Wieso ist der soziale Mensch so wenig sozial?

So ist es. So oder so.

Wir sind übrigens nicht im Wirtschafts- oder Politikbrett, sondern in einem der übergreifenden allgemeineren Ursachenforschungsbretter.

Franz

Hallo

[quote=„C_Punkt, post:14, topic:9419568“][quote]

in einer Gesellschaft, die bis in ihrem innersten Kern auf Ausbeutung beruht.
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Habe ich die Ironie irgendwo verpaßt? Ich meine, das kann doch kaum Dein Ernst sein - zumindest, wenn wir unter „Gesellschaft“ die deutsche verstehen.

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Worauf sollte denn eine kapitalistische Gesellschaft sonst beruhen als auf Ausbeutung?
Und selbst wenn wir letzten Endes alle gemeinsam nur die Näherinnen in Bangladesh ausbeuten, das Wort ‚Ausbeutung‘ ist sicher nicht unzutreffend. Ich sehe es aber so, dass auch hierzulande eine Menge von Leuten ausgebeutet werden, wenn auch nicht auf total unmenschliche Weise. Abgesehen von der zum großen Teil sinnlose Ausbeutung der Natur, die ja nicht nur Natur, sondern auch die Lebensgrundlage der Menschheit ist.

Und ich verstehe meine Frage auch weniger unter dem Aspekt der Ausbeutung als mehr einem Egoismus, der dahinter steckt und sich letztlich auch in dem Verhalten eines jeden (?) Menschen finden kann.
Für mich macht es Sinn- in einer Leistungsgesellschaft, die Form von „ich will mehr“ auch im zwischenmenschlichen Verhalten zu erkennen.

Für mich passt dieser Zusammenhang, der gesellschaftlich tief in uns sitzt und der sich auch nicht " einfach so" verändern lässt. Trotz vielen Wünschen und Sehnsüchten- trotz vieler Kommunikationsmethoden, die soviele Menschen erlernen und damit ein schöneres Miteinander leben zu wollen. Um es- letztenendes- dann doch nciht zu erleben.

Er kann aber nicht den Kontakt zu Menschen komplett ersetzen- das Gefühl von Verbindung und Nähe.

Es wäre toll, wenn man sich seine Bedürfnisse immerzu aus sich selbst befriedigen könnte (zumindest die Zwischenmenschlichen)- aber sowas ist wohl kaum umsetzbar :wink:

Nun, Kapitalismus beruht entscheidend auf Freiheit, Individualismus, und den entsprechenden Rahmenbedingungen. Im Grunde genommen nur Gutes.

Das verhält sich ähnlich wie Demokratie. Ein freies und freiheitsliebendes System.

Die Crux liegt wohl in der Angreifbarkeit beider (wegen des asozialen Wesens der Einzelnen). Im Kapitalismus bei der Verteilungs- und Leistungsungerechtigkeit. In der Demokratie am fehlenden Willen, seine Mandatschaft für den Souverän Wähler den eigenen Interessen überzuordnen.
Franz

Es macht aber keinen Sinn.

Bewegungen wie Bio oder Ökologie oder Umweltschutz sind deutliche Kennzeichen und Forderungen gegen Leistungsgesellschaft. Dieses „ich will mehr“ ist keine subjektive, individuelle, sondern gesellschaftlich geforderte Pflicht. Die individuelle Nähe ist, soweit überhaupt vorhanden, denn es sind nur Verpflichtungen, die man gezwungenermaßen eingehen muss, sehr begrenzt auf ein oder zwei Personen. Und nur für gewisse Zeiten. Darauf bezieht sich auch deine eingangs erwähnte Einsamkeit alter Menschen. Und sehr junger Menschen übrigens auch.

Franz

Ich will mich ja nicht davor drücken, aber es sollte einsichtig sein, dass ich nicht in wenigen Zeilen eine Analyse der modernen Gesellschaft durchführen kann.

Ein kleiner Aspekt davon (einer von vielen) ist z.B. die nette Angewohnheit, den Menschen von klein auf als „Humankapital“ in „(Selbst)Optimierungszusammenhänge“ einzubetten.
http://www.unwortdesjahres.net/index.php?id=18
Die „Ich-AG“ ( http://www.unwortdesjahres.net/index.php?id=20 ) ist übrigens nicht zufällig ein Hartz-Begriff, da du schon diese Klientel ansprichst.

Um das nicht mit bloßer Kapitalismuskritik abzutun. Ausbeuterische Beziehungsformen finden sich natürlich in anderen Varianten auch in anderen Gesellschaftsformen, was weiß ich, etwa wenn Priesterkasten ihre Mitmenschen ausbeuten oder Herrscher ihre Sklaven usw. Immerhin die Selbst-Ausbeutung (Selbst-Optimierung) erscheint mir historisch ziemlich neu, zumindest als Massenphänomen.
Aber das nur en passant.

Man darf „Ausbeutung“ hier nicht zu sehr in der marxistischen Begriffstradition verstehen, eher klassisch als Raubbau an der Natur, der äußeren und der inneren (des Menschen).

Gruß
F.

Wobei ich nicht von Kontakten rede, die wir alle haben „müssen“ sondern genauso solchen, die gezielt gewünscht und gesucht werden.
Also auch innerhalb von Freundschaften, Bekanntschaften, Familie.

Mein Eindruck ist, dass wir generell kaum in der Lage sind uns mit anderen gut zu fühlen oder Kontakte so positiv gestalten, dass uns andere gut tun.
Halt dafür, dass wir soziale Wesen sind und Kontakt zu anderen durchaus auch brauchen.

Die Frage ist doch auch ob es dazu eine Lösung gibt- und mir fällt keine ein.

Ja schon wahr, aber eben nur zu einem gewissen Teil. Der andere Teil - positiv gesehen ohne zu bagatellisieren - ist zwar unbefriedigend, aber auch der Teil, der dazu motivieren kann, instabile Kontakte zu akzeptieren oder weiter so gut es geht zu pflegen.

Darunter leiden insbesondere vernachlässigte, missbrauchte und misshandelte Kinder. :no_mouth: Bitte nur als Gedanken verstehen, der mir an dieser Stelle in den Sinn kam.

Grüße mki

Das ist kein Argument für eine auf Ausbeutung basierende Gesellschaft, sondern lediglich ein Beispiel dafür, daß Sprache ein schwieriges Thema ist und nicht dadurch leichter wird, daß man Begriffe aus Forschungsdisziplinen herausgreift und kritisiert, ohne die Hintergründe bzw. Entstehungsgeschichte zu berücksichtigen.

Fangen wir mit der Natur an: hier wird und wurde umgedacht. Der Raubbau an der Natur ist keine Spezialität unserer Gesellschaft, sondern der menschlichen Rasse, die durch ihre Intelligenz (unintelligenterweise) in der Lage war, nicht im Gleichgewicht mit der Natur zu leben. Unsere Gesellschaft ist da insofern weiter, als daß ihr eben zumindest prinzipiell klar ist, daß das so nicht weitergehen kann.

Des weiteren habe ich ein ganz grundsätzliches Problem damit, von einer Ausbeutung des Menschen zu sprechen. Schauen wir auch hier in die Vergangenheit: anfänglich war der Mensch Selbstversorger. Irgendwann erfand er die Zivilisation, deren erste Errungenschaften es waren, daß eben nicht mehr alle Mitglieder der Gesellschaft zum Nahrungserwerb erforderlich waren, sondern durch Kultivierung von Pflanzen und Tieren ein Nahrungsmittelüberschuß erzielt werden konnte, mit dem Künstler, Forscher und Politiker durchgefüttert werden konnten. Außerdem begann man mit der Arbeitsteilung. Der eine jagte, der andere schmiedete und wieder andere bauten Häuser, Straßen und Brunnen. Anfangs erfolgte die Sicherung des Lebensunterhaltes der nichtjagenden Bevölkerung durch Tauschhandel, später optimierte man das durch die Einführung von Geld.

Das, was wir heute machen, ist eine auf die Spitze getriebene Fortschreibung dieser Entwicklung. Niemand ist aber gezwungen, Arbeitnehmer zu sein. Auch in Deutschland kann man noch als Landwirt Selbstversorger werden und das dazu notwendige Land ist auch - wenn man räumlich flexibel ist - zu bezahlbaren Preisen zu bekommen. Genauso ist es jedem - zumindest grundsätzlich - möglich, sich selbständig zu machen und sein eigener Herr zu sein.

Wenn es also Ausbeutung im Sinne von abhängiger Beschäftigung gibt, ist das ein selbstgewähltes Schicksal. Richtiger wäre es, von einer Gesellschaft zu sprechen, die von Risikoaversion und Bequemlichkeit geprägt ist - also von den Zigmillionen Menschen, die lieber abhängig arbeiten und dafür ein regelmäßiges Gehalt bekommen, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und bezahlten Urlaub und selbst bei Verlust des Arbeitsplatzes durch umfangreiche Sozialleistungen abgesichert sind.

Wir im Sinne von Westeuropa sind insofern also weiter von Ausbeutung in jeder Hinsicht entfernt als jede andere Gesellschaft der letzten rd. 12.000 Jahre.,

Falsch formuliert. Menschen erleben Verletzungen UND Verbindung. Zu einem normalen Leben gehört beides. Eben WEIL wir auf soziale Verbindungen angewiesen sind, erfahren wir auch Verletzungen. Darauf nicht (nur) mit Rückzug zu reagieren, sondern immer wieder neues Vertrauen zu fassen, ist eine zentrale Entwicklungsaufgabe.
Menschen im Alter sind auch deswegen einsam, weil Angehörige und Freunde sterben, Freunde wegziehen, man nicht mehr so mobil ist, vielleicht schlecht hört… da kommen viele Faktoren zusammen. Eine generelle Tendenz, Kontakte zu vermeiden, gibt es auch bei älteren Menschen ganz sicher nicht.

??? Wo lebst du denn? Und wie lebst du?
In unserer Gesellschaft gibt es massenweise ehrenamtlich tätige Menschen und trotz aller Kritik ein recht gut funktinierendes Sozialsystem.

Man kann vielleicht sagen, dass alle industrialisierten Gesellschaften ihren Wohlstand auf die Ausbeutung der Ressourcen der Erde gründen- aber das meinst du glaube ich nicht, oder?
Könntest du mal erklären, wo und wieso speziell unsere Gesesschaft, also du, so extrem von der Ausbeutung anderer leben?

Worauf sollte denn eine kapitalistische Gesellschaft sonst beruhen als auf Ausbeutung?
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Unter Kapitalismus versteht man landläufig eine Wirtschaftsform, die auf Gewinnstreben der Wirtschaftssubjekte basiert und andere Kleinigkeiten wie Privateigentum an den Produktionsmitteln und Steuerung der Wirtschaftsprozesse durch den Markt setzt. Somit ist schon einmal klar, daß wir uns nicht im Kapitalismus befinden, sondern allenfalls in einer Mischform, die dem Kapitalismus allerdings am nächsten ist.

Zum Thema Ausbeutung siehe meine Ausführungen weiter oben (oder vielleicht inzwischen auch unten) an FBH.

Darüber hinaus sei noch erwähnt, daß ich es sehr interessant finde, daß das Arbeitnehmerdasein von manchen mit Ausbeutung gleichgesetzt wird. Noch interessanter ist dabei aber, daß sich diejenigen, die sich ausgebeutet fühlen, gerade nicht diejenigen sind, die zu den Leistungsträgern gehören, während die Leistungsträger sich ganz und gar nicht ausgebeutet fühlen, sondern mit ihrem Dasein ganz zufrieden sind.

Da geht’s auch gar nicht um Abteilungsleiter vs. Lagerarbeiter, sondern um Personen in gleicher Tätigkeit und Funktion. Interessant ist dabei zusätzlich, daß es die Leistungsträger sind, die unterdurchschnittlich oft krank sind, von Leistungen des Arbeitgebers nur selten Gebrauch machen und nicht alles ausreizen, was Arbeitgeber und Staat so an Möglichkeiten bieten, während die Ausgebeuteten öfter krank sind (gerne auch bis zum äußersten Ende dessen, was der Arbeitsvertrag an attestfreier Krankmeldung so hergibt), Bildungsurlaub nehmen oder - ganz konkret bei uns ein Thema - im Zug erster Klasse fahren, weil die Strecke zwischen Düsseldorf und Frankfurt einen Hauch länger ist als die 200 Km, die es mindestens für die 1. Klasse sein müssen, während der Rest der Belegschaft ganz selbstverständlich zweiter Klasse fährt. Außerdem sind es bei uns immer die Ausgebeuteten, die sich am Jahresanfang auf alle Brückentage des Jahres stürzen, die die meisten Gleitzeittage nehmen (und die Tage zuvor unproduktiv im Büro herumlungern, um die Stunden aufzubauen), die sich vom Arbeitgeber noch alle möglichen zusätzlichen Gadgets wünschen (bspw. Bänke im Innenhof, um in der Pause schön sitzen zu können), deren Büros wie Kaffeemaschinenmuseen oder private Fotoausstellungen aussehen und die nicht zuletzt am häufigsten in der Kaffeeküche oder auf dem Flur beim Quatschen anzutreffen sind (wobei natürlich die häufigsten Themen die nahezu unmenschlichen Arbeitsbedingungen und die kaum zu erfüllenden Anforderungen sind).

Sowohl vor diesem Hintergrund als auch angesichts der Tatsache, daß zwischen Ausbeutung und völliger Freiheit als Selbstversorger und nur Bequemlichkeit und Risikoaversion stehen, halte ich es für einen Witz, ernsthaft behaupten zu wollen, Arbeitnehmer in Deutschland würden ausgebeutet. Das mag subjektiv so wahrgenommen werden, aber das hat mit der Realität nichts zu tun. Zumal es - und hier wiederhole ich mich bewußt - es eben jedem frei steht, sein Glück in völliger Freiheit als Selbstversorger zu suchen.

Hallo,

der Mensch gilt nicht nur als solches, sondern es ist auch nachgewiesen, daß es so ist. Fehlt die soziale Bindung, kommt es - insbesondere bei Kindern - zu Entwicklungsstörungen und psychischen Schäden. Das heißt aber nicht, daß jeder Mensch in jeder Lebensphase und zu jedem Zeitpunkt das Bedürfnis nach sozialen Bindungen, menschlicher Nähe usw. hat. Auch ist das Bedürfnis nach sozialen Bindungen unterschiedlich stark ausgeprägt. Dem einen reicht - platt gesagt - der monatliche Stammtisch, während der andere den ganzen Tag lang die Nähe zu anderen Menschen sucht.

Das ist ja nun nichts, was für alles und jeden gilt. Siehe oben: das Bedürfnis nach sozialen Bindungen ist bei verschiedenen Menschen und in verschiedenen Lebensphasen unterschiedlich stark ausgeprägt. Wie es ältere Menschen gibt, die über die Jahre die Lust an menschlichen Kontakten verloren haben, gibt es auch ältere Menschen, die den ganzen Tag lang bei der Familie oder in Seniorentreffs herumhängen.

Da Deine Ausgangsthese insofern falsch ist, gibt es auch keine Antwort auf Deine Frage.

Was sich über die letzten Generationen tatsächlich geändert hat, ist die weitgehende Auflösung des Familienverbundes. Während man früher aus mehreren Gründen mit mehreren Generationen unter einem Dach lebte, ziehen Kinder heute frühzeitig aus, gehen ihrem Beruf möglicherweise an einem anderen Ort nach oder leben mit ihrem Partner bzw. mit ihrer Familie dort, wo sie leben wollen. Daß das manche ältere Menschen als Egoismus erleben und davon enttäuscht sind, liegt in der Natur der Sache. Die Beurteilung dieser Entwicklung ist aber eine Frage der Sichtweise. Genauso könnte man nämlich sagen, daß diese Enttäuschung auch einer egoistischen Denkweise (nämlich der Erwartung, daß die Kinder für einen da sind, nachdem man sich 20 Jahre oder mehr um sie gekümmert hat) entspringt.

Gruß
C.

Als ob Sprache etwas wäre, das nicht mit der Gesellschaft zu tun hätte.

Und wir beide reden so weit aneinander vorbei, dass wir mal auf einen geeigneteren Thread dafür warten sollten, da ich schreiben würde: „Wir im Sinne von Westeuropa sind insofern also stärker in Ausbeutung verstrickt als jede andere Gesellschaft der letzten rd. 12.000 Jahre“.

Da wir in der gleichen Gesellschaft leben und beide beobachtungs- und reflektionsfähige Menschen sind, haben wir offensichtlich sehr unterschiedliche Phänomene vor Augen.

Gruß
F.

Und was hat das mit oder nicht mit Ausbeutung zu tun?
Gerade in ehrenamtlichen Arbeitsverhältnissen kann man übrigens ausgebeutet werden.
Ich bin lang im sozialpädagogisch-psychosozialen Bereich tätig gewesen, in dem sehr viel mit Praktikums- und ehrenamtlichen Stellen gearbeitet wird, dass bestimmte Bereiche überhaupt finanzierbar sind.
Es ist zu kurz gedacht zu sagen: Na, ehrenamtlich, es muss ja keiner, kann ja aufhören, alles freiwillig. Das ist zwar richtig, ändert aber nichts daran, dass z.B. für Ehrenamtler krass an Supervision gespart wird und so deren Gesundheit ausgebeutet wird.
Oder man denke an die vielen pflegenden Angehörige, die ihre Alten für ein Apfel und Ei pflegen müssen (also auch fast ehrenamtlich) und weit überdurchschnittlich an Depressionen leiden.

Ist nur ein kleiner Aspekt. Auf solche Einzelheiten möchte ich eigentlich nicht eingehen, nachdem ich ja eine sehr abstrakte und allgemeine These aufgestellt habe, die dann auch abstrakt diskutiert werden müsste.

Gruß
F.

Hi kitty,

der Begriff der Ausbeutung lässt sich nicht gänzlich vom zwischenmenschlichen Miteinander trennen und beide wirken vermutlich gegensätzlich, als auch verstärkend ineinander.
Eine generelle Entwicklungslinie sehe ich nicht.

Möge es in einfachen dörflichen Gemeinschaften der Steinzeit (vielleicht) noch anders gewesen sein, so stimme ich zu, dass eine fatale Eigenschaft der menschlichen Spezies namens „Gier“ schon sehr früh von unseren gesellschaftlichen Entwicklungen Besitz ergriffen hat.
Man kann durchaus annehmen, dass diese Gier immer siegen wird, solange der Mensch die Möglichkeiten dazu hat, diese auszuleben, sprich: in jenen Gesellschaften denen es ohnehin schon relativ gut geht.

Der marxistische Begriff der Entfremdung erhält in dem Sinne heute wieder seine Richtigkeit, da die Gleichgültigkeit in der komplexen Gesellschaft dadurch entsteht, dass die Menschen bestenfalls noch über die Medien mit der Herkunft ihrer Produkte konfrontiert sind, und keine emotionalen Verbindungen aufbauen können zu dem, was hinter den Kulissen passiert.

Wir sind durch unsere technischen Möglichkeiten zu hochspezialisierten Ausbeutern geworden, egal ob es dabei um Massentierhaltung, die Ausbeutung der Meere um auch noch die letzten Rohstoffe aus unserer Erde herauszuquetschen, oder darum geht, dass ich im Internet auf eine beliebige Webseite gehe und mir dann auf irgend einer x-beliebigen anderen gleich die Werbung für ein entsprechendes Profil-generiertes Produkt entgegen prangt. Big Brother lässt grüßen.

Lange Rede, kurzer Sinn:

Es kann gut sein, dass diese „Gesamtschau“ auf unsere Welt, - und damit zurück zu deiner Frage - mehr Misstrauen und Rückzugsbereitschaft in die persönlichen Kontaktaufnahme-Bereitschaften hineinträgt.
Besonders bei der „älteren“ Generation.
Während ja in der Kommunikation vieler jüngerer Leute über die sozialen Medien eine eigentümliche Leicht-und Gutgläubigkeit erkennbar wird, und die Fähigkeit, Warnsignale wahrzunehmen, die im persönlichen Kontakt greifen würden, ausgeschaltet ist.

Selbstverständlich spielen individuelle Erlebnis- und Wahrnehmungsebenen eine Rolle.
Wenn ich die monatlichen newsletter und Rundschreiben von greenpeace und avaaz so betrachte und mich in das Elend der Welt hineinziehen lasse(n würde), werde ich eine andere Wahrnehmung entwickeln, als z.B. C_Punkt, der sich vornehmlich mit unproduktiven, sozialstaatsübersättigten Arbeitnehmern im mittleren oder höheren Bildungssegment konfrontiert sieht.
Diese beiden Seiten bestehen nunmal nebeneinander.

Der allgemeine Ausbeutungs-Tenor, der als Geist in den Köpfen der westlichen(die östlichen sehen das ja gar nicht so) Industriegesellschaften spukt, befleißigt auch diejenigen, sich ausgebeutet zu fühlen, die es gar nicht wirklich sind.
Es ist alles eine Frage des Blickwinkels.

Auch in der direkten Konfrontation erleben wir die Extreme von z.B. Solidarität und Hilfestellung bei Naturkatastrophen oder auch fehlender Zivilcourage und Desinteresse bei Überfällen oder Bedrohungssituationen einzelner.

Im persönlichen zwischenmenschlichen Bereich, hängt es von den individuellen Ansprüchen ab, entweder intensive und intime Verbindungen aufbauen zu wollen, oder andersherum, eine persönliche Zufriedenheit auch aus einer Mehrzahl von kleinen menschlichen Interaktionen an der Oberfläche ziehen zu können. Das hängt aber viel von der Lebensphase, der Persönlichkeit und auch von der aktuellen persönlichen Befindlichkeit ab.

Grüße
Heidi

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Ich kenne keine Statistiken- kann nur von den Erfahrungen der Menschen berichten, die ich im Laufe meines Lebens gesprochen habe.
Und je älter ich werde- desto mehr höre ich von Menschen „ist mir alles zu kompliziert mti den Menschen- ich bleib lieber für mich- ich bin genug verletzt worden“…usw.
Je älter die Menschen waren desto ausgeprägter (was bei einer Summierung von Verletzungen auch verständlich ist).

Nach den big five Persönlichkeitstest, sinkt die „Offenheit für Neues“ im Alter- was die Begeisterung für neue Freundschaften/Kontakte auch nicht gerade fördern wird.

Du schreibst von zentraler Entwicklungsaufgabe- die sich aber wirklich im Sande verläuft, wenn es sich so schwierig gestaltet, mit anderen Menschen in einen guten Kontakt zu gehen!
Die Welt ist voll von Konflikten und Problemen, weil es scheinbar keinen Zugang gibt (trotz Sehnsucht danach).