Wieso wurde das Volk zur Brexit-Abstimmung befragt?

Hallo,

die Menschen aus Großbrittanien hatten abgestimmt- gegen die EU.
Nun läuft das alles seinen Weg und wie man mitbekommt, ist das sehr sehr sehr kompliziert und schwierig…wird es überhaupt umsetzbar sein?

Was ich mich frage ist Folgendes:
Wieso lässt man ein Volk über etwas abstimmen, von dem das Volk keine Ahnung hat?

Wusste denn auch nur ein Abstimmer, was der EU-Beitritt für Ausläufer und Auswirkungen hat?
Hatte auch nur einer, der gegen die EU stimmte, das Wissen, was für STrukturen betroffen sind?

Ich glaube nicht und so frage ich mich, wie kann man ein Volk über etwas abstimmen lassen, was es gar nicht kann?
Was hat das alles für Auswirkungen und nur weil so ein Entschluss gefasst wurde!

liebe Grüße
kitty

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Das nennt man Demokratie. Nach übereinstimmender Ansicht aller Experten ist Demokratie scheiße, aber es gibt noch ein paar rückständige Länder, die trotz der offensichtlichen Nachteile daran festhalten. Großbritannien und - leider, obwohl es beschämend ist - auch Deutschland gehören zu diesen Dinosauriern.

Bei der Demokratie gibt es eine vollkommen idiotische Ausprägung, bei der man auch Einzelfragen zur Abstimmung stellt, das nennt man direkte Demokratie. Nur besonders erfolglose - quasi extremst rückständige - Länder betreiben diese Art der Demokratie. Prominentestes Beispiel ist die Schweiz, und wir können alle sehen, wohin das dieses Land geführt hat. Permanente Kriege, Unfrieden zwischen den verschiedenen Ethnien, Armut, eine wertlose Währung, eine erfolglose Fußballnationalmannschaft, um nur die schlimmste Auswirkungen aufzuzählen.

Herrlich … :joy:

Hallo,

Genau aus dem Grunde lehnen deutsche Politiker immer wieder mit Vehemenz eine direkte Demokratie in Deutschland ab. Man müsste die Menschen zu mündigen Bürgern erziehen, man müsste sie immer wieder kompetent machen. Aus meiner Sicht geht das deutsche Konglomerat aus Politik, Medien und Industrie seit Jahrzehnten den umgekehrten Weg. Und wenn es dann einmalig zu einer wichtigen Abstimmung kommt, neigt das wenig geübte Volk (so zumindest mein Vorurteil) dazu, den lautesten Schreihälsen zu folgen und evtl. auf Grund von Gefühlen zu entscheiden. (So zum Beispiel in Berlin geschehen mit der Abstimmung über das Gelände des Flughafens Tempelhof.)

Grüße
Pierre

Wobei das so nicht stimmt. Es wurde zwar bei Gründung der Bundesrepublik wohlbegründet auf ein ausschließlich repräsentatives Demokratiemodell gesetzt, aber in den letzten Jahrzehnten ist direkte Demokratie zunehmend von den Parteien der sogenannten Mitte verstärkt eingefordert und umgesetzt worden, vor allem Grüne und SPD fordern so etwas landauf und landab. In vielen Bundesländern wurden inzwischen plebiszitäre Elemente eingeführt. Allerdings finden auch die Befürworter dieser direkten Demokratie die Ergebnisse manchmal scheiße und verweigern dann die Umsetzung, das Volk ist manchmal einfach widerspenstig, siehe Berlin mit Flughafen Tegel.

Man kann das Volk dann natürlich auch einfach als zu blöd verunglimpfen.

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Fein, aber wurde in Großbrittannien auch abgestimmt als es IN die EU ging?
Daran erinnere ich mich nicht

Warum wurde JETZT abgestimmt?
Wer sind dazu die Initatioren, die es doch zu so etwas benötigt?

Für mich ist die Antwort „Demokratie“ leider ein wenig zu kurz gefasst.
Siehe meine folgenden Fragen :wink:

lg kitty

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Hallo,
warum denn nicht abstimmen lassen?
Immerhin ist der Brexit ein gewaltiger Einschnitt für GB.
Allerdings hätte man das Volk vorher richtig aufklären müssen und die Angelegenheit nicht irgendwelchen Demagogen überlassen sollen, die nach der Abstimmung schnell untergetaucht sind.
Viele Engländer haben ja niemals mit einem solchen Ergebnis gerechnet und sind gar nicht zur Wahl gegangen.
Wie kann man für etwas stimmen, das dem eigenen Land nur Nachteile bringt? Man kann also nicht von einem repräsentativen Abstimmungsergebnis reden.
Die Gegenargumentation wäre ja „Das Volk ist zu dumm, um solche Abstimmungen zu verstehen“.
Wir haben ja genug Länder auf der Welt, wo derartige Abstimmungen nicht möglich sind - sind das Vorzeigeländer?

Also: nicht die Abstimmung war falsch, sondern die Vorbereitung dazu.
Hinzu kommt sicherlich die irrige Auffassung vieler Engländer, immer noch das wichtigste Volk der Erde zu sein!

Das wurde es nicht, aber vielleicht kam ja die weitverbreitete Ablehnung daher, dass die Menschen das Gefühl hatten, ihnen wurde etwas übergestülpt, was sie nicht wollten.

Man hatte das Gefühl, dass eine sehr schwerwiegende, folgenreiche Entscheidung einer besonderen Legitimation bedarf. Irgendein Spaßvogel kam dann auf die Idee, einfach mal die Leute zu fragen, ob sie das wollen oder nicht. Bizarr!

Das wurde in einem Gesetz so beschlossen, davor lag ein jahrelanger politischer Willensbildungsprozess. Guckstu für einen groben Überblick z.B. hier: https://de.wikipedia.org/wiki/EU-Austritt_des_Vereinigten_Königreichs#Camerons_Weg_zum_Referendum_(2010–2015)

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komisch ist es aber schon: Das „dumme“ Volk konnte nicht über die Einwanderungspolitik von Deutschland abstimmen. Und trotzdem wettert man wie verrückt gegen Frau Merkel!

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[quote="Heinz, post:9, topic:9441452"]

Das „dumme“ Volk konnte nicht über die Einwanderungspolitik von Deutschland abstimmen.

[/quote]

Wobei man ergänzen müsste, dass noch nicht einmal das „dumme“ Parlament darüber abstimmen durfte. Das aber nur als winzige, pedantische Ergänzung.

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Herzlichen Dank für die vielen Informationen! super! :blush:

Ich sehe das Ganze sehr tragisch, denn was nun auf die Engländer zukommt, haben sie sicher nicht gewollt.
Wobei ich mich nicht wundern würde, wenn sich dieses Gelage nun über Jahre hinzieht und letztlich alles beim Alten bleibt.

Die lehnen es vor allem ab, weil sie damit teilentmachtet wären.

Der normale Abgeordnete hat keine Ahnung über das Thema dem er sein JA oder NEIN verpasst. Dafür sind viele Anträge zu komplex und man würde Wochen benötigen, um sich auch nur ansatzweise fachkundig zu machen. Wenige sind Spezialisten mit Fachkompetenz, die in den Fachausschüssen auch nur solange aufeinander einquatschen bis ein tragfähiger (hat mehr als 50%) Kompromiß gefunden wurde, der an keiner Instanz oder etwaigen Partikularinteressen hängenbleibt. Und der BT kann oft nur mit Abnickung durch den BR entscheiden.

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Etwas OT

„Wir sind bei den Wählern mit unseren Sachthemen/-lösungen nicht durchgedrungen“ gehört zu den beliebtesten (Hohl)Phrasen von Wahlverlierern.

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Echt toller Beitrag! :relaxed:

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Ich wusste gar nicht, dass die Nordiren, Schotten und Waliser als Unbetroffene gelten.

Wie kommst Du auf die Idee, dass die Engländer das nicht gewollt hätten und was kommt auf die nun zu?

Übrigens https://de.wikipedia.org/wiki/EU-Mitgliedschaftsreferendum_im_Vereinigten_Königreich_2016#Das_Referendum_von_1975

Hat doch auch gar keiner gesagt!

Was konkret auf sie zukommt, weiß noch niemand- die Aussichten klingen aber wenig verlockend.
Und man darf wohl davon ausgehen, dass jeder Wähler, der pro Ausstieg war, sich eine Verbesserung erhofft hat (zumindest meine Unterstelllung :wink: ) - die sich momentan ganz anders abzeichnet.
„Sowas“ haben sie dann doch wohl nicht „gewollt“! (oder wer verschlechtert sich freiwillig?)

Nachdem Du nur von den Engländern geredet hast…

Naja, die Briten haben anscheinend kein so glückliches Händchen mit Abstimmungen:


Nachdem bei einer öffentlichen Abstimmung das neue 200-Millionen-teure Forschungsschiff den Namen „Boaty McBoatface“ erhalten sollte (um damit neben der RRS Ernest Shakleton und RRS James Clark Ross zu stehen), wollte sich diese Peinlichkeit niemand antun und das Schiff wurde inzwischen auf den Namen RRS David Attenborough getauft. Lediglich ein kleineres Unterseeboot darf sich nun Boaty McBoatface nennen, damit der Wille des Volkes nicht ganz ignoriert wird. Zweite Wahl war übrigens RRS Poppy-Mai, klingt für ein solches Schiff zwar auch dämlich (und wurde wohl deshalb ignoriert), aber immerhin war es der Name eines an Krebs verstorbenen Babys der da missbraucht wurde und nicht das Hirngespinst von verhinderten Kinderbuchautoren (ja, ich weiß, dass der Name Boaty McBoatface zuerst von einem Radiomoderator ins Spiel gebracht hatte, der seinen Vorschlag aber wohl auch nicht so ernst genommen hat, er selbst stimmte für David Attenborough).f

Zumindest bei dieser Abstimmung scheint aber der gesunde Menschenverstand über britische Exzentrik gesiegt zu haben.

Grüße
Siboniwe

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Na ja, die Aussichten, die man hierzulande so als Folgen für die armen auf der Insel (und ihr Protektorat links davon) an die Wand malt. Meist in den Farben und mit der Symbolik spätchristlicher Höllendarstellungen und als Kontrast die paradiesischen Zustände in „Europa“ (Wort von Blöden und Phraseuren für die EU, bei Ausgrenzung aller Nicht-EU-Länder, die zu Europa gehören).

Die EU will am UK sichtbar ein Exempel statuieren, um Nachahmer abzuschrecken. Im UK zieht sich ein Graben pro und contra Brexit durch nahezu alle Länder, Schichten, Milieus und Parteien.

Nicht in der EU zu sein, ist kein Untergang. Die EU will weiterhin Handel treiben und das UK ebenfalls. Wenn die „Rest“-EU wenigstens soviel Hirn (in den Entscheidungsebenen) aufbringen könnte, um zu erkennen, dass es bescheuert war einen Vertragswerk zu flechten, bei der es keine praktikablen Regelungsmechanismen für einen Ausstieg gibt … kann sie aber (bisher?) nicht aufbringen.

Mittelfristig werden sich schon beide wieder arrangieren und sinnvolle bilaterale Verträge schließen.

Das UK bspw. gewinnt durch den Brexit wieder die Souveränität über die Migrationsströme von EU-Bürgern zurück, was gerade den Polen gar nicht schmeckt. Das UK wird dabei auf echte Fachkräfte nicht verzichten, sofern der heimische Markt sie nicht hervorbringt. Ausserdem können sie viel leichter auch Handelsverträge mit Nationen ausserhalb der EU abschliessen, wofür sie bislang nicht mehr die alleinige Befugnis hatten.

Man hat direkt nach dem Referendum darüber geunkt, dass wenigstens die Schotten jetzt aus dem UK ausscheren und zur EU rübermachen werden. Nee, is nich. Seit ihnen aufgefallen ist, dass der Ölpreis nachgelassen hat und man sich vom Süden doch weiter mit durchfüttern lassen muss, sind sie nicht mehr so amused bei dem Gedanken an die Unabhängigkeit vom UK. Sehr zum Verdruß der nationalpopulistischen Partei im Norden, die hier auf dem Kontinent eher (und das verlogen) als Freiheitsheld angesehen wird/wurde. Jedenfalls bei einem Teil der Medien.

Btw wird auch die Rest-EU das UK allein schon wg. seiner militärischen Kapazitäten benötigen. Eine europäische Verteidigungsunion, die schon lange nötig wäre, um sich von den USA mittelfristig etwas mehr zu emanzipieren, lässt sich sicher nicht mit Sonnenblumen und Flyern für Entwicklungshilfe oder „Friedensmärschen“ aufbauen. Aber das wäre bereits ein anderes Thema.

Da gab es aber keine organisierte Volksabstimmung, sondern lediglich die Möglichkeit abzustimmen. Also haben so ein paar Internettrottel einen Gag draus gemacht. So wichtig wie die Benennung von Pandabären oder Eisbärenbabys.

Ich erinnere mal an Stefan Raab und seinen Song zum ESC. Das war auch ein Kulturbeitrag der eher „besonderen“ Sorte.