Wieso gibt's keinen Anpfiff mehr?

Hallo,

jetzt bin ja doch schon knapp über Dreissig, ich denke da steht es mir langsam zu über meine Kindheit wie über ein bedeutendes, antikes Ereignis zu schwadronieren.
Also: „Bei uns, damals, da kam der Nikolaus noch ins Haus. Er hatte ein goldenes Buch dabei, aus dem er alle unsere Schandtaten, die wir übers Jahr begangen hatten, vorlas. (-Ein Umstand, den ich mir im Übrigen bis heute nicht recht erklären kann) Darauf stauchte er uns erstmal ordentlich zusammen. Und wir mussten ihn mit einem Gedichtchen oder Liedchen besämftigen, bevor wir ein Säcklein mit Süssigkeiten, Obst und Nüssen bekamen!“
Dieses „wir“ meint im übrigen nicht alleine mich und die Kinder im Haus meiner Tante, sondern maßt sich an, eine ganze…, - ach was eine? - Alle Generationen, einschließlich meiner anzusprechen, die dem Weihnachtsmann noch Aug’ in Aug’ gegenüber gestanden haben. Auch wenn dies’ im meinem Fall gar nicht so übermäßig heldenhaft war, da der Nikolaus irgendwie aussah, wie besagte Tante. Allerdings nehme ich nicht an, dass alle Kinder, denen er die Leviten las, meine Tante gekannt haben.
Nun, wie auch immer … - mich hätte interessiert, ab wann und warum der heilige Mann die Hausbesuche eingestellt hat und dazu übergegangen ist, Schokoriegel nurmehr in Schuhe zu stopfen. Und wo nur hat er sich diesen Quatsch mit der Schornsteinkletterei abgeguckt? - Obwohl, - denken kann ich’s mir …

Gruss

Gerhard

Hallo,

jetzt bin ja doch schon knapp über Dreissig, ich denke da
steht es mir langsam zu über meine Kindheit wie über ein
bedeutendes, antikes Ereignis zu schwadronieren.
Also: „Bei uns, damals, da kam der Nikolaus noch ins Haus. Er
hatte ein goldenes Buch dabei, aus dem er alle unsere
Schandtaten, die wir übers Jahr begangen hatten, vorlas. (-Ein
Umstand, den ich mir im Übrigen bis heute nicht recht erklären
kann) Darauf stauchte er uns erstmal ordentlich zusammen. Und
wir mussten ihn mit einem Gedichtchen oder Liedchen
besämftigen, bevor wir ein Säcklein mit Süssigkeiten, Obst und
Nüssen bekamen!“

das kenn ich auch noch aus meiner kindheit. und ich bin grad mal 22 :wink: so kraß war das zusammenstauchen allerdings net und wir mußten auch kein liedchen singen.

Nun, wie auch immer … - mich hätte interessiert, ab wann und
warum der heilige Mann die Hausbesuche eingestellt hat

ich denk mal, das macht er immer noch, net? nur viel seltener als früher. die gesellschaft halt immer hektischer, keiner hat mehr zeit, das engagement beschränkt sich aufs individuum, also is keiner mehr bereit, den nikolaus zu spielen.
und dann sind ja die kinder heut aufgeklärter als früher. wenn du siehst, daß zehnjährige schon mitm handy rumlaufen und mitm computer besser klarkommen als du selbst, dann versuch denen mal weiszumachen, daß es den nikolaus wirklich gibt. die schenken dir höchstens ein müdes lächeln. nee, in unserer aufgeklärten, technisierten welt is kein platz mehr für märchen. traurig, aber wahr.

Und wo nur hat er sich diesen Quatsch mit der
Schornsteinkletterei abgeguckt? - Obwohl, - denken kann ich’s
mir …

ich nehm an, aus nem fernen land namens usa, das man besser nie entdeckt hätte :wink:

gruß

michael

Endlich keinen Anpfiff mehr!
Ob, wann und wie der Nikolaus zu Kindern kommt, ist die Entscheidung der Eltern. Sie engagieren die Tante, den Onkel, den Nachbarn oder den Studentendienst. Sie bestimmen das Kostüm, den Auftritt, die Szenerie, die Dialoge.
Wer also wünscht, dass seine Kinder eingeschüchtert, erschreckt, ihnen die Leviten gelesen, mit einem schlechten Gewissen versehen, durch Gedächtnisleistungen unter Druck gesetzt und „ordentlich zusammengestaucht“ werden sollen, und so den Nikolaus so zum billigen Hilfsarbeiter der Erziehung zu degradieren will: bitte!

Ich bin froh, dass das immer mehr aus der Mode kommt.

Dass Schuhe oder der Teller gefüllt werden, ist keineswegs neu.
=> „Lasst uns froh und munter sein“.
Ob der Bringer durch den Schornstein einsteigt, oder bloß am Fenster vorbeigeht, das ist doch belanglos.

Denkt jedenfalls Fritz Ruppricht

the least at last
Hallo nochmal,

natürlich will keiner den lieben Kleinen weder einen Schock fürs Leben versetzten, indem er sie mit dem leibhaftigen Nikolaus konfrontiert, noch sie mit dem Ableiern vom Tannenbaumlied, zu abnormen Gedächtnisleistungen zwingen. Und es ist ja ganz selbstverständlich, dass ihnen ein schlechtes Gewissen erspart bleiben sollte, im günstigsten Falle bis Beendigung des Studiums. Denn nur so ist der Möglichkeit, ihnen ein Leben, gänzlich ohne Gewissensbelastung, zu ermöglichen, optimal Vorschub geleistet.
Nein, - darum ist es mir nicht gegangen, das war ja klar. Eine ordendliche Erziehung unserer kleinen Jennys, Bridges’, Marvins und Kevins sollte schon gegeben sein. Da reicht ein „Santa“, der im bimmelnden Renntierschlitten über dem Coca-Cola Städtchen schwebt, voll und ganz.
Worum es mir eigentlich gegangen ist, hätte ich auch an Allerheiligen fest machen können, das neuerdings Halloween heißt, nämlich, muss es tatsächlich sein, dass alles nachgemacht wird, was schlechte Sitcoms aus Übersee vorgeben?
Kleine Quizfrage: Wann feiert Amerika jedes Jahr seinen Unabhängigkeitstag? - Am 4. Juli, oder vieleicht am 20. Juni?
Und welches Datum erinnert an den Fall der Mauer? - Der 9. November oder der 3. Oktober?
Lässt man den, sich bei einer näheren Durchleuchtung des Begriffs der „Leitkultur“, offenbarenden Sinn und Unsinn, ausser Acht, und macht alleine die Definition seines Predigers geltend, muss man sich doch fragen, welche Kultur hat Friedrich Merz, denn da gemeint? Oder anders gesagt: Was bleibt übrig, wenn man die amerikanische von der deutschen Kultur subtrahiert? Zieht man dem dann auch noch die Einflüsse sämtlicher anderen, in Deutschland ansäßiger, Kulturen ab, was bleibt dann noch? - Kommt man da etwa schon in den Bereich der Rechnungsart mit negativen Grössen?
Mir fällt dazu nicht allzu viel ein, das wenig aufregender wäre als die Blasmusik auf Beerdigungen. In einem solchen Ambiente würde ich auch nicht leben wollen. Aber nicht minder dämlich als die strikte Ablehnung alles Fremden, ist dessen unbedingte Absorbation. - Und zwar in einem Maße, das sogar viele hier lebende Amerikaner den Kopf schütteln läßt.
Nun soll natürlich nicht jeder Grete und Hans heissen, ich würde es auch nicht vermissen, wenn diese Scheußlichkeiten ganz ausstürben, aber irgendwie, ich kann es nicht recht erklären, halte ich Winona, für eine niederbayrische Metzgerstochter beispielsweise, auch für lächerlich.
Schließlich geht es bei dieser Amerikanisierung doch nur um Äusserlichkeiten. Die Werte dahinter bleiben deutsch. Ich schätze an Amerikanern ihre vollkommene Dünkellosigkeit in Bezug auf ihre Ausbildung, auf ihr Können und Wissen. Deutsche setzen zumeist voraus, dass man sich ihrer Bedeutung in der Welt zu jeder Sekunde gewahr ist, wenn sie einem nur die Uhrzeit mitteilen.
Nun möchte ich nicht den Anschein erwecken, jetzt beklage ich mich, weil wir nicht durch und durch amerikanisiert sind, - nein, das stimmt nicht. Noch verlange ich, dass die Amis doch gefälligst Deutsch reden sollten, wenn sie was von uns wollen. Ich halte Englisch, als standarisierte Geschäftssprache, mit dem nicht Deutsch sprachigen Ausland, sogar für äusserst sinnvoll. Ich sage nur, dass sich „Bruce Obermeier“ scheisse anhört.
Ach ja, und dass sich der Nikolaus nun aus pädagogisch-strategischen Gründen durch den Schornstein zwängen muss, halte ich, - um nicht zu sagen sagen, für Bullshit, - fast für einen Fall für amnesty international.

Gruss & frohe Weihnachten noch

Gerhard

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