Liebe Bankexperten,
meine Frage ist rein hypothetischer Natur und der Hintergrund ist Neugierde gepaart mit Wissensdurst. Folgendes:
Wenn ich darüber nachdenke, wie eine Person A einer Person B (oder eine Institution einer anderen) 1 Mrd. Euro (oder 100 Mio.; zumindest eine sehr hohe Summe) überweist, denke ich „Ok, Überweisungsträger, Knopfdruck, fertig“. Diese Antwort erscheint mir aber wahnsinnig oberflächlich und naiv. Und das möchte ich natürlich nicht sein 
Die erste Schwierigkeit sehe ich z.B. bei der Valutierung; d.h. wann weiss die Empfängerbank und damit der Empfänger, das die Summe tatsächlich „da“ ist? Und wie ist das sichergestellt, es ist ja erstmal nur Geld in Form von Bits und Bytes, Buchgeld, Giralgeld oder ähnliches? Bei 100 Euro ist das natürlich kein Problem, aber bei so einer großen Summe…
Zweitens: Bei so einer Überweisung sind natürlich nicht nur die Banken, Überweiser und Empfänger beteiligt, sondern mindestens ein öffentlicher Träger, der die Rechtmässigkeit überprüft, oder?
Zwei Beispiele zur Veranschaulichung:
- schon hundertmal in Filmen gesehen und für unrealistisch befunden: Überweisung von Millionenbeträgen per Laptop und dann Warten bis der Empfänger innerhalb einer Minute bestätigt.
- die Versteigerung der UMTS-Lizenzen vor einigen Jahren, bei der Milliardenbeträge nachher gezahlt wurden. Wurden die einfach überwiesen?
Vielen Dank für die Zeit und Mühe einer etwaigen Antwort,
Sebastian
Na, um da etwas mit der Taschenlampe Licht ins Dunkle zu bringen, kann ich sagen: eine Millionenüberweisung geht grundsätzlich nicht anders, als eine über €1.
Die Wertstellung ist hier aber durchaus ein Thema. Bei derartig großen Summen würde ich per Eilüberweisung vorgehen, um Wertstellungsverluste auszuklammern (zusätzliche, entgeltpflichtige Option bei Überweisungsannahme).
Bzgl. der Clearing-Zentralen: nein, es ist keine öffentliche Kontrollinstanz vorgesehen (Achtung: gilt nicht für mgl. Geldwäscheprävention - hier wird auf jeden Fall ein Datensatz zumindest in der jeweiligen Bank aufgebaut. Wie dieser dann bearbeitet wird, ist institutsindividuell. Denkbar ist die Spannweite von der manuellen Durchsicht bis zum maschinellen „Abnicken“.
Zahlungssystem: es ist auf jeden Fall nicht so, dass hyperbunte eigene Programmierungen mit Pfeilbildung oder Abarbeitungsbalken die Transaktionen hin- und herschieben. Meist handelt es sich um eine bankenindividuelle Software, welche auf jeden Fall auf den Maschinen der jeweiligen Bankengruppe läuft. Schnittstellen gibt es zu verschiedenen Clearingzentralen, welche das Geld jeweils nach den Zahlungsverkehrs-Standards weiterleiten (Target-System z.B.). Die Clearing-Zentralen haben i.d.R. Batch-Läufe über den Tag verteilt, an denen Sie die Zahlungen abrufen. In Eilzahlungsfällen werden Vorgänge angestoßen, die eigenständig die Zahlung weiterleiten. Ob Geld weggeht oder ankommt, ist in der Bankensoftware berücksichtigt. Sobald der technische Vorgang durchgelaufen ist, erscheint das Geld als Zahl auf dem Konto. Danach wird am Tagesende die jeweilige Protokollierung mittels Kontoauszug vorgenommen. Die Protokollierung wird in die Statistiken im Banken-Backoffice aufgenommen. Bis dahin hat das Ganze Datensatzcharakter (alles nachvollziehbar).
Wenn in JamesBond nach einer Transaktion die Rechner von extern heruntergefahren werden, dann wäre auch der gutgeschriebene Transaktionsbetrag im elektrischen Nirvana… keine Sorge: ein weltweites Desaster lässt sich so nicht ausüben… 
Frage beantwortet??
Viele Grüße!!
MoneyPenny… 
Hallo,
also es macht keinen Unterschied, ob Sie 100 EUR oder 100 Mio. EUR überweisen. Eine gesonderte Kontrolle durch eine staatliche Institutuion gibt es nicht. Das Geld wird einfach durchgebucht. Allerdings werden Zahlungen gescannt w/Terrorfinanzierung oder Geldwäsche.
Wie im Film wird das Geld nicht zeitgleich auf dem Konto des Empfängers sein, da es mehrer Buchungsläufe bei den Banken gibt. Allerdings besteht die Möglichkeit durch ein telefonisches Avis die Verbuchung zu beschleunigen.
Tut mir leid für die Ernüchterung…
Hi Torsten,
vielen Dank für die Antwort. Ein bisschen ernüchtert, viel mehr verwundert mich das, aber gut.
Gruss
Sebastian
Witzig ist in den Filmen auch, wenn die Milliarde dann rückwärts bis 0 runterläuft und auf dem anderen Konto hoch 
Zitat: Wir haben schon die Hälfte!! *lacht
Liebe Miss Moneypenny 
danke für die ausführliche Antwort und die Taschenlampe! Zwei Nachfragen erlaube ich mir aber noch: Was ist ein Wertstellungsverlust (vielleicht ein Zinsausfall)? Was sind Clearingstellen bzw. -zentralen?
Und dann, entschuldige, noch eine Anmerkung, ob ich es richtig verstanden habe: bankenindividuelle Software läuft ja auch auf einem normalen Home-Online-Banking-PC bzw. als Schnittstelle zu Quicken oder Ähnlichem; d.h. ich kann „meine“ 100 Mio. einfach online überweisen und im nächsten Bond-Film ruft dann der Bösewicht sein Postbank-Online-Portal auf, um zu sehen, ob das Geld eingegangen ist 
Irgendwie klingt das total surreal. Wenn ich bedenke, dass in grauer Vorzeit zur Abdeckung von Buchgeld-Transaktionen oder Wechselgeschäften tatsächlich physisches Gold von einer Bank zur anderen transportiert wurde, läuft das heute wesentlich entspannter.
Danke nochmal und schönen Gruß
Sebastian
Hallo Sebastian,
ich will Dich ja nicht enttäuschen… aber so einfach ist es wirklich. Im deutschen Zahlungsverkehr wird über Verrechnungsbanken gearbeitet. Das kann die Landeszentralbank sein, muss aber nicht. Und wenn die LZB vom Konto der Sparkasse Hamburg auf das Konto der Raiffeisenbank Hinterobertupfing eine Mrd. umbucht, dann das Ganze per Fax bestätigt - dann ist der Lack fertich! OK, ich habe den Vorgang leicht vereinfacht, aber im Prinzip ist das echt das ganze Hexenwerk.
Und wieso genau sollte im wirtschaftlichen Zahlungsverkehr zwischen Banken eine übergeordnete Macht (Gott?, Angela M.?, ich?..) aufpassen, dass alles schön seine Ordung hat? Das gerade im Bankensektor viel zuviel ohne staatliche Kontrolle läuft, haben die Großbanken 2008 ja eindrucksvoll bewiesen!
Zu Deinen Beispielen:
- Wenn James Bond weiss, dass er auf ein Konto bei der Steuerhinterziehungs-Geheimbank AG, Cayman Islands eine große Summe überweisen muss, dann richtet Moneypenny eben auch ein Konto bei der Steuerhinterziehungs-Geheimbank AG, Cayman Islands ein, das engliches Schatzamt überweise so viel drauf - und auf Knopfdruck wird umgebucht auf das Konto des Bösewichts. Das geht (nach ausreichenden Vorbereitungen) wirklich so schnell! Und wenn es nicht dieselbe Bank ist, sind die internationalen Banken so miteinender vernetzt, dass das meist wirlich nur kurze Zeit dauert.
- Doch , siehe oben. Ganz einfach und primitiv. Sorry!
Herzliche Grüße
Thommy
Hallo Sebastian.
eine sehr interessante Frage an mich als ehemaliger Banker.
-
Jede Bank hat ihre eigenen Sicherheitsvorkehrungen.
-
Auch solche Beträge werden nur elektronisch ausgeführt.
Beispiel ( Kontoguthaben vorausgesetzt )
- Überweisung Privatperson:
Hier wird sich die Bank in jedem Fall rückversichern, wenn solche Zahlungen nicht die Regel sind ( m. E. schriftliche Bestätigung )
- Firmen
siehe vor
- Bank an Bank
Hier hat jede Bank über ein Vier - Augen - Prinzip ( oder mehr ) für „Pin und Tan“ interne Sicheheiten eingebaut, die eine Mißbrauch unmöglich machen.
Zum Glück für die deutsche Wirtschaft hat keine öffentliche Stelle, solche Zahlungen zu begutachtn; allenfalls sind Meldevorschriften für Auslandsüberweisungen zu beachten.
So banal es klingt:
Gehe zu Deiner Hausbank, fülle einen Überweisungsauftrag 1.000.000.000,00 aus an Deine Freund.
Es gibt zwischenzeitlich Regelungen, in welchem Zeitraum eine Bank einen Überweisungsauftrag ausführen muß. M. E. max. 48 Stunden.
Überweisungen in allen Größen werden heute elektronisch ausgeführt; Geld wird nicht bewegt.
Ich verweise nur auf die xxx - Umsätze an den internationalnen Börsen.
MfG
Stefan Seidel
Sehr geehrter Herr Hölzl,
ggf. habe ich bereits geantwortet-allerdings taucht die Nachricht jetzt nochmals auf.
Grundsätzlich ist es für das Überweisungssystem und von den Überweisungsbeträgen her unrelevant, ob 1000 Euro, 1. Mio oder noch mehr überwiesen werden, sondern vielmehr eine Frage der Kompetenzen (der Mitarbeiter) und von Bilanztechnischer Natur.
Um solche Beträge transferieren zu dürfen (bzw. authorisieren zu dürfen) muss der jeweilige Mitarbeiter entsprechende Kompetenzen vorweisen. So wurde beispielsweise am Tag des Zusammenbruchs der Lehman-Brothers Bank noch eine Überweisung von der Deutschen Bundesbank an das jeweilige Unternehmen über 350 Mio. Euro durch zwei (!) Mitarbeitzer authorisiert. Schwieriger sind die bilanztechnischen Zusammenhänge da die Bank die bei Ihr festangelegten Beträge mit Eigenkapitel „unterlegen“ muss-wird dieses Geld abgezogen, muss die Bank a) das Geld bereitstellen und b) die Bilanz dementsprechend umstellen.
Natürlich übertreibt Hollywood etwas. Aber es gibt natürlich Banken, die sich auf derart „Zahlungsströme“ spezialisiert haben und ihrer Klientel auch die Möglichkeit eröffnen über derart hohe Beträge verfügen zu können.
Freundliche Grüße
Liebe Bankexperten,
meine Frage ist rein hypothetischer Natur und der Hintergrund
ist Neugierde gepaart mit Wissensdurst. Folgendes:
Wenn ich darüber nachdenke, wie eine Person A einer Person B
(oder eine Institution einer anderen) 1 Mrd. Euro (oder 100
Mio.; zumindest eine sehr hohe Summe) überweist, denke ich
„Ok, Überweisungsträger, Knopfdruck, fertig“. Diese Antwort
erscheint mir aber wahnsinnig oberflächlich und naiv. Und das
möchte ich natürlich nicht sein 
Die erste Schwierigkeit sehe ich z.B. bei der Valutierung;
d.h. wann weiss die Empfängerbank und damit der Empfänger, das
die Summe tatsächlich „da“ ist? Und wie ist das
sichergestellt, es ist ja erstmal nur Geld in Form von Bits
und Bytes, Buchgeld, Giralgeld oder ähnliches? Bei 100 Euro
ist das natürlich kein Problem, aber bei so einer großen
Summe…
Zweitens: Bei so einer Überweisung sind natürlich nicht nur
die Banken, Überweiser und Empfänger beteiligt, sondern
mindestens ein öffentlicher Träger, der die Rechtmässigkeit
überprüft, oder?
Zwei Beispiele zur Veranschaulichung:
- schon hundertmal in Filmen gesehen und für unrealistisch
befunden: Überweisung von Millionenbeträgen per Laptop und
dann Warten bis der Empfänger innerhalb einer Minute
bestätigt.
- die Versteigerung der UMTS-Lizenzen vor einigen Jahren, bei
der Milliardenbeträge nachher gezahlt wurden. Wurden die
einfach überwiesen?
Vielen Dank für die Zeit und Mühe einer etwaigen Antwort,
Sebastian
Vielen Dank für die umfassende Antwort. Anscheinend habe ich es mir schwieriger vorgestellt, als es tatsächlich ist. Das Hauptproblem sah ich in der valutarischen Deckung, aber nun gut, Bits und Bytes scheinen auszureichen.
Herzlichen Gruß
Sebastian Hölzl
Hallo Sebastian,
vielen Dank für Deine Rückinformation.
Eines möchte ich noch einmal klar stellen.
Auch Banken müssen auf ihren Konten bei Überweisungen das entsprechende Guthaben haben ( z. B. Deutsche Bank bei der Landeszentralbank / Bundesbank ). Oder aber eine entsprechende Kreditlinie.
Dies gilt dann natürlich auch bei Zahlungen ins Ausland. Hier muß die Bundesbank mit ihren Partnern entsprechende Guthaben untrhalten oder aber über Kreditlinien verfügen.
Das gilt auch für Zahlungen der Bundesregierung z. B. für Nothilfen ins Ausland.
Die Kreditlinien des Bundes und der Banken sind in der Regel nicht besichert und und jeder andere vertraut auf die Zahlungsfähigkeit des Landes / der Bank.
Wenn hier nur ein Hauch von Zweifeln aufkommt, führt es zu Problemen. Dies kam bei der letzten Bankenkrise sehr gut zum Ausdruck.
Eine Bank hat Probleme; schon wird alles durchleuchtet und bestimmt seriöse Banken kommen ins Gerede.
Nur um dieses gegenseitige Vertrauen aufrecht zu halten erfolgten die Millardenstützen des Bundes für die Banken.
Alles Gute
Stefan Seidel