Ich hole noch einmal etwas aus: man muß unterscheiden zwischen Fallsterblichkeit und Infektionssterblichkeit. Ersteres ist ganz simpel das Ergebnis der Division der Todesfälle durch die Zahl der bekannten Infektionen. Das Fehlerpotential liegt ebenso simpel darin, daß man die Zahl der tatsächlich Infizierten nicht kennt und dadurch einen viel zu hohen Nenner und damit eine viel zu hohe Sterblichkeit ermittelt.
Die Infektionssterblichkeit hingegen drückt aus, wie viele sterben, die infiziert waren. Das Problem ist, daß man diese Zahl nicht so ohne weiteres herausfindet. Das geht nur über Antikörperstudien, bei denen man eine Bevölkerungsgruppe auf Antikörper testet, d.h. man versucht herauszufinden, wie viele Menschen der Gruppe tatsächlich schon infiziert waren. Es gibt auch da Fehlerquellen, weil z.B. nicht jeder nach einigen Monaten noch Antikörper im Blut hat (was nicht heißt, daß der nicht immun ist, nebenbei bemerkt).
Es gibt einige klein und groß angelegte Studien zu dem Thema. Eine Studie fand hier um die Ecke in Gangelt statt. Deren Ergebnisse wurden um Ostern herum vorgestellt; danach sind dort 0,4% der Infizierten an Covid-19 verstorben. Die Zahl ist also erst einmal wissenschaftlich ermittelt worden. An der Studie wurde Kritik geäußert, die sich nach meiner Erinnerung darum drehte, daß Gangelt einen schweren Ausbruch hatte, was zu hohen Fallzahlen in einer kleinen Bevölkerung führte. Das war zu einer Zeit, als im Rest Deutschland viel geringere Fallzahlen registriert wurden als das heute der Fall ist. Insofern kann man einwenden, daß die Kritik von damals heute nicht mehr greift.
Meines Wissen ist noch keine andere Antikörperstudie in Deutschland abgeschlossen worden, bei der zufällig Teile der Bevölkerung ausgewählt wurden bzw. eine lokal begrenzte Bevölkerungsgruppe getestet wurde. Alle anderen Auswahlkriterien führen tendenziell zu hohen Infektionssterblichkeiten (können sich die Teilnehmer selber melden, melden sich tendenziell Menschen, die was hatten und wissen wollen, was; testet man nur Erwachsene (wie das oft der Fall ist), bekommt man die Kinder nicht mit in die Studie, bei denen die Infektionssterblichkeit sehr, sehr gering ist).
Es gibt international Studien, die zu einer sehr breiten Spanne für die Infektionssterblichkeit kommen. So gibt es von der WHO eine, die auf rd. 0,2% kommt, bei anderen reicht die Bandbreite bis 0,8%.
Das heißt, für Deutschland gibt es nichts besseres als die 0,4% und die liegen ganz gut in der Mitte dessen, was die Extrembespiele als Grenzen ziehen. Insofern bin ich nicht der Ansicht, daß die 0,4% plausibler sind, sondern sie sind wissenschaftlich belegt, nicht widerlegt und reihen sich gut in den Kanon dessen ein, was es sonst noch so für Studien gibt. Und die Kritik von damals an der Gangelt-Studie relativiert sich eben (s.o.) aufgrund des aktuell verstärkten Infektionsgeschehens.
Und das Ergebnis, das ich damit errechne, paßt auch sehr gut zu dem, was - ja, manche können die Namen nicht mehr hören - Drosten und Wieler immer wieder gesagt haben, daß die Dunkelziffer im Bereich des 6-8-fachen liegt (bevor es da wieder Gemecker wegen der Formulierung gibt: „Eine Hauptsäule sind Seroprävalenz-Studien, größere. Und an dem Verhältnis kann man die Dunkelziffer ableiten. Die liegt im Bereich von sechs bis acht. Das habe ich hier im Podcast seit Mai immer wieder gesagt, das ist eine vollkommen bekannte Information.“ bzw. Wieler das Ergebnis einer Studie aus April oder Mai (tatsächliche Fälle = 10 * offizielle Fälle) als im Rahmen des anzunehmenden bezeichnete. Die Million, die ich für die erste Dezemberwoche nannte sind exakt das 7,7-fache von dem, was das RKI in diesem Zeitraum gemeldet hat.
Es ist also nicht so, daß ich mir irgendwelche Zahlen ausgesucht hätte, um dann zu einem völlig absurden Ergebnis zu gelangen.
Gruß
C.