Wie Verbrauchen und Produzieren Pflanzen Sauerstoff

Alle grünen Pflanzen (darunter auch Grünalgen) sowie Cyanobakterien produzieren Sauerstoff mittels Photosynthese (http://de.wikipedia.org/wiki/Photosynthese). Im Prinzip wird dabei mithilfe von Lichtenergie Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff gepalten. Dabei gewinnt die Pflanze schon biochemisch nutzbare Energie. Der Wasserstoff dient als Ausgangsstoff für biochemische Synthesen. Er wird letzlich an Kohlendioxid (CO2) gebunden, welches zusammen mit dem Wasserstoff dann die Kohlehydrate bildet, welche die Grundlage für alle weiteren Biosynthesen sind (von Proteinen, Lipiden, Nukleinsäuren; allgemein: Biomasse). Außerdem dienen Kohlehydrate der Pflanze auch noch als Brennstoff zur Energiegewinnung. Der bei der Wasserspaltung freiwerdende Sauerstoff (O2) wird von der Pflanze während der Photosynthese nicht benötigt und abgegeben.

Pflanzenteile, die keine Photosynthese betreiben (z.B. Blütenblätter, Rinde von Bäumen, Wurzeln, keimende Samen, i.a. alle nicht-grünen Pflanzenteile sowie auch grüne Pflanzenteile, die sich im Dunkeln befinden), benötigen auch Energie. Sie gewinnen diese in der gleichen Weise wie alle anderen aeroben (luftatmenden) Lebewesen auch: Durch die Verbrennung von Kohlehydraten (http://de.wikipedia.org/wiki/Zellatmung). Diese Verbrennung, auch Zellatmung genannt, ist im Prinzip eine rückläufige Photosynthese, d.h. hier wird Kohlenwasserstoffen der Wasserstoff wieder entzogen, wobei als Rest wieder CO2 frei wird. Der Wasserstoff wird mit Sauerstoff verbunden, wobei wieder Wasser (H2O) entsteht. Bei dieser Reaktion wird viel Energie frei, welche die Zelle biochemisch bindet und alle möglichen Lebensvorgänge nutzt. Es gibt auch Pflanzen, die gar keine Photosynthese betreiben (sog. Schmarotzer wie die Schuppenwurz oder manche Orchideen). Diese setzen keinen Sauerstoff frei, verbrauchen aber natürlich Sauerstoff in der Zellatmung. Die benötigten Kohlenwasserstoffe werden hier eben nicht von der Pflanze selbst hergestellt, sondern dem Wirtsorganismus entzogen.

Tatsächlich produzieren und verbrauchen Pflanzen Sauerstoff also gleichzeitig.

Solange eine Pflanze Photosynthese betreibt und dabei wächst (also Biomasse aufbaut), setzt sie mehr Sauerstoff frei, als sie verbraucht. Je nach Pflanzenart, Licht- und Wasser-Versorgung und Temperatur kann die Bilanz zwischen O2-Erzeugung und O2-Verbrauch also positiv wie auch negativ sein. Gleiches gilt auch für das CO2. Es gibt einen arttypischen Lichtkompensationspunkt , an dem die Pflanze genausoviel O2 erzeugt, wie sie verbraucht (dieser Punkt liegt bei 100-500 Lux). Bei weniger Licht haben die Pflanzen einen Netto-Verbrauch, bei mehr Licht haben sie eine Netto-Produktion von O2.

Bei sehr hohen Temperaturen (40-50°C) überwiegt ein als " Photorespiration" bezeichneter Effekt (http://de.wikipedia.org/wiki/Photorespiration), der in der Bilanz wie die Atmung aussieht (O2-Verbauch und CO2-Freisetzung), aber komplizierte andere Ursachen hat. Manche Pflanzen aus sehr trockenen und sonnigen Habitaten (zB. Kakteen) halten sich Tagsüber „geschlossen“, um nicht unnötig Wasser zu verlieren. Damit können sie auch kein CO2 einatmen und fixieren. Das machen sie stattdessen nachts (http://de.wikipedia.org/wiki/CAM-Pflanzen). Bei regelmäßigen Tag-Nacht-Wechseln haben diese Pflanzen nachts trotzdem einen CO2-Netto-Verbrauch. Die entsprechende O2-Netto-Produktion folgt aber erst tags darauf.

Pflanzen setzen netto nur Sauerstoff frei, solange sie wachsen, also an Biomasse zunehmen. Wenn die pflanzliche Biomasse verbrannt wird, verrottet oder veratmet (von Pflanzenfressern) wird, so wird der gesamte in der Biomasse gebundene Wasserstoff wieder mit Sauerstoff verbunden, und das gesamte gebundene CO2 wird wieder frei. Im ökologischen Zyklus ergibt sich somit ein verwobener Stoffkreislauf der Elemente Kohlenstoff ©, Wasserstoff (H) und Sauerstoff (O), die in Form unterschiedlicher Verbindungen (Wasser und CO2 einerseits sowie Kohlehydrate bzw. Biomasse und O2 andererseits) in den Ökosystemen vorliegen. Die Menge an Pflanzen hat praktisch keinen Einfluß auf die Menge an Sauerstoff in Atmosphäre und in den Weltmeeren. Mehr Pflanzen würden mittelfristig nur die Geschwindigkeit der Stoffflüsse durch diesen Kreislauf erhöhen, weil in einer gegebenen Zeit gleichzeitig mehr Pflanzen wachsen und ebenso mehr Pflanzen absterben, verrotten und gefressen werden. Eine langfristige Zunahme der Sauerstoffmenge durch Pflanzen ist nur dann möglich, wenn verhindert wird, dass die durch die Photosynthese aufgebaute Biomasse verrottet, verbrannt oder gefressen wird. Das geht nur, wenn man die Biomasse luftdicht abschließt, so dass kein Sauerstoff zur Zersetzung der Biomasse zur Verfügung steht. (Siehe auch Frage „Wo kommt der Sauerstoff in der Atmosphäre her?“)

Für diesen Beitrag vielen Dank an Jochen Wilhelm und Ole Ziemer!