Wiederverwertung von Kriegsmaterial ?

Hi

Was ich mich schon immer gefragt habe :

Im Krieg, nach den täglichen Schlachten, was passierte mit den Waffen, Munition ec. - der gefallenden Soldaten. Wurden die am Ende eines Tages eingesammelt und für den nächsten Soldaten wiederverwendet, oder blieb das Material einfach liegen, verschrottet oder sonstiges. Egal ob brauchbar oder nicht. Ich habe bis jetzt noch keinen Film gesehen, wo man dies beobachten konnte oder erwähnt wurde. Ich kann mir vorstellen, das es eine bestimmt Einheit gab oder noch gibt, die nur mit dem einsammeln des Material beschäftigt sind und brauchbares wieder auf die Truppen verteilte. Es werden Jahre später zwar immer noch Waffen oder Munition gefunden, aber ich kann mir kaum vorstellen, das das Material mit Absicht liegen blieb.

Gruß Nino

Hi

Mein Artikel wurde reichlich gelesen. Leider wurde aber nicht geantwortet. Jetzt stelle ich mir die Frage :Keine Lust zum Antworten, oder eine Antwort ist nicht bekannt.

Ein kleiner Hinweis währe nett.

Gruß Nino

Hallo !

Natürlich wurde alles weiter gebraucht. Wenn in Stalingrad ein Soldat keine Stiefel mehr hatte, zog er sie dem nächst besten Kameraden aus.

Am begehrtesten waren die Filzstiefel der Russen.

Wenn ein normaler Soldat eine MP bei einem Toten fand, nahm er sie.

Usw, usw.

In Afrika fuhren Rommels Soldaten mit Beutepanzern und Beute-Lkw.

Usw, usw.

mfgConrad

Hallo

Wenn in Stalingrad ein Soldat keine Stiefel mehr hatte, zog er sie dem nächst besten Kameraden aus.

Das halte ich für selbstverständlich und würde das auch so machen.

In Afrika fuhren Rommels Soldaten mit Beutepanzern und
Beute-Lkw.

Beute machen, natürlich. War das aber nun eher Zufall oder Gegebenheit? Oder steckte eine millitärische Anweisung dahinter. Also mit dem Befehl, Einheit-Sowieso muß brauchbares Kriegsmaterial wieder einzusammeln.

Gruß Nino

Ich denk mal es ist ganz selbstverständlich dass man Waffen und Munition aufnimmt, aber genau hier möchte ich noch etwas anmerken:

Bei der Bundeswehr haben wir gelernt dass man eben hier gerne Fallen baut und gebaut hat. So gibt es in Fabriken (!!!) hergestellte AK-Magazine, die einen Sprengsatz beinhalten. Der geht dann nach dem 3. Schuss los.
Oder eine andere Variante:
Das Ak-Magazin wird waagrecht hingelegt. Sobald es jemand aufnimmt und in eine senkrechte Position bringt, schwenkt ein Pendel zu einem Kontakt. Es fließt über diese Stromstelle ein elektrisches Signal zum Zünder und das Magazin explodiert ebenfalls.
Auch ungern gesehen: Granaten die nach 1 Sekunde, also noch direkt in der Hand explodieren.

Denk mal dass durch solche Vorfälle auch so manches Material liegen gelassen wird.

Oder nehmen wir den WK I mal als Beispiel:
In den sogenannten „gelben Räumen“, also Senfgas-verseuchten Räumen, wird niemand mit der bloßen Hand (damals hatte man noch keinen ausreichenden Schutz ggn. Senfgas) einen Karabiner aufnehmen.
Dieser Karabiner liegt dann noch Jahrzehnte im Unterstand und wird dann 90 Jahre später total vergammelt wieder gefunden.

Ich kann mir auch vorstellen, dass eine gut ausgerüstete amerikanische Armee lieber dem fliehenden Feind nachsetzt, statt Halt zu machen und Waffen, wie Munition aufzunehmen. Hier werden wohl nur die größeren Kaliber (Artillerie, Paks, Panzer etc.) aufgenommen. Der Rest interessiert nicht.

Gruß

DaBenn

Befohlen wurde das „Beutemachen“ selten, denn dann ging es in der Regel darum neuer Technologien des Gegners Habhaft zu werden. Grundsätzlich war es für viele Einheiten einfach Überlebenswichtig sich mit Material des gegners auszustatten, da der eigene Nachschub unzureichend oder überhaupt nicht vorhanden war. Dementsprechend gab es hierfür auch keinen befehl von übergeordneter Stelle sondern einfach nur den gesunden menschenverstand eines jeden Einheitsführers.

Um zur Eingangsfrage zurückzukommen (und da hat sich in den letzten 100 Jahren nichts geändert): In heutigen Konflikten werden Waffen und Munition eines etwaigen Gegners in allen modernen Streitkräften von besonders ausgebildeten „Feuerwerkern“ unschädlich gemacht und danach vernichtet. Auch im 2. Weltkrieg wurde dies schon von besonders geschulten Feuerwerkern der Pioniereinheiten gemacht. Ansonsten dauert es natürlich bis z.B. zerstörtes Großgerät (z.B. Panzer) entfernt und vernichtet werden können.
Grundsätzlich ist zu sagen: Geräumt und beseitigt wird in einem Konflikt zunächst einmal nur das Material, welches die Beweglichkeit und Sicherheit eigener Kräfte einschränkt. Grundsätzlich wird nur eigenes Material genutzt, in der Bundeswehr (und anderen Nato-Streitkräften) ist z.B. das Aufheben von Fundmunition oder gefundenem Material im Einsatz verboten - hier kommen wieder die Feuerwerker zum Einsatz. Das war auch schon im zweiten Weltkrieg so, konnte da aber aus verständlichen Gründen an vielen Kriegsschauplätzen nicht durchgehalten werden.

Sobald eine Region gesichert und stabilisiert wurde und Kräfte dafür zur Verfügung stehen werden diese auch dafür abgestellt bisher nicht geräumte/s Munition und Material zu vernichten.

Noch Fragen?

gruß Andi

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in früheren Zeiten
Hallo Nino,

in den Zeiten vor den großen Materialschlachten wurden Reste der Schlachten von der ortsansässigen Bevölkerung liebend gerne aufgeklaubt. Bspw. Eisen war ja zu jeder Zeit ein wichtiger Rohstoff. Selbst kleine Haken und Ösen konnte ein armer Bauer gut gebrauchen.

Genau darin liegt ein Problem der Archäologie, die selten Beiträge zu historischen Schlachten liefern kann. Kalkriese ist da ein große Ausnahme, von Cannae ist dagegen 0,0 übrig geblieben. Nicht eine Pfeilspitze!

Viele Grüße,
Andreas

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Hi

Danke, so etwas wollte ich lesen. Das erscheint mir von allen Antworten am sinnvollsten.

Gruß Nino

Hi

Interessante Berichte und irgendwie fiese Fallen. Der Soldat ist dann in der Regel geschult und gewarnt. Die Zivillisten wohl eher nicht. Böse Falle.

Gruß Nino

im 2.WK
Hi Nino,

versuch mich hier mal mit ein paar Details zum 2. WK:

Wie u.a. mit Beutewaffen umgegangen wurde zeigt das Beispiel einer Infanteriedivision (Quelle: Buchner, Alex – Das Handbuch der deutschen Infanterie):

Im Gefechtstross eines Infanteriebataillon wurden u.a. auch ein Waffenmeister und ein Waffenmeistergehilfe geführt – Aufgabe: Reparatur von ausgefallenen und schadhaften Infanteriewaffen und(!): die Untersuchung von Beutewaffen auf ihre Verwendbarkeit!
Im Gefechtstross eines Infanterieregiments findet sich dann auch wieder ein Waffenmeister mit den entsprechenden Aufgaben.
Im Divisionsstab schliesslich gab es den Posten des Ib/WuG (= Waffen und Geräte) im Rang eines Hauptmanns (Feuerwerker). Dieser Hauptmann war der Quartiermeisterabteilung – die versorgungsmässige Zentrale der Division - zugeordnet. Zu seinen Aufgaben gehörte auch die Einrichtung von „Beutesammelstellen“.
Davon gibt es auch einige Bilder (hab ich leider nur in Büchern).

Zum Thema Übernahme von Beutewaffen:

Beispiel Artillerie (Quelle: Hahn, Fritz – Waffen und Geheimwaffen des deutschen Heeres 1933-1945):

Im März 1944 befanden sich an allen Fronten 8.337 Geschütze aus nichtdeutscher Produktion im Einsatz (belg., engl., franz., griech., holl., ital., jugosl., norweg., poln., russ., tschech.).
41,7% davon waren franz. Ursprungs. Für einige Waffen (u.a. für drei russ. Waffen mit deutscherseits nicht verwendeten Kaliber) wurde sogar extra Munition gefertigt. Der Rest war auf Beutebestände(!) angewiesen.
Deutsche Geschütze waren zu diesem Zeitpunkt übrigens 9.252 im Einsatz. D.h. die Beutegeschütze machten über 47% des Gesamtbestandes aus!
Die Verteilung der Geschütze (deutsch – Beute) war dabei an den Fronten unterschiedlich:
Ostfront – 79% deutsch
Westfront – ca. 22% deutsch (der Rest also Beutewaffen).

Beispiel Lkw:

Auf den Strassen von Dünkirchen (1940 – nach der engl. Evakuierung) konnten durch das „technische NSKK-Bataillon“ 6.500 Kfz geborgen werden, davon wurden 4.500 wieder in betriebsbereiten Zustand versetzt. Der Rest wurde ausgeschlachtet bzw. dem „Heeresverschrottungskommando“ zugeleitet. (Quelle: Frank, Reinhard – Lastkraftwagen der Wehrmacht)

Selbst mit der Übernahme und Verwertung von Panzerfahrzeugen hatte man keine Probleme (bestes Beispiel: T-34 als Ausstattung von zwei Panzerkompanien der 2.SS-Panzergrenadierdivision DR bei Kursk 1943).

Da man das Schlachtfeld deutscherseits mit fortschreitendem Kriegsverlauf nicht mehr am Ende beherrschte musste zwangsläufig vieles stehen bleiben. Vorher hat man selbst abgeschossene Fahrzeuge geborgen und wieder instand gesetzt oder sogar zu den Herstellerwerken zurückgeschickt. Die Panzerbergung und –instandsetzung war deutscherseits schon vor dem Krieg hoch entwickelt!
Interessant dazu sind auch Äusserungen Guderians in seiner Funktion als Inspekteur der Panzertruppe, in denen er sich über die mangelnde Schnelligkeit bei der Instandsetzung in den Herstellerwerken beschwert – Grund: Die Arbeiter wollten nicht an den Fahrzeugen arbeiten, da man Blut und sogar Leichenteile in den Fahrzeugen fand! (Quelle: Muss ich nachschlagen – stand irgendwo bei Thomas Jentz in einem Buch)

Das nicht nur die Deutschen das konnten zeigten aus die russ. Streitkräfte. Es gab einen Befehl, nach dem abgeschossene russ. Panzer (sofern Zeit und Möglichkeit gegeben) gesprengt werden sollten, da sich die russ. Bergungsdienste als überaus erfolgreich erwiesen und abgeschossene Fahrzeuge sogar vor den Augen der Deutschen geborgen wurden. Diese Fahrzeuge wurden dann innerhalb kürzester Zeit wieder hergerichtet und eingesetzt. (Quelle: s.o. Bemerkung zu Thomas Jentz)

Im Übrigen habe ich auch schon russ. Beutesammelstellen auf Fotos gesehen. Es gibt da u.a. Aufnahmen von solchen nach der Schlacht um Stalingrad.
Im Kampf wurden auch deutsche Fahrzeuge in grösserem Umfang verwendet. Beispiele dafür sind z.B. Sturmgeschütze (z.T. auch umgebaut mit russ. Geschützen) und Panther-Panzerkampfwagen (hab da mal gelesen, dass gegen Kriegsende bewährte Panzerbesatzungen sogar einen Panther als neues Fahrzeug zur Belohnung zugeteilt bekommen haben).

Auch auf englischer und amerikanischer Seite gab es den Einsatz von Beutewaffen. Beispiele hier sind z.B. der Einsatz ital. Beutepanzer durch ein engl. Panzerregiment 1941 in Nordafrika oder die Verwendung von deutschen 17cm-Kanonen durch die Amerikaner in den Kämpfen an der Reichsgrenze im Herbst 1944(!).

Ein weiterer wichtiger Grund für die Bergung: Rohstoffe!
Extrem wurde dies z.B. bei abgeschossenen Flugzeugen gehandhabt. Die Wracks wurden gesammelt und wieder eingeschmolzen. Leichtmetall war eben Mangelware.
Und dies gilt nicht nur für die deutsche Seite. Schon zur Zeit der Luftschlacht um England 1940 wurden in England die Wracks der deutschen Flugzeuge wiederverwertet.
Panzerstahl geborgener Panzerfahrzeuge war da natürlich auch interessant!

Grundsätzlich kann man wohl sagen, dass Material von einem Schlachtfeld in der Regel geborgen wurde – sofern es ging. Aufgrund der Ausdehnung und durch den Bewegungskrieg (insbesondere an der Ostfront) waren diese Voraussetzungen sicherlich nicht immer gegeben. Dazu kommt natürlich auch die Menge, die ja logistisch auch erst mal bewältigt werden muss. Nicht umsonst findet man gerade in Russland noch heute vom Flugzeug über Panzer bis hin zu sonstigen Waffen einiges.

Hoffe, etwas geholfen zu haben.

Gruss

Tom

Guter Artikel… (ovwt)
… zu einer interessante Frage.

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Danke und Sternchen.

Gruß Nino