Wie sind eigentlich die Menschen früher pünktlich

Guten Tag,

ich frage mich seit unserer letzten Geschichtsstunde ziemlich, wie es die Menschen früher (ich denke hier besonders zum Beispiel an Handwerker im Mittelalter) pünktlich auf zu stehen um ihren Laden zu eröffnen?

So eine Tumruhr zum Beispiel, oder einen durch die Straßen laufenden Uhrzeitschreier (Liebe Leute lasst euch sagen, die Uhr hat 12 geschlagen) hätten mich zum Beispiel nicht geweckt =)

Hallo,

So eine Tumruhr zum Beispiel, oder einen durch die Straßen
laufenden Uhrzeitschreier (Liebe Leute lasst euch sagen, die
Uhr hat 12 geschlagen) hätten mich zum Beispiel nicht geweckt
=)

Das mag wohl auch an dem liegen, was du am Abend vorher getan hast und was die Leute im Mittelalter eben nicht getan haben. Vielleicht hast du bis 2 h morgens Counterstrike gespielt. Damit tat sich ein mittelalterlicher Handwerker ein wenig schwer, da es weder Computer noch Elektrizität gab und das Spiel auch noch nicht erfunden war :wink:

Wenn du kein elektrisches Licht hast, wird es erstens nachts nicht so wirklich hell, außerdem ist das Licht (Kerzen etc.) ungleich teurer. Probier’s mal aus und beleuchte dein Zimmer ein paar Tage lang nur mit Teelichtern. Das kostet, ist unpraktisch und trotzdem noch nicht so hell, wie du es gewohnt bist.

Mit anderen Worten: Man ging notgedrungen eher zu Bett. Was sollte man auch abends im Schein einer Talgfunzel noch groß unternehmen?

Abgesehen davon gibt es morgens ja nicht nur den Uhrzeitausrufer. Da fangen zuerst die Vögel an zu zwitschern, dann die Hähne (Plural) in deiner Umgebung an zu krähen. Die Babys bekommen vielleicht nun auch Hunger. Nun wachen schon die ersten Menschen in deiner Nähe auf. Vielleicht öffnen sie einen Fensterladen oder eine Tür, gehen mit ihren Holzpantinen über die Straße vor deinem Fenster oder was auch immer.

Da wünsche ich viel Spaß beim Ausschlafen. Glaub mir, du würdest aufwachen :wink:

Übrigens, was den Laden angeht. Vielleicht haben da auch einfach schon die ersten Kunden an die Tür geklopft … es gab ja nicht wie heute feste Öffnungszeiten. Du musstest also nicht um punkt 7:15 h in deinem Laden stehen. Dein Typ war gefragt, wenn der erste Kunde etwas kaufen wollte. Einmal war’s vielleicht um 6:00 h, das nächste Mal, nach einer ausschweifenden Feier am Vorabend, vielleicht erst gegen 11:00 h.

Schöne Grüße

Petra

… und man sollte weiter bedenken, dass es keine Schallschutzfenster (wenn überhaupt) gab, bei Handwerkshäusern keine massiv gemauerten Wände, keine Betondecken, sondern Holzdielen, etc. Und man schlief ja nicht alleine, sondern zu fünft, sechst, acht in einem Raum, wenn nicht sogar in einem Bett.

Sprich: Ein Hahnenschrei sollte ausgereicht haben, um einen Schläfer zu wecken. Und sollte man das wirklich einmal nach durchzechter Nacht überhört haben, dann war Gerumpel im Haus kurze Zeit später nun wirklich nicht mehr zu ignorieren.

Naja, und mit der Pünktlichkeit im vorindustriellen Zeitalter war es auch so eine Sache. „So gegen Mittag“ war da schon eine präzise Zeitangabe.

Das heisst zusammengefasst, würde ich sagen: Damals waren die Menschen nicht pünktlich, jedenfalls nicht in unserem heutigen Sinn.

Hallo

Für die breite Masse der Bevölkerung war der Hauptanhaltspunkt für die Tageseinteilung das Läuten der Kirchenglocken, die regelmäßig ertönten.
Die mittelalterlichen Menschen erfuhren die Zeit nicht vorwiegend visuell, sondern durch den Klang.

Aus „Das Weltbild des mittelalterlichen Menschen - Gurjewitsch“

sg

Hallo

ich frage mich seit unserer letzten Geschichtsstunde ziemlich,
wie es die Menschen früher (ich denke hier besonders zum
Beispiel an Handwerker im Mittelalter) pünktlich auf zu stehen
um ihren Laden zu eröffnen?

So eine Tumruhr zum Beispiel, oder einen durch die Straßen
laufenden Uhrzeitschreier (Liebe Leute lasst euch sagen, die
Uhr hat 12 geschlagen) hätten mich zum Beispiel nicht geweckt

Generell muß man sagen, das die Turmuhren, wie wir sie heute kennen, als mechanische Uhrwerke, erst mit dem beginnenden Spätmittelalter in Europa Einzug hielten. (ca. Mitte 14. Jh) Vorher waren meist nur Sonnenuhren o.ä. im Gebrauch und auch diese nicht von Interesse für die breite Masse.

Einen Interessanten Ausflug in die Geschichte der Zeitmessung kannst du hier unternehmen;
http://www.phaenomen.de/deutsch/start.html

Zeitmessung war vor dieser Epoche auch kein Thema der der einfachn Leute und diente meist nur, Geistlichen und Klostergemeinschaften zur Einhaltung von bestimmten Gebetszeiten oder rituellen Handlungen mit zeitlicher Relevanz.

Auch die Einteilung der Zeit als Arbeitszeit (d.h. Arbeitstag mit Anfang und Ende) gewann erst mit etwa dem 12. Jh, der großen Phase der Städtegründungen, an Bedeutung. Die Ansiedlung größerer Menschenmassen an einem Platz machte es zwangsweise notwendig, das Zusammenleben zu regulieren.

Hier eine Buchempfehlung:
Tzotcho Boiadjiev, Die Nacht im Mittelalter, Würzburg 2003

Hier findest du auch interessante Erkenntnisse und Quellenbelege zum Thema Regulierung der Zeit, Nachtarbeit, Stundenstruktur, Nachtmenschen etc., was natürlich auch viel über das Zeitverstädnis der Menschen sagt.

Der Laden wurde geöffnet, wenn der Fleischer am Morgen soweit war und der Bauer ging vom Acker, wenn das Licht am Abend weniger wurde.

Die Frage der Pünklichkeit stellte sich im Mittelalter nicht im Sinne einer neuzeitlichen Interpretation. Erst mit dem voranschreitenden späten Mittelalter wurde der Tag durch Turmuhren und Stundenläuten immer feingliedriger und damit entwickelte sich auch das Zeitverständnis der Menschen neu.

Gruß Parzival

Uhren waren ja in den meisten kleinen Bauerndörfern nicht vorhanden, die waren einfach zu teuer

Aber die aufwachenden Hühner und das Gsechrei der hungrigen Schweine und Rinder, die hätten auch Dich geweckt…

Auf die Minute war wohl niemand pünktlich. Da hieß es eher mal, ich komme am Abend vorbei. Die innere Uhr war wohl auch ausgeprägter, weil man noch mehr im Verbund mit der Natur lebte. Ein Bauer wurde beispielsweise in der Früh von seinem sich regenden Vieh, das wollte, dass man sich seiner annimmt, geweckt und nicht nur von seinem Hahn. Das schon erwähnte Tageslicht bzw. fehlenden elektrische Licht, Letzteres irritiert ja schon unsere innere Uhr, wurde ja schon erwähnt. Außerdem weiß auch heute noch jeder, der mit Viehchern zusammenlebt, etwa einem Hund, wann er aufzustehen hat: Wenn der vierbeinige Freund Gassi gehen will und Hunger hat.