Wieso wird für eine CO2-Reduktion demonstriert und nicht für Geoengineering?

Guten Abend!
Hab mir gerade die Anstalt (ZDF), die sich mit dem Thema Klimawandel auseinandersetzt, angesehen.

Geoengineeringkonzepte wurden einfach als unrealistisch abgetan.

Einige Ideen sind zwar problematisch aber m.E. nicht unrealistisch:

In meinen Augen sind die Geoengineeringkonzepte viel realistischer als die Reduktion der Treibhausgasemissionen denn die größten Verursacher halten sich nicht an ihre festgesteckten Ziele des Pariser Abkommens oder haben das Abkommen sogar aufgekündigt: https://www.scientificamerican.com/article/nations-are-not-reducing-emissions-quickly-enough-to-meet-2c-target/

Wie ist Eure Einschätzung als Experten zum Geoengineering?
Wieso wird Geoengineering kaum medial beachtet? Ist es realistisch?

Gruß und Dank
Desperado

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Hi.

Experte bin ich nicht, hab aber den Wiki Artikel gelesen. Da ist doch sehr schön beschrieben, welche Gefahren eben bestehen. Ich halte die Idee für durchaus überlegenswert, aber heute nicht durchführbar. (Zumindest wenn man die Risiken im Auge behält).
Unrealistisch halte ich diese für keinesfalls.
Innovationen, auch im Bereich des Klimawandels, sind eben nicht so leicht zu verkaufen, wie nachgewiesene Probleme, meinetwegen im Dieselskandal.

Hallo,

zum einen sind die fossilen Brennstoffe ohnehin endlich, die Förderung wird zwangsläufig immer schwieriger und teurer werden und wir müssen uns ergo sowieso langfristig davon unabhängig machen.
Daher macht es Sinn, frühzeitig oder mindestens rechtzeitig nach Alternativen zu suchen und diese auzubauen.

Hinzu kommt, dass die Techniken zur CO2 Lagerung und/oder Reduktion bislang entweder unsicher oder ineffizient sind.
Man kann z.B. nicht einfach ein Gas tief in der Erde deponieren und darauf vertrauen, dass es dort bleibt - die Gravitation möchte es anders und wird früher oder später gewinnen.

Wen man sich die Technikgeschichte des Menschen anschaut, kommt man doch zu dem Schluss, dass die Vermeidung von Umweltproblemen sinnvoller und erheblich preiswerter ist, als das anschließende Aufräumen.

Gruß,
Paran

Hallo,

ich schließe mich weitgehend dem an, was @paran geschrieben hat. Ergänzend meine ich zum Thema, dass die Langzeitwirkungen nicht bekannt sind und wir nur einen Versuch hätten. Unglücklich, wenn der schief ginge und bisher unbekannte Rückkopplungen eintreten.

Ich bin übrigens nicht der Meinung, dass es zu dem Thema wenig zu lesen gibt. Allerdings muss man an einigen Verschwörungstheorien vorbei.

Grüße

Jens

Die Ausgangssituation ist ja: „Die Menschheit produziert zu viele Treibhausgase, dass droht das Klima stark zu erwärmen“

Das Problem dabei ist, dass viele der Prozesse die letztlich wirken nicht gut verstanden sind. Genau dort liegt, meines Erachtens, das Problem am Geoengineering. Wenn es dumm läuft treiben wir versehentlich den Teufel mit dem Beelzebub aus - Beispiele dafür gibt es genug.

Eine Reduzierung der CO2-Emissionen stellt dagegen kein Risiko dar, dürfte allerdings auch nicht so effektiv sein.

Ein weiteres Problem ist, dass die Menschheit, meiner Meinung nach, generell danach streben sollte, einen möglichst lebendigen Planeten zu erhalten. Wenn wir in der Lage sind, der Klimaerwärmung mit technischen Mitteln zu begegnen, gibt es deutlich weniger Anreiz, die Emissionen und den Impakt der eigenen Lebensweise zu reduzieren.

Klar, vorkommen wäre besser als genesen. Aber trotzdem führen wir Bypassoperationen aus und die Menschen können weiterleben obwohl es schlauer gewesen wäre wenn sie die Jahrzehnte davor gesünder gelebt hätten.

Die Realität zeigt eben dass eine signifikante Reduktion der Emissionen nicht geschieht, also braucht mal Alternativen zur Lösung des Problems.

Eine Speicherung von CO2 sehe ich auch kritisch. Bin eher ein Anhänger der Reduktion der Sonnenstrahlung welche die Erde erreichen.

Der Klimawandel hat bereits begonnen - trotzdem interessiert es außer ein paar Idealisten kaum jemanden - zumindest wenn es darüber hinausgeht eine Onlinepetition anzuklicken sondern wirklich auf Lebensqualität zu verzichten.

Es gibt also keine Anreize etwas zu ändern obwohl kaum jemand Geoengineering kennt und es in den Medien so dargestellt wird als wäre die CO2-Reduktion die einzige Möglichkeit dem absoluten Untergang der Menschheit entgegen zu wirken.

Klar kann man nicht mit absoluter Sicherheit sagen was passieren wird - aber das kann man im Leben nie. Keine Entscheidung ist auch eine Entscheidung, das blenden viele aus. Nichts tun führt mit hoher Wahrscheinlichkeit zu noch mehr Klimawandel und dessen Folgen sind genau so wenig abzuschätzen wie die Folgen diverser Geoengineeringmaßnahmen.

Es gibt zwar genug darüber zu lesen aber eben meist nur in wissenschaftlichen Publikationen oder von fragwürdigen Quellen. Massenmedien diskutieren das Thema Geoengineering nicht einmal. Ob es einfach Unwissenheit der Journalisten ist? Ob die Eigentümer der Medien kein Interesse daran haben das Thema Geoengineering nicht öffentlich zu machen?

Wieso bekommen Personen mediale Aufmerksamkeit die entgegen jeglicher wissenschaftlicher Logik behaupten dass es keinen Klimawandel gäbe aber niemand der Geoengineering als Lösungsansatz präsentiert?

Man muss eben abwägen welche Risiken man eher in Kauf nehmen will: Die durch den Klimawandel oder die durch Geoengineering. Ich finde die letzteren weniger tragisch, vor allem weil man natürlich betroffene Länder kompensieren kann (z.B. durch Lebensmittellieferungen bei Ernteausfällen).

Hallo,

volle Zustimmung.

Gruß,
Paran

Aus meiner Sicht, auch wenn dafür das Brett „Naturwissenschaft“ nicht geeignet ist, muss man sich zur Beantwortung dieser Frage v.a. die ideologischen Dimensionen klar machen.

Der Klima-/Umwelt-Diskurs ist ganz wesentlich ein Verzichts-Diskurs, dazu passt Genoengineering nicht sehr gut.
Das hat eine Vielzahl von diskursiv-historischen Gründen, darunter:

  • Scheitern einer allgemeinen Fortschritts-Perspektive spätestens in 70er/80ern; im Bereich des Umwelt- und Energie-Bereichs ist m.E. das Scheitern des großen Versprechens der Atomkraft ganz zentral zu nennen.

  • Nach wie vor besteht ein großes Unbehagen an einer kapitalistischen Wirtschaftsweise, welches aber auf Grund des grandiosen Scheiterns des real-existierenden Sozialismus heute eher auf Nebenfeldern wie eben dem Umwelt-Diskurs artikuliert wird statt auf dem Gebiet der politischen Ökonomie selbst.

  • Scheitern damit auch der marxistischen Forschritts-Perspektive (die sog. „Entwicklung der Produktivkräfte“, Emanzipation durch Technologie), so dass linke Kritik der politischen Ökonomie heute ziemlich theorielos und „naiv“ ist. Entsprechend naiv auch der Umwelt-Diskurs, der über „Verzicht“ nicht groß hinauskommt, und die gesellschaftlichen Nebeneffekte dieses „Verzichts“ gar nicht erst thematisieren will.

  • Wie Ulrich Beck in seiner „Risikogesellschaft“ (1986 geschrieben; ein Buch, das jeder mal gelesen haben sollte) so perfekt zeigt: die heute Gesellschaft hat von „Gefahren-“ auf „Risikobewusstsein“ umgestellt. D.h. sie nimmt mehr als jede Gesellschaft vor ihr die Nebenfolgen und Risiken des eigenen Tuns in den Fokus.
    .
    a) Entsprechend kann „Verzicht“ als Nicht-Tun verstanden werden, und damit (kontrafaktisch) als „risikoarm“, während Dinge wie Geo-Engineering ein Tun ist, das Nebenfolgen haben könnte und unbekannte Risiken trägt.
    .
    b) Zugleich sehen wir heute aber eben auch stärker die „Risiken“ unseres (umwelt-/klimaschädigenden) Tuns für die Umwelt, statt die „Gefahren“ durch die Umwelt/Natur. Deshalb tun wir uns schwer, den Klimawandel kommen zu lassen wie er halt kommt.

  • Dazu kommt als große ‚Hintergrundhaltung‘ auch noch, heute nach dem „Tod Gottes“, eine Art Säkularisierung unserer tiefen christlichen Wurzeln, was zu einer Vergottung von Umwelt und Natur usw. führt, zugleich zu einer Verschiebung unserer „ewigen Schuldhaftigkeit“ auf säkulare Bereiche wie den der Umwelt. Nicht von ungefährt kommt die Sichtweise, dass unsere ganze Besteuerungen und freiwilligen Dinge eine Art von „Ablasshandel“ wäre. Und mit einem immensen „schlechten Gewissen“ (das ist das Christliche par excellence) geht der Umweltdiskurs auf jeden Fall einher.

Das mal als eine Kurzfassung :wink:
Ist in diesem Brett ja eh off topic.

Gruß
F.

Hi,

Genau. Und zudem werden die alten weißen männer, die es ja angeblich gar nicht gibt, bald nicht mehr am Drücker sein und jüngere, flexiblere an die macht kommen, die sich leichter von überkommenen Konzepten und Strukturen lösen können. Die millenials, die die Wirtschaft angeblich zerstören, weil sie nicht mehr den Konsum im Zentrum ihres Lebens haben, könnten dabei die welt retten.
Wie man sieht, bin ich ein unverbesserlicher idealist.

Die Franzi

Ach so wird das also kommen, dann brauch ich mir ja keine Sorgen machen.

Junge schwarze Männer können die Probleme der Welt bestimmt besser lösen als alte weiße Männer. Deshalb funktioniert in Afrika auch alles super und täglich probieren Europäer übers Mittelmeer illegal nach Afrika zu kommen um vom dortigen hohen Lebensstandard zu profitieren.

Hi,

Millenials, die die wirtschaft zerstören (angeblich), weil sie weniger konsumieren/konsumfixiert sind, ist eine Bezeichnung für die generation der in den 10-15 jahren um den jahrtausrndwechsel geborenen Kinder der westlichen Welt. Die haben gelernt, wo der Klimawandel herkommt und sind bereit, auf konsum zu verzichten.

Die Franzi

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Da könnte was dran sein.

Viele Menschen sind gegen Eingriffe in die Natur wie Geoengineering und vergessen dabei dass die Industrialisierung und die damit verbundene Emission von Treibhausgasen nichts anderes als Geoengineering ist.

Ob Geoengineering von der breiten Masse abgelehnt wird können wir aber noch gar nicht sagen da die Journalisten das Thema kaum aufgreifen und die Menschen somit gar nicht die Möglichkeit haben sich eine informierte Meinung zu bilden. Jetzt stellt sich natürlich die Frage wieso die meisten Journalisten Geoengineering (das sicher nicht an allen Fachjournalisten vorbei gegangen ist) als Thema unterschlagen.

P.S.: Dass das Thema politisch wird hab ich schon vermutet, hab es extra im Naturwissenschaftsforum gepostet um das zu vermeiden…

Ach so, ich dachte Millenials nutzen ständig Smartphones und das Internet.

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Schon klar.
M.E. ist eine Frage nach der medialen/öffentlichen Behandlung eines Themas halt von vorn herein ein sozialwissenschaftliches Thema - was nicht zwingend heißt, ein politisches. So finde ich keinesfalls, dass mein Beitrag hier ein „politischer“ war.

Gruß
F.

Nur nebenei … Die Datierung passt nicht.

Gruß
F.

Das ist aus meiner Sicht zu kurz, weil rein naturwissenschaftlich, gedacht.
Natürlich liegen in den unterschiedlichen Maßnahmen der CO2-Reduktion große politisch-ökonomische Risiken, die dann indirekt durchaus auf die Klimaziele rückwirken können.

So hat z.B. ein Teil des Erstarkens dieser „rechtspopulistischen Internationalen“ aus meiner Sicht fraglos auch mit einer Umwelt-/Klimapolitik zu tun, die die jeweiligen Volkswirtschaften zu schädigen droht, die dem „kleinen Mann“ noch mehr Geld aus der Tasche zieht, die Mobilität und Wohnen verteuert usw.

Gruß
F.

Hi,

Danke für den link. Da habe och wohl einiges durcheinander gebracht :).
Wobei es mich wundert, dass doe geschilderten eigenscgaften nicht sehr zu meinen jüngeren kollegen, aber sehr zu meinen schülern passen. Mehr lesen.

Die Franzi