Hallo André,
der Aufwand wäre mir doch zu groß.
„Aufwand“ macht den Unterschied zwischen Genuss und der bloßen Abdeckung physiologischer Bedürfnisse aus. „Aufwand“ ist der Ursprung der Kultur.
Dann wäre es eher einfacher, den Tee lose in der Kanne ziehen
zu lassen um ihn dann direkt in die Tasse zu gießen.
Das geht aber nur mit Tee, der auch grob genug ist.
Noch einfacher wäre es, einfach Leitungswasser direkt vom Zapfhahn zu trinken. Damit spart man sich auch noch den Zeitaufwand für das Erhitzen des Wassers und das lästige Abspülen. Doch diese grundsätzlichen Anmerkungen einmal beiseite gelassen - mit einer vernünftigen Teekanne ist das überhaupt nicht aufwendig und Du kannst damit natürlich auch kleinblättrigen Tee aufgießen. Idealerweise benutzt man eine japanische kyusu aus Tokoname-Ton. Die haben ein eingebautes Sieb - traditionell aus Ton (wie auch ihr klassisches Vorbild, chinesische Yixing-Kännchen aus Zisha-Ton), moderne aus Edelstahl. Bei letzteren sind speziell die mit ‚Panoramasieb‘ zu empfehlen; dieses kleidet die ganze innere Rundung der Kanne aus und sitzt nicht nur vor dem Ausguss.
Die Größe einer kyusu (typisch 0,2 l) ist genau richtig für eine große Teeschale. Durch Stehenlassen in der Kanne (womöglich noch auf einem ‚Stövchen‘) wird Tee (auch abgegossener) nämlich nicht besser - den Plörregeschmack muss man dann zwangsläufig mit Zucker und Milch oder Zitronensaft notdürftig kaschieren …
Bei Grüntee kann man so auch problemlos mehrere Aufgüsse zubereiten. Zum Entfernen der Teeblätter nach Gebrauch einfach die Kanne unter leichtem Klopfen ausschütten, kurz mit Wasser ausspülen - fertig. Keine unhygienischen Baumwollnetze, kein geschmacksverfälschendes Papier im Tee.
Beuteltee ist im Bereich der Getränke das Äquivalent von Separatorenfleisch (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Separatorenfleisch) - etwas, das mit „Ess- und Trinkkultur“ nur noch im ethno- und soziologischen Sinne etwas zu tun hat, nicht aber im gastrosophischen Sinne. Da wäre es vielmehr angebracht, von ‚Unkultur‘ zu sprechen.
Freundliche Grüße,
Ralf