Wieso wurde das Volk zur Brexit-Abstimmung befragt?

Meiner Meinung nach hat niemand mit einer echten Abstimmung gerechnet, indem ja niemand glaubte, die Briten würden für den Brexit stimmen, sondern Cameron wollte sich bestätigen lassen. Er hat ja seinen Rücktritt vom Ergebnis abhängig gemacht, wenn ich es richtig in Erinnerung habe.

Es haben bestimmt viele gegen die EU gestimmt, weil sie Cameron loswerden wollten, außerdem haben ja einige Politiker - anstatt die Leute zu informieren - die Menschen mit regelrechten Falschinformationen dazu gebracht, für den Brexit zu stimmen.

Wenn es nicht so verrückt abgelaufen wäre, würde ich diese Abstimmung eher akzeptieren, es ist aber so verrückt abgelaufen. Eine Abstimmung, bei der vorher gezielte Falschinformationen gestreut werden, die die Abstimmung beeinflussen können und höchstwahrscheinlich ja auch beeinflusst haben, ist für mich nicht akzeptabel.

Die Zeitumstellungsabstimmung war auch nur eine Möglichkeit abzustimmen. Warten wir’s mal ab.

Wobei das egal ist, weil du kein Brite bist. Es ist deren Angelegenheit und sie haben das selbst entschieden. Wie bei jeder politischen Auseinandersetzung wurde nicht nur sachlich und unvoreingenommen informiert, sondern auch interessegeleitet fehlinformiert und unfair gestritten. Trotzdem ist es ein demokratischer Prozess gewesen, dessen Ergebnis man anerkennen sollte.

Ob die britische Welt dadurch untergeht, wie jetzt in Deutschland kolportiert wird, bleibt abzuwarten. Beurteilen können wird man das erst mit einigem Abstand, vielleicht nach 10 oder 15 Jahren. Die Briten werden teilweise die Vorteile des Binnenmarkts verlieren, dafür aber auch die Nachteile der Sozial- und Transferpolitik, die Probleme der Währungsunion und die überschießende Regulierungswut der EU. Möglicherweise heben sich die Effekte auf und das Land behält sein Wohlstandsniveau oder stärkt seine Position sogar noch.

Es bleibt also abzuwarten, fest steht da noch nichts.

Servus,

so sehr schlimme Dinge kommen auf die Engländer nicht zu - was sollte das denn sein?

Ziemlich viele Schotten ärgern sich, weil der Weg zu wichtigen Handelspartnern komplizierter wird. Mit einem geeigneten Zollabkommen lässt sich aber leicht erreichen, dass die LKWs mit schottischem Lachs in Calais durchgewunken werden.

Und sehr viele Iren ärgern sich, weil der britische Teil von Ulster den irischen Teil und außerdem Connemara vom Rest Irlands abschneidet. Man wird also mit „Strukturfördermitteln“ die Straße von Letterkenny nach Sligo zwölfspurig ausbauen müssen. Mehr als läpperige siebzig Milliarden wird das nicht kosten, sogar wenn Ausschreibung und Vergabe für das Vorhaben unmittelbar von Brüssel gemänitscht werden. Aber dann entdeckt sicher jemand rechtzeitig vorher das letzte Habitat der geringelten Connemara-Tinkerschleiche, und dann kann man von den geplanten zwölf Spuren auf zwei Kilometer doch bloß acht betonieren. Große Katastrophe! Der Transportbetonhersteller James O’Sullivan wird ob dieser Ertragseinbuße der Trunksucht verfallen. Aber halt - das ist er doch sowieso schon! Na dann -

Kurz: Another bag of rice will fall.

Und in UK gibt es dann ein paar Lohndrücker und Streikbrecher weniger; auch nicht verkehrt, odrr?

Schöne Grüße

MM

Es scheinen aber doch mindestens eine halbe Million Briten ähnlich zu sehen und nochmal gefragt werden zu wollen.

Das ist ein Faktum und zeigt letztlich den Sarkasmus, den „Demokratie“ beinhaltet.
„Jeder darf seine Meinung beitragen“ ist doch auch nur Augenwischerei, wenn man bewusst fehlinformiert und falschgeleitet wird.
Und wer hat schon Zugang und Wissen zu allen Informationen?

Stimmig unser Thema- gestern sind Tausende iin GB auf die Straße gegangen, um nochmal abzustimmen. DAs haben wohl sehr viele unterschätzt.

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das wussten und wissen die brexit-gegner ebensowenig. das gegenseitige „rationale“ geplänkel ist mangels erfahungen, kenntnisse und glaskugel eben ein solches.

ich denke, das volk hat deutlich mehr „ahnung“ als du dir gerade vorstellst. denk doch mal an die gesellschaftliche spaltung hierzulande, an die veränderungen in der politikwelt, wahlergebnisse, wohnungs- und bildungsnot, altersarmut, usw.

das „volk“ entscheidet für sich, für ihr lebensgefühl, für ihre gesellschaft, ihre lebensqualität.
was die brexit-befürworter anbelangt, nachfolgend eine reihe von begründungen für ihre entscheidung:

http://www.steuerkanzlei.co.uk/brexit-ursachen

der souverän bin ich!
volksentscheide bringen demokratie nicht in gefahr.
im gegenteil.

pasquino

Man kann natürlich so lange abstimmen, bis endlich das richtige Ergebnis herauskommt. Was passiert, wenn ein zweites Mal pro Brexit gestimmt wird? Kommt dann die dritte Abstimmung?

Aber darauf kommt es nicht an. Wenn die Briten ihre Entscheidung revidieren wollen, sollen sie das ruhig. Entscheidend ist, dass es auf den Willen der Briten ankommt, nicht auf die öffentliche Meinung in Deutschland.

Was ist die Alternative? Willst du stattdessen eine Expertendiktatur?*

Ich habe eingangs das Beispiel der Schweiz genannt, an dem man gut erkennen kann, dass direkte Demokratie nicht zu Chaos und Untergang führt. Insgesamt erscheinen, wenn man sich in der Welt umblickt, Demokratien überdurchschnittlich leistungsfähig zu sein, wenn es darum geht, Wohlstand und Lebenszufriedenheit ihrer Bürger herzustellen und dauerhaft zu sichern. Deswegen sollte man demokratische Entscheidungsprozesse nicht leichtfertig als insuffizient verwerfen.

*Das ist im Übrigen genau das, als was „Brüssel“ von vielen empfunden wird, eine intransparent agierende Verwaltung, die nicht hinreichend demokratisch legitimiert ist und die anhand von auf Expertenebene entwickelten abstrakten Kriterien das Leben der Bürger sehr weitreichend regeln will.

Wie kommst du darauf?

also ICH habe lediglich auf den Sarkasmus in der Demokratie hingewiesen. :wink:

Alles hat seine Licht- und Schattenseiten- so ist das eben. Und wer hat nicht gerne wenigstens die Illusion von Selbstbestimmung :wink:

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Es gab Berichte in Zeitungen (such ich jetzt nicht, ist mir zu blöd hab keine Zeit), dass es zu Lebensmittelengpässen kommen wird. Und in den Berichten war von Grundnahrungsmitteln die Rede, nicht von französischem Käse und spanischem Wein.

Grüße
Siboniwe

War eigentlich schon klar, dass ein Brexit ggf. umgesetzt würde?
Also, Cameron hat das m.W. zugesagt, die Befürworter des Brexit mussten es wohl nicht zusagen, aber das Parlament? Und Ms May?

Eine rechtliche Verpflichtung gab es ja jedenfalls nicht dazu.
Ich habe es allerdings so in Erinnerung, dass man mit großer Wahrscheinlichkeit damit rechnen musste, dass ein gewählter Brexit stattfinden würde.

„Uns doch scheißegal, wenn in einer Volksabstimmung etwas herauskommt, was uns nicht gefällt, dann zeigen wir dem Scheißvolk einfach den Stinkefinger und regieren weiter, als wäre nichts geschehen!“

Solch abgebrühte Wählerverachtung findet man nicht überall, so etwas bringt eigentlich nur der rot-rot-grüne Senat in Berlin fertig.

Aber müsste man dann nicht konsequenterweise dem Volk auch die Wahl seiner Vertreter untersagen?
Der Wähler kann ja nicht wissen, was die Konsequenzen sind, wenn er die roten, schwarzen, grünen, gelben, blauen… wählt.
Ich könnte mir auch gut vorstellen, dass nur sehr weniger Wähler/innen, das Wahlprogramm „ihrer“ Partei detailliert kennen, also letztlich auch keine Ahnung haben, sondern nach Bauchgefühl abstimmen oder aber weil die Partei irgendwo ein Alleinstellungsmerkmal hat, das bei den Wähler/innen gut ankommt.

Wenn das für die Abstimmung über die Zusammensetzung einer Regierung reicht, erschließt sich mir nicht, warum es nicht auch für die Abstimmung über den Brexit reichen soll.

Greetz

H_O

Ja, das ist kompliziert. Da hat es der Parlamentarier deutlich leichter, wenn er z.B. über den EFSF, ESM und EFSM abstimmt? Man folgt einfach der Fraktion!

B.

jepp- davon bin ich überzeugt.

Und ich geb zu, als Merkel das erste Mal nach oben kam, hatte sie auch meine Stimme- einfach…weil sie eine Frau ist :grin:- so einfach kann eine Entscheidung gefällt werden :wink:

Die mir bekannten Briten sind dahingegend jedenfalls reichlich skeptisch und haben sich ausnahmslos seit der Brexit-Entscheidung einbürgern lassen, ein glattes Dutzend…

Servus,

im Sinn von erheblichen Preissteigerungen für Rohware wird es im Lauf der kommenden vielleicht 15 Monate zu Engpässen bei einigen Grundnahrungsmitteln kommen, aber nicht wegen des Brexit, sondern wegen einer extrem schlechten Ernte 2018 in allen getreideproduzierenden Ländern der Nordhalbkugel, die überall dort, wo die Dürre bisher anhält, von einer ebenfalls schlechten Ernte 2019 gefolgt sein wird, weil Wintergetreide und Raps nicht in die Puschen gekommen sind. Wenn man sich jetzt noch vor Augen führt, dass der Anteil, den der Preis des Mehls am Preis von Brot hat, eher unter als bei zehn Prozent liegt, kann man aus britischer Perspektive den dort traditionell niedrigen Selbstversorgungsgrad bei Lebensmitteln ziemlich gelassen betrachten.

Dänischer Bacon, irische Milchprodukte, belgische Kartoffeln und französischer Weizen werden auch nicht plötzlich mit hohen Einfuhrzöllen belegt werden, selbst wenn die Zollunion aufgegeben werden wird. Umgekehrt werden die Erzeuger dieser Produkte nicht plötzlich in anderen Gegenden der Welt Abnehmer finden.

Vor 2013, als die Agrarpreise im „gemeinsamen Markt“ weitgehend unabhängig vom (sowohl Binnen- als auch Welt-)markt administriert wurden, hätte ein Ausscheren eines einzelnen Landes aus der EU-Agrarpreispolitik zu kaum prognostizierbaren Verwerfungen auf allen Ebenen des Lebensmittelsektors führen können, einschließlich Spekulations- und Hamsterkäufen usw.; aber unter jetzigen Bedingungen kann ich mir da keine großen Überraschungen vorstellen.

Schöne Grüße

MM

Oh, ich habe nicht gesagt, dass ich diesen Szenarien glauben schenke, aber sie werden ernsthaft disktuiert.

Und natürlich der „horror of horrors“:
Nur noch Veggie-Options beim traditionellem „pub grub“:

Grüße
Siboniwe