Wie wird mein Kind sebstbewusster im Unterricht?

Hallo,

Ich habe ein kleines Problem mit unserer Tochter(9 Jahre, 3. Klasse).
In der Schule, sowie bei den Hausaufgaben hat sie überhaupt kein Selbstbewusstsein. Im Unterricht zeigt sie kaum auf, beantwortet Fragen nur nach mehrmaliger Aufforderung und dann sehr zögerlich. Mit der Bearbeitung von schriftlichen Aufgaben beginnt sie immer langsam und schreibt dann meistens von ihren Mitschülern ab.

Hausaufgaben macht sie auch nicht selbständig. Sie braucht immer eine Bestätigung, dass sie alles richtig macht, bevor sie anfängt.

Im häuslichen Umfeld ist dieses Problem nur gering. Sie macht gerne Sport (Schwimmen, Volleyball) und singt im Chor.

Wir waren schon mit ihr beim Facharzt. Der ADS- Test war negativ.

Was können wir sonst noch machen? Wie können wir ihr Selbstbewusstsein stärken? An wen können wir uns noch wenden? (Unser Kinderarzt weiss auch keinen Rat mehr)

Vielen Dank im Voraus.

kkbt6

Hallo,

Wie sieht denn bei Euch das Angebot des Jugendamts aus? Hast du da mal geschaut? Hier wird einiges geboten.

LG Conny

Hallo,

Schüchternheit ist zu einem großen Teil angeboren. Einfluss hast du aber auf den Teil, der gelernt und durch Erfahrungen verstärkt wird.

Was ich persönlich wichtig finde ist, im Bemühen um eine Stärkung des Selbstvertrauens der Schüchternheit ein nicht noch größeres Gewicht zukommen zu lassen, als sie es ohnehin hat. Das bedeutet z.B., nicht in Anwesenheit des Kindes mit anderen über die Schüchternheit zu sprechen. Dadurch, dass sie immer wieder benannt wird, wird sie im Bewusstsein des Kindes „wahrer“ und setzt sich fest.

Statt dessen finde ich es wichtig, dem Kind etwas zuzutrauen - und das bedeutet durchaus auch, ihm etwas zuzumuten. Ich würde bei den Hausaufgaben anfangen: Das Mädchen bekommt die freundliche Aufforderung anzufangen und die Aufgabe, den ersten Teil der Hausaufgaben (der klar eingegrenzt sein sollte) allein zu erledigen (die Menge wird im Laufe der Zeit gesteigert).

Erst, wenn der geschafft ist, schaut ihr nach. Ihr solltet NICHT verbessern, auch wenn’s schwer fällt. Zum einen sind Hausaufgaben dazu da, dass die Lehrerin sieht, was die Kinder können, nicht die Eltern. Und zum anderen muss deine Tochter unbedingt lernen, mit Fehlern zu leben.

Aus ihrer Unsicherheit wird ansonsten mehr und mehr der Anspruch entstehen, alles im Leben fehlerfrei zu bewältigen, und dieser Anspruch kann einen Menschen dauerhaft unglücklich werden lassen. Angst wird niemals besser, wenn man angstmachende Dinge meidet, sondern nur, wenn man lernt, sie auszuhalten.

Eure Tochter wird also dafür gelobt, dass sie ihre Hausaufgaben alleine schafft - völlig unabhängig davon, ob die Ergebnisse falsch oder richtig sind. Das bedeutet möglicherweise, dass ihr erst mal an euren eigenen elterlichen Ansprüchen arbeiten müsst.

Ihr solltet dieses Vorgehen mit der Lehrerin besprechen und sie darum bitten, die Hausaufgaben auch nachzusehen und zu verbessern.(Nicht nur) euer Kind braucht dieses Feedback.

Die Lehrerin sollte das Abschreiben verhindern. Möglichst natürlich so, dass deine Tochter nicht das Gefühl hat, nur sie würde „bestraft“, sondern geschickterweise so, dass alle das gleiche Los trifft. Zudem sollte sie alle schüchternen Kinder (deine Tochter ist sicher nicht das einzige) immer wieder ansprechen und zum Antworten ermutigen.

Lehrer neigen dazu, schüchterne Kinder in Ruhe zu lassen. Zum einen deswegen, weil sie die Kinder nicht belasten wollen. Oft aber auch deswegen, weil es dem Unterrichtsfluss nicht dient und für Frustration auf Seiten des Lehrers sorgt, wenn Kinder nicht mitarbeiten. Da wendet man sich lieber den Kindern zu, die freiwillig Unterrichtsbeiträge bringen.

Doch wie gesagt: Angst verstärkt sich durch Vermeidung. Deswegen soll auch die Lehrerin deine Tochter immer wieder fordern. Und natürlich entsprechend positiv verstärken, wenn sie erfolgreich ist.

Schöne Grüße,
Jule

Auch auf die Gefahr hin, dass ich hier eine ungünstige Diskussion lostrete:

Wieso wird ein Kind, dass nach der Beschreibung nur ein wenig ruhig und zurückhaltend ist und vielleicht ein wenig mehr Selbstbewusstsein vertrage könnte, ansonsten aber offenbar völlig „normal“ ist (Sport, auch Teamsport, Chor = Gruppenfähigkeit + Disziplinfähigkeit + Konzentrationsfähigkeit) - wieso also wird ein solches Kind auf ADS untersucht?

Vielleicht belässt man das erst mal so wie es ist und lässt das Rumrennen sein. Vielleicht wäre hilfreich, die beschriebenen Attribute zunächst mal positiv als Charaktereigenschaften, als Individualität des Kindes zu akzeptieren! (Und Zurückhaltung / Schüchternheit ist mal per se nix negatives sondern sogar sehr positiv) Und wenn das geglückt ist, dann kann man das Kind positiv bestärken und unterstützen, dass es an den Stellen einen Schub bekommt, wo die vorhandene Zurückhaltung dem Kind schaden könnte.

Nichts ist wichtiger für das Selbstbewusstsein eines Kindes, als dass es auch von den Eltern erst einmal so akzeptiert wird, wie es ist.

LG Petra

Hatten wir so ähnlich
Hallo!

Mein Sohn ist 10. 4. Klasse, hier der Horror wegen der Übertrittsgeschichte. Dazu ein Lehrer, der noch nie ein Kind gelobt oder bestätigt hat.

Reihenweise behaupten die Kinder von sich „Ich bin ein schlechter Schüler“ und „Ich melde mich nicht, ich bekomme immer blöde Antworten vom Lehrer“ (Der nennt das „seinen Humor“). Bei unserem Sohn führte das zu extremer Rumkasperei (vor lauter Druck und Unsicherheit).

Unsere Lösung (ja, sie hat bereits begonnen zu wirken, erstaunlich): eigene Ansprüche herunterschrauben, gezielt mit dem Kind üben (so schafft man Erfolgserlebnisse) und, die eigentliche Maßnahme: Hilfe von außen. Das ganze nennt sich „pädagogische Praxis“. Sie macht „Eltern- und Schülercoaching“, mh, ich möchte hier nicht den konkreten Link reinsetzen, ich schick Dir den per Mail.

Eigentlich finde ich das ziemlich fürchterlich, diese dort benutzten Worthülsen und dass das überhaupt nötig ist. Es kostet ja auch reichlich Geld. Aber was für mich zählt: Meinem Sohn geht es besser. Und, was nicht an vorderster Stelle steht, aber sehr erfreulich ist: Die Noten haben sich verbessert. Wir werden nur eine Serie von Terminen wahrnehmen (so 6 Stück), das soll keine Dauereinrichtung werden.

Was dabei zählt, ist einfach das Gefühl, besser gerüstet zu sein für den Schulalltag. Bei uns und dem Kind. Allerhand wirklich Nützliches ist auch dabei. Und: Lob und Bestätigung von außen sind wirkungsvoller. Eltern sind ja quasi verpflichtet, ihr Kind toll zu finden und zu loben. Das wissen Kinder und ein elterliches Lob zählt nicht so viel wie eins von einer Autorität (Wortsinn im positiven) von außerhalb.

Grüße
kernig