Wie viel Haut durfte die Frau zeigen?

Liebe Historiker!

Aus Anlass der immer wieder aufkehrenden „Schleier-“, „Hijab-“ und „Burkadiskussion“ frage ich mich, wie sehr sich die Frauen des christlichen Mitteleuropas in früheren Zeiten bedecken mussten.

Meine These ist, dass es im Mittelalter, in der Neuzeit und auch noch im frühen 20. Jh. gesellschaftliche Regeln des „Bedeckens“ für Frauen gab, die denen heutiger islamischer Gruppen ähneln.

Gab es die Verpflichtung, das Haar zu bedecken? Der Unterkörper musste sicherlich zu vielen Zeiten und Orten vollständig vom Rock bedeckt werden? Durften die Unterarme oder die Füße zu sehen sein?

Vermutlich gibt es keine generellen Antworten, da je nach Zeit, Ort, Stand und vielleicht auch gesellschaftlichem Anlass die Bräuche sicherlich variiert haben.
Also, was durften europäische Frauen früher nicht zeigen?

Wer weiß was?
Gespannte Grüße!
Karl

Die Frage solltest du anders herum stellen…wer verdient an welcher Bekleidung denn jeweils am besten ???

Hallo Karl,

was eine Frau zeigen durfte, hing in erster Linie von ihrem Stand ab. Je mehr bedeckt, je höher der Rang. Zwischen Halsausschnitt und Waden hatte bei allen Frauen „alles zu“ zu sein. Ausnahmen bildeten nur Ammen.

Verheiratete Frauen trugen je nach Stand Hauben, Kopftücher, Schleier mit oder ohne Stirnreif. Die adelige Dame trug bodenlange Kleider, die Bäurin nur wadenlang, da sie auf dem Feld mitarbeiten musste. Lange Ärmel waren nur dort üblich, wo die Frau nicht Gefahr lief, sie bei der Arbeit zu beschmutzen. Das zwang alle Frauen, die kochten oder sonstwie Gefahr liefen, sich die Hände oder Unterarme schmutzig zu machen, entsprechend kürze Ärmel zu tragen.

Liebe Grüße
Hagazussa

Meine These ist, dass es im Mittelalter, in der Neuzeit und
auch noch im frühen 20. Jh. gesellschaftliche Regeln des
„Bedeckens“ für Frauen gab, die denen heutiger islamischer
Gruppen ähneln.

Kaum, wenn man sich Gemälde z.B. von Katharina der Großen aus dem 18. Jahrhundert:

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/0a/V…

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/8/8a/M…

oder Queen Victoria aus dem 19.Jahrhundert anschaut:

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/2/20/A…

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/2/23/J…

Im Übrigen, siehe:

http://de.wikipedia.org/wiki/Dekollet%C3%A9

http://de.wikipedia.org/wiki/Kleidung_im_Mittelalter

http://de.wikipedia.org/wiki/Dirndl

Hallo,

Hagazussa hat ja schon einiges beantwortet…

Das Mittelalter war in vielen Bereichen freizügiger als spätere Jahrhunderte.
Auch war die „Bedeckung“ stark abhängig von deiner Volkszugehörigkeit und Religion.
Wikingerfrauen (Norddeutsch) hatten keine vorgeschriebene Kopfbedeckung zu tragen.
Der Kopf wurde nur aus praktischen Gründen verhüllt (Kälte, Schmutz).
Gleiches gilt für die Kleidung. Kurze Tuniken und Ärmelfrei war kein Problem.
Um niemanden zu „verführen“ hielt man sich auf Festen und Treffen (mit Alkohol) stärker bedeckt als zum Beispiel daheim,
Die Röcke bedeckten meist noch das Knie, waren aber ansonsten unterschiedlich lang und figurnah geschnitten.

Gleiches gilt für die Friesen.

Auch bei den Protestanten der späteren Generationen galt die Verhüllung zwar als „schicklich“, war aber deutlich großzügiger ausgelegt als bei den Katholiken.

Im 18. Jahrhundert, im Zuge der Aufklärung,galt die Tändelei als geradezu chic. Dazu gehörten auch verlockende Ausschnitte und raffinierte Kleider. Besonders der Adel genoß diese Freizügigkeit.

Das 19. Jahrhundert übertrieb dann maßlos mit der Schicklichkeit (bis hin zu Königin Victoria).
Es gab religiöse Wiedererweckungsfeste in ganz Europa.
Begriffe wie Unschuld und Züchtigkeit erreichten eine völlig neue Dimension. Hier wurde bedeckt und verschleiert, was das Zeug hielt.

In den 20er Jahren des 20.Jh. hatten die Frauen dann aber endgültig die Nase voll!
Der Zopf kam ab und mit ihm die Haube und der bodenlange Rock…!

Es grüßt
Yvisa

In liturgischen Feiern
In der Kirche hatten die Frauen das Haupt zu bedecken, die Männer durften es nicht bedeckt haben. Das geht auf eine alte biblische Vorschrift zurück, die in der Gemeinde des Apostels Paulus galt (Korintherbrief).

Gruss,
Mike

Vielen Dank für die interessanten Infos! owt
.

Nachtrag zu div. Antworten:
Vielleicht ist es erwähnenswert, daß (vor allem im Italien des 15. Jhrd) die Freizügigkeit der Damen hinsichtlich Bekleidung recht groß war. Allerdings bevorzugt bei Adel oder reichen Kaufleuten. Der untere Stand war da - auch mangels finanz. Möglichkeiten - viel „schamhafter“. Allerdings gab es im 11./12. Jhrd. durchaus eine Kleidertracht der Damen (mit Unter-/Überkleid, sowie Haube) die durchaus einer auch heute noch üblichen Nonnenbekleidung entspricht.
Gruß
History55