Wie weit geht der zölibat wirklich?

Hallo!
Nach einigem Suchen in diversen Internetseiten jedoch mit mäßigem erfolg wollte ich folgende Fragen beantwortet haben:
wie weit geht der zölibat in der röm. katholischen kirche wirklich? wie sieht es mit geheimen/öffentlichen beziehungen aus?
wie sieht es mit kindern aus künstlicher befruchtung aus?
was passiert mit geistlichen, die suspendiert werden, weil sie heiraten wollten? gibt es geistliche, die nur wegen einer öffentlichen beziehung suspendiert wurden?
wie schnell kann man vom röm. kath. in griechisch kath. => heiraten und anschließend wieder zurück konvertieren?

lg und danke
martin

Unziemlich weit - owT
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Hallo Erdbeergulasch

der Zölibat ist das Leben ohne Ausleben sexueller und ehelicher Beziehungen und ist eine alte Tradition, die seit den Wüstenvätern von vielen Christen im Namen des Glaubens praktiziert wird - daneben übrigens auch von Andersgläubigen wie etwa buddhistischen Mönchen usw.

Der Pflichtzölibat der Priester (lebenslange sexuelle Enthaltsamkeit und Ehelosigkeit) muss bei der Priesterweihe wie bei mancherlei Ordensprofess seit dem Spätmittelalter (endgültig: seit dem Tridentinum) von den Geweihten versprochen werden.

Geheime Beziehungen wurden früher zeitweise toleriert, d. h. nach aussen hatte man ihn vorher oft versprochen, ohne ihn wirklich einzuhalten; in der Zeit nach dem Tridentinum wurden geheime Beziehungen meist nicht mehr toleriert, d. h. wenn sie ans Tageslicht kamen, bedeutete das normalerweise, dass der Betreffende die Beziehung sofort zu beenden und Sanktionen (Kirchenstrafen) zu tragen hatte; einzelne Ausnahmen, wo die kirchliche Obrigkeit davon abgesehen hat, sind selten, allerdings sind auch diese meistens von kurzer Dauer gewesen, da die Beziehung dann oftmals doch an die Öffentlichkeit drang. Falls einer öffentlich oder, von den genannten Ausnahmen abgesehen, geheim in der Beziehung verweilt, gilt bis heute die Sanktion, dass er von seinem Priesteramt suspendiert wird, d. h. er bleibt zwar theoretisch Priester, darf dies aber sein Leben lang nicht mehr ausüben ausser im ganz schweren Notfall, bspw. wenn ein Sterbender ihm beichten will und kein anderer Priester zugegen ist.

Kinder aus künstlicher Befruchtung sind eigene Kinder; die Existenz von Priesterkindern zieht indes nicht zwingend die Suspension nach sich; Verzichtet der Priester auf die Ehe und das Ausleben der sexuellen Beziehung, kann er Kinder haben. Die Tatsache, dass er sie hat, ist allerdings sehr oft geheimgehalten worden. Jahrhundertelang hat man oft verschwiegen, wer Priesterkind ist bzw. wer der Vater solcher Kinder, diese Praxis hat sich seit dem 19. Jahrhundert nur langsam gewandelt. Heute kann der betreffende Vater zu seinen Kindern stehen, darf jedoch nicht in die Beziehung zur Mutter zurück, es sei denn, er verlässt den Priesterstand im sogenannten „Laisierungsverfahren“, d. h. einem Verfahren, das ihn vom Priesteramt suspendiert; moralisch ist dies die saubere Lösung und wird von der Kirche normalerweise so abgehandelt, das praktische Problem für die Betroffenen ist aber, dass solche Verfahren oft lange dauern.

Aus diesem Grund suspendierte Priester gibt es etliche. Für Furore sorgte bspw. hier in der Schweiz der kurz zuvor geweihte Bischof von Basel anfangs der 90er Jahre, Hansjörg Vogel. Als bekannt wurde, dass jemand von ihm schwanger war, trat er von seinen Ämtern zurück und heiratete die Frau. Er arbeitete übrigens auch später noch zeitweise als Laie im kirchlichen Dienst. Gegenbeispiel ist, ebenfalls in der Schweiz, ein slowakischer Priester, der unlängst eine Pfarrstelle im Kanton Zürich angetreten hat. Bei seiner ersten Predigt eröffnete er der Gemeinde, er sei Vater. Da er allerdings dem Bischof versprochen hatte, die Mutter des Kindes nicht weiter zu kontaktieren und keine sexuelle Beziehung mit ihr leben zu wollen, akzeptierte dies die kirchliche Obrigkeit und erwartet nun von ihm, dass er die Beziehung zum Kind im Stillen weiter pflegt.

In die griechisch-unierte Kirche kann man als römisch-Katholik nicht konvertieren, denn die entsprechenden Griechen gelten als katholisch, so auch die verheirateten Priester unter ihnen. Anders sieht es mit den orthodoxen Kirchen aus. Ein orthodoxer Priester, der zum Katholizismus wechselt, kann, ebenso wie ein reformierter Pfarrer, verheiratet bleiben und zugleich Priester sein. Demnach wäre es theoretisch möglich, dass jemand zuerst zu so einer Konfession konvertiert, dann heiratet, Pfarrer/Priester wird und anschliessend zurückkonvertiert, um zuletzt ein verheirateter katholischer Priester zu werden. Wenn allerdings die betroffene orthodoxe, reformierte oder katholische Gemeinschaft so einem Spezialisten auf die Schliche kommen würde, ist schwerlich zu erwarten, dass sie die Konversion als gültig akzeptieren würde. Kein solcher Fall ist bislang bekannt.

Dagegen gibt es eine Anzahl von ehemals orthodoxen oder auch reformierten Pfarrern, die heute verheiratete Priester sind.

Gruss
Mike

Guten Tag,

Danke für die Ausführliche Antwort.

Hallo Mike,

Dagegen gibt es eine Anzahl von ehemals orthodoxen oder auch
reformierten Pfarrern, die heute verheiratete Priester sind.

der Ordnung halber möchte ich nur ergänzen, daß reformierte
Pfarrer im Sinne der kath. Kirche keine Priester sondern Laien sind.
Sie müßten erst die entsprechenden Weihen erhalten.
Es gibt auch verheiratete Priester in der kath.Kirche welche sich
spät berufen fühlten und eine besondere Lizenz erhalten haben.
Ansonsten werden nur Weihepriester als solche anerkannt deren Weihe
in der Kontinuität zu den Aposteln betrachtet wird, also geweiht
von Bischöfen aus der Nachfolge eines Apostels.
Inwieweit auch anglikanische Priester anerkannt werden welche
formal dem entsprechen würden weiß ich nicht.
Gruß VIKTOR

Hallo!
Ein paar Bemrkungen zu deinen fundierten Ausführungen:

Der Pflichtzölibat der Priester (lebenslange sexuelle
Enthaltsamkeit und Ehelosigkeit)

wohlgemerkt: nur und einzig in der lateinischen/römischen Kirche

muss bei der Priesterweihe
wie bei mancherlei Ordensprofess seit dem Spätmittelalter
(endgültig: seit dem Tridentinum) von den Geweihten
versprochen werden.

Er wird vorher eidlich mit Unterschrift versprochen, und: dass dies freiwillig geschieht. Insofern kann vom Vorenthalt eines Menschenrechts oder sowas, wie manchmal behauptet wird, keine Rede sein.

Geheime Beziehungen wurden früher zeitweise toleriert,

Anscheinend war vor dem Tridentinum die Unterscheidung zwischen Ehelosigkeit und formlosem Konkubinat wichtig. In den Protokollen der Visitatio Bavarica (eine Visitation als gründliche Bestandsaufnahme der Zustände sowohl in den Herzogs- wie in den bischöflichen Pfarreien in Altbayern in den 1550er Jahren) liest man immer wieder: „NN hat ein Köchin, sei nit sein Konkubin“ oder „hat ein Konkubin“.

Anders sieht es mit den orthodoxen Kirchen aus. Ein
orthodoxer Priester, der zum Katholizismus wechselt, kann,
ebenso wie ein reformierter Pfarrer, verheiratet bleiben und
zugleich Priester sein. Demnach wäre es theoretisch möglich,
dass jemand zuerst zu so einer Konfession konvertiert, dann
heiratet, Pfarrer/Priester wird und anschliessend
zurückkonvertiert, um zuletzt ein verheirateter katholischer
Priester zu werden.

Das kommt mir unwahrscheinlich vor, wenn man bedenkt, dass die Griechisch-Orthodoxen bis vor kurzem nicht einmal die röm.-kath. Taufe anerkannten, sondern „wiedertauften“.

Dagegen gibt es eine Anzahl von ehemals orthodoxen oder auch
reformierten Pfarrern, die heute verheiratete Priester sind.

Wenn ich Broschüren der Altkatholiken recht verstehem, dann werben die geradezu mit der Priesterehe bei unzufriedenen katholischen Geistlichen.
Schönen Gruß!
Hannes

orthodox
Hallo Hannes,

Anders sieht es mit den orthodoxen Kirchen aus. Ein
orthodoxer Priester, der zum Katholizismus wechselt, kann,
ebenso wie ein reformierter Pfarrer, verheiratet bleiben und
zugleich Priester sein. Demnach wäre es theoretisch möglich,
dass jemand zuerst zu so einer Konfession konvertiert, dann
heiratet, Pfarrer/Priester wird und anschliessend
zurückkonvertiert, um zuletzt ein verheirateter katholischer
Priester zu werden.

Das kommt mir unwahrscheinlich vor, wenn man bedenkt, dass die
Griechisch-Orthodoxen bis vor kurzem nicht einmal die
röm.-kath. Taufe anerkannten, sondern „wiedertauften“.

Bedenke einmal, dass es auch eine „römisch-orthodoxe“ Kirche gibt, die sogenannten Unierten oder griechisch-katholische Kirche; zum anderen verstehe ich Deinen Hinweis auf die Wiedertaufe nicht. Abgesehen davon, dass dieses Problem keines mehr sein sollte (die einzigen Christen, die darauf bestehen, sind m.W. die Kopten), wo ist der Zusammenhang zum konstruierten Fall?

Gruß,
Andreas

Hallo VIKTOR,

die reformierten Pfarrer ohne katholische Priesterweihe gelten in der Tat katholischerseits als Laien.

Spätberufene, die noch verheiratet sind, sind mir als Priester nicht bekannt, vielleicht lieferst Du Belege für die „Lizenz“. Dagegen sind Witwer schon seit langer Zeit als Priesteramtskandidaten zugelassen.

Die anglikanischen und orthodoxen Priesterweihen gelten als unrechtmässig, jedoch gültig.

Gruss
Mike

Also im Mittelalter ging das Zölibat nicht wirklich weit. Da haben sogar oder gerade die Päpste und Bischöfe rumgehurt und Frauen missbraucht, wie verrückt. In der moderne vergreifen sich katholische Pfarrer wohl eher an Messdienern und -Dienerinnen.
Überhaupt: Was soll das Zölibat eigentlich? Nehmen wir an, es gäbe einen Gott - so gibt es ihn mit 100% Garantie nicht in der christlichen-, nicht in der jüdischen- und genauso wenig nicht in der muslimischen Version! Ich vermute, Gott wollte einfach, dass wir entspannt in unserem diesseitigen Paradies unser Leben genießen - dazu gehört nunmal für jeden - auch für plappernde Priester die schönste Nebensache der Welt!

Kommentar zu Deinen Geboten (Du gerätst OT)
Hallo Huibu2,

es liegt mir fern, Dich zu belehren. Wer will, belehre sich selbst.
Ich halte es indes für eine Beleidigung der Christen, der Juden und der Muslime, ihren Gott pauschal abzuurteilen. Statt auf so einer geladenen - weil überladenen, den Geist übersteigenden, rein emotionalen - Ebene diskutiere ich lieber sachlich. Ich fange mal an.
Zu Deinen Geboten gebe ich gerne einen Kommentar.

Die von Dir formulierten 10 Gebote sind für den Glauben recht tauglich. Mühe habe ich allerdings mit

„8 Erzähle einem Kleinkind niemals, dass es den Weihnachtsmann gibt!“
Ich war schon oft Weihnachtsmann und mich gibt es. Ein alter schöner Brauch wird hier schlechtgemacht. Aus null,kommanull Gründen.

Was Deine Gebote mit dem Zölibat zu tun haben oder inwiefern sie ihm widersprechen könnten, bleibt bei Dir schleierhaft. Dass Du ihn schlechtmachst hat deswegen keinen Wert, weil jeder für sich selbst entscheiden muss, was er anderen freiwillig verspricht oder welche Lebensform er wählen soll. Ob Gott bestimmte Lebensformen bevorzugt und weswegen, das ist eine ganz eigene Diskussion und würde den Glauben an Gott schlicht voraussetzen. Ich schlage Dir daher drei Dinge zur Auswahl vor:

  1. Du diskutierst über diese Frage, ob es den Glauben an Gott braucht, um den Zölibat als Lebensform zu wählen, also inwiefern der Glaube an Gott den Zölibat fordern könnte. Oder

  2. Du diskutierst darüber, ob es Gott gibt.

Oder
3. Du grenzt Deine Fragen ein.

Ansonsten folgt Vorwurf religionswissenschaftlicher Unsachlichkeit.