Wieso sind die Pfändungsfreigrenzen bei Schuldnern so hoch?

Hallo,
wenn eine alleinerziehende Person mit einem Kind (oder einem Partner ohne Einkommen) ein Nettoeinkommen von 1630 Euro hat und noch rund 200 Euro Kindergeld bekommt (also 1830 Euro Einkommen hat) muss sie im Falle einer Überschuldung überhaupt nichts von ihrem Einkommen zur Schuldentilgung nutzen.

D.h. Personen mit einem Einkommen unter der Pfändungsfreigrenze können so viele Schulden machen wie sie wollen, niemand kann ihr Einkommen pfänden.

Gut für Personen mit niedrigem Einkommen - könnte man meinen. Fakt ist aber, dass solche Personen kaum eine Wohnung mieten können denn im Falle von Mietschulden hat der Vermieter keine Möglichkeit an sein Geld zu kommen. Also werden Personen die unter oder nur knapp über der Pfändungsfreigrenze verdienen gar nicht erst als Mieter akzeptiert.

Wieso müssen die Pfändungsfreigrenzen so hoch sein? ALG2 wurde als das Existenzminimum festgestellt - wieso dürfen Leute mit Schulden trotzdem viel mehr ihres Einkommens behalten?

Wieso bürgt der Staat nicht für deren Mietschulden damit diese Personengruppe bessere Chancen auf dem Wohnungsmarkt hat?

Gruß
Desperado

Und nimmt damit dem Vermieter das Risiko auch mal auf Forderungen sitzenzubleiben ? Der Vermieter ist ein Unternehmen und trägt das allgemeine Ausfallrisiko.
Der Staat unterstützt einkommensschwache Mieter in anderer Form, Wohngeld und Übernahme der angemessenen Unterbringungskosten. Förderung von Sozialwohnungen, Bereitstellung von Wohnungen im eigenen Bestand für Notfälle usw.

MfG
duck313

Der Vermieter muss das Risiko nicht haben denn heutzutage gibt es meist genug Interessenten so dass man auf Personen mit ausreichend Einkommen oder ohne Kinder zurückgreifen kann die damit über der Pfändungsfreigrenze sind.

So wie es jetzt ist werden nicht nur arme sondern auch kinderreiche Familien bei der Wohnungssuche benachteiligt.

Den Vermietern kann man dafür nicht die Schuld geben denn jeder vernünftige Mensch vermietet eher an Personen bei denen man sich notfalls das Geld holen kann wenn sie nicht zahlen.

Die Alternative wäre die Pfändungsfreigrenzen einfach zu senken denn wieso soll jemand der sich überschuldet mehr Geld zur Verfügung haben als ein ALG2-Empfänger?

Das ist ein Trugschluss, denn wer einmal aktenkundig Schulden hat, bekommt nicht einmal mehr einen Handyvertrag und kann auf seriösen Internetseiten auch fast nichts mehr bestellen. Auch einen neuen Mietvertrag abschliessen wird schwierig.

Ob das immer so ist? Ich hab zwei Autos voll Kartons (alle zusammengequetscht) von Verpackungen weggefahren weil meine Mietnomaden alles bestellt haben was man mit Geld kaufen kann - weil sie es ja eh nicht bezahlt haben…

Das wiederum ist ein Trugschluss, oder zumindest hast Du den richtigen Gedanken hinter Deiner Aussage falsch formuliert.

Wer aktenkundig seine Schulden nicht beglichen hat, wird Probleme bekommen, neue Schulden aufzunehmen oder Verträge abzuschließen, die zu Schulden führen können.

Grüße
Pierre

Hallo,

Ja. Das könnte man so formulieren. Potentielle Gläubiger, die sich sich um Einträge bei Schufa, Bürgel und Co. nicht scheren, werden zu Opfern solch asozialer Menschen.

Die Potentiellen Gläubiger, die genügend Sorge um ihr Leistung haben, werden aber vorher die Datenbanken befragen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass der zukünftige Schuldner seine Schuld zuverlässig abtragen wird.

Welche Personen? Die die überschuldet sind? Ja. Richtig. Keinen Vermieter zu finden, ist ein sehr großes Problem für solche Menschen.

Oder meinst Du die, die einfach nur ein kleines Einkommen haben? Nein. Falsch.

Auch wenn der Vermieter kein Recht hat, eine Schufa-Auskunft zu erhalten, fragen genügend danach. Und weil die zukünftigen Mieter die Wohnung haben wollen, geben genügend dem Wunsch des Vermieters auch ohne Rechtsgrundlage nach. Somit kann also der Mieter einige Risiken ausschließen. Der potentielle Vermieter kann auch vom Vor-Vermieter des potentiellen Mieters eine Bescheinigung über Freiheit von Mietschulden erbitten. Und so können auch Empfänger von geringen Gehältern eine Wohnung mieten, mit kalkulierbarem Risiko für den Vermieter.

Ich stelle die Frage mal anders herum: wie konnte Chaoten-Gerhard einst auf die Idee kommen, dass das Existenzminimum, das die Gesellschaft verteilt, so deutlich geringer sein darf, als das Existenzminimum, das Gläubigern ihren Schuldnern zugestehen müssen?! Aber mein Vorschlag, darüber sollten wir in einem getrennten Beitrag diskutieren.

Wo kämen wir dahin, wenn ich mit meinen Steuern das unternehmerische Risiko eines Vermieters auffangen soll?! Gibt mir denn die Gesellschaft eine Bürgschaft, falls mein Arbeitgeber mal nicht mehr genügend Einnahmen hat und mein Gehalt nicht mehr bezahlen kann? (Ja, ich weiß, es gibt das Arbeitslosengeld. Aber das beträgt ja nur einen Bruchteil meines Gehaltes.)

Statt dessen gibt die Gesellschaft finanzschwachen Menschen mit nachgewiesener Bedürftigkeit einen Teil zum Lebensunterhalt dazu. Ja, in vergangenen Jahrzehnten hatten es solche Menschen am Wohnungsmarkt einfacher, als es noch eine deutlich höhere Zahl an Sozialwohnungen gab. (Die Zahl der belebungsgebundenen Sozialwohnungen sank seit 1990 auf fast ein Drittel!) Aber das Recht gibt dem Vermieter aus meiner Sicht genügend Mittel an die Hand, um sein Risiko zu mindern.

Aber ja, gegen echte Mietnomaden scheint kein Kraut gewachsen. Vor diesem Phänomen stehen viele Vermieter immer wieder weitgehend hilflos da.

Grüße
Pierre