Ich vermisse bei dem zurzeitigen höchsten Repräsentanten etwas die präsidiale und überparteiliche Zurückhaltung, die dem Amt eigentlich gut stehen würde. Sich in die Niederungen der tagespolitischen Schlammschlacht zu begeben, ist dem Amt eigentlich nicht angemessen, in meinen Augen, auch wenn er dies dermaßen dröge tut, wie nur er dies kann. Natürlich kann sich (und sicher auch sollte sich) der Bundespräsident zu solchen Belangen äußern, aber dies wäre angemessener, wenn er es in zeitlichem Abstand, jenseits des aktuellen Parteiengezänks, tun würde.
Sich gegen die Verharmlosung der NS-Zeit zu stellen, sollte eigentlich kein „politisches Tagesgeschäft“, aber dennoch selbstverständlich sein - auch und gerade für den Bundespräsidenten.
Es ist mir schleierhaft, wie man sich darüber negativ äußern kann, während man gleichzeitig über die erneute Grenzberschreitung Galands nonchalant hinweggeht.
Diese Flautlenzen zu ignorieren, ist meines Erachtens gefährlich, da das Ignorieren als Einverständnis interpretiert wird und dadurch die Grenzen des Sagbaren immer weiter verschoben werden.
Bereits heute sind Ungeheuerlichkeiten, die noch vor wenigen Jahren für gewaltige Gewitter gesorgt hätten, erschütternd alltäglich.
Man sollte sich doch vielleicht noch einmal zuückerinnern, an Richard „Edel-Richie“ (O-Ton Udo) Weizsäcker. Dem gelang es, gesellschaftliche Diskussionen anzustoßen und zu prägen, wohl auch, weil er dies losgelöst von den alltäglichen Aufregungen der Tagespolitik tat. Und jetzt haben wir Mr. Dröge, der bislang nur dadurch aufgefallen ist, dass er seiner Partei den Kurswechsel (bzw. Wortbruch) ermöglicht hat, indem er quasi eine präsidiale Weisung an die SPD erteilt hat. Parteipolitisch hat er sein Soll erfüllt, aber präsidial ist da bislang wenig.
Es handelt sich ja hier um eine einstudierte Choreografie, die wir von Populisten immer sehen. Man haut eine Meldung raus, die gerade noch so strafrechtlich nicht relevant ist. Wenn dann das zu erwartende Echo der politischen Gegenspieler und (besonders) der Medien kommt, erklärt man einerseits, dass man es gar nicht so gemeint hat und präsentiert sich andererseits als Opfer einer ‚inszenierten Verfolgung‘. Am Ende hatte man ein paar Titelblätter und das eigene Klientel wurde auch bedient. Wenn dann noch Meuthen daherkommt und die ‚Wortwahl‘ kritisiert, ist eh alles wieder gut.
Ignorieren halte ich in dem Sinne für die falscher Vorgehensweise, zumal Gauland als Parteivorsitzender ja nicht irgendein Hinterbänkler ist. Jede dieser Meldungen erodiert die Grenze zwischen Straftat und freier Meinungsäußerung weiter und jede neue Äußerung wird an der vorherigen gemessen. So kommen heute Politiker mit Dingen davon, die vor ein paar Jahren noch undenkbar gewesen wären (sie Trump).
Es gibt hier imho keine gute Gegenstrategie und das ist auch der Grund, wieso sie so gerne verwendet wird. Man muss nichts leisten, keine Inhalte bringen oder Lösungen aufzeigen. Man haut einfach einen Spruch raus und wartet ab was passiert. Im schlimmsten Fall erfolgt halt der Rücktritt und ein paar Monate später taucht man dann an anderer Stelle in der Partei wieder auf.
Es geht nicht um die Person Steinmeier. Es geht darum, dass mit diesen Aussagen Grenzen überschritten werden, die nicht überschritten werden dürfen - eigentlich von niemand , aber doppelt nicht von einem Mitglied des Bundestages.
Uns ( = den Deutschen, diejenigen, die zwei Weltkriege mit Hurrahgeschrei begonnen haben, die direkt und indirekt am Tod von mehr als 50 Millionen Menschen verantwortlich sind, davon 6 Millionen durch systematische Ausrottung) geht es gut. Uns ging es schon nach wenigen Jahren besser als vielen von denen, die eigentlich auf der Siegerseite standen. Jetzt zu sagen, dass sei doch alles nicht so wichtig, ist ein Schlag ins Gesicht der anderen. Und sich dagegen nicht auszusprechen, heißt dem stillschweigend zuzustimmen.
grundsätzlich kann man verkrustete schwarz-weiß-strukturen nur aufweichen, wenn man aggressiv progressiv zur sache geht. wenn ein böhmermann einen staatsmann als ziegenficker bezeichnet, ein trump die „gültigen“ regeln der diplomatie aufbricht, ein rajoy demokratische bewegungen mit gewalt unterdrückt, dann bewegt sich erst etwas, wenn man aggressiv dagegen hält. es ist die einzige möglichkeit und gelegenheit, grenzen aufzuweichen und neu festzulegen.
auf der anderen seite steht wie selbstverständlich ein gesellschaftlich lähmender steinmeier, der dieser tage beispielsweise die erfolge in sachen homosexualität und ehe für alle wieder als anlass nimmt, diese erfolge in allgemeine schuldverantwortung umzumünzen und vergangenheit zu beschwören. eine verantwortung der politik der nachkriegsgeschichte gesellschaftlich zu „sozialisieren“, anstelle zu ermutigen, die erfolge zu feiern und weiter auszubauen.
er steht da mitten drin! er ist verantwortlich und täter konservativ-bürgerlichen denkens.
ja, gauland und steinmeier gehören zusammen in der betrachtung. beide politiker und angehörige einer demokratieschädigenden kaste (völlig anderes thema übrigens, weshalb politiker demokratieschädigend sind).
pasquino
entspannt bitte lesen. nicht gleich wieder eine verteidigungsrede für irgendwas interpretieren, zur vermeidung habe ich ausdrücklich andere gesellschaftsspaltende beispiele genannt.
abgesehen von diesem unnötigem offenbarungseid - selbstverständlich gibt es außer populistischen durchhalteparolen der „etablierten“ durchaus geeignete strategien -
die debatte um gauland ist eigentlich nebensächlich. entscheidend ist die nicht geringe anzahl an wählern, die aus unterschiedlichsten gründen eine afd gewählt haben. und diese sind ausschließlich in den langjährigen verhaltensweisen der „etablierten“ (fälschlicherweise als „linksgrün“ bezeichnet) zu suchen. und hier fängt deren problem so richtig an:
regierungsbildung
die hohe affinität der grünen als oppositionspartei zur groko
die spd, und ihre schulz-nahles-gabriel-arien im letzten wahljahr beginnend
csu und horst und … und ihre (für verbraucher) erfolglosen kampagnen
die schwarze null … und die verteilung der rekordeinnahmen
innere sicherheit
äußere sicherheit (bw, usa, kalter krieg)
bamf
…
die latte wurde selbst sehr hoch gehängt.
zu hoch offensichtlich.
Es ist für jeden klar ersichtlich, dass ich mich damit auf die Provokation Gaulands bezog. Ignoriert man sie fühlt er (und damit auch seine Anhänger) sich bestärkt. Thematisiert man sie, beginnt oben genannter Eiertanz.
Auf den Rest gehe ich nicht weiter ein. Mir ist meine Zeit zu schade, das alles zu enziffern…
Eigentlich hat er ja nicht nur einen stinkenden Furz hingestellt, sondern auch noch einen veritablen Scheißhaufen.
Blöderweise stinkt der Furz so sehr, dass der Scheißhaufen vom 1000jährigen Deutschland (wenn das nicht Nazi-Jargon ist, was dann?) unbemerkt dahinter stehen bleiben kann.
Btw nervt mich Steinmeiers Gelaber von wegen „einzigartiger Bruch mit der Zivilisation“ genauso. Das ist doch nur Gauland mit umgekehrtem Vorzeichen.
Dumm und dümmer.
Man munkelt, heute sei ein riesengroßer Blumenstrauß als Dankeschön bei Gauland eingetroffen. Soll von Merkel stammen. Die ist heilfroh, dass Gauland mit seiner unnötigen Bemerkung von dem hier abgelenkt hat:
Auch Steinmeier bläst ins gleiche Horn, so wie viele andere auch. Wie schön ist es, sich in Zeiten des Kontrollverlustes und der immer häufiger werdenden „Einzelfälle“, in die sogenannte Flüchtlinge involviert sind und die die einheimische Bevölkerung treffen, auf Gaulands Scheindebatte eingehen zu können. Warum Scheindebatte? Weil es keine Instanz gibt, die Geschichte bewertet. Das tut die Geschichte selbst. Umso dümmer von Gauland, den anderen ein solches gefundenes Fressen zu bieten.
Wobei Gauland - anders als ein Höcke - vermutlich eher taktisch dachte, als er diesen Unsinn von sich gab. Er hatte wohl Wähler im Visier. Siehe: Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung sagt: 81 Prozent der Deutschen möchten die Geschichte der Judenverfolgung „hinter sich lassen“. Also gibt es auch unter den Wählern der Parteien, die sich jetzt künstlich aufregen, zahlreiche Schlussstrich-Befürworter. Ist die Aufregung über Gauland vielleicht deswegen so groß, weil er sich traut, dieses Wählerpotenzial abzuschöpfen, und nicht, weil man an die Holocaust-Opfer denkt?
Die Aufregung über Gauland war daher eher auch akademischer Natur. So wie bei Weidels Putzhilfe. Klar, das geht gar nicht (es sei denn, man kennt im eigenen Umfeld selbst Leute, die so eine Putzhilfe schwarz beschäftigen respektive davon schwafeln, dass nun endlich Schluss sein müsse mit dem ewigen Gedenken an jene Zeit, denn in dem Falle hält man eher die Schnauze).
Die Alternative Mitte hat sich übrigens ganz offen zu Wort gemeldet und eine Entschuldigung von Gauland gefordert. Der innerparteiliche Diskurs funktioniert. Auch bei den Grünen sah es ja lange so aus, dass die Fundis die Überhand behalten würden. Doch auf Dauer setzte es sich nicht durch, genau so, wie der Höcke-Flügel (lediglich ein Drittel der Partei!) überhaupt nichts erreichen kann mit seinem Revisionismus, da man eben - wie oben schon angedeutet - überhaupt keinen Schlussstrich herbeiführen kann. Da kann Höcke eher eine niveauvolle Sendung bei RTL 2 oder einen sportlich erfolgreichen FC Köln herbeizaubern.
Das schlimme: Diejenigen Politiker der Altparteien, die sich gegen Gauland nun so sehr hervortun und sagen, so etwas dürfe nicht möglich sein, haben aktiv durch ihre Einwanderungspolitik solche Vorfälle möglich gemacht:
Indem man die NS-Zeit einen „Vogelschiss“ nennt? Was genau soll an dieser Geschichtsklitterei progressiv sein?
Was willst du damit sagen? Dass du ein Problem damit hast, wenn sich der höchste Vetreter unseres Staates im Namen unseres Staates für die staatliche Verfolgung von Homosexuellen entschuldigt?
abgesehen davon, dass du meinen beitrag nicht verstehen willst oder kannst
populistisches dünnblech.
weder ein staat selbst noch ein vertreter kann sich als „staat“ entschuldigen. täter ist niemals der staat, sondern stets der vertreter.
was steinmeier tatsächlich macht:
sich selbst und seine vertreterkaste entschulden.
und die verantwortung zu sozialisieren (hatte ich schon geschrieben).
dann sind wir doch auf einer linie. meine antwort bezog sich auf deine fehlende gegenstrategie. verständlicherweise:
weil dir keine gegenrede dazu einfällt. eine gegenrede auf die von mir genannten ursachen für das erstarken einer afd oder sonstiger randgruppen. würde die ideologie in frage stellen.