber eben selten Waisen, sondern können nur aus den verschiedensten Gründen nicht mit ihren leiblichen Eltern zusammenleben.

Und ich ahne es schon - du fragst für ein Buch.
Die Vorstellung eines Waisenkindes ist einfach romantisch und hat wenig mit der Realität gemein. Ich habe neulich gesehen, dass es sogar mindestens eine Trivialromanreihe gibt, in der dieses Thema immer wieder behandelt wird: Kind verliert Eltern und ist immer - trotz momentanter Probleme - im Grunde seines Herzens ein süßes, aufrichtiges Kind. Am Ende findet es Eltern, sei es die traurige junge Frau, die ein leibliches Kind betrauert (sollte sie keinen Mann haben, ist das Waisenkind gleich dafür verantwortlich ,dass sie einen abkriegt), sei es das entweder kinderlose Ehepaar oder das Ehepaar, das ein so großes Herz hat, dass es zu dem eigenen Kind ein weiteres, fremdes hinzunimmt. Nach der Lektüre eines Dreifach-Bandes dieser Reihe ist mir zwar klar, wer so etwas wohl liest, aber schütteln tut es mich trotzdem.

Gruß
Elke

2 „Gefällt mir“

Hallo Elke!

Interessanter Beitrag.

Und ich ahne es schon - du fragst für ein Buch.

Erraten.

hat wenig mit der Realität gemein.

Das möchte ich ändern. Schwierigkeiten sind es, und diese Thematik birgt eine Menge davon, die einen Roman, auch einen trivialen, spannend machen.

Vielen Dank für deine Hilfe!

Grüße

Andreas