Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - Voraussetzungen/Gründe

Hallo,
folgender fiktiver Fall. Familie bezieht Wohngeld. Am drittletzten Tag des Monats wird nachmittags ein gemeinsames Kind geboren. Die Geburt verläuft nicht ganz ohne Komplikationen.
Nun könnte gem. § 27 Abs 1 Nr.1 WoGG im laufenden Bewilligungszeitraum ein Erhöhungsantrag gestellt werden. In der Aufregung denken aber weder Mutter noch Vater daran.
Zu allem Überfluss hat das Wohngeldamt am nächsten Tag geschlossen, am letzten Tag jenes Monats ist ein gesetzlicher Feiertag.
Langer Rede kurzer Sinn, der Erhöhungsantrag wegen Erhöhung der Anzahl der wohngeldberechtigten Personen wird nicht mehr im laufenden Monat eingereicht, sondern am dritten Tag des Folgemonats (inzwischen war nämlich auch noch ein Wochenende).
Da eine rückwirkende Antragstellung nach dem WoGG nicht möglich ist, käme jetzt nur noch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Frage.

So nun die Fragen.
Nach welchem Gesetz richtet sich das? Eigentlich ist es eine Sozialleistung und es wird im Gesetz auch gelegentlich auf  das SGB X verwiesen. Andererseits wäre eine Klage vor dem Verwaltungsgericht und nicht vor dem Sozialgericht einzureichen.
Da die Wortlaute im SGB X und der VwGO praktisch identisch sind, könnte diese Frage aber auch erstmal egal sein.

Die nächste Frage wäre, ob mit der Antragstellung am dritten des Folgemonats zusätzlich überhaupt noch ein Antrag auf W.i.d.v.S. notwendig wäre. (Letzter Satz § 27 Abs.2 SGB X (http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_10/__27.html) Wonach richtet sich eine Behörde bei so einer Kann-Bestimmung?
Prüfen die die W.i.d.v.S. dann von alleine oder müssen es sogar oder nur, wenn sie gerade Lust dazu haben?

Noch spannendere Frage wäre dann naturgemäß, ob die eingangs geschilderte Situation als ein Versäumen der Frist ohne Verschulden angesehen werden kann.
Objektiv war der Antrag ja erst nach der Geburt eines lebendes Kindes möglich, konnte also nicht schonmal vorsorglich gestellt werden, zumal nur eine Minderheit der Kinder auch zum errechneten Geburtstermin zu Welt kommt. 
Wo sind also Beispiele für eine schuldloses Versäumen der Antragsfrist nach SGB oder VwGO zu finden?

Kann eine komplizierte Geburt, die sicher auch Vater und Mutter geringfügig von Notwendigkeit ablenkt, sofort den Kreißsaal zu verlassen und den Antrag zu stellen, als ersichtlicher Grund für ein Versäumen der Frist angesehen werden?

Vielen Dank für Eure sachkundigen Beiträge im Voraus.

El Buffo

Hallo!

Die Wiedereinsetzung dürfte gar nicht zu prüfen. Es dürfte hier § 26 SGB X Anwendung finden.

  • Drittletzter Tag des Monats ist nachmittags die Geburt. Eine Behörde dürfte normalerweise nicht darauf bestehen, dass man direkt nach der Geburt zum Wohngeldamt eilt um dort einen Antrag zu stellen. Zumal sich die Frage stellt, ob dies aufgrund der Sprechzeiten der Behörde überhaupt möglich gewesen wäre.

  • Am zweitletzten Tag hat die Behörde geschlossen, der formelle Antrag konnte gar nicht gestellt werden.

  • Am letzten Tag des Monats = Feiertag. Behörde geschlossen = formeller Antrag nicht möglich.

  • Die beiden Folgetage sind Wochenende = Behörde zu etc.

  • formelle Antragsstellung wäre somit erst am 3. Tag des Folgemonats nach der Geburt möglich.

Natürlich kann die Behörde unterstellen, man hätte sich am Tag der Geburt hinsetzen, den Antrag formlos stellen und in den Briefkasten der Behörde einwerfen können.

Soweit bekannt, gilt bei formlosen Anträge als Antragsdatum das Datum des Eingangs (Eingangsstempel) bei der Behörde.

Es dürfte daher zu folgender Unterscheidung kommen:

Hat die Behörde also jemanden, der auch an Wochenende etc. die Briefkästen leert und die Post mit einem Eingangsdatum versieht, hätte der Antrag rechtzeitig gestellt werden können. Dann wäre der Antrag am 3. Folgetag tatsächlich verspätet gestellt worden. Die Wiedereinsetzung käme möglicherweise in Betracht. Es könnte an dieser Stelle eine besondere Härte unter Würdigung der besonderen Umstände geltend gemacht werden. Da es bei Wohngeld nicht um horrende Summen geht, dürfte dies nicht unbedingt das Problem sein.

Hat die Behörde eine solche Person nicht, dürfte der formlose Antrag erst am 3. Tag des neuen Monats bei der Behörde eingegangen sein. Ein frühere Antragsstellung wäre nicht möglich gewesen. Ein Feiertag, Wochenende oder eine geschlossene Behörde kann nicht zur Last gelegt werden.

Dies ist eine unverbindliche Auskunft. Keine Garantie für die Richtigkeit.

Grüße
Carsten

Hallo,

Die Wiedereinsetzung dürfte gar nicht zu prüfen. Es dürfte
hier § 26 SGB X Anwendung finden.

  • Drittletzter Tag des Monats ist nachmittags die Geburt. Eine Behörde dürfte normalerweise nicht darauf bestehen, dass man direkt nach der Geburt zum Wohngeldamt eilt um dort einen Antrag zu stellen.

Ja, das wäre ganz klar der Ansatz den jeder normale Bürger so mitgehen würde. Allerdings geht es hier ja um Recht und Gesetz, was nunmal nicht nur im Sozialrecht nicht unbedingt etwas mit dem gesunden Menschenverstand zu tun haben muss.

Zumal sich die Frage stellt, ob dies aufgrund der Sprechzeiten der Behörde überhaupt möglich gewesen wäre.

  • Am zweitletzten Tag hat die Behörde geschlossen, der formelle Antrag konnte gar nicht gestellt werden.
  • Am letzten Tag des Monats = Feiertag. Behörde geschlossen = formeller Antrag nicht möglich.
  • Die beiden Folgetage sind Wochenende = Behörde zu etc.
  • formelle Antragsstellung wäre somit erst am 3. Tag des Folgemonats nach der Geburt möglich.
    Natürlich kann die Behörde unterstellen, man hätte sich am Tag der Geburt hinsetzen, den Antrag formlos stellen und in den Briefkasten der Behörde einwerfen können.
    Soweit bekannt, gilt bei formlosen Anträge als Antragsdatum das Datum des Eingangs (Eingangsstempel) bei der Behörde.
    Es dürfte daher zu folgender Unterscheidung kommen:
    Hat die Behörde also jemanden, der auch an Wochenende etc. die Briefkästen leert und die Post mit einem Eingangsdatum versieht, hätte der Antrag rechtzeitig gestellt werden können.

Ja, den gäbe es jetzt einfach mal oder die hätten so einen Briefkasten, der das hergibt. Die Frage wäre, ob ein sofort formlos aufgesetztes und noch an diesem nachmittag aufgesetztes Schreiben rechtzeitig angekommen wäre und ob dies überhaupt von normalen Bürger erwartet werden kann, in dieser Situation ausgerechnet daran zu denken. Desweiteren wäre, gesetzt dem wäre so, die Frage, ob dann noch die Mutter oder der Vater losfahren und sich zum Ort der Behörde begeben muss oder es reichte den Brief zur Post zu geben? Klinik, Wohnort und Behörde können sich ja an drei verschiedenen räumlich mehr oder weniger entfernt liegenden und mit öffentlichen Verkehrsmitteln mehr oder weniger gut erschlossenen Orten befinden. Würde dann das Datum des Einwurfs in den Briefkasten der Post gelten oder muss er in dieser Zeit unbedingt bei der Behörde angekommen sein?

Dann wäre der Antrag am 3. Folgetag tatsächlich verspätet gestellt worden. Die Wiedereinsetzung käme möglicherweise in Betracht. Es könnte an dieser Stelle eine besondere Härte unter Würdigung der besonderen Umstände geltend gemacht werden. Da es bei Wohngeld nicht um horrende Summen geht, dürfte dies nicht unbedingt das Problem sein.

Dem Amtsschimmel geht es aber nicht um den gesunden Menschenverstand, sondern ums Prinzip. Daher meine Frage, wo es Beispiele für unverschuldetes Versäumen gibt.

Hat die Behörde eine solche Person nicht, dürfte der formlose Antrag erst am 3. Tag des neuen Monats bei der Behörde eingegangen sein. Ein frühere Antragsstellung wäre nicht möglich gewesen. Ein Feiertag, Wochenende oder eine geschlossene Behörde kann nicht zur Last gelegt werden.
Dies ist eine unverbindliche Auskunft. Keine Garantie für die Richtigkeit.

Das kann man in Rechtsfragen auch gar nicht erwarten. Ich hatte gehofft irgendwo Beispiele zu finden.
Im Übrigen ginge es in dem fiktiven Fall von ganz alleine und selbstverständlich rückwirkend, dass die Müllgebühren für das Neugeborene ab dem Tag der Geburt fällig wären ;o)

Vielen Dank