Hallo!
Keiner muss Debatten befürchten. Im Gegenteil, die intensive Diskussion ist dringend fällig, wenn nicht schon seit 50 Jahren überfällig.
Während mehrerer Jahrhunderte gab es vorwiegend Auswanderung. Zahllose Menschen flohen vor Obrigkeiten, Chancenlosigkeit und Verfolgung in die USA, nach Australien und Südamerika. Unmittelbar nach dem Krieg kamen einige Millionen Menschen nach Deutschland, aber nicht freiwillig, sondern als Vertriebene. Vor einen halben Jahrhundert kamen die ersten Menschen freiwillig als damals so genannte Gastarbeiter. Man stellte sich Arbeitskräfte auf Zeit vor, aber dass die Arbeitskräfte Menschen mit Familien waren, kam in den Überlegungen der Anwerber gar nicht vor. Es gab bestenfalls ungenügende, meistens gar keine Bemühungen, Menschen dauerhaft ins Gemeinwesen zu integrieren.
An dem Zustand hat sich bis heute nichts geändert. Es gibt keinen gesellschaftlichen Konsens, wie mit den ins Land drängenden Menschen zu verfahren ist. Manche bezeichnen jeden, der eine Harke bedienen und womöglich seinen Namen kritzeln kann, als dringend gebrauchte Fachkraft, während andere das Land am liebsten abschotten würden. Kommunen bemühen sich, Unterkünfte bereit zu stellen, sind damit zusehends überfordert und immer noch gibt es kein gestaltendes politisches Handeln.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge beschäftigt sich mit der Schaffung neuer Planstellen für Sachbearbeiter und erfüllt dabei jedes Vorurteil, das man gegenüber Staatsbediensteten nur haben kann. Man kommt einfach nicht in die Hufe; es dauert schier endlos. Gemeinden zwischen Flensburg und Konstanz mühen sich mit der Schaffung von Unterkünften für Menschen, von denen rund die Hälfte weder unter Art. 16a GG noch unter die Genfer Konvention fällt, also erkennbar niemals einen Anspruch auf Bleiberecht haben wird. Die Feststellung dauert aber Monate oder auch Jahre. Warum geht das nicht binnen 24 h, na gut, es sind Staatsbedienstete, also von mir aus 48 Stunden einschl. der Organisation der Fahrt zurück ins Herkunftsland (zumeist Ex-Jugoslawien)? Geht nicht? Warum nicht?
Politisch Verfolgte und Kriegsflüchtlinge brauchen Schutz. Wir riskieren aber die gesellschaftliche Akzeptanz des unverzichtbaren Schutzes durch tiefen Schlaf politisch Verantwortlicher beim Umgang mit Armutsflüchtlingen. Natürlich kann auch Armut lebensbedrohlich sein, aber mit der Aufnahme der Armen Afrikas ist ganz Europa überfordert.
Gegen Armut kann man etwas tun, z. B. Verbot von Nahrungsmittelexporten, die der Landwirtschaft in armen Ländern das Wasser abgräbt sowie Verbot des Fischfangs vor den Küsten solcher Staaten. Schrottexporte sind schon lange illegal, aber Verbote werden umgangen und die Schlupflöcher nicht gestopft.
Bei jedem Konflikt wird überlegt, ob wir die uns genehm erscheinende Partei (der aus rational nicht nachvollziehbaren Gründen Bestrebungen nach Menschenrechten und Demokratie unterstellt wird) mit Waffen unterstützen sollten. Als Bürgerkriege ausgetragene Konflikte - darum geht es zumeist - sind aber mit Waffen gleich welcher Art und Menge an eine der Parteien nicht lösbar. Wir sollten auch aufhören, die amerikanischen Verbündeten beim Durchsetzen ihrer strategischen Interessen sowie bei der vorgeblichen Verbreitung von Demokratie zu unterstützen. Am Ende stehen zerbombte gescheiterte Staaten und Anarchie (siehe Irak, auch Afghanistan). Jedes noch so unappetitliche und steinzeitliche Regime ist besser als Anarchie.
Soll heißen: Ursache eines beträchtlichen Teils der Flüchtlingsströme ist westliche Politik, die alle möglichen Interessen unter hehren Deckmäntelchen vertritt, aber kaum jemals elementare Interessen der betroffenen Menschen. US-Militär schmeißt Bomben und wir kümmern uns um die Flüchtlinge. Sollten wir unbedingt tun, aber gleichzeitig den Amis deutlich sagen, dass sie mit ihren Bombern und Joy-Stick-Drohnenkriegern wegbleiben sollen. Wie ein Bombenattentäter nur Leid anrichten, aber kein irgend nachvollziehbar sinnvolles Ziel erreichen kann, können auch Bomben in der Nahostregion nichts Sinnvolles, nichts Konfliktlösendes, nichts Befriedendes bewirken.
Gruß
Wolfgang