Hei Jenny,
endlich mal ne interessante Frage, sonst wollen die Leute immer nur Hartz IV Sachen wissen.
Fangen wir mal mit der Dolchstoßlegende an. „Im Felde unbesiegt…“, hieß es von Seiten der NSDAP und DNVP. Während die Hitler-Partei etwas völlig Neues schaffen wollte, sehnten sich die anderen nach der Kaiserzeit zurück, als die Welt noch 'in Ordnung’war. Einig war man sich im Haß auf die Republik, was mit ein Grund für die spätere Koalition war. Bei Licht betrachtet, hat Adolf damit den NS verraten, denn das waren genau die Leute, die am 9. Nov. 1923 auf seine gestiefelten Marschierer geschossen hatten. Aber das ist ein anderes Thema.
Wie das Verhältnis der DVP zur Dolchstoßlegende war, ist mir nicht bekannt. Aber nach Lage der Dinge waren sie vermutlich dagegen, schon weil es ein Propagandamittel der NS-Partei war. In etwa wie heute, wenn die NPD mit ‚Ja‘ stimmt, votieren die übrigen Parteien aus Prinzip mit ‚Nein‘. Man ist halt gerne unter sich und möchte, daß alles so bleibt wie es ist. Das hat inzwischen auch die Linke eingesehen, die sich volksnah gibt, aber in Berlin Hartz IV mit durchgewunken hat. Ich weiß, mit den Vergleichen ist das immer sone Sache,
)).
Wie deutlich geworden ist, waren die Deutschnationalen eine restaurative Partei. Bei den Nazis muß ich etwas weiter ausholen. Nun verhielt es sich so, daß keine der etablierten Parteien es verstand, die Jugend an sich zu binden, die besonders unter den immer schlimmer werdenden Verhältnissen zu leiden hatte. Der Aufstieg der NS-Partei war sozusagen ein Ansturm der Jungen auf die Privilegien der Alten. Die Situation sah damals folgendermaßen aus: Sozial- und Christdemokraten (Zentrum) im Bunde mit den Liberalen (DVP)erwiesen sich als unfähig, die wirtschaftlichen wie finanziellen Probleme der jungen Demokratie zu lösen. Millionen Deutsche gerieten in Existenznot – sie verloren ihre Arbeitsplätze, Ersparnisse und nicht zuletzt die Zukunftshoffnung. Unternehmen meldeten Insolvenz an, Banken krachten zusammen. Gleichzeitig bereicherte sich eine kleine Schicht von Spekulanten: Kriegsgewinnler, im trauten Verein mit Bankstern, Börsianern und sonstigen Finanzjongleuren, die schon damals die Freiräume genutzt haben, die ihnen von der Politik geboten wurden.
Daß das größtenteils Juden waren, paßte vortrefflich in die NS-Propagandamaschinerie. Im ersten Jahrzehnt der Republik von Weimar, also in den goldenen 1920er Jahren, hatte der jüdische Einfluß, sowohl auf das kulturelle wie auf das wirtschaftliche Leben, seinen Höhepunkt erreicht. Mit einiger Berechtigung wurde der neue Staat, der seine Verfassung dem jüdischen Politiker Hugo Preuß verdankte, vielerorts als ‚Judenrepublik‘ diskreditiert. Die Berliner Regierung hatte ihr Übriges dazu beigetragen und zahlreiche Juden zu Repräsentanten des neuen Establishments ernannt. Die Nationalsozialisten spotteten in diesem Zusammenhang von den Berliner Regierungsbeschnittenen.
Der Antisemitismus war natürlich nicht der ausschlaggebende Grund, AH zu wählen. Das wußte der Führer genau, weshalb die antijüd. Propaganda zurückgefahren wurde, als sich die Sektierer zur Massenpartei entwickelten. Die Nazis waren auch gegen die Republik, weil sie Deutschland von den Fesseln des Versailler Vertrags und der ‚Zinspeitsche der Judenbörse‘ befreien wollten. Despektierlich titulierten sie die Vertreter des Establishments als Erfüllungspolitiker, die am Volk vorbeiregierten und sich die Taschen vollpackten, während es dem kleinen Mann, dem besonders die Sozen goldene Berge versprochen hatte, immer dreckiger ging.
So, jetzt mache ich erstmal Schluß, damit du das noch einarbeiten kannst, wenn es denn in deine Arbeit paßt.
LG
Martin