Wieso wird gelogen

Hallo zusammen,

ich würde gerne mal wissen, wieso gerade zwischenmenschlich so viel gelogen wird, wo gerade hier doch Wahrheit ganz wichtig ist (sagen zumindest immer alle).
Beispiel:
Ich habe ein 1.Date mit jemandem. Wir kennen uns also kaum. Man kommt klar, aber Liebe wird es wohl nicht. Wieso wird das nicht einfach gesagt? Was verliert man, wenn man dem anderen das so ehrlich sagt. Man sieht ihn doch sowieso nie wieder.
Ich sehe die Begründung so:
Aus Taktgefühl oder Höflichkeit. Man will den anderen nicht verletzten.
Doch genau diese sehr leicht zu durchschauenden Lügen sind es, die noch mehr verletzen.
Und wer ist der Gegenüber, der sich anmasst zu meinen zu wissen, wie ich fühle oder was mich verletzt, gerade wenn man sich noch nicht so gut kennt? Ich bin für meine Gefühle verantwortlich, niemand sonst. Und wie ich damit umgehe. Also, warum sind wir nicht einfach alle ehrlich, das würde das Leben und vor allem das Zwischenmenschliche so viel einfacher machen. Es muss ja nicht im Stile von Dr. House sein.

Grüsse
K

Hallo Kay,

ich hatte in meinem ganzen Leben noch nie Schwierigkeiten damit, jemanden höflich und taktvoll abzuservieren. Du siehst, es geht beides.

Allerdings durfte ich die zweifelhafte Erfahrung machen, dass mein Gegenüber auf dieses Abservieren oft alles andere als höflich und taktvoll zu reagieren verstand.

Abgewiesen zu werden wird von allzu vielen Zeitgenossen als persönlicher Affront wahrgenommen, egal wie behutsam man dabei vorzugehen sich bemüht.

Schön, dass es bei dir völlig anders funktioniert. Wie sieht es übrigens mit deiner Contenance aus, sollte dir die dreizehnte Fee in Folge einen Korb geben, ganz unverblümt und geradeheraus?

Gruß

Annie

Hi Kay,

besonders in dem von Dir beschriebenen Zusammenhang dürfte sich manche vermeintliche Lüge als taktvoll und zurückhaltend formulierte Wahrheit erweisen.

Allerdings vermischt Du zwei Sachen: Lüge und Gefühle.

Selbst über absolut real nachvollziehbare Dinge gibt es mitunter mehr als eine Wahrheit: Welche darfs denn sein - Deine oder meine? Wieviel mehr „Unsicherheit“ wird es dann wohl bezügl. Gefühlen geben?

Hallo Annie,

ich kann Deinen Beitrag nicht ganz verstehen. Zur Kommunikation gehören immer noch Zwei.

ich hatte in meinem ganzen Leben noch nie Schwierigkeiten
damit, jemanden höflich und taktvoll abzuservieren. Du siehst,
es geht beides.

Das ist Deine (subjektive) Sicht der Dinge.

Allerdings durfte ich die zweifelhafte Erfahrung machen, dass
mein Gegenüber auf dieses Abservieren oft alles andere als
höflich und taktvoll zu reagieren verstand.

Das ist jetzt die (subjektive) Sicht Deines Kommunikationspartners/Deiner Kommunikationspartnerin.

ich habe es schon mal in einem anderen Forum diskutiert: Das, was Person A humorvoll und lustig empfand, war für Person B eine Beleidigung - und (möglicherweise auch) umgekehrt. Die eigene Sicht der Kommunikation ist nicht immer das Maß aller Dinge.

Gruß
Jörg Zabel

1 Like

Hallo Kay,

eine Vielzahl an Lügen im zwischenmenschlichen Bereich sind unbewusste Lügen. Soll heißen, viele Menschen belügen sich selbst, oder aber positiv formuliert, sie sind sich über die Wahrheit - wenn es sie überhaupt gibt - nicht bewusst.

Hinzu kommt, dass sich besonders in der Anfangsphase einer „Beziehung“ die meisten Menschen auch noch gar nicht im Klaren darüber sind (und es auch gar nicht können), ob es sich z.B. um reine Sympathie, Verliebtheit oder der Auftakt zur „großen Liebe“ handelt.

Beim Thema „Abservieren“ kollidiert häufig die eigentliche Wahrheit (sprich, kein weiter führendes Interesse zu haben) mit einer Form der Gefallsucht.

Dies alles mal außen vor gelassen, sollte nach meinem Geschmack aber grundsätzlich die Wahrheit in einem Verhältnis zur Notwendigkeit stehen, was allerdings nicht zwangsläufig ein Lügen zur Folge haben muss. Hier geht es - wie schon erwähnt - um Höflichkeit und Taktgefühl.

Viele Grüße

Kathleen

bei jeder ehrlichen und irgendwie logischen Absage finde ich das ok. Natürlich bin ich enttäuscht, aber wenn es ehrlich gemeint ist bin ich wenigstens darüber glücklich. Denn es ist selten.
Aber das ist nur ein Teil. Auch in Beziehungen wird meiner Meinung nach viel gelogen.
Oder will eine Frau hören:
Sie: Bin ich fett?
Er: Ja, Du bist fett, aber ich liebe Dich und das ist das Wichtigste.

Nein, natürlich nicht.
Kay

Moin Kay,

ich glaube, dass Du extrem „deutsch“ bist. Du willst in jeder Situation 100% der Information verbal erhalten. Das ist aber ein Konzept, was die wenigsten Völkchen (auch wir nicht, wenn wir auch sehr weit in die Richtung gehen) umsetzen.

Normalerweise wird ein Gutteil der Information nonverbal mitgeteilt und verbal bestenfalls nur angedeutet. Das hat etwas mit „Gesicht“ zu tun, mit „Scham“ …

Du könntest Dich jetzt auch fragen, ob eine Frau, die Dich von ihrer Gestik und Mimik ablehnt, Dir aber auf die Frage nach einen Wiedersehen zögerlich „mal sehen, ich bin aber in der nächsten Zeit sehr beschäftigt“:wink: sagt, Dir nicht in aller Deutlichkeit klar gemacht hat, wie es weitergeht. Ist das zögerliche dann eine Lüge, nur weil Du die gesamte gegebene Information nicht aufnimmst / aufnehmen kannst?

Grüße
Jürgen

1 Like

Hi

Hier in der Schweiz z.B. ist es, wenn man jemanden z.B. in einem Kurs neu kennen gelernt hat, gängig, zu sagen, dass man sich wieder mal treffen könnte. Auf ein Bier oder so. Das wird dann meist bei der Verabschiedung so locker dahingesagt. Diese Bemerkung hat aber so ziemlich nichts zu sagen und in den meisten Fällen sieht man sich auch nie mehr. Ist aber trotzdem irgendwie nett gemeint.

Diese Gewohnheit hat schon bei manchem Deutschen für Enttäuschung gesorgt.

Liebe Grüsse,
coco

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hallo Kay,

ich würde gerne mal wissen, wieso gerade zwischenmenschlich so
viel gelogen wird, wo gerade hier doch Wahrheit ganz wichtig
ist (sagen zumindest immer alle).

Weil’s einfacher und bequemer ist. Warum sonst? Man müsste schon ein ziemlicher Soziopath sein, wenn es einfacher wäre zu sagen: „Ich mag dich nicht“ als „In der nächsten Zeit sieht’s schlecht aus“.

Beispiel:
Ich habe ein 1.Date mit jemandem. Wir kennen uns also kaum.
Man kommt klar, aber Liebe wird es wohl nicht. Wieso wird das
nicht einfach gesagt? Was verliert man, wenn man dem anderen
das so ehrlich sagt. Man sieht ihn doch sowieso nie wieder.

Diese Deutlichkeit ist doch meistens nicht nötig. Es läuft doch normalerweise so, dass beide spüren, ob es etwas bringt, sich nochmal zu treffen. Wenn nicht, dann verabschiedet man sich mit: „Vielleicht sieht man sich ja mal“ oder sowas. Lügen ist doch gar nicht nötig.
Auch eine taktvolle Absage ist ohne Lügen möglich: „Ich glaube nicht, dass wir so ganz auf einer Wellenlänge sind“.

Ich sehe die Begründung so:
Aus Taktgefühl oder Höflichkeit. Man will den anderen nicht
verletzten.
Doch genau diese sehr leicht zu durchschauenden Lügen sind es,
die noch mehr verletzen.

Wirklich?
Menschen widerstrebt es ganz allgemein, jemanden zurückzuweisen. Und je schroffer, desto unangenehmer ist es.

Und wer ist der Gegenüber, der sich anmasst zu meinen zu
wissen, wie ich fühle oder was mich verletzt, gerade wenn man
sich noch nicht so gut kennt? Ich bin für meine Gefühle
verantwortlich, niemand sonst. Und wie ich damit umgehe. Also,
warum sind wir nicht einfach alle ehrlich, das würde das Leben
und vor allem das Zwischenmenschliche so viel einfacher
machen. Es muss ja nicht im Stile von Dr. House sein.

Guck dir doch mal den Film „Der Dummschwätzer“ an und überleg dann nochmal neu, ob das wirklich so einfach wäre.

Tychi

Das ist so